Die Volksfront zur Hilfe für den französischen Kapitalismus

Gefunden auf el salariado, die Übersetzung ist von uns.

Hier eine weitere Kritik an der radikalen Linken des Kapitals, dieses Mal an der Epoche der Volksfront in Frankreich, die genauso hierzulande unbekannt wie ungerührt ist. 1936 gewann die Volksfront in Spanien und in Frankreich die Wahlen, die, nach dem die Komintern 1935 die Sozialfaschismusthese ablegte, es auf einmal Kommunistischen Parteien erlaubte im Bündnis mit Sozialistischen Parteien in Wahlen aufzutreten. Der Unterschied zu der Einheitsfront, auch von der Komintern ausgegangenen Richtungslinie an alle KP´s, die es diesen erlaubte mit Sozialistischen Parteien zusammenzuarbeiten, damals sah man noch einen gemeinsamen Kampf gegen das Kapital als möglich, war dass die Volksfront den Bündnis mit dem „bourgeoisen Klassenfeind“ vorsah um eine gemeinsame Front gegen den Faschismus zu bilden. Es galt also die Interessen des Kapitals, demokratisch konjugiert, zu verteidigen, es ging nicht um eine Machtübernahme um das Kapital zu zerstören, ergo den Staat auch, und dies weltweit. Dies ist natürlich ein Oxymoron, weil der Staat kann nicht übernommen werden, um diesen zu vernichten.

Was aber in Frankreich und in Spanien passierte, war dass die Arbeiterinnen und Arbeiter, durch ihre Autonomie, einen anderen Weg einschlugen wie es die Volksfronten vorhatten, die mit dem vollsten Vertrauen der herrschenden Klasse zum Regieren unterstützt wurden, denn was galt, war nicht das Proletariat freien lauf zu lassen, sondern diesen vor allem im Zaun zu halten. Dies geschah aber nicht, die Geschichte in Spanien ist bekannter, die in einem Aufstand mündete wo sich das Proletariat sich bewaffnete um die soziale Revolution zu verwirklichen, in Frankreich wurden Fabriken besetzt, um sie zu behalten und es wurde massiv gestreikt. Ohne groß auf den Artikel weiter einzugehen, möchten wir auf einen Beispiel eingehen, der uns daran erinnert, nämlich die Fabrikbesetzungen und die Autonomie des Proletariats in Chile während der Regierung unter Allende ab 1970. Dort geschah was erstaunlich ähnliches wie in Frankreich mehrere Jahrzehnte danach und in beiden Fällen waren es diese so fortschrittliche Regierungen die mit Waffengewalt und leeren Versprechungen diese Fabriken räumen ließen und den Arbeitenden, die sie ja angeblich vertreten, selbstverständlich in den Rücken vielen.

Da das Steckenpferd der radikalen Linken der Antifaschismus ist, die kapitalistische Ordnung aus einer linken Position zu verwalten und eben nicht die Herrschaft des Kapitals ein Ende zu setzen, wird bis heutzutage so getan, als ob all dies entweder ein und dasselbe wäre, oder zumindest nahe aneinander liegen würde, da die Demokratie das „kleinere Übel“ sei und man wäre so privilegiert und es würde uns am Ende doch recht gut gehen.

Trotz dass im Namen der Demokratie Atombomben abgeworfen wurden, täglich tausende Proletarier an den Grenzen ermordet werden, dass man andere demokratische Regierungen stürzt (Chile, Argentinien, Uruguay, Spanien, Tschechoslowakei, Brasilien, usw.), dass auf der Straße sofort gegen Protestierende geschossen wird (auch mit scharfer Munition), in den Knästen tagtäglich gefoltert wird, Menschen weiterhin ausgebeutet werden, usw. lohnt es sich diese zu Verteidigen, sowie deren linken Verwalter. Deswegen muss diese Haltung die nichts revolutionäres an sich hat, nichts mit der Zerstörung aller Staaten-Nationen des Kapitals zu tun, ständig angegriffen, angeprangert und kritisiert werden, um das zu verdeutlichen was sie ist, die letzte Barrikade der herrschenden Klasse um die eigenen Interessen zu schützen.


Die Volksfront zur Hilfe für den französischen Kapitalismus

Die Einführung eines Textes, der ein Buch einleitet, kann ziemlich verworren, unentwirrbar und manchmal wirklich mühsam sein. Aber genau diese Übung lässt uns erkennen, wie wenig (zumindest auf Spanisch) über die Ereignisse bekannt und analysiert ist, die sich in Frankreich während des Aufstiegs und der Regierung der Volksfront von Leon Blum ereigneten, abgesehen von ein paar Fakten, allgemeinen Einschätzungen mit wenig analytischem Wert und vielen Gemeinplätzen, die mehr sagen, als sie sagen, und die keinesfalls dazu dienen, eine theoretisch-politische Klärung der unmittelbaren und mittelbaren Aufgaben zu erreichen, denen sich das Proletariat stellen muss. So hat uns der Mangel an Informationen in der spanischsprachigen Fachliteratur über die Kämpfe der französischen Arbeiterklasse während der Zeit der Volksfront-Regierung um eine gute Handvoll Lektionen gebracht, die wir auf der Grundlage der Parallelen und Verbindungen, die es bei den Geschehnissen auf beiden Seiten des Pyrenäenmassivs in den 1930er Jahren gibt, hätten ziehen können. Das donnernde Schweigen zu diesem historischen Kapitel entspricht zwangsläufig demjenigen zur Analyse der Volksfront und des Spanischen Bürgerkriegs jenseits von linkem Schwindel und trotzkistischen Schimären. Und so müssen wir uns den Kommentaren von Schwartz zu Daniel Guérins Bericht in seinem Buch Volksfront, gescheiterte Revolution zuwenden.

Tatsächlich wurden auf beiden Seiten der Grenze im selben Jahr, 1936, zwei Volksfront-Regierungen gebildet. Als eine Strategie, die auf verschiedenen Kongressen der Kommunistischen Internationale angesprochen, gebilligt und ratifiziert worden war, gingen Sozialisten und Kommunisten schließlich Kompromisse ein, um in der turbulenten Zeit der 1930er Jahre linke Regierungen im Bündnis mit Gruppen der republikanischen Bourgeoisie zu bilden, einer Zeit, in der die Demokratien die Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise auf der Ebene der Konliktualutät der Arbeiterklasse viel mehr fürchteten als Hitler, Mussolini oder Franco (die stillschweigenden Pakte über Nichtangriff und Nichteinmischung in die deutsche Annexionspolitik bestätigen dies). So wurde ein strategischer Vorschlag notwendig, der darauf abzielte, den Aufschwung des Arbeiterkampfes durch den Wechsel von Zuckerbrot und Peitsche, durch zaghafte Zugewinne (die leicht von der Arbeitslosigkeit und dem Inflationsdruck der Rüstungsindustrie hinweggefegt werden konnten) und durch härteste staatliche Repression unter Führung der linken Manager zu neutralisieren. Im Falle Frankreichs waren es die Matignon-Vereinbarungen, bei denen Regierung, Gewerkschaften/Syndikate und Arbeitgeber Vergünstigungen austauschten, um der Streikwelle und der Beschlagnahmung von Fabriken um jeden Preis ein Ende zu setzen.

Der Rückzug der globalen revolutionären Welle und der Vormarsch des Faschismus waren die Kulisse, vor der die Einheit der Linken inszeniert wurde… gegen die Arbeiterklasse. Antifaschismus und Volksfrontismus erlaubten es erneut, die Arbeiter an die patriotischen Symbole (d. h. an das patriotische Kapital) zu binden, und die Verteidigung des nationalen Interesses hatte Vorrang vor allen Forderungen der Arbeiter, wie groß oder klein sie auch sein mochten. Nach großen Streik- und sogar Aufstandsbewegungen (in Spanien versprach die PSOE, die Macht zu übernehmen, wenn ein Mitglied der CEDA in die Regierung Lerroux eintreten würde) haben die Regierungen der Volksfront sich dabei beeilt, jeden Arbeiterkampf zu beenden, da sie sonst gewaltsam niedergeschlagen würden. Nur in dem Maße, wie sie mit den Interessen des nationalen Kapitals vereinbar waren, konnten die Forderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter erfüllt werden. Schwartz widmet einen eigenen Abschnitt der Rolle der Verstaatlichungen von Unternehmen bei der Stützung des Staates als wichtigstem nationalen Kapitalisten und den „Errungenschaften“ des Matignon-Abkommens bei dem Versuch, der Streikwelle in Frankreich ein Ende zu setzen. Die Führer der wichtigsten Gewerkschafts-, Syndikatsorganisation in Frankreich, der CGT, waren weit davon entfernt, die Verstaatlichung eines Unternehmens als ketzerische Übertretung ihrer Postulate zu betrachten, sondern sahen sie als unausweichlich an, um das reibungslose Funktionieren der nationalen Ökonomie zu gewährleisten, wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter mit ihren Protesten Schwierigkeiten machten oder wenn die Versorgung unterbrochen wurde. Grandizo Munís tut dasselbe in Jalones de derrota, promesas de victoria, wenn er sich mit der Rolle der öffentlichen Verwaltung strategischer Unternehmen beim Wiederaufbau des Staatsgebäudes beschäftigt, das zusammengebrochen war, als die bewaffneten Arbeiter den Putschversuch abbrachen und begannen, ihre Macht durch ihre Räte effektiv auszuüben.

Die Aktionen der Volksfrontregierungen auf beiden Seiten der Pyrenäen angesichts des Aufschwungs des Arbeiterkampfes weisen in der Tat viele Ähnlichkeiten auf. Die wichtigste Gemeinsamkeit, die jedem Vergleich zwischen den verschiedenen Erfahrungen der Volksfront einen Sinn ergibt, besteht darin, dass beide Wahlpastiche der Arbeiterparteien die Erhaltung des Privateigentums an den Produktionsmitteln als wichtigstes und höheres Ziel hatten. Aber vielleicht kann sich der Sozialist Blum in dieser Frage präziser und wortgewandter ausdrücken: „In der Bourgeoisie […] betrachteten sie mich, erwarteten sie mich, sie hatten mich als Retter“. Das hat viel mit dem zu tun, was die französische Bankierszeitung Le Temps am 4. Juni 1936 zum Ausdruck brachte: „… es wird vermutet, dass die neue Regierung der Streikbewegung ein Ende setzen wird“. Das Programm der Volksfront vom Februar 1936 wurde von der besiegten spanischen Rechten mit großer Begeisterung aufgenommen, nicht so sehr wegen seines Inhalts, sondern wegen der Tatsache, dass die Volksfront fest entschlossen zu sein schien, die Ordnung auf den Straßen und in der Arbeiterklasse wiederherzustellen. Linke Parteien und Gewerkschaften/Syndikate unterstützten diese Aufgabe mit ungewöhnlichem Enthusiasmus, so dass die anarchistische CNT schließlich Minister sowohl in die katalanische Generalitat-Regierung als auch in die Zentralregierung in Madrid entsandte.

Zweifellos ist dieser Kommentar von B. Schwartz zu Daniel Guerins Werk Volksfront, gescheiterte Revolution ein klares Zeugnis für Leon Blums erwiesene Fähigkeit, das von Moskau aus konzipierte Volksfrontprojekt zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, an dessen strikte Erfüllung alle KPs und die trotzkistische Vierte Internationale selbst (ein Vorreiter dieser strategischen Losung) gebunden waren: die Aufhebung der Kampfbereitschaft der Arbeiter und Arbeiterinnen. und die Unterdrückung jeder ernsthaften Bedrohung der bourgeoisen Demokratie und des kapitalistischen Systems. Ein tadelloser Arbeitspapier für eine Regierung, die in den aufeinanderfolgenden Exekutiven von Madrid und Valencia Nachahmer fand, die motiviert waren, unter den viel schwierigeren Bedingungen des Bürgerkriegs in ihre Fußstapfen zu treten; und mit der dringenden Aufgabe, die bourgeoise Ordnung wiederherzustellen und für den Staat all die Macht zurückzugewinnen, die die revolutionäre Implosion in die bewaffneten Hände der Arbeiter und Arbeiterinnen gelegt hatte. Da heute die „Volkseinheit“ als politische Kategorie wieder auf der Tagesordnung der wichtigsten linken Gruppen und Medien steht, lohnt es sich, daran zu denken, was die Absprachen zwischen all ihren Klassenfeinden am Ende für die Arbeiterinnen und Arbeiter bedeuten werden.

Por Proletario para sí. (A.d.Ü., Vom Proletarier für sich)

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JUNI ’36: DIE DUNKLE SEITE

Veröffentlicht in Ausgabe 2 der Zeitschrift Oiseau-Tempête, Herbst 1997.

Während der Mai ’68 im kollektiven Gedächtnis als eine soziale Bewegung bleibt, die von einem Zusammenspiel der Bosse, des Staates, der linken Parteien und der Gewerkschaften/Syndikate unterdrückt wurde, bleiben von den Streiks im Mai-Juni 1936 nur die „sozialen Errungenschaften“ der Volksfront in Erinnerung. Dies waren jedoch nur die notwendigen Zugeständnisse der Blum-Regierung, um die größte soziale Bewegung der Zwischenkriegszeit zu unterdrücken.

Die Neuauflage von Daniel Guerins Volksfront, gescheiterte Revolution1 ist eine gute Gelegenheit, sich an diese Zeit zu erinnern, die in vielerlei Hinsicht unserer eigenen ähnelt. Auch wenn die Rolle der Kommunistischen Partei etwas überraschend ist (Thorez‘ Worte „Man muss wissen, wie man einen Streik beendet“ sind in die Geschichte der Sozialen Polizei eingegangen), ist die der Sozialisten weniger bekannt. Abgesehen von den Aktivitäten der linken Parteien und der Gewerkschaften/Syndikate erinnern uns die Ereignisse im Mai-Juni 36 daran, dass, wenn es um soziale Repression geht, niemand besser ist als diejenigen, die uns angeblich vertreten und behaupten, in unserem Namen zu sprechen, zumindest solange die Spielregeln unverändert bleiben. Die Besetzungsbewegung entstand spontan und überraschte die Bosse, die Regierung, die Gewerkschaften/Syndikate und die linken Parteien: „Die Bewegung wurde entfesselt, ohne dass man genau weiß, wie und wo“. (Jouhaux, Generalsekretär der CGT) Welche Haltung nahmen der Arbeitgeberverband, der Staat und die Gewerkschaften/Syndikate ein, um die Besetzungen im Juni ’36 zu beenden?2

Minimierung des Ausmaßes der Streiks, Desinformation, Zurückhalten von Informationen

Während der Arbeitgeberverband den revolutionären Charakter der Besetzungen schnell anprangerte, leugneten die Sozialisten, Kommunisten und Gewerkschaften/Syndikate den subversiven Charakter der Streikbewegung. Am 6. Juni erklärte Jouhaux, dass „die Streiks, die derzeit in Paris und in ganz Frankreich stattfinden, weder politisch noch aufständisch sind, sondern rein korporatistisch“. Entführungen der Bosse in den besetzten Fabriken waren seit Beginn der Bewegung häufig, aber angesichts der Forderungen der Regierung übten die Gewerkschaften/Syndikate Druck auf die Streikenden aus, um dieser Praxis ein Ende zu setzen. Die CGT erklärte, dass „die Bosse die Betriebe frei betreten und verlassen können müssen“ und dass „Übertreibungen, demagogische Spielchen und gefährliche Störungen vermieden werden müssen“. Als die Bosse damit rechneten, im Mai-Juni enteignet zu werden3, waren sie überrascht, dass sie dank der Mäßigung der Gewerkschaften/Syndikate nur wenige Forderungen4 zu erfüllen hatten. Bei Renault war „Lehideux [Werksleiter] über die Bescheidenheit der Forderungen der Arbeiter überrascht“5. In der Arbeiterpresse herrschte ein gemäßigter Ton. L’Humanité erwähnt die ersten Streiks nur am 24. Mai, als sie am 11. begannen. Als die Streiks in der zweiten Phase der Bewegung (2.-7. Juni) wieder aufflammten, kündigte L’Humanité auf der sechsten Seite diese Rückkehr der Streiks an. Das Gleiche geschah nach den Abkommen von Matignon und der Wiederaufnahme der Besetzungen. Desinformation wurde auch von dem Arbeitgeberverband betrieben, die Entführungen anprangerten, wo sie nicht stattgefunden hatten, sowie von den linken Parteien und den Gewerkschaften/syndikate: Es ging darum, die Streikenden mit allen Mitteln zum Einlenken zu bewegen. Salengro, der sozialistische Innenminister, veröffentlichte am 6. Juni ein Kommuniqué, in dem er behauptete, dass die Unruhen abflauen, obwohl sie in Wirklichkeit zunahmen. Und wenn die Bewegung wirklich abebbt, wird die Arbeiterpresse nichts über den letzten Widerstand der Streikenden berichten. Die Medialisierung der Arbeiterbewegung durch die Gewerkschaften/Syndikate ist eine plumpe, aber effektive Methode, um die Realität der sozialen Kämpfe zu verzerren: Alle Niederlagen der Streikenden werden dort als Siege dargestellt. In streikenden Betrieben hält die Gewerkschaft/Sydikat Informationen zurück, um die Streikenden von dem Rahmen zu isolieren, in dem sie offiziell in ihrem Namen mit den Bossen verhandelt. „[Bei Renault] werden die Nachrichten, die die Delegierten an die Arbeiter weitergeben, im Laufe der Tage immer spärlicher und konkreter“, stellt Simone Weil fest.

Die Erpressung des nationalen Interesses. Der Ausländer als Sündenbock.

Die PCF, die seit dem Stalin-Laval-Pakt von 1935 nationalistisch ist und bei all ihren Demonstrationen die Trikolore mit der roten Fahne und La Marseillaise mit der Internationale verbindet, nutzt die Erpressung der nationalen Verteidigung, um dem Ansturm der Arbeiterinnen und Arbeiter ein Ende zu bereiten: „Es ist für uns unmöglich, eine Politik zu betreiben, die angesichts der hitleristischen Bedrohung die Sicherheit Frankreichs gefährdet6 (L’Humanité vom 3. Juni). Sie zeigte sich als Garant der nationalen Einheit: „Die Verhandlungen, die gescheitert sind, müssen wieder aufgenommen werden. Die Regierungsbehörden müssen energisch eingreifen, damit die Arbeitgeberverbände den Wünschen der Arbeiter nachkommen. Die derzeitige Situation, die auf den Egoismus und die Hartnäckigkeit der Arbeitgeber zurückzuführen ist, kann nicht länger aufrechterhalten werden, ohne die Sicherheit des französischen Volkes zu gefährden. (Ebenda, 6. Juni). Nach Thorez‘ Aufruf vom 6. Juni, zur Arbeit zurückzukehren („man muss wissen, wie man einen Streik beendet“), werden die Streikenden, die die Besetzungen trotz des Widerstands der Gewerkschaften/Syndikate und der Kommunisten fortsetzen, offen verleumdet: Die Anarchisten und Trotzkisten werden beschuldigt, zusammen mit den Faschisten zu versuchen, die Massen in ein Abenteuer zu ziehen. Bei Renault haben die Kommunisten zu Einschüchterungsdemonstrationen aufgerufen: symbolische Beerdigungen von Streikbrechern, aber auch von Mitgliedern des Feuerkreuzes (extreme Rechte) oder von Trotzkisten; in den Flugblättern wurden die Namen der angeblichen Trotzkisten genannt. Für die PCF geht es darum, die Vereinigung der französischen Nation mit einer Arbeiteragitation zu konfrontieren, die implizit beschuldigt wird, durch ihre Hartnäckigkeit die hitleristische und faschistische Bedrohung zu fördern. In seiner bürokratisch-bourgeoisen Version wird der Antifaschismus zur ideologischen Rechtfertigung für die Unterdrückung der Besetzungsbewegung durch die Arbeiterorganisationen selbst (KP, SFIO7, Gewerkschaften/Syndikate). Die Ausländer in den Gewerkschaften/Syndikate und die in Frankreich arbeitenden Ausländer wurden in einen Topf geworfen. Der Ausländer wird zum Sündenbock. Die Existenz ausländischer Elemente in den Gewerkschaften/Syndikate diente der Regierung als Vorwand, um ihre ersten Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen. Der Sozialist Blum erklärte: „Es ist wahr, dass wir spüren, dass es verdächtige und ausländische Gruppen in der Gewerkschaftsorganisation gibt“. Am 4. Juli erließ die Regierung ein Rundschreiben an die Präfekten: „Frankreich bleibt seiner Tradition als Land des Asyls treu. Aber wir können nicht zulassen, dass sich Ausländer auf unserem Territorium aktiv an innenpolitischen Diskussionen [d. h. Fabrikbesetzungen] beteiligen oder Unruhe und Unordnung stiften. Ende Juni war die Bewegung in den Städten so gut wie vorbei, aber auf dem Land ging sie weiter, wo es seit Mitte Juni in der Ile-de-France zu Streiks der Landarbeiter kam. Die Unterdrücker wiesen auf die Rolle der ausländischen Arbeitskräfte bei diesem Aufstand hin. Die Streikenden und Demonstranten wurden beschuldigt, die Nation anzugreifen und Instrumente in den Händen von Ausländern zu sein. Ein Vorwurf, der nicht nur von der extremen Rechten, sondern auch von der Volksfrontregierung und den Organisationen der Arbeiterbewegung kam8.

Die Forderungen der Streikenden im Rahmen des sozialen Konsenses verhandeln

Angesichts der Krise und der faschistischen Bedrohung setzte sich die CGT ab 1935 für eine Annäherung an die Mittelklassen ein: „Wir wissen, dass es unter den gegenwärtigen Umständen unmöglich ist, sie [die totale Umgestaltung der Wirtschaft] sofort zu erreichen, denn wenn wir das versuchten, würden wir eine Koalition von Leuten vor uns finden, von denen einige auf unserer Seite sein sollten„. Thorez sagt in seiner Rede vom 11. Juni nichts anderes: „Unser Ziel ist im Kern immer noch die Macht der Sowjets, aber das wird nicht heute Abend oder morgen früh geschehen, denn alle Bedingungen sind noch nicht gegeben; vor allem die Landbevölkerung ist noch nicht auf unserer Seite, so entschlossen wir auch sind. Wenn es dazu kommt, riskieren wir, die Sympathie der Schichten der Kleinbourgeoisie und der Landbevölkerung Frankreichs zu verlieren.“ Die Gewerkschaften/Syndikate versuchten daher, die Forderungen der Arbeiter auf den bourgeoisen Rechtsrahmen zu beschränken. Im Oktober, nach der Streikbewegung, erklärte die CGT, dass „das Recht auf Arbeit und das Recht auf Eigentum auf dieselbe Stufe zu stellen, bedeutet, wahre Demokratie zu praktizieren, indem man sicherstellt, dass beide durch Lösungen der sozialen Gerechtigkeit geschützt werden“. Während sich die soziale Agitation hinzieht, hat die Klasseneinheit für die herrschenden Klassen oberste Priorität: Blum schränkt sein Regierungsprogramm auf das ultra-moderate Programm der Volksfront ein und erinnert daran, dass die Wähler nicht die Sozialisten, sondern die Volksfront gewählt haben. Thorez echauffiert sich und erklärt: „Es geht nicht darum, dass jetzt die Probleme der Forderungen in den Hintergrund getreten sind und die Fabriken übernommen und die Produktion unter die direkte Kontrolle der Arbeiter gestellt werden muss: Die Regierungsarbeit darf nicht gefährdet werden„. Franchon, ein kommunistischer Führer der CGT, will den Fabrikbesetzungen ein Ende setzen, um das Bündnis mit den Radikalen nicht zu gefährden (innerhalb dieser Masche ist die Volksfront, die Zentrumspartei der Radikalen, die von der mächtigen Versicherungsgesellschaft unterstützt wird, gegen alle Zwangsmaßnahmen gegen die Bosse). Als im Mai 36 die ersten Streiks stattfanden, war bereits klar, dass die Volksfront (Regierung, Parteien und Gewerkschaften/Syndikate) und die Besetzungsbewegung aufeinanderprallen würden.

Für eine rationale Verwaltung des Kapitalismus

Gewerkschaften und Arbeiterparteien prangerten die „Verantwortungslosigkeit“ der Arbeitgeber an, der Plan der CGT sprach sich ab 1935 ausdrücklich für eine Kommandowirtschaft aus, die auf der Verstaatlichung einer Reihe privater oder öffentlicher Aktivitäten beruhte. Obwohl sich die Ideen des Plans nicht in den Vorschlägen der Volksfront widerspiegelten, war die Idee einer rationelleren Führung der Ökonomie im Syndikalismus (A.d.Ü., der Gewerkschaftsbewegung) und in den sogenannten Arbeiterparteien sehr präsent. Am 29. Mai stellte L’Humanité fest, dass die Besetzungen nicht stattgefunden hätten, wenn die Bosse besser verstanden hätten, was in den Fabriken passierte: „Die Metallarbeiterbewegung in der Region Paris könnte schnell beruhigt werden, wenn die Bosse bereit wären, die legitimen und vernünftigen Forderungen der Arbeiter anzuerkennen“9. Mit einer rationaleren Verwaltung des Kapitalismus würde diese Art von „Missverständnissen“ vermieden werden. Diese Idee einer rationalen und zielgerichteten Führung der Ökonomie wurde in dieser Krisenzeit auch von der Partei des Großkapitals aufgegriffen und vor allem in den Nouveaux Cahiers zum Ausdruck gebracht. Diese Zeitschrift, in der Bankiers, Industrielle, hohe Beamte und Syndikalisten/Gewerkschaftler zusammenkamen, schlug vor, dass die Arbeitgeber mit den Gewerkschaften/Syndikaten der Arbeiter und Arbeiterinnen zusammenarbeiten sollten: „Während einige französische Industrielle die Bedeutung der Veränderungen, die in den letzten Monaten in der Gesellschaftsordnung stattgefunden hatten, noch nicht begriffen hatten und immer noch den chimärenhaften Traum von einer Rückkehr zu den alten Wegen hegten, wussten andere, dass diese Entwicklung unwiderruflich war, und waren bereit, sich und ihre Fabriken ihr anzupassen“. Der Juni 1936 war der Beginn der gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft in Frankreich.

Staatliche Intervention: die Matignon-Abkommen

Das Eingreifen wurde von den Arbeitgebern10 gefordert, denen es trotz der Unterstützung durch die Gewerkschaften/Syndikate nicht gelang, die Besetzungsbewegung wieder zu absorbieren. Wenn der Staat eingriff, dann deshalb, weil das soziale Gleichgewicht in Frankreich zum ersten Mal seit 1919 nicht zugunsten der Arbeitgeber ausfiel. Im Einvernehmen mit den Arbeitgebern behauptete Blum, er habe die Matignon-Abkommen initiiert. Diese Lüge der Volksfrontregierung hatte für die Arbeitgeber den Vorteil, dass sie das Ansehen des Staates in einer Zeit stärkte, in der sie dessen Hilfe dringend brauchten, aber auch, dass sie den Streikenden die tatsächliche Schwäche der Arbeitgeber, die sich nicht verhandlungsbereit zeigen wollten, verheimlichte11. Mit den Matignon-Vereinbarungen hoffte die Regierung, dass die Besetzungen im Gegenzug für diese sozialen Rechte (Tarifverträge, bezahlter Urlaub, 40-Stunden-Woche, Lohnerhöhungen usw.) in wenigen Tagen enden würden. Während die Bosse bereit waren, alles zu akzeptieren, um ihre Produktionseinheiten zurückzubekommen (solange das Wesentliche, d.h. die privatkapitalistische Ausbeutung, nicht in Frage gestellt wird), sind die Gewerkschaften/Syndikate dagegen moderat, denn das Ziel der Verhandlungen ist nicht, diese sozialen Vorteile zu nutzen, sondern der Besetzungsbewegung um jeden Preis ein Ende zu setzen. Auf Initiative der Arbeitgeber und nicht der Gewerkschaften/Syndikate wird die Frage der Delegierten der Arbeiter und Arbeiterinnen in den Betrieben in den Verhandlungen ausgeklammert. Mit den Matignon-Vereinbarungen wurde die soziale Funktion der Gewerkschaften/Syndikate in der Verwaltung der sozialen Beziehungen an der Seite der Arbeitgeber und des Staates verankert. Doch diese Weihe legalisierte nur die repressive, nützliche und effektive Rolle, die die Gewerkschaften/Syndikate bei der Beendigung der Besetzungen spielten. In diesem Sinne war der 36. Juni zwar ein großer Sieg, aber auch ein Sieg für die Gewerkschaften/Syndikate, denn er war eine Niederlage für die Streikbewegung. Um zu überleben, musste sich der französische Kapitalismus ändern.

Die Anerkennung der Gewerkschaft/Syndikate als legitimer Partner der Bosse eröffnete eine „neue Ära“ (Jouhaux), aber noch wichtiger war das Auftauchen des Staates als dritter Partner. Jouhaux wird sagen: „Das zeigt eindeutig, dass es keinen totalitären und autoritären Staat braucht, um die Arbeiterklasse zur Mitarbeit in der Volkswirtschaft zu bewegen, denn das ist bereits durch das normale Funktionieren der Demokratie und ihren Aufstieg möglich“.

Die Arbeitgeber/Bosse entdecken die Nützlichkeit der Gewerkschaft/Syndikates in einer Zeit der sozialen Krise.

Das Gegenstück zu den Rechten, die die Regierung und die Arbeitgeber in den Matignon-Vereinbarungen vom 7. Juni an die Streikenden abtraten, war die Räumung der Betriebe. Die Gewerkschaften/Syndikate sind für die Wiederbelebung verantwortlich, bestehen aber auf der Verantwortung der Arbeitgeber für die soziale Krise: „Jetzt beklagt ihr euch vergeblich, dass ihr die Jahre der Deflation und der Arbeitslosigkeit systematisch ausgenutzt habt, um militante Syndikalisten aus euren Betrieben zu vertreiben. Sie sind nicht mehr da, um die nötige Autorität über ihre Kameraden auszuüben und sie dazu zu bringen, unsere Befehle zu befolgen“. Und Richemont, der Vertreter der Arbeitgeber, gibt zu: „Es stimmt, wir haben uns geirrt“. Die Bosse stimmen mit der CGT überein, wenn sie sagt, dass es die Besetzungsbewegung in Frankreich nicht gegeben hätte, wenn militanten Syndikalisten nicht 15 Jahre lang in den Unternehmen verfolgt worden wären. Für die Gewerkschaft/Syndikat sind die Militanten in den Fabriken aus der Perspektive einer rationalen Verwaltung des Kapitalismus nützlich, um Krisensituationen vorzubeugen und auch, wenn sie ausbrechen, dazu beizutragen, sie abzuwenden. Nach der Unterzeichnung des Metallarbeitertarifvertrags wünscht der Arbeitgebervertreter Baron Pétiet „[dringend], den Kontakt zwischen den beiden Delegationen [Arbeitgeber und Gewerkschaften/Syndikate] durch regelmäßige Treffen aufrechtzuerhalten“. Die Arbeitgeber stimmen zu, den Kontakt mit einer Gewerkschaft/Syndikat aufrechtzuerhalten, die gezeigt hat, dass sie dazu beitragen kann, den Forderungen der Streikenden zu widerstehen. Einige Firmenchefs üben Druck auf nicht gewerkschaftlich/syndikalistische organisierte Lohnabhängige aus, der CGT beizutreten, die besser als jeder andere garantiert, dass es im Unternehmen nicht zu unkontrollierten Situationen kommt. Aber diese plötzliche Klarheit der Bosse gegenüber den Gewerkschaften/Syndikaten wurde im Juni 1936 nur wegen der Dringlichkeit der entstandenen sozialen Krise durchgesetzt; wenn die Krise vorbei war, würde sie bald vergessen sein. Im September 1936 schrieben die Textilbosse einen Brief an Blum, in dem sie die neuen Spielregeln erklärten: „Die Eigentümer der Textilindustrie in Lille wollen nicht, dass ihre Fabriken besetzt werden. Genausowenig wie Entführungen, dass die Unternehmer mit der Erlaubnis der Fabrikdelegierten sich bewegen dürfen, noch wollen sie, dass Drohungen gegen Beschäftigte ausgesprochen werden, die die Sichtweise der CGT nicht teilen. Sie wollen nicht, dass Unternehmer in ihren eigenen Häusern blockiert oder in ihren Fabriken gestürmt werden, sie wollen nicht, dass ihre Büros oder Lagerhallen besetzt werden, sie wollen nicht, dass Arbeiter „autorisiert“ werden, ihre Betriebe zu betreten, um ihre Arbeiter zu bezahlen, sie wollen nicht, dass Tag und Nacht Streikposten vor den Häusern ihrer Manager aufgestellt werden, und sie wollen nicht, dass die Belegschaft von einem Fabrikrat verurteilt wird“. Die Arbeitgeber wollten nicht gedemütigt werden. Im November 1938 wandte die rechte Regierung, die auf Blum folgte, eine klassische revanchistische Repression an: Laut der Aussage eines der damaligen CGT-Anführer wurden am 1. Dezember 1938, nach den letzten Streiks, 9 % der Beschäftigten in Industrie und Handel entlassen.

Verstaatlichungen gegen Besetzungen

Unter den Streikenden war die Vorstellung weit verbreitet, dass die Verstaatlichung von Unternehmen durch den Staat eine Garantie für sie sei. Oft drohen sie nach der Besetzung eines Unternehmens damit, dessen Verstaatlichung zu fordern. Nach dem Scheitern der Matignon-Vereinbarungen vom 7. Juni wurde die Streikbewegung in der Metallindustrie wieder aufgenommen, weil die Streikenden Vereinbarungen anprangerten, die für sie unter dem lagen, was sie in ihren Forderungen gefordert hatten (am 9. Juni rief die CGT dagegen zur Rückkehr zur Arbeit auf und sprach von einem Sieg). Am 10. Juni stellten die Streikenden den Bossen ein Ultimatum: Wenn diese nicht innerhalb von 48 Stunden auf ihre Forderungen eingingen, würden sie die Verstaatlichung der Kriegsfabriken und der für den Staat arbeitenden Betriebe fordern. Deren Betrieb soll von den technischen Angestellten und den Arbeiterinnen und Arbeitern unter der Kontrolle der betroffenen Ministerien gewährleistet werden. In Rouen erklären die Beschäftigten der Ölindustrie, dass sie bis zur Verstaatlichung im Streik bleiben werden. Obwohl die Verstaatlichung im Prinzip die Enteignung des privaten Arbeitgebers bedeutet, sind die Streikenden der Meinung, dass die Revolution von oben (dem Staat) durch eine erste Phase der Selbstverwaltung durchgeführt werden kann (in der nächsten Phase würde die Verstaatlichung nicht mehr vom Staat gefordert, sondern das Unternehmen würde sich direkt selbst verwalten). Die CGT betrachtet die Enteignung durch den Staat jedoch als eine Möglichkeit, die Bewegung der sozialen Anfechtung zu unterbrechen. Jouhaux erinnerte den Konföderalen Komitee der CGT am 16. Juni daran, dass „wir die Konfiszierung der für den Konsum unverzichtbaren Zweige akzeptieren müssen, unter der Bedingung, dass sich die Arbeiterorganisationen in den Dienst der enteigneten Unternehmen stellen. Die Regierung ist noch nicht gezwungen, diese Waffe einzusetzen, aber wir müssen wissen, dass es sie gibt„. Belin, ein Mitglied des CGT-Büros, erklärt, was diese Beschlagnahmung bedeutet: „Nehmen wir an, dass nach Konflikten die Versorgung des Kapitals mit Milch und Mehl gefährdet ist. Die Aufgabe der Regierung wäre es, die Verteilung dieser Produkte mit allen Mitteln zu gewährleisten. Dazu müsste sie die Betriebe beschlagnahmen, in denen die streikenden Arbeiter und Angestellten auf Anweisung der Regierung zur Arbeit zurückkehren würden. Und wenn der Konflikt weitergeht? Der Staat würde für die Dauer des Konflikts der Verwalter der beschlagnahmten Industrien und Geschäfte bleiben. In diesem Fall wäre der Streik nicht durch die Einstellung der Arbeit gekennzeichnet, sondern durch ihre Wiederaufnahme unter staatlicher Leitung, d.h. durch eine vorläufige Enteignung der Arbeitgeber“ (Lefranc, S.141). Die Blum-Regierung erfand eine neue Form der Neutralisierung: die Schiedsgerichtsbarkeit. Sie besteht darin, den sozialen Konflikt im Betrieb zu neutralisieren und ihn de facto vor den Streikenden zu schützen, die besiegt werden, wenn ihre Offensive neutralisiert wird, während sie gleichzeitig den Interessen der Bosse dient, weil ihre Anwendung die kapitalistische Legalität bekräftigt. Blum erklärt: „So konnten die Streiks im Norden und die Sambre-Streiks gütlich beigelegt werden. Die Neutralisierung war eine Art Siegel, das es ermöglichte, dass die Rechte aller respektiert wurden. Dann stimmten wir in der Kammer für einen Text, der Streiks und Aussperrungen verbot, solange die im Gesetz vorgesehenen Schlichtungsversuche noch liefen“12.

Das ABC der sozialistischen Repression

Die Bosse wollen nicht, dass die Regierung Gewalt anwendet, selbst wenn die wilden Besetzungen ihrer Produktionseinheiten sie an der Gurgel haben: „Wir riskieren einen blutigen Konflikt [argumentiert der Delegierte der Bosse], das Blut wird uns bespritzen und das könnte uns daran hindern, die Kontrolle über unsere Fabriken zu übernehmen13. Die Besetzungen sind nicht nur ein offensives Mittel, sondern auch ein Mittel der Verteidigung: Sie verhindern, dass die Bosse in einer Zeit der Krise und Arbeitslosigkeit Streikbrecher einstellen. Das vorrangige Ziel war die Befreiung der besetzten Fabriken. Die Blum-Regierung wird alles tun, um den Einsatz von Polizeigewalt gegen die Streikenden zu vermeiden. Am 7. Juli fasste der Innenminister seine Politik vor den Senatoren zusammen: „Salengro sagte dem Senat, dass er den Besetzungen mit geeigneten Mitteln ein Ende setzen werde. Das bedeutet für ihn ein Eingreifen der Militanten der Gewerkschaftsbewegung und dann das der öffentlichen Behörden. Wenn das nicht ausreicht, werden wir auf die Intervention der Militanten und der staatlichen Behörden zurückgreifen. Wenn auch das nicht funktioniert, wird eine gemeinsame Intervention durchgeführt, und wenn all diese Überzeugungsversuche scheitern, wird die Regierung zu anderen Maßnahmen greifen. Das heißt, sie wird die Polizei einsetzen […].“14 Für die Regierung der Volksfront umfasste die Unterdrückung der Besetzungen mehrere Stufen: zunächst den Einsatz der Gewerkschaften/Syndikate als Abschreckung und der Polizei in den Betrieben, dann die Einschaltung des Staates als Schlichter und schließlich als letztes Mittel den Einsatz der Streitkräfte. Auch wenn der Einsatz gewerkschaftlicher/syndikalistischer Gewalt eine Linderungsmaßnahme war, die es der Regierung ermöglichte, den Einsatz von Waffengewalt zu vermeiden, begann nach dem 11. Juni und dem Aufruf von Thorez, zur Arbeit zurückzukehren, die repressive Phase: Die Regierung mobilisierte die Streitkräfte. Gruppen von mobilen Wachen formierten sich auf Befehl der Regierung um die Arbeiterzentren in der Region Paris, in den landwirtschaftlichen Zentren und im Norden Frankreichs. Die Volksfront nimmt ihre Maske ab.

Das autobiografische Buch Volksfront, gescheiterte Revolution von Guerin, einem ehemaligen Mitglied der Revolutionären Linken von Pivert in der SFIO, beschreibt den Aufstieg des Faschismus in Frankreich in den 1930er Jahren sowie den antifaschistischen (Volksfront) und den Arbeiterwiderstand (die Besetzungen vom Juni ’36). Auch wenn die Lektüre dieses Buches nützlich ist, um den Aufstieg des Faschismus und des Antifaschismus in der Vergangenheit und in der Gegenwart vergleichend zu verdeutlichen, ist es weniger interessant, wenn es um das Verständnis der sozialen Repression der Besetzungsbewegung vom Juni 1936 geht, gerade durch die antifaschistische Volksfront. Guerin widmet den Besetzungen im Juni 1936 nur 30 Seiten. Wenn dieses Werk dennoch nützlich für die Untersuchung der Besetzungsbewegung ist, dann deshalb, weil es uns unbewusst die Repressionsmittel aufzeigt, die eingesetzt wurden, um die Streiks vom Mai und Juni 1936 zu brechen. Und die Revolutionäre Linke der SFIO trug zu dieser Unterdrückung bei, indem sie sich an den Transvestismus der Volksfront, dem Garanten der kapitalistischen Legalität, in eine Pseudoregierung mit revolutionärer Tendenz beteiligte, die angeblich nur ein wenig weiter nach links gekippt werden musste, um ihr eine revolutionäre Richtung zu geben.

Daniel Guerin trat 1935 der Revolutionären Linken bei, als die Trotzkisten aus der SFIO ausgeschlossen wurden. Die Gauche Revolutionaire (GR), die weit links von der SFIO steht, wird 1938 ebenfalls ausgeschlossen und wird zur PSOP (Sozialistische Arbeiter- und Bauernpartei, 1938-40). Bis zu ihrem Ausschluss dachten die Pivertisten, sie könnten die Volksfront nach links schwenken, aber während sie Blum kritisierten, beteiligten sie sich an der Volksfrontregierung (Pivert war für die Propaganda zuständig15). Indem sie aktiv an der Mythologisierung und Verherrlichung von Blums Regierung mitwirkten, unterstützten sie nicht nur die zunächst gemäßigte und dann offen repressive Politik der Volksfront, sondern stellten sich auch und vor allem an die Spitze (A.d.Ü., im Sinne einer Avantgarde) dieser Hütchenspieler, die die Volksfrontkoalition als Freund der streikenden Arbeiter ausgaben, während ihr eigentlicher Auftrag darin bestand, die Arbeiteragitation zu unterdrücken. Als Blums Regierung am Abend des 7. Juni 1936 die Matignon-Vereinbarungen unterzeichnen wollte, mit denen die Streiks im Gegenzug für einige Zugeständnisse beendet werden sollten, machten sich die Pivertisten daran, den sozialistischen Anführer zum Helden zu machen: „Als [Blum] am Tag nach [der Bekanntgabe seiner Regierung], am 7. Juni, vor den Kameras im Winter-Velodrom eintrifft, um dem französischen Volk zu versprechen, dass er es nicht kampflos von der Regierung verdrängen lassen wird, empfängt ihn am Eingang eine außergewöhnliche Szene. Die Lichter sind auf ihn gerichtet. Ein Orchester spielt die Internationale. Die Militanten spielen die Rolle von Chorsängern. Die Junge Garde in blauen Hemden bildet eine lebhafte Doppellinie. Die Gläubigen können sich kaum fassen: „Lang lebe Blum“, oder „Blum, Blum“. Und wer hat diesen Kult gestartet? Kein anderer als Marcel Pivert. Etwas später, zu spät, wird er die Militanten auffordern, sich von dieser „Art von Religiosität“ zu befreien, die sie daran hindert, die Politik der „angesehensten Militanten“ richtig zu beurteilen. Aber in der Zwischenzeit ist er es, der die Rolle des Zeremonienmeisters spielt. Und Guerin schließt: „So haben wir dazu beigetragen, einen Schwindel zu verbreiten“. (p. 163). Guerin spricht von dem Einfluss, den die neuen Techniken der Massenpropaganda, die in Nazi-Deutschland eingeführt wurden, auf sozialistische Ideologen hatten. Pivert „glaubt an totalitäre Propagandatechniken“, für ihn „muss der Sozialismus auf diese giftigen Waffen [faschistische und nationalsozialistische Propagandatechniken] mit gleichwertigen Waffen antworten und gegen den Faschismus die gleichen Methoden der Aufstachelung zur Besessenheit anwenden“16. In beiden Fällen existiert das Individuum nur durch die Masse.

Trotz seiner Kritik an Pivert folgte Guerin ihm bis zum Beginn des Krieges, von der SFIO zur PSOP. So wie für ihn außerhalb der SFIO oder der PCF keine politische Aktivität möglich war (er entschied sich für die SFIO), wird die GR vergeblich die Vereinigung der SFIO und der PCF vorschlagen, denn „nur in einer vereinigten Arbeiterbewegung haben wir eine Chance, sie auf revolutionäre Weise neu auszurichten. (p. 165). Das erklärt, warum Guerin in diesem Buch vor allem von der Tätigkeit der Parteien und ihrer Anführer spricht. Nach dem Krieg kehrte Pivert zur SFIO zurück und schrieb rückblickend über die Volksfront: „Ja, alles war möglich. Mit der Unterstützung der glühenden Massen war Blum zu allem fähig. Keine Kraft der Reaktion, weder der Großkapitalismus, noch der Faschismus, noch der Obrigkeitsstaat, noch die Kirche, konnte ihm Widerstand leisten. Wenn er gewollt hätte, wären mit einem einzigen Wort bewaffnete Arbeiter- und Bauernmilizen selbst in den kleinsten Dörfern entstanden; sie hätten die sozialen Rechte geschützt, die großen Verstaatlichungen unterstützt und die Konzerne zur Ohnmacht gebracht“. (zitiert von Guerin, S. 186). Dass der Sozialist Blum alles tat, um den Fabrikbesetzungen ein Ende zu setzen, ist eine historische Tatsache, die Pivert noch 20 Jahre später entging. Das macht es einfacher zu verstehen, wie die Pivertisten, einschließlich Guerin, durch die Unterstützung einer Volksfront, die sie kritisierten, dazu beitrugen, „die Täuschung zu verbreiten“. Trotz der aufgezeigten Grenzen ist Volksfront, gescheiterte Revolution eine außergewöhnliche kritische Darstellung des Aufstiegs des Faschismus, des Antifaschismus, der Volksfront und der Streiks vom Juni 1936 und eine hervorragende Einführung in diese Zeit und alles, was auf dem Spiel stand.

Barthélémy Schwartz


1Front populaire, révolution manquée. Editions Babel/Actes Sud, 1997.

2Hauptquellen: Juin 36, von Danos und Gibelin (La Decouverte, 1986); Juin 36, von Lefranc (Julliard, 1966) ; La France en mouvement, unter der Leitung von Jean Bouvier: Sammlung von Artikeln verschiedener Autoren, veröffentlicht in Le mouvement social (Champ Vallon, 1986).

3 „Erinnere dich daran, dass es am 5. und 6. Juni eine Million Streikende gab. Vergiss nicht, dass die Bewegung in ganz Frankreich stündlich wuchs. Augenzeugen haben es dir gesagt. Herr Sarraut hat es gesagt. Herr Frosard hat es gesagt. Die Panik und der Terror waren allgemein. Ich selbst stand in Kontakt mit Vertretern der großen Bosse und ich weiß noch, was sie mir sagten oder was meine gemeinsamen Freunde sagten: „Und nun, ist das die Revolution? Was werden sie uns wegnehmen, was werden sie uns lassen?“ Blum beim Prozess in Riom, 1942. Zitiert von Pottecher, Le procès de la défaite, Fayard, 1989, S. 129.

4Siehe die Hinweise von Lefranc in dem zitierten Werk, S. 204-205.

5„Die Streiks der Volksfront in den Renault-Fabriken“, Badie, La France en mouvement.

6Die kursiv gedruckten Passagen stammen vom Autor Barthélémy Schwartz.

7Französische Sektion der Arbeiterinternationale, die 1969 in die Sozialistische Partei umgewandelt wurde.

8Erst nach dem Ende der Besetzungsbewegung, Ende Juni, veröffentlichte die Regierung ein Dekret zur Auflösung der rechtsextremen Ligen.

9Vernünftig für wen?

10Blum spricht drei Tage nach seiner Machtübernahme mit den Arbeitgebern, was von der Börse begrüßt wird, „weil man glaubt, dass die neue Regierung der Streikbewegung ein Ende setzen wird“ (Le Temps, 4. Juni 1936). Beim Prozess in Riom erklärte Blum: „Damals

[als die ersten Streiks 1936 ausbrachen]

betrachtete mich die Bourgeoisie und insbesondere die Arbeitgeberwelt, erwartete mich und sah mich als Retter an. Die Umstände waren so erschütternd, wir standen so kurz vor einem Bürgerkrieg, dass sie eine Art göttliche Intervention erwarteten: das heißt, dass ein Mann an die Macht kommen würde, dem sie eine solche Überzeugungskraft gegenüber der Arbeiterklasse zuschrieben, dass er sie zur Vernunft bringen und ihre Stärke nicht missbrauchen würde.“ (Guerin, S. 192).

11Richemont beklagte auch „den notorischen Mangel an Widerstand seitens eines großen Teils der Arbeitgeber“.

12Blum während des Prozesses in Riom, Le procès de la défaite, S. 143.

13Sarraut vor dem Senat, 7. Juli 1936.

14Kommuniqué des Innenministeriums, Juni 1936.

15Guerin war jedoch der einzige Pivertist, der nicht für die Beteiligung an Blums Regierung gestimmt hat (S. 188).

16Pivert brachte Tchakhotine, den Autor von Viol des foules par la propagande politique (1939), in den GR ein.

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