Textreihe Rojava / Kritik an der sogenannten „Revolution“ in Rojava

Textreihe Rojava / Kritik an der sogenannten „Revolution“ in Rojava

Hiermit beenden wir vorerst diese Textreihe die seit langem ein wichtiges Projekt für uns war, ein Schritt steht uns noch vor, mehr dazu in den kommenden Monaten. Mehr aufgrund von Kapazitäten hat sich dies in die Länge gezogen und konnte daher nicht vor langer Zeit beendet werden.

Es hat also nichts mit einem Abwarten oder einer Entwicklung der Geschehnisse in Syrien, und im nördlichen Teil (hauptsächlich kurdischen) des Landes, zu tun. Obwohl wir in den letzten Jahren, aber auch in den letzten Monaten, mit einigen Freundinnen und Freunden, sowohl mit Gefährtinnen und Gefährten, über dieses Projekt quatschten, waren sich einige nie sicher ob die momentane Lage vor Ort es anbrachte eine Kritik an der sogenannten „Revolution“ in Rojava zu veröffentlichen. In jeder gesellschaftlichen Situation, vor allem wenn sie durch Kriege, Repression, Vertreibung, usw. bedingt ist – was dem Kapitalismus inhärent, immanent und intrinsisch ist, also untrennbar, die Norm ausmacht – leiden Menschen unter den Katastrophen die vom Kapitalismus verursacht werden. Die Frage war daher nicht ob die Kritik und Auseinandersetzung nicht angebracht sei, sondern ob der Moment dafür geeignet sei. Nicht nur die Menschen in den sogenannten „kurdischen Gebieten“ haben in den letzten Jahrzehnten unter Bombardierungen, Morden, Repression, Vertreibungen usw. gelitten, sondern im Allgemein das Proletariat im ganzen Nahen Osten. Wir weigern uns auch Kurdinnen und Kurden auf eine nationale Kategorie zu reduzieren, sondern weißen daraufhin, dass das was ihnen passiert, genauso wie bei Palästinenserinnen und Palästinenser, genauso wie im Falle von Libanon, Syrien, Jordanien, Libyen, mit ihrer Realität als Proletarier zu tun hat. Gerade im Falle von Rojava spielen die ständigen Angriffe der Türkischen Armee und Luftwaffe eine große Rolle, aber wawr dies auch nicht im restlichen Syrien die vom ehemaligen Staatspräsidenten Assad massakriert wurden denn keine?

Wie gesagt, das Erscheinen im jetzigen Zeitpunkt hatte mehr mit Kapazitäten zu tun, als mit dem Entschluss jetzt wäre der richtige Moment, wo doch in Syrien sich so vieles verändert hat, genauso wie in der PKK selbst.

Jetzt wo der Bürgerkrieg in Syrien zu „Ende“ ist, oder wird es noch so lange andauern bis die „kurdische“ Frage im Nordosten des Landes, für viele es als Rojava bekannt, gelöst sein wird, oder werden sich dort kurdische Kräfte genauso arrangieren, wie sie es davor mit Assad taten? Diese Fragen sind nicht rhetorischer Natur, denn bis diese Frage im herrschenden Sinne konjugiert und beantwortet, wird das Leben tausender Menschen noch kosten. Was danach sein wird, ist natürlich in den Sternen geschrieben, außer der Herrschaft des Kapitals und die Durchsetzung dessen Interessen durch den Staat.

Ist angesichts dieser stattfindenden Tragödie angemessen Kritik an die sogenannte Rojava Revolution, an die kurdische Befreiungsbewegung (ein Euphemismus um die PKK mit ihren tausend Namen zu benennen, sowie Baldrick mit seinen tausend Geischtern) zu üben? Wann ist denn Kritik erlaubt oder erwünscht, wahrscheinlich niemals und dass obwohl die tausend Fans der Kurdischen Revolution, zumindest hier in Berlin so leise geworden, so wenig für ihre Sache noch auf die Straße gehen. Ja die Lieben der radikale Linke des Kapitals verfliegen schnell. Wie man im Süden so sagt, sie verfliegen wie ein Joint vor einer Schule. Aber dies ist uns egal, die Kritik ist niemals falsch, noch unangebracht, sie nimmt Ereignisse sogar sehr ernst, denn sie setzt sich ja mit diesen auseinander.

Und dass obwohl so viele, ja wirklich viele, vor allem Menschen die selbst keinen kurdischen Hintergrund haben – was nicht unbedingt was bedeuten muss – sich enorm angestrengt haben dass jeder diese Revolution liebt. Und dort wo Liebe ist, wie beim Joint vor der Schule, sind am Anfang keine Konflikte, es waren auch nie welche erwünscht. Die „Revolution“ in Rojava war, auch, eine enorme Projektionsfläche für das Versagen und die Niederlage örtlicher Kämpfe und Auseinandersetzung. Es hatte mehr mit Glauben als mit Materialismus zu tun. Daher standen all jene wie wir, die dieser perfekten „Revolution“ kritisch gegenüberstanden mit der Entscheidung konfrontiert: Liebe die einzige wahrhafte existierende Revolution auf der Welt oder fick dich ins Knie. Nun, vieles wurde, was diese Revolution angeht nie inhaltlich diskutiert, vieles, wenn nicht alles, blieb beim ästhetischen, bei den Bildern die so bewegten.

Seit wir diese Einleitung begonnen haben hat sich vieles ja zusätzlich getan, der illustrierte Vorsitzende hatte noch nicht das Ende des bewaffneten Kampfes verkündet und was die Zukunft der PKK, bzw. der kurdischen nationalen Befreiungsbewegung betrifft wird noch vieles geschehen.

Aber unser Anliegen war es nicht uns mit einer weiteren stalinistischen Gruppe auseinanderzusetzen, sondern dass Phänomen um sie herum zu kritisieren, die so viele Anarchistinnen und Anarchisten zu blenden wusste. Deshalb die Übersetzung und Veröffentlichung der folgenden Texte in denen sehr viele Fragen um dieses Phänomen gestellt werden, die lange Zeit keinen Platz für Debatten und Auseinandersetzungen erlaubten. Vieles wurde im Zusammenhang mit der PKK und der sogenannten „Revolution“ in Rojava verteidigt und jene die diese kritisierten als quasi Trottel dargestellt, aber wie gesagt, es ist sehr leise um jene geworden die diese „Revolution“ verteidigt haben.

Unsere Kritiken, und dennoch hegen wir ein großes Respekt vor den Menschen in Rojava, basieren auf den Märchen es würde sich hierbei um die einzige „anarchistische Revolution“ im 21. Jahrhundert handelt, dass wir die Entstalinisierung PKK nicht abkauften, dass in Rojava kein Staat aufgebaut wurde, dass die sogenannte „Revolution“ weder eine soziale noch tiefgreifende sei, sondern nur eine Machtübernahme – im fortschrittlichen Gewand, eine Art Französische Revolution, also eine bourgeoise – stattfand, dass wiedermal der Internationalismus sich wie in der Komintern den Interessen einer Organisation unterwerfen sollte (die PKK), ohne Kritik, ohne Fragen stellen zu dürfen, anstatt wie in der I. Internationale wo eine weltweite Bewegung gemeinsam gegen alle Staaten, alle Nationen, den Kapitalismus und seiner Realität, kämpfte.

Ohne viel weiter zu gehen, die folgenden Texten findet man auf diese Fragen, wie auf andere, klare Positionen und Kritiken und gehen auf sie ein und vertiefen sie entsprechend.

Anarchistische Gruppe „Freundinnen und Freunde von Fanny Kaplan“ (auch bekannt als Soligruppe für Gefangene)


Chronologische Reihenfolge:

(2014) Il lato cattivo – Die „kurdische Frage“, ISIS, USA und vieles mehr

(2014) Rojava: Der Volkskrieg ist kein Klassenkrieg

(2014) Rojava: Fantasien und Realitäten

(2015, Gilles Dauvé und Tristan Leoni) Kurdistan?

(2015) „Ich habe die Zukunft gesehen und sie funktioniert.“ – Kritische Fragen an die Unterstützer der Rojava-Revolution

(2015) PKK, Demokratischer Konföderalismus und Unsinn – Juraj Katalenac

(2015) Die düstere Realität der Rojava-Revolution – Augenzeugenberichte von Anarchistinnen und Anarchisten

(2015) Rojava: Realität und Rhetorik – Gilles Dauvé und T.L.

(2015) REVOLUTION IN ROJAVA?

(2016) Brief an „rojavistische“ Freunde

(2017) Bericht über ein von internationalistischen Gefährten und Gefährtinnen aus Kurdistan organisiertes Treffen

(2018) Nachwort – Es war einmal ein Aufruf zu einem internationalen Treffen in Kurdistan …

(2018) Entwicklung und Geschichte der PKK – Von der stalinistischen Raupe zum libertären Schmetterling?

(2021) Class War/Tridni Valka 13/2021: „Rojava Revolution“? „Antistaatlich“? „Antikapitalistisch“? Oder eine neue Mystifizierung?

(2024) Fokus auf Rojava – Die verheerenden Auswirkungen des kleineren Übels und Antiimperialismus in anarchistischen Kreisen (II)

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