(Grupo Barbaria) Weder diese Welt reformieren noch aus ihr fliehen: für die proletarische Weltrevolution

Hier ein weiterer Text von Grupo Barbaria, der sich mit der Thematik und der Kritik am Reformismus auseinandersetzt, die Übersetzung ist von uns.


Weder diese Welt reformieren noch aus ihr fliehen: für die proletarische Weltrevolution

Hier kannst du dir die Veranstaltung-Debatte anhören, die in Alicante in der Buchhandlung Fahrenheit451 stattfand, um darüber zu diskutieren, was Reformismus heute und in der Vergangenheit ist. Hier ist die Abschrift.

Gefährte 1

Vielen Dank an alle, die gekommen sind, und auch an die Buchhandlung Farenheit451 für die Möglichkeit, die Diskussion zu führen, die wir jetzt führen werden. Wir werden ein Thema diskutieren, über das schon so viel gesagt wurde und über das schon so viel gesagt wurde, und das im Grunde genommen mit der Diskussion zwischen Reform und Revolution zu tun hat. Es handelt sich um ein sehr altes und gleichzeitig zunehmend unbekanntes Thema, über das immer weniger gesprochen wird. Wenn man heute von Revolution spricht, scheint das etwas völlig Vergangenes, sehr weit Entferntes und Unmögliches und manchmal auch Unerwünschtes zu sein. In der Tat, um ein lustiges Beispiel zu geben, als wir auf Twitter und in den sozialen Netzwerken die Ankündigung dieser Veranstaltung veröffentlichten, sagte jemand auf lustige Art und Weise: „stellt euch vor, wie wichtig wir in Alicante sind, dass die proletarische Weltrevolution hier vorbeikommt“, und bezog sich dabei auf den Titel des Plakats. Ein symptomatischer Scherz. Wir leben in einer Zeit, in einer historischen Epoche, in der für uns noch nie die Revolution so notwendig war und gleichzeitig noch nie die Revolution so unbekannt, so abgelehnt, so umstritten war. In diesem Sinne scheint es uns sehr wichtig, auf der Grundlage dieser historischen Prämisse zu diskutieren, d.h. ein wenig darüber nachzudenken, warum die Revolution so wenig als Alternative angesichts der Welt, in der wir leben, gedacht wird, einer Welt, die immer katastrophaler wird, einer Welt, in der aufgrund der Pandemie die Katastrophen des Kapitals immer stärker werden.

Es ist heute ein Gemeinplatz, dass viele reformistische und sozialdemokratische Strömungen in ihren unterschiedlichen Perspektiven die wachsende Katastrophe des Kapitals und des Staates anerkennen. Die Revolution als Alternative, und zwar als weltweite Alternative, wird hingegen nur von einer Minderheit vertreten. Selbst in anarchistischen Räumen und Medien wird zum Beispiel die Möglichkeit einer Revolution nicht einmal angesprochen. Um die Debatte weiter zu vertiefen, ist es unserer Meinung nach wichtig, darüber nachzudenken, was Reformismus ist, aber auch, was Revolution ist. Oft wurden Ideen von Revolutionen gedacht und theoretisiert, die in Wirklichkeit nichts mit dem zu tun haben, was für uns die Bedeutung einer emanzipatorischen, wirklich kommunistischen Revolution wäre, die für uns die Zerstörung des Geldes, des Staates, der Waren und der sozialen Klassen bedeutet. Oft wird auch heute noch von Revolution gesprochen, zum Beispiel von der kubanischen Revolution, obwohl Kuba letztlich nichts anderes als ein staatskapitalistisches Regime ist, wie der Rest der stalinistischen Länder.

Wir möchten nun drei wichtige Fragen zur Diskussion stellen, die uns wichtig erscheinen.

Die erste ist, dass der Kapitalismus ein System ist, das nicht reformiert werden kann, d.h. dass wir ihn als Proletariat, als Klasse, zerstören müssen, um einen wirklichen Prozess der Emanzipation zu erreichen. Der Reformismus, d. h. die Idee, dass der Kapitalismus nicht zerstört werden muss, sondern dass er auf verschiedene Weise reformiert werden muss, ist jedoch etwas, das praktisch aus den Ursprüngen des Kapitalismus stammt. Eine Perspektive, die sich zum Teil historisch verändert hat, aber vieles von dem, was dieser Reformismus ist, über den wir heute sprechen werden, obwohl er oft als etwas Neues, als etwas Neuartiges dargestellt wird, mit viel moderneren oder postmodernen Worten, kommt in Wirklichkeit auf viele Dinge aus der Vergangenheit, aus dem 19. Jahrhundert.

Eine zweite Frage bezieht sich auf die Alternative der radikalen, vom Proletariat geführten Emanzipation, die wir Kommunismus nennen. Auch seine Prämissen werden seit mindestens dem 19. Jahrhundert bestätigt. Schon damals wurde eine radikale Alternative zu dieser Welt vorgeschlagen, eine Alternative, die eine Negation der Grundlagen und Kategorien des Kapitalismus bedeutete, einer Welt, die von Geld, von Waren, von sozialen Klassen und vom Staat beherrscht wird.

Ein weiterer Aspekt, den wir erörtern möchten, hat mit der Definition des Reformismus zu tun. Manchmal wird in revolutionäreren Kreisen der Eindruck erweckt, als sei der Reformismus einfach eine Verschwörung der Eliten, um die Arbeiterklasse, das Proletariat, zu betrügen. Reformismus wäre genau das, etwas, das mit der Verschwörung von Eliten und Minderheiten zu tun hat. Für uns entsteht der Reformismus jedoch oft aus etwas Komplexem, wie dem unmittelbaren Kampf gegen diese Welt. Der Kapitalismus verleugnet permanent die Lebensbedingungen des Proletariats und der großen Mehrheit der Menschheit, was viele unmittelbare Kämpfe zur Folge hat, die heute in allen Teilen der Welt entstehen und am entstehen sind. Wenn wir uns die Nachrichten ansehen, von Kolumbien bis zum Irak, vom Iran – wo es einige wilde Streiks gibt, an denen Hunderttausende von Arbeitern beteiligt sind – bis zu den Vereinigten Staaten, um nur von den Kämpfen des letzten Jahres zu sprechen. Und doch haben diese unmittelbaren Kämpfe oft eine Schwierigkeit, sich mit dem zu verbinden, was für uns die wirkliche historische Lösung wäre, die darin bestünde, an die Wurzel zu gehen, um auf das Plakat zurückzuweisen, zur Negation der Fundamente dieser Welt. Aus dieser Trennung zwischen diesen unmittelbaren Kämpfen und dieser historischen Perspektive sind also verschiedene Strömungen innerhalb der Arbeiterbewegung entstanden, die in Wirklichkeit das vertreten, was wir Reformismus nennen: das heißt, keine radikale Negation dieser Welt, keine Perspektive der Zerschlagung des Kapitalismus, sondern der Versuch, tatsächlich mit ihm zu koexistieren. Dies impliziert unterschiedliche reformistische Visionen. Wir werden in diesem Sinne von zwei Perspektiven sprechen, in die der Reformismus unterteilt werden kann. Eine eher politische, über die ich sprechen werde, und eine andere Perspektive, die wir als sozialen Reformismus bezeichnen, einen Reformismus des täglichen Lebens, über den die Gefährtin sprechen wird.

Zum politischen Reformismus möchte ich, um diesen Teil nicht zu lang werden zu lassen, einige kurze Anmerkungen machen, was die Sozialdemokratie als historische Strömung ist. Ich gehe von dem aus, was ich zuvor gesagt habe: dass es eine Trennung zwischen den Formen des unmittelbaren Kampfes und einer historischen Perspektive gibt, die oft weit entfernt erscheint. Das heißt, viele Menschen sind sich einig, dass wir gerne in einer Welt leben würden, die sich radikal von der jetzigen unterscheidet, aber das Problem sind die Mittel, mit denen wir dieses Endziel erreichen können. Aus dieser Trennung zwischen dem Unmittelbaren und dem Historischen entstanden Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Strömungen wie die Sozialdemokratie. Diese Organisationen werden historisch gesehen nicht mehr nur Organisationen sein, die in dieser Trennung zwischen dem Unmittelbaren und dem Historischen leben, zwischen dem, was tagtäglich getan wird, und dem, was eine Perspektive der Negation dieser Welt wäre, sondern sie werden ab bestimmten historischen Momenten, 1914 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, zu Organisationen, die direkt in den Staats- und Kapitalapparat integriert sind. Und all dies wird sich auf das Leben von Millionen von Menschen auswirken. Wenn wir an den Ersten Weltkrieg denken, wird die Sozialdemokratie den Krieg unterstützen, und das wird den Tod von Millionen von Proletariern an den Fronten des imperialistischen Krieges bedeuten. Die Sozialdemokratie wird diese Position auf der Grundlage der Idee der Verteidigung der Nation und der Trennung zwischen dem Unmittelbaren und dem Historischen rechtfertigen. Das heißt, die Sozialdemokratie behauptete weiterhin, dass sie für die Zerschlagung des Kapitalismus kämpft, aber jetzt, in der unmittelbaren Zukunft, bestand die fortschrittliche Aufgabe darin, die Nation selbst zu verteidigen.

Jede Sozialdemokratie verwendet die gleichen Argumente gegen konkurrierende Länder. Für die Deutschen sind die Russen einem anachronistischen Regime unterworfen, dem Zarismus. Sie leben noch im Ancien Régime. Die Franzosen wenden dasselbe Argument an, diesmal aber gegen die Deutschen gerichtet. Das gemeinsame Element ist immer die Verteidigung der Nation und des Vaterlandes. Argumente, die auch heute noch verwendet werden. Mit anderen Worten, die Sozialdemokratie leugnet nicht nur nicht die Grundlagen dieser Welt, sondern macht sich die Grundlagen der Welt, die sie zu bekämpfen vorgibt, zu eigen.

Diese Perspektive kommt zu anderen theoretischen Analysen hinzu. Zum Beispiel beschränkt sich eine Kritik des Kapitalismus auf die Feststellung, dass er anarchisch ist und keine wirkliche Verteilung des Reichtums zulässt, aber sie negiert nicht grundsätzlich seine Kategorien. Es wird lediglich versucht, sie rationeller zu ordnen, damit sie auf eine Art und Weise funktioniert, die für das Kapital besser geeignet ist. Diese Art von Perspektiven und Grenzen, die die Sozialdemokratie ab 1914 mit ihrer Unterstützung des Krieges einnimmt, werden zum direkten Feind des Proletariats, einem unverzichtbaren Element für das Funktionieren des Kapitals. All dies lässt sich sehr gut am Ende des Ersten Weltkriegs in Deutschland beobachten. In der Buchhandlung hier gibt es einige sehr interessante Bücher, die über dieses Thema berichten, zum Beispiel Ernst Töllers Eine Jugend in Deutschland. Töller ist ein deutscher Schriftsteller, der 1919 ein wichtiger Protagonist der Räterepublik in Bayern war und in seinen Erinnerungen über die mörderische und konterrevolutionäre Rolle der Sozialdemokratie bei der Ermordung von Hunderten von Gefährten in dieser besonderen Episode der deutschen Revolution berichtet. Das heißt, dieser reformistische Apparat ist nicht mehr nur ein Apparat, der im Grunde kein revolutionärer Apparat ist, sondern ein konterrevolutionärer Apparat. Es ist daher klar, dass ab 1914, mit der Unterstützung des Ersten Weltkriegs, und ab 1918 die Sozialdemokratie die Waffe ist, die der deutsche Kapitalismus hat, um den Triumph der deutschen Revolution zu verhindern, damit die Welle, die in Russland begonnen hat und seit 1918 über Europa und die ganze Welt schwappt, im Keim erstickt wird.

In dieser Hinsicht ist die Rolle bestimmter deutscher sozialdemokratischer Anführer wie Noske, Innenminister in der Weimarer Republik, der zum Beispiel sagte, dass „Deutschland einen blutigen Hund brauche, um der Revolution ein Ende zu setzen“, und dass er dieser blutige Hund sein werde1, sehr symptomatisch. Ein kleines bisschen, um uns die Realität zu zeigen. Wenn wir über Reformismus, über die Sozialdemokratie auf politischer Ebene sprechen, dann geht es um all dies. Wir sprechen im Grunde von einer Strömung, die historisch gesehen bereits ein vollständiger Apparat des Kapitals ist – das, was wir die Linke des Kapitals nennen – ein integraler Bestandteil der bestehenden Ordnung, der zu einem grundlegenden Instrument für das Fortbestehen des Kapitalismus im Jahr 1918 oder für den späteren Triumph anderer Strömungen wie des Nazismus wird. Die Sozialdemokratie als zentrales Element der Weimarer Republik sollte der Protagonist bei dem Massaker an mehr als 100.000 Kommunisten und Anarchisten in Deutschland von 1918 bis 1923 sein.

Und wir könnten über andere Strömungen sprechen, wie den Stalinismus, wie die Russische Revolution, die ab 1920-1921 zu etwas anderem wurde und eine ganze Reihe konterrevolutionärer Apparate von den verschiedenen kommunistischen Parteien hervorbringen sollte. Heute ist der 17. Juli, und morgen ist der 18. Juli, der Jahrestag des Staatsstreichs durch einen Teil der spanischen Armee, der einen Tag später, am 19. Juli, eine Antwort der Arbeiter und des Proletariats auf den Staatsstreich genau hier auslöste. In diesem Zusammenhang wird das Wachstum der PCE und der PSUC in Katalonien eines der Hauptinstrumente sein, das die bourgeoise Konterrevolution kennen wird, um die Möglichkeiten der Klassenoffensive am 19. Juli 1936 umzuleiten. Und in diesem Sinne ist sie ein ähnliches Phänomen wie die deutsche Sozialdemokratie. Der symbolträchtigste Moment ist die Repression nach den Ereignissen im Mai 1937 und die Ermordung und Folterung Tausender von Gefährten und Gefährtinnen durch stalinistische und republikanische Killer.

Dies bringt klar zum Ausdruck, warum wir weder links noch rechts sind: wir sind Kommunisten, und der Kommunismus ist für uns eine reale Bewegung, die die Abschaffung einer Welt bedeutet, die auf der Grundlage von Geld, Waren und sozialen Klassen organisiert ist. Die Linke und die Rechte sind unterschiedliche Strömungen der Bourgeoisie. Sie sind unterschiedliche Strömungen im Dienste dieser Welt. Und die Geschichte ist sehr interessant, um all dies zu beobachten, von Deutschland bis Spanien in den Beispielen, die wir verwendet haben. Auch um einige der offenkundigen Gemeinplätze der Linken in Frage zu stellen, wie etwa den Antifaschismus. Der Antifaschismus, insbesondere im Zweiten Weltkrieg, soll dazu dienen, eine proletarische Antwort zu vermeiden, wie sie am Ende des Ersten Weltkriegs gegeben wurde. Damals gab es eine massive proletarische Erkenntnis, dass dieser Krieg nicht unser Krieg war, dass es ein Krieg im Dienste der Generäle und der Bourgeoisie und der Kapitalisten eines jeden Landes war, dass sie uns als Kanonenfutter benutzen und wir nach unserer eigenen klassenmäßigen, proletarischen Antwort suchen müssen, die autonom und unabhängig von all den deutschen, französischen, russischen kapitalistischen Staaten ist…. Es ist diese Prämisse, die die Entwicklung dieser enormen revolutionären Welle ermöglicht, die sich von 1918 bis 1927 über die ganze Welt ausbreitet, wenn wir von China sprechen, oder sogar 1937, wenn wir von Spanien sprechen. Der Zweite Weltkrieg ist jedoch bereits anders, unter anderem wegen dieser Rolle der politischen Linken und seiner antifaschistischen Ideologie. Es gibt keine kapitalistischen Staaten mehr, die sich in einer imperialistischen Perspektive gegenseitig bekämpfen. Die Proletarier sind nicht länger Kanonenfutter für die kapitalistischen Interessen. Für die antifaschistische Ideologie gibt es einige Staaten, die wie die Achse des Bösen wären, das wären die faschistischen Staaten gegen Staaten, die die guten wären, die demokratischen oder die Sowjetunion, und man muss sich mit der einen Seite gegen die andere positionieren, die antifaschistische Achse gegen die Achse des Bösen. All dies wird zur Abschlachtung von mindestens 50 Millionen Proletariern führen. Aber nicht nur das, was wir bei all dem verlieren werden, ist eine Klassenperspektive, nämlich die der Unabhängigkeit der Klasse.

 

Deshalb ist es für uns sehr wichtig, über diese Themen zu sprechen. Wenn wir auf politischer Ebene über die Sozialdemokratie sprechen, bedeutet das, dass wir über all dies sprechen. Und um diesen Teil abzuschließen, die 1930er und 1940er Jahre stehen für eine Vergesellschaftung des Kapitalismus, die es ihm ermöglicht, sich zu modernisieren und seine Dynamik für einige Jahrzehnte durch die Verstaatlichung des Kapitals zu entwickeln. In diesem Sinne ist dieser Prozess durch den deutschen Faschismus und Nationalsozialismus, den New Deal in den Vereinigten Staaten und die Fünfjahrespläne der UdSSR angeführt. Diese weitere Modernisierung des Kapitalismus ab den 1940er und 1950er Jahren wird der Entwicklung des Kapitalismus ein gewisses Leben verleihen, auch wenn sie immer wieder von vielen Katastrophen und Barbareien durchkreuzt wird, die sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter entwickeln werden.

Der Kapitalismus hat heute seine innere Grenze erreicht. Es ist ein System, das immer mehr in die Krise gerät und immer mehr Schwierigkeiten hat, sich aus eigener Kraft weiterzuentwickeln. Das führt dazu, dass wir in einer Welt leben, in der es immer mehr Katastrophen, immer mehr Pandemien, immer mehr soziale und ökonomische Krisen gibt. All dies ist sehr wichtig, um die Rolle der politischen Linken zu verstehen. Ich denke, dass wir hier ein sehr klares Beispiel haben, um all dies zu diskutieren, nämlich das Beispiel von Podemos als politische Partei, z.B. von 15M im Jahr 2011, und was die Rolle und Funktion dieser Art von Organisation als Apparat war, um soziale Kämpfe innerhalb der institutionellen Grenzen umzuleiten und auch um die Falschheit all ihrer Diskurse zu verstehen. Ihr berühmter Realismus und Pragmatismus, der die Möglichkeit bieten sollte, soziale Unruhen und Ungleichheiten innerhalb der Institutionen zu beseitigen. Aber in Wirklichkeit sind und können sie nur Funktionäre des Kapitals sein, und wir können das auch hier, in der Region Valencia, am Beispiel von Compromis und Podemos in der Regierung der Valencianischen Gemeinschaft sehen. Die Funktion der politischen Linken in ihren verschiedenen Strömungen ist nichts anderes als die eines einfachen Verwalters des Kapitals, weil sie nichts anderes sein können. Und sie können sagen, was sie wollen, aber was sie tun, ist, das Kapital und den Staat zu verwalten, die Grenzen (A.d.Ü., Staatsgrenzen) zu verwalten, um ein Beispiel zu nennen. Und so macht man eine ganze lächerliche und ekelhafte antifaschistische Kampagne gegen Vox, über die Menas (A.d.Ü., migrantische Jugendliche), und zwei Wochen später schiebt man 6.000 Migranten in Ceuta ab. Und Tatsache ist, dass jeder kapitalistische Staat die Grenzen des Staates verteidigen muss, denn das ist Ihre Aufgabe als Linke.

Deshalb ist es für uns sehr wichtig, die Sozialdemokratie in ihren verschiedenen Ausprägungen als die Linke des Kapitals zu verstehen, als eine Linke, die organisch mit der Welt der Bourgeoisie verbunden ist. Es spielt keine Rolle, was sie sagen oder was sie zu tun gedenken. Konkret und ausnahmslos sind sie immer Verwalter der Katastrophen des Kapitals und können nichts anderes sein. Und Tatsache ist, dass es keine Verwaltung dieser Welt durch die Politik und die Staaten des Kapitals geben kann, die nicht die Grundlagen dieser Welt verteidigt und die nicht die Entwicklung der dem Kapitalismus innewohnenden Katastrophen und Unglücke beinhaltet.

Man kann auch von anderen, radikaleren Formen des politischen Reformismus sprechen, die scheinbar weniger institutionell sind und sich auf den Widerstand gegen den Kapitalismus beziehen. Denken wir zum Beispiel an die Autonomie und ihre reformistischsten Teile. Diejenigen von uns, die in Madrid leben, denken zum Beispiel an Orte wie die Buchhandlung Traficantes de Sueños und das Netzwerk von Stiftungen und Kollektiven, die sich um sie herum bewegen und versuchen, politische und institutionelle Beteiligung – Teilnahme an der ersten Kandidatur von Manuel Carmena für den Stadtrat – mit einer ganzen Entwicklung auf einer sozialeren Ebene zu verbinden, die einen vermeintlichen Widerstand gegen den Kapitalismus durch ein Netzwerk von Genossenschaften2, Stiftungen, Lebensmittelbanken, Sozialwährungen, Formen dessen, was sie solidarische Ökonomie nennen, beinhaltet. Das heißt, immer ausgehend von den gleichen Kategorien dieser Welt, den gleichen Kategorien des Kapitalismus. Ich glaube, dass dieselbe kommunalistische Erfahrung in den Städten oder auf der Ebene des Staates, zum Beispiel, als reichlicher Beweis für den reformistischen und ohnmächtigen Charakter dieser Erfahrungen dient. Erfahrungen, die nichts anderes waren als Kanäle der Ernährung und der ständigen Kommunikation zwischen den politischen Vertretern der „alternativen Linken“, dem von ihnen kontrollierten Teil des Staatsapparats und dem Netz der Genossenschaften, die sich auf diese Weise durch institutionelle Finanzierung Geschäfts- und Marktnischen sicherten. All dies, um, indem ich der Gefährtin das Wort überlasse, die Beziehung und die Verbindungen zwischen politischem Reformismus und sozialem Reformismus sehen zu können.

Gefährtin 2

Und in der Tat hat der politische Reformismus durch die Teilnahme an den Institutionen und am Staat das Ziel, zu versuchen, das kapitalistische System durch den Staat selbst zu auseinanderzunehmen – im besten Fall in den Projekten, die die klassische Sozialdemokratie Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hatte – oder zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt den Vorschlag, zumindest zu versuchen, den Kapitalismus zu domestizieren, ihm einen menschlichen Charakter zu geben, etwas, das nur mit der Absicht der Mehrheit, d.h. durch die Verwaltung unseres Elends seitens des Staates, geschehen konnte.

Die Kehrseite dieser Form des politischen Reformismus ist das, was wir als Reformismus sozialen oder alltäglichen Charakters bezeichnen: ein Reformismus, bei dem es nicht mehr darum geht, diese Welt auseinanderzunehmen oder den Kapitalismus durch den Staat zu zähmen, sondern vielmehr um Widerstand (A.d.Ü., im Sinne des durchhaltens) oder Flucht. Ein Widerstand, der auf jeden Fall nichts mit denen zu tun hat, die sich im Kampf wehren, um dieser Welt ein Ende zu setzen, sondern ein Widerstand, der im tiefsten Inneren weiß, dass er hoffnungslos ist, ein Widerstand, der typisch ist für eine Welt, in der es keinen möglichen Horizont der Emanzipation mehr gibt. Auf jeden Fall was versucht werden muss, ist eine Gesellschaftsform aufzubauen, die so weit wie möglich Widerstand leistet, durch Netzwerke von Genossenschaften, sozialer Ökonomie und sozialer Währung, um zumindest zu versuchen, eine parallele Struktur innerhalb dieser Welt aufzubauen und ihr auf die bestmögliche Weise zu widerstehen. Dies ist dies (A.d.Ü., das beschriebene) oder eine Flucht, eine Flucht aus einem radikaleren Sinn wie die Negation dieser Welt: wir wollen nicht in dieser Welt leben und wir werden versuchen, ihr zu entrinnen, wir werden versuchen, ihr zu entkommen. Und wir werden versuchen, in dieser Welt Räume des guten Lebens zu finden, in denen wir in Ruhe gelassen werden, in denen wir unsere Beziehungen nicht durch Waren, durch Geld, durch den Staat vermitteln müssen.

Auf jeden Fall sind diese Reformismen nicht vergleichbar, und man muss ein gewisses Augenmaß haben. Es ist nicht vergleichbar, sich direkt oder indirekt an staatlichen Institutionen und Staatsterrorismus zu beteiligen und dafür verantwortlich zu sein, als zu versuchen, der Gewalt dieser Welt durch die Schaffung von Netzwerken von Genossenschaften zu widerstehen und zu versuchen, ihr durch Projekte des Gemeinschaftslebens zu entkommen. Sie sind nicht dasselbe, und doch haben sie eine gewisse gemeinsame Basis, die wir auch in diesem zweiten Teil diskutieren und zur Debatte stellen wollen.

Im Grunde gibt es zwei Formen des sozialen Reformismus: den Versuch, Widerstand zu leisten, indem man eine alternative Gesellschaft innerhalb dieser Welt aufbaut, und den Versuch, direkt zu entkommen, indem man Räume schafft, in die der Kapitalismus keinen Zutritt hat. Visionen, die andererseits nicht neu und nicht aktuell sind, sondern die sich durch die Geschichte des Kapitalismus ziehen, vielleicht seit seinen Ursprüngen, gerade weil der Reformismus keine bloße Erfindung ist, die geschaffen wurde, um zu versuchen, unsere Radikalität und unsere soziale Stärke zu rekuperieren, um diese Welt zu stärken. Gerade weil der Reformismus keine Erfindung, sondern ein materielles Phänomen ist, treten solche Formen unter verschiedenen Namen, mit verschiedenen Worten, in verschiedenen Sprachen, in verschiedenen historischen Momenten und heterogenen Weltanschauungen auf, aber sie haben eine gewisse gemeinsame Basis. Die Idee des Aufbaus einer alternativen Gesellschaft, parallel zu dieser, ist etwas, das zu den Ursprüngen der Arbeiterbewegung zurückgeht. Wir können an den Chartismus denken oder uns auf die Vorschläge von Proudhon beziehen. Wir können auch auf eine andere Art und Weise an den Anarchosyndikalismus denken und daran, wie er versucht, eine alternative Gesellschaft aufzubauen, die entweder mit der Gesellschaft dieser Welt koexistiert oder einfach darauf abzielt, allmählich zu wachsen, um das Kapital loszuwerden.

Bei dieser Art von Perspektive, bei der eine alternative Gesellschaft allmählich die Kontrolle über diese Gesellschaft übernimmt, wird jedoch ein grundlegender Aspekt übersehen, nämlich dass der Kapitalismus in dieser Welt nicht dadurch definiert wird, wer das System kontrolliert. Der Kapitalismus definiert sich durch die Art und Weise, wie wir miteinander, mit Menschen, durch Geld, durch Waren und durch einen Staat, der dies notwendigerweise verwalten muss, in Beziehung treten. Und Tatsache ist, dass diejenigen, die durch Geld und Waren miteinander in Beziehung treten, notwendigerweise atomisierte Individuen sind, die einen ständigen Schiedsrichter brauchen, nämlich den Staat als relativ unparteiische Instanz, unparteiisch, aber immer zur Verteidigung dieser Welt und der Interessen des Kapitals.

Dies wären die historischen Beispiele für den Reformismus des Widerstands, des Aufbaus einer gesellschaftlichen Alternative. Andererseits gab es auch sehr viele Versuche, dieser Welt zu entfliehen und Räume des Widerstands zu schaffen, in denen es andere, nicht-kapitalistische Beziehungen gibt. Man denke nur an Fouriers Idee der Phalansterien und an die Vorschläge zur Schaffung von Gemeinschaften, die tatsächlich in die Praxis umgesetzt wurden, Gemeinschaften, die versuchten, mit der Existenz des Geldes, mit einer bestimmten, von einem Chef befohlenen Art der Lohnarbeit zu brechen. Mit anderen Worten, sie versuchten, eine andere Art von radikal anderen Beziehungen aufzubauen, die durch Vollversammlungen organisiert wurden. Am Ende waren diese Gemeinschaften mehr oder weniger schnell erschöpft, oder sie wurden direkt von dieser Welt übernommen.

Wir denken, dass es in der Vergangenheit oder an den Anfängen des Kapitalismus sicherlich viel mehr Möglichkeiten gab, andere Räume in dieser Welt zu schaffen, Räume wie Inseln der Emanzipation, emanzipierte Inseln in dieser so unterdrückenden Welt, als es heute der Fall ist. Der Kapitalismus entwickelt sich, indem er sein Wesen, das ein absolut totalitäres Wesen ist, voll zur Geltung bringt. Mit der Entwicklung des Kapitalismus gibt es immer weniger Wälder, in denen man sich verstecken kann, immer weniger Räume, in denen man versuchen kann, dem Staat, dem Geld und der Ware zu entkommen. Mit der Entwicklung des Kapitalismus erreichen die Ware und der Staat jeden Winkel des Planeten.

Das Problem mit diesen Formen des sozialen Reformismus ist, dass sie letztlich voraussetzen, dass das Kapital ewig ist. Sie gehen von der Prämisse aus, dass es den Kapitalismus immer geben wird und dass wir ihn nicht abschaffen können und dass es daher darum geht, ihm zu widerstehen oder ihm zu entkommen. Sie gehen davon aus, dass es nicht möglich ist, ihn auf globaler Ebene abzuschaffen, dass es nicht möglich ist, ihn als Mehrheit und als kollektive Aktion abzuschaffen, die es uns, der gesamten Spezies auf dem Planeten, erlauben würde, eine andere Art von sozialen Beziehungen zu haben. Das Problem bei der Leugnung der Revolution ist jedoch, dass es nicht viele Alternativen gibt: wenn man die Revolution leugnet, ist es unvermeidlich, in die Reform zu fallen. Es gibt keine dritten Wege, es gibt keine alternativen Pfade. Und das Problem, in die Reform zu verfallen, das Problem, die Reform zu verteidigen, ist, dass der Reformismus immer von etwas Realem ausgeht, um eine Ideologie zu konstruieren, die falsch ist. Sie geht von etwas Reellem aus, weil sie von den realen Bedürfnissen ausgeht, die wir haben, um unter den bestmöglichen Bedingungen zu überleben, um zu versuchen, unsere unmittelbaren Bedürfnisse in dieser Welt zu befriedigen, und um nach Wegen zu suchen, dies zu erreichen. Aber indem sie diese unmittelbaren Bedürfnisse von dem historischen Bedürfnis nach Revolution abkoppelt, erzeugt sie eine falsche Ideologie, mit der es möglich wäre, den Widerstand als politisches Projekt voranzutreiben. Dann wäre es entweder Widerstand ohne einen Horizont der Emanzipation, ein Widerstand um des Widerstands willen, oder man könnte behaupten, dass es möglich wäre, dieser Welt wirklich zu entkommen, dass es möglich wäre, diese Inseln der Emanzipation in einer anormalen und zunehmend gewalttätigen Welt wirklich zu errichten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Kapitalismus hat eine totalitäre Natur, die zudem im Gegensatz zu anderen Klassengesellschaften der Vergangenheit die Fähigkeit besitzt, alles zu absorbieren und in eine Ware zu verwandeln und die Personen in ein Subjekt der staatlichen Verwaltung zu verwandeln. Und er hat nicht nur die Fähigkeit dazu, sondern auch die intrinsische Notwendigkeit, dies zu tun. Deshalb hat es den Sozialismus in einem einzigen Land nie gegeben, und der Sozialismus in einem einzigen Dorf oder in einer einzigen Region ist ganz sicher nicht möglich.

Der Kapitalismus erlaubt keine Koexistenz mit anderen Arten von sozialen Beziehungen innerhalb der kapitalistischen sozialen Beziehungen. Deshalb ist der einzige Weg, den Kapitalismus zu beenden, eine Weltrevolution, die, um eine Revolution zu sein, die, um wirklich die Grundlagen dieses Systems zu beenden, von der unterdrückten Klasse dieser Gesellschaft gemacht werden muss, vom Proletariat, das dies tut, nicht um sich selbst zu bestätigen, sondern um genau die Grundlagen, die es zu einer beherrschten Klasse machen, negieren zu können. Nur durch eine weltweite Revolution kann das Geld, der Staat und die Ware abgeschafft werden, es gibt keinen anderen Weg, dies zu tun. Es ist nicht möglich, Geld und Waren in einem einzigen Territorium abzuschaffen, und doch stehen wir heute möglicherweise vor einer schrecklichen historischen Situation, und in Wirklichkeit ist die Zukunft zunehmend düster, auf der Ebene der Katastrophe, der sozialen und ökologischen Katastrophe.

Diese Realität kann nur noch wachsen, denn die Beziehung des Kapitalismus zur Natur wird immer unersättlicher und perverser werden. Das kann nur zu weiterer Zerstörung führen. Und auch, weil es in der Logik des Kapitalismus, in der Logik der Automatisierung und Robotisierung eine Tendenz gibt, Arbeit zu verdrängen, was bedeutet, dass es in einer Gesellschaft, in der man nur Zugang zu Ressourcen hat, wenn man sich selbst verkauft, wenn man seinen Körper und seine Energie vermietet, immer weniger Möglichkeiten gibt, um das zu tun, dass es immer weniger Optionen gibt, es zu tun. Der Kapitalismus hinterlässt eine zunehmend überzählige Bevölkerung, eine Bevölkerung, die einfach nicht mehr für die Parameter dieser Welt geeignet ist. Wir stehen nämlich vor einer historischen Situation – und das wird immer mehr der Fall sein – von katastrophalem Ausmaß. Die Revolution war also noch nie so notwendig und gleichzeitig wurde sie wahrscheinlich noch nie so sehr negiert. Bestenfalls wird argumentiert, dass eine Revolution nicht möglich ist. Sie wäre wünschenswert, ist aber in jedem Fall nicht möglich. Die historischen Beispiele von Revolutionen, die dauerhaft gescheitert sind, sind für alle sichtbar. Im schlimmsten Fall heißt es, dass eine Revolution nicht nur nicht möglich, sondern auch nicht wünschenswert ist, dass eine Revolution notwendigerweise eine Übung in sozialer Technik ist, die nur zu einer neuen Situation mit größerer Ausbeutung führen wird. Und das war der Kommunismus, nicht wahr? Stalin, die Konzentrationslager, das Massaker an Millionen von Menschen. Eine Revolution, so heißt es, sei nie möglich oder wünschenswert gewesen, und so bleibe uns nur die Reform – weil es keinen dritten Weg gebe.

Solche Visionen sind jedoch historisch gesehen sehr veraltet. Sie sind auf den Schlag der Konterrevolution zurückzuführen, die genau auf diese revolutionäre Periode folgte, von der der Gefährte sprach, und die eine vollständig kapitalistische Konterrevolution war. Man muss den Dingen ihren Namen geben. Wir haben diese Last der Konterrevolution auf unseren Schultern getragen, und das ist vielleicht der Grund, warum im Kontext der 80er und 90er Jahre bestimmte Arten von Diskursen, die diese Form des sozialen Reformismus zu einem expliziten politischen Vorschlag machen, viel mehr Kraft zu gewinnen begannen. In ihnen wird deutlich gemacht, dass der Horizont der Emanzipation nicht möglich ist oder nicht durch die Revolution bestimmt wird. Diese Sichtweise stammt möglicherweise aus der gleichen Situation der Niederlage in den 80er und 90er Jahren. Wenn wir über die Kritik am sozialen Reformismus sprechen, ist es natürlich sehr wichtig zu unterscheiden, dass wir nicht die persönlichen Entscheidungen derjenigen kritisieren, die versuchen, bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Es besteht kein Zweifel daran, dass das Leben in diesen Megalopolen, wie z. B. in Madrid selbst, schreckliche Lebensbedingungen mit sich bringt, die verarmt sind und die eigene Gesundheit schädigen. Es geht nicht darum, die persönlichen Entscheidungen derjenigen zu kritisieren, die versuchen, eine andere Art von Verbindung mit der Natur herzustellen, traditionelles Wissen wiederzuerlangen, gesünder zu leben und mehr gemeinschaftliche Beziehungen mit anderen zu pflegen. Es ist auch nicht gut, diejenigen zu kritisieren, die versuchen, anstelle eines Chefs, der ihnen das Leben schwer macht, eine Genossenschaft zu gründen und zumindest eine gewisse Selbstverwaltung ihrer Arbeit und ihres Lebensunterhalts anzustreben, wenn auch immer unter den Bedingungen der Ware, des Geldes, also des Verkaufs ihrer Arbeitskraft an einen Markt, der die Bedingungen diktiert. Es geht also nicht darum, persönliche Entscheidungen zu kritisieren, sondern darum, zu kritisieren, dass es sich um einen politischen Vorschlag handelt, dass dies als Vorschlag für die Emanzipation vorgebracht wird, und noch mehr zu kritisieren, dass dies die einzig mögliche Perspektive für die Emanzipation ist, weil eine Revolution nicht möglich oder sogar wünschenswert ist.

Glücklicherweise hängt die Revolution nicht davon ab, was wünschenswert ist oder nicht, noch hängt sie vom Willen einer Gruppe von Individuen ab, noch von denen, die sie wollen, noch von denen, die sie nicht wollen. Die Revolution ist keine Sache des Willens oder der Ideen. Die Revolution ist ein materielles Phänomen. Es ist ein materielles Phänomen, dass dem großen Tag, dem großen revolutionären Prozess in Wirklichkeit eine zunehmende soziale Polarisierung vorausgeht, der Ausbruch einer ganzen Reihe von Revolten und sozialen Kämpfen, das Lernen dessen, was wir in diesen Kämpfen tun können, und die Lehren, die wir daraus für die nächsten nicht nur ziehen können, sondern müssen. Und das ist etwas, was wir bereits erleben, unter anderem, weil angesichts dieses gleichen Panoramas der sozialen und ökologischen Katastrophe einige Leute sagen, ja, aber in Wirklichkeit können die Leute nicht tatenlos zusehen, und sie tun es auch nicht. Sie tun dies nicht, weil wir als Spezies einen Überlebensinstinkt haben, der uns zum Kampf, zur Revolution und zu anderen Arten von Beziehungen führt, die versuchen, soziale Klassen, Geld und Waren zu negieren. Die Anstrengung, die wir angesichts dessen unternehmen müssen, besteht also nicht darin, „aufs Land zurückzukehren, während die Welt zusammenbricht“, und auch nicht darin, in die Institutionen einzutreten, um die Katastrophe vom Staat aus zu verwalten, indem man die Polizei schickt, wenn man gegen dieselbe Katastrophe protestiert. Die einzige Chance, die wir wirklich haben, um diesem Prozess der sozialen Polarisierung zu begegnen, der bereits im Gange ist und sich weiter verschärfen wird, besteht gerade darin, uns darauf vorzubereiten, diese soziale Kraft auf die Ziele einer emanzipierten Gesellschaft auszurichten. Denn Prozesse der Revolte, der sozialen Ausbrüche, der Konfrontation mit dem Staat werden immer häufiger auftreten. Was in Wirklichkeit nicht garantiert ist, ist, dass wir in diesen Prozessen gewinnen können, ist, dass in diesen Prozessen klar ist, wovon wir konkret sprechen, wenn wir von einer emanzipierten Gesellschaft sprechen, und deshalb ist es wichtig, klar zu unterscheiden zwischen dem, was Reformismus ist, und dem, was eine revolutionäre, emanzipatorische Perspektive ist. Wir können also die Debatte beginnen.


1A.d.Ü., „Der Kriegsminister, Oberst Reinhardt, formulierte einen Befehl, durch den die Regierung und der Zentralrat den Generalleutnant von Hofmann, der mit einigen Formationen nicht weit von Berlin war, zum Oberbefehlshaber ernannte. Dagegen wurde eingewendet, dass die Arbeiter gegen einen General die größten Bedenken hegen würden. In ziemlicher Aufregung, denn die Zeit drängte, auf der Straße riefen unsere Leute nach Waffen, stand man im Arbeitszimmer Eberts umher. Ich forderte, daß ein Entschluß gefaßt werde. Darauf sagte jemand: ‚Dann mach du doch die Sache!‘ Worauf ich kurz entschlossen erwiderte: ‚Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht!‘ Reinhardt meinte, auf den Vorschlag habe er eigentlich immer gehofft. Ein Beschluss wurde mündlich so formuliert, daß die Regierung und der Zentralrat mir weitgehendste Vollmachten zum Zweck der Wiederherstellung geordneter Verhältnisse in Berlin übertrugen.“ Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution.

2A.d.Ü., hier ist die Rede von Genossenschaften in ihrer juristischen Form als Unternehmen, gemeint wird aber dass was wir zeitgenössisch „Kollektive“ nennen.

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