Gefunden auf es.contrainfo, die Übersetzung ist von uns. Hier ein weiterer Text, der im Kontext der Revolte in Kuba stattfand.
[Kubanischer Staat] Erste Erklärung der Anarchistischen Gruppe der Intervention (GAI Grupo Anarquista de Intervención)
Veröffentlichungsdatum: 21. Juli 2021
WIR WERFEN DIESE FLASCHE INS MEER
(ERSTE ERKLÄRUNG DER GAI)
Angesichts eines Landes, das die soziale Kontrolle ausbaut; angesichts der polizeilichen und militärischen Invasion in unseren Städten; angesichts der Belagerung durch die Schergen in unseren Vierteln; angesichts des Zusammenbruchs der diskursiven Lüge; inmitten der Ohnmacht und der systemfeindlichen Wut der Jugend, die ihre Angst verloren hat; unter der Bedrohung, entlarvt und gefeuert zu werden, aber ohne sich selbst zu viktimisieren, stellen wir uns im kubanischen, lateinamerikanischen und karibischen Raum und allgemein unseren anarchistischen Brüdern und Schwestern in der Welt vor.
Die GRUPO ANARQUISTA DE INTERVENCION (GAI) besteht aus wenigen Personen, die sich freiwillig zusammengeschlossen haben. Wir sind nun schon seit einigen Monaten unterwegs. Wir fliehen vor der Isolation, aber wir distanzieren uns auch von all dem politischen Gezeter und dem bezahlten demokratischen Optimismus, der in einigen dissidenten Ecken herrscht. Wir sind allein unterwegs, ohne Anführer oder Führer. Verwaist von jeglicher Vormundschaft oder Subvention, mit der Absicht, gemeinsam mit den Menschen, die ihre Angst verloren haben und denen, die noch davon träumen, sie zu verlieren, Aktionen zur Intervention zu fördern. Wir haben nicht die Absicht, das Spiel irgendeiner politischen Gruppe zu spielen, weder von innen noch von außen. Wir sind apolitisch. Unser Vorschlag für eine Intervention besteht darin, verstärkende Räume des Kampfes zu schaffen und einen Kampf zu gestalten, der sich von der derzeitigen dichotomen Polarisierung von „links-rechts“, „Würmer-Revolutionäre“, „Söldner-Patrioten“, „Kommunisten-Antikommunisten“ unterscheidet.
Für uns sind all diese Begriffe leere Worte, die dem Diskurs der Macht, egal welcher Macht, zur Verfügung stehen. Für uns sind sie alle derselbe demagogische Schwachsinn.
Deshalb schlagen wir eine allgemeine Revolte gegen jede Macht, gegen jede Autorität vor, durch die kreative Praxis des Kampfes und den libertären Impuls all jener rebellischen Geister, die bereit sind, dieser Diktatur ein Ende zu setzen, die aber auch bereit sind, niemandem die Macht zu überlassen. Wir kämpfen nicht, um unsere schlechten Unterdrücker durch gute Unterdrücker zu ersetzen. Wir wollen keine schlechten Regierungen und wir wollen keine guten Regierungen. Wir kämpfen gegen diese Regierung und wir werden gegen die nächste kämpfen. Wir kämpfen für die Zerstörung der Macht; wir kämpfen für Anarchie.
48 Stunden nach der sozialen Explosion erzählt jeder seine „Wahrheit“ über die Unruhen, und die, die es nicht tun, erfinden sie und versuchen, den Kampf der Ausgeschlossenen auszunutzen. Einige sagen, dass es ein paar „gewalttätige Söldner“ waren, die von der US-Regierung manipuliert und bezahlt wurden und die „Revolutionäre“ auf der Straße angriffen, sogar mit Klingenwaffen. Andere sprechen von Millionen Kubanerinnen und Kubanern auf den Straßen, die Regierungseinrichtungen sowie Rundfunk- und Fernsehgebäude stürmten, begleitet von Militär und Polizei, die ihre Uniformen auszogen, um das „heldenhafte Volk“ zu umarmen. Manche sagen, es war die von der US-Regierung verhängte „völkermörderische Blockade“, die uns auf die Straße brachte. Andere sagen, es war Covid; der Mangel an Medikamenten und Impfstoffen; die Stromausfälle.…
Die Wahrheit ist den Protagonisten bekannt. Die Tausenden von Frauen und Männern jeden Alters, vor allem aber junge Menschen, die am vergangenen Sonntag in den 14 Provinzen auf die Straße gingen, riefen klar und deutlich: „Freiheit!“ und „Nieder mit der Diktatur“, weil sie die Nase voll hatten von so vielen Lügen und Demagogie. Viele riefen auch erwartungsvoll „Patria y Vida“ (Vaterland und Leben), um die Welt, die sie wollen, vorwegzunehmen und das Terrain des herrschenden nekrologischen Nationalismus zu bestreiten. Andere skandierten den alten chilenischen Slogan, der die täglichen Demonstrationen der Linken in Lateinamerika anspornt.
Die Proteste verliefen friedlich. Fast alle Demonstranten waren bereit, erst die eine und dann die andere Wange hinzuhalten. Fast alle wollten zeigen, dass Gewalt nur von der Polizei und den staatlichen Sicherheitsorganen ausgeübt werden würde. Als wir von den Schergen des Regimes angegriffen wurden, baten viele noch darum, nicht in die Provokation der Gewalt zu verfallen und begnügten sich damit, den Henkern „Schänder“ und „Mörder“ zuzurufen. Aber wir jungen Menschen stellten uns der Repression. Wir antworteten auf die Kugeln mit Steinen. Und wir drehten die Patrouillen um, so dass die PNRs (Policia Nacional Revolucionaria) fliehen mussten. Zum ersten Mal spürten sie die gleiche Angst, die sie uns eingeflößt hatten.
In den heißesten Vierteln kamen die Bewohner der Kloake des Landes heraus (A.d.Ü., gemeint sind Elendsviertel), um den Staat zu konfrontieren; die Bewohner der Randgebiete, die nicht in den Nachrichten oder auf den Touristenpostern oder auf den CD-Covern zu sehen sind; diejenigen, die nachts auf der Straße leben und im Elend wohnen; die Ärmsten der Armen; diejenigen, die vom System ausgeschlossen sind. Sie gingen hinaus, um ihre Würde wiederzuerlangen, aber auch, um ihren Hunger zu stillen. Sie stürmten die Geschäfte im MLC (moneda libremente convertible), in denen sie noch nie einkaufen konnten. Diese kollektive Katharsis wurde zu einem potenziellen Befreier, denn alle hatten ihre Angst verloren.
Jetzt leben wir in einer Totenstille. Die Städte und Gemeinden sind militarisiert. Die Zahl der Toten und Verwundeten, die die Repression hinterlassen hat, ist unbekannt; die Regierung gibt nur einen Toten unter den Demonstranten an. Es gibt Tausende von Verhafteten und Hunderte von Verschwundenen, aber auch hier ist die genaue Zahl nicht bekannt. Unabhängige Menschenrechtsorganisationen sprechen von mehr als 3000 Inhaftierten allein in Havanna und mehr als 15.000 auf der ganzen Insel. Sie sind noch nicht in Gefängnisse verlegt worden, sondern befinden sich in den Zellen von Polizeistationen und in einigen Militäreinheiten, während sie wegen „Vandalismus“ und „Konterrevolution“ verfolgt werden.
Die Kommunisten sind so zynisch, dass sie anklagen, „wie undankbar die Schwarzen sind, obwohl wir ihnen so viel gegeben haben und sie immer noch protestieren“; und aus den oberen Rängen der Partei sprechen sie von der „reaktionären Bevölkerung“, dem „Gesindel“, den „Delinquenten“, „sozialen Außenseitern“ und „marginalisierten Sektoren“, die alle vom Imperium bezahlt werden.
Wir haben unseren Anarchismus, Brüder und Schwestern, auf der Straße gelernt, in der Konfrontation mit der einzigen Blockade, die wir haben; der Blockade, die die Schergen auferlegt haben und die wir in der täglichen Repression ausgehebelt haben. Unser Anarchismus kam mit dem Punk und dem lateinamerikanischen Hiphop zu uns. Wir hatten keine Zeit, um in Büchern darüber zu lesen. Er wurde aus unserem Bauch heraus geboren und aus unserem Bauch heraus werden wir weiterhin für die Anarchie eintreten; wir versuchen, wachsam zu bleiben und von unseren chilenischen anarchistischen Brüdern und Schwestern zu lernen, die uns gelehrt haben, dass der Kampf nicht für einen Tag ist und dass wir jeden Tag die Anarchie zum Leben erwecken können.
Wir danken unseren chilenischen, italienischen und spanischen Brüdern und Schwestern, die uns auf der Straße begleitet und uns zugehört haben. Sie haben uns geholfen, den Mythos der Blockade und den ganzen kommunistischen Scheiß zu brechen, der auch von einigen, die sich Anarchistinnen und Anarchisten nennen, konsumiert wird.
GAI
Juli, 2021
Teilweise Liste der Gefangenen der Revolte:
1. Abdiel Cedeño Martínez (Santiago de Cuba)
2. Abel Lescay (Cruces, Mayabeque)
3. Adonis Abilleira (Cruces, Cienfuegos)
4. Adrian Portieles (Trinidad, Sancti Spíritus)
5. Alejandro Mejías Guerra (San Antonio de los Baños, Artemisa)
6. Alejandro Rodríguez Gelin (Jovellanos, Matanzas)
7. Alejandro Criado González (inhaftiert in Zanja, La Habana)
8. Alejandro Rojas Calzadilla (Havanna)
9. Alexander Fabregas (Trinidad, Sancti Spíritus)
10. Alvaro Otero Rodríguez (Trinidad, Sancti Spíritus)
11. Amalia Portieles (ICRT, Havanna)
12. Amanda Hernández (Havanna)
13. Amaury Pacheco (Havanna)
14. Anyelo Troya (inhaftiert an der 100. und Aldabó, Havanna)
15. Ariadna Pérez (Camagüey)
16. Ariel González Falcón (festgenommen an der Station Cerro, Havanna).
17. Arley Leandro Mejías (San Antonio de los Baños, Artemisa).
18. Armando Escobar Saldivar (Trinidad, Sancti Spíritus)
19. Armando Abascal (Jagüey Grande, Matanzas)
20. Beatriz Valdés García (La Habana)
21. Camila Acosta (Havanna)
22. Carlos Chaviano (Cruces, Cienfuegos)
23. Carlos Ortega (Batabanó, Mayabeque)
24. Ceimara Carcasés Lobaina (Havanna)
25. Celina Osorio Claro (Guantánamo)
26. César Domínguez (Sancti Spíritus)
27. Coco Fariñas (Villa Clara)
28. Dairon Labrada Linares (Santiago de Cuba)
29. Dairon Cuellar González (Encrucijada, Villa Clara)
30. Dayanne Victoria Sosa Rivas (Camagüey)
31. Dayris Ruth del Sol (Isla de la Juventud)
32. Denis Reyes (Artemisa)
33. Denis Turcaz Guilarte
34. Edel Carrero (Havanna)
35. Eduardo Machado Arocha (Santiago de Cuba)
36. Eliezet Sesma Diago (Havanna)
37. Emmanuel Hernandez Hernandez (Union de Reyes, Matanzas)
38. Enrique Ferrer Hechevarría (Santiago de Cuba)
39. Eros Greck (Colón, Matanzas)
40. Ezequiel Rafael Hermida Rodriguez (inhaftiert im PNR El Capri, Havanna)
41. Francisco Rangel (Colón, Matanzas)
42. Frank Garcia Hernandez (inhaftiert in Zapata y C, Havanna)
43. Frank David Suárez Cabrera (Palma Soriano, Santiago de Cuba)
44. Fredy Gregorio (Cienfuegos)
45. Gabriela González (inhaftiert in Marianao, Havanna)
46. Gretchen Santiesteban (inhaftiert in Sancti Spíritus)
47. Gretel Medina (inhaftiert in Vivac, Havanna)
48. Hairo Labori (Isla de la Juventud)
49. Henry Constantin Ferreiro (Camagüey)
50. Iris Mariño (Camagüey)
51. Isaac Blanco (Cienfuegos)
52. Ismael Molina Rodríguez (Trinidad, Sancti Spíritus)
53. Iván Alcaraz (inhaftiert in Zapata y C, Havanna)
54. Iván Arocha Quintana (Havanna)
55. Iván Arocha Quiala (Santiago de Cuba)
56. Jaime Mantilla Peña (Camagüey)
57. Javier González (verhaftet in Artemisa)
58. Javier Delgado
59. Javier Pérez Rodríguez
60. Javier Sánchez (Nuevitas, Camagüey)
60. Javier Alejandro Urquias Dumas (Santiago de Cuba)
61. José Bolaños Rodríguez (inhaftiert in Alt-Havanna)
62. José Daniel Ferrer (Santiago de Cuba)
63. José Luis Acosta (Camagüey)
64. José Manuel Sánchez Zerquera (Trinidad, Sancti Spíritus)
65. Juan Carlos Saenz (inhaftiert in Vivac, Havanna)
66. Juan Carlos Chillón Paizan (Santiago de Cuba)
67. Julio César Santos (Trinidad, Sancti Spíritus)
68. Julio Rolando Castañeda
69. Kender (Havanna)
70. Larisa Castillo Rodriguez (inhaftiert in Zapata y C, Havanna)
71. Lázara Naidelys Rodríguez (inhaftiert in 100 y Aldabó, Havanna)
72. Lázaro Díaz (Colón, Matanzas)
73. Leandry Gonzalez Capote (Artemisa)
74. Leonardo Romero Negrín (inhaftiert in Havanna)
75. Leonardo Fernandez Otaño
76. Liam Sanchez (Havanna)
77. Luis Manuel Otero Alcántara (Havanna)
78. Luis Mario Niedas Hernández (Sancti Spíritus)
79. Luis Raúl Ibarra (Santiago de Cuba)
80. Maykel González Vivero (Havanna)
81. Manuel Díaz (Bauta, Artemisa)
82. Manuel Cuesta Morúa (Havanna)
83. Manuel Alejandro Rodríguez Yong (Häftling)
84. Marieta Martínez Aguilera (Havanna)
85. Mario Miguel Pérez Valdés (inhaftiert in Zapata y C, Havanna)
86. Mario Miguel Miguel Pineda (Bejucal, Mayabeque)
87. Marisol Peña Cobas (Camagüey)
88. Michel Góngora (Havanna)
89. Michel Suárez Peña (San Antonio de los Baños, Artemisa)
90. Nadir Martín (San Antonio de los Baños, Artemisa)
91. Neife Rigau (Camagüey)
92. Nelvys Ismaray Ortega (Santiago de Cuba)
93. Néstor Vega (Havanna)
94. Niober García Fournier (Guantánamo)
95. Noel Ramirez
96. Omar Planos Cordoví (Santiago de Cuba)
97. Orelvis Cabrera (Cárdenas, Matanzas)
98. Oscar Antonio Escobar Fernández (Havanna)
99. Pedro Albert Sánchez (inhaftiert in Guanabacoa, Havanna)
100. Pedro Rafael Aslan (Havanna)
101. Pedro Rognis Puig Murgado (Santiago de Cuba)
102. Rafael Cruz
103. Rafael Fajardo Cardenas (Havanna)
104. Rafael Cruz Debora (Unión de Reyes, Matanzas)
105. Ramón Samada Suárez
106. Rangel Randy Aragón Carmenate (Havanna)
107. Ricardo Barrios (inhaftiert in Zanja, Havanna)
108. Richard Zamora „El Radical“ (verhaftet in seinem Haus in Matanzas)
109. Richard Berra (Unión de Reyes, Matanzas)
110. Roberto Carlos (Cienfuegos)
111. Rodmelis Nuñez (Batabanó, Mayabeque)
112. Rolando Rodríguez Robaina (Guantánamo)
113. Ruth Campos
114. Santiago Aldama Torres (inhaftiert in Zapata y C, Havanna)
115. Saúl Pérez Taño (inhaftiert in seinem Haus in Santa Fé, Havanna)
116. Sergio Santana (Sancti Spíritus)
117. Solveig Font (inhaftiert in Vivac, Havanna)
118. Tania Delgado
119. Víctor Manuel Rodríguez (Unión de Reyes, Matanzas)
120. William Echevarria Sayu (Unión de Reyes, Matanzas)
121. Yarian Sierra (Matanzas)
122. Yeremi Blanco (Matanzas)
123. Yilian Flores
124. Yilian Lorena Medinilla Pérez (Trinidad, Sancti Spiritus)
125. Yoan Carlos López (Encrucijada, Villa Clara)
126. Yoandry Benguria
127. Yolanda Carmenate Fernández (Granma)
128. Yumey Besu
129. Yusniel Pérez Montejo (Songo La Maya, Santiago de Cuba)
130. Zusely Echavarria Gregorio (Cienfuegos)
131. Cesar Alejandro Gattorno (Santa Clara, Villa Clara)
132. Jorge Naranjo
133. Yilian Lorena Medinilla Perez (Sancti Spíritus)