G.Munis, Die Syndikate gegen die Revolution

Einleitung von uns,

für unsere Reihe die sich mit der Kritik an Gewerkschaften/Syndikate auseinandersetzt, haben wir ein weiteren historischen Text ausgegraben. Diesen 1960 erschienenen Text fanden wir, auch wenn er schon etwas in die Jahre gekommen ist, immer noch brandaktuell, interessant und wichtig, da er Dinge anspricht, die auch heute noch von Belang, da sich an der Rolle der Syndikate/Gewerkschaften seitdem nichts geändert hat. Wie immer sind wir nicht mit allen Punkten einverstanden, auch wenn es nicht wirklich viele sind. Sagen wir es mal so, es liegt mehr an der Verwendung gewisser Begriffe, die wir nicht teilen.

Der Autor, G. Munis, von dem unseren Wissen nach, noch nichts auf Deutsche veröffentlicht wurde, weist in diesem Text deutlich den konterrevolutionären Charakter der Syndikate/Gewerkschaften nach, die einst nur reformistisch waren, es ab einen gewissen Punkt in der Geschichte nur noch konterrevolutionär sein konnten. Dieser konterrevolutionäre Charakter ist den Syndikaten/Gewerkschaften inhärent und kann nicht von diesen gelöst oder abgelegt werden. Sie sind nur als Antagonisten im Klassenkampf zu verstehen und nicht als Instrument zur Befreiung der Arbeiter- und Arbeiterinnenklasse. In der Regel deutet die anarchistische Kritik an Gewerkschaften/Syndikaten, was bei diesem Text nicht der Fall ist, da der Autor selbst ein Kommunist ist, an eben jenen reformistischen Charakter von dem wir schon sprachen, sondern geht einen essentiellen Schritt weiter und bezeichnet diese als schlicht konterrevolutionär, weil deren Aufgabe eben es nicht ist, den Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital aufzuheben, sondern diesen nur zu verewigen.

Zu dem Text, schreibt der Autor selbst eine Einleitung und erklärt die Umstände wie und aus welchen Gründen dieser entstand, zu ihm selbst würden wir gerne was schreiben, da es sich hier um eine sehr interessante Person handelt. Wir werden dies bei Gelegenheit tun.

Soligruppe für Gefangene


Die Syndikate gegen die Revolution

Die syndikalistischen Aktionsmethoden sind nicht der Ausdruck einer durch das empirische Verfahren des allgemeinen Wahlrechts manifestierten Zustimmung von Mehrheiten. Die syndikalistische Theorie verschmäht die Meinung der Unbewussten: Sie sind menschliche Nullen, die rechts von den bewussten Einheiten hinzugefügt werden.

Worte von Emil Pouget, Mitglied des Exekutivausschusses des französischen C.G.T., im Jahr 1907. Zitiert von Edouard Villey, in „L Etat et le progrès social“, Seite 88, Presses Universitaires de France. Paris, 1923

Vorwort

Diese Schrift wurde unter ganz anderen Bedingungen und zu einem ganz anderen Zeitpunkt als ursprünglich geplant veröffentlicht. Es hätte eine Polemik zwischen den Verfechtern des revolutionären Syndikalismus auf der einen Seite und Benjamin Péret und mir auf der anderen Seite werden sollen. 1952 stimmte Fontaine, der Herausgeber von Le Libertaire, der Wochenzeitung, in der sich die französische CNT und der Anarchismus zur gleichen Zeit äußerten, zu, dass die Diskussion auf den Seiten dieser Publikation stattfinden und von Benjamin Péret initiiert werden solle. Dann würden die Anarchosyndikalisten antworten, und ich wäre an der Reihe, zu antworten, gefolgt von einer pro-syndikalistischen Gegenantwort und einer Zusammenfassung unserer eigenen. Die Einleitung von Benjamin Péret wurde zwar veröffentlicht, aber von der Gegenseite gab es keine Antwort. Das ursprüngliche Projekt blieb also auf der Strecke.

Dann hinderten mich die Ereignisse der Repression jahrelang daran, einen Beitrag zu leisten, und der Gesundheitszustand von Benjamin Péret verschlechterte sich. Kurz nachdem ich meine Freiheit wiedererlangt hatte, starb mein Freund und unzertrennlicher Kampfgefährte vorzeitig, ohne dass wir die Idee verwirklichen konnten, das Werk über die Syndikate gemeinsam zu beenden und zu veröffentlichen. Nachdem ich meinen Text geschrieben hatte, musste ich noch Ereignisse/Geschehnisse abwarten, die auf seinen Inhalt aufmerksam machen würden, bevor ein Verlag zustimmte, ihn in den Buchhandel zu bringen. Ermöglicht wurde dies durch die Ereignisse im Mai 1968 in Frankreich, bei denen die Syndikate, allen voran die C.G.T.-P.C.F., eine besonders ekelhafte Rolle spielten.

Der Text von Benjamin Péret wird hier in meiner Übersetzung wiedergegeben, wie er in Le Libertaire in kleinen Artikeln veröffentlicht wurde. Es steht nicht zur Debatte, ihn zu retuschieren, auch wenn er heute als Einleitung zu einer gescheiterten Polemik etwas übel genommen wird, als eine überzeugende Einladung an die Anarchosyndikalisten1. Auf jeden Fall ist sie, auch wenn sie isoliert betrachtet wird, immer noch gültig und bietet ein hervorragendes Bild der Entwicklung der Organisationen für die Verteidigung der Arbeiter bis hin zur endgültigen Metamorphose der Syndikate in ein Instrument des Kapitals für die Einkreisung, um die lohnabhängige Klasse in die Enge zu treiben. Meinen Text, den ich zunächst auf Französisch geschrieben habe, habe ich auf Spanisch umgeschrieben, weil es mir absurd erscheint, mich selbst zu übersetzen und das Risiko einzugehen, die spanische Fassung einem Dritten anzuvertrauen. Natürlich halte ich die letztere für prägnanter als meine eigene französische Version. Die Ideen sind genau dieselben, aber es werden einige Punkte hervorgehoben, um auf eine gewisse Verharmlosung des angeblich reformistischen Charakters der Syndikate zu reagieren.

Die Tatsache, dass es in Spanien seit 40 Jahren keine so genannten freien oder Arbeitersyndikate mehr gibt, bedeutet nicht, dass sich in vielen Arbeitsstätten die europäischen und weltweiten Erfahrungen aus der Nachkriegszeit bestätigt hätten. Anfangs mussten die Anhänger der im Untergrund arbeitenden Syndikate der Arbeiterklasse zustimmen. Das Verbot von Streiks und Repression zwang sie dazu, anonyme Initiativen und die Fabrikvollversammlungen selbst als Entscheidungsgremien zu akzeptieren. Doch als die Arbeiter das Streikrecht in Anspruch nahmen, lange bevor es per Dekret anerkannt oder gar toleriert wurde, wurden die „freien“ syndikalistischen Apparate2 tätig und nutzten ihre eigene Klandestinität. Dadurch gewannen sie die Sympathie der Arbeiter im Allgemeinen, und überall, wo sich ihre Leute befanden, konnten sie als demokratisch ernannte Vertreter der Vollversammlungen auftreten.

Andererseits wurde nach der großartigen Mobilisierung der Arbeiter durch die erste Streikwelle in Asturien, auf die bald eine allgemeine Erschütterung bis nach Katalonien und Andalusien folgte, die Ineffektivität der falangistischen Syndikate3 deutlich. Sie wurden überall verachtet. Ein von den Bergbauunternehmen verfasstes Dokument ist in dieser Hinsicht sehr aussagekräftig. Auf Ersuchen der Regierung legten sie in der Prognose auf den „Entwicklungsplan“4 ihre Desiderate für einen starken Anstieg der Kohleproduktion dar. Sie forderten natürlich Milliarden von Peseten, um die Fördertechnik zu modernisieren, aber als Hauptproblem nannten sie den Verlust des Respekts und die Aufsässigkeit der Arbeiterklasse, die sich nicht im Geringsten an die Vereinbarungen hielt, die nach einem Konflikt von der Vertretung der vertikalen Syndikate5 in ihrem Namen unterzeichnet wurden. Und sie forderten unmissverständlich eine andere Art der syndikalistischen Organisation, die in der Lage ist, die Arbeiter dazu zu bringen, ihre Entscheidungen zu respektieren. Noch deutlicher versicherten die Bergbauunternehmen der Regierung, dass ohne diese letzte Bedingung weder die geforderten Milliarden von Peseten noch die perfektesten Werkzeuge wirksam sein würden.

Ein falangistischer Ex-Gouverneur von Asturien, der die Überzeugung der Unternehmer bestätigte, erklärte zur gleichen Zeit in einem Bericht an seine Leute, dass sie sich darauf vorbereiten müssten, die Arbeiterklasse zu kontrollieren, und zwar nicht von außen, vertikal, sondern auf eine andere Art und Weise, nach dem Beispiel von Perón6 in Argentinien.

Während die Arbeiter ihr Streikrecht in den besten Kämpfen durchsetzten, erkannten die Vertreter des Kapitals, dass es für sie unverzichtbar war, mit Hilfe von „Arbeiter“-Syndikate nach europäischem Vorbild gegen sie vorzugehen, umso mehr, als dieses „Menschenrecht“ zu den Anforderungen des Gemeinsamen Marktes gehört, um die Türen nach Spanien weit zu öffnen. So kam es de facto, wenn auch ohne jegliches Tauziehen, zu einer Konvergenz zwischen dem Kapital und den klandestinen Syndikate (CC.OO; U.S.O. U.G.T., baskische Syndikate und die nachhinkende C.N.T.) in der Praxis der alltäglichen Kämpfe. Sie würde sich immer mehr zuspitzen und präzisieren, bis sie schließlich zu einer direkten Zusammenarbeit führt, die auch die Regierung selbst einschließt und in mehr als einem Bereich auftritt. Die Intervention der inzwischen halbklandestinen syndikalistische Vertreter in die Streiks besteht seit Jahren darin, die Forderungen zu mäßigen, die Streikdauer zu begrenzen, in bestimmten Fällen Streikbrecher einzusetzen und immer gegen einer Simultanität der Aktionen auf nationaler Ebene zu agieren. Schon im letzten Jahrzehnt war zu beobachten, dass die Vollversammlungen der Fabriken oder Landarbeiter im Süden bei Konflikten in Abwesenheit von Syndikalisten radikalere Entscheidungen trafen als in Anwesenheit von Syndikalisten. Und die Camacho-Carrillo-Anhänger7, die sich mit den Syndikalisten verbündet hatten, zeichneten sich durch ihre zurückhaltenden Tricks aus. Es sind Fälle bekannt, in denen ihre Anführer Arbeiter, die in einer Vollversammlung ihre Machenschaften angeprangert hatten, aus dem Hinterhalt verprügelt haben. Der Pluralismus, dessen sie sich rühmen, entlarvt ihren stalinistischen Kern, sobald man ihnen ein klares Wort vor die Nase setzt. Denn der Geist, die Gewohnheiten und die Interessen derjenigen, die die Untaten des Kremls gegen das russische und das Weltproletariat fraglos begrüßt haben (und Carrillo hat sie mit der Freude eines Schoßhündchens begrüßt, da er selbst Protagonist einiger dieser Untaten war), können ihre verborgene Natur nur verraten. Ihre eigenen bourgeois-demokratischen Fratzen strotzen vor Heuchelei.

Nicht nur sie, sondern auch die anderen syndikalistischen Verbände lehnen die Souveränität der Arbeitervollversammlungen in den einzelnen Arbeitsstätten ab oder werden dies in naher Zukunft tun. Sie wollen, und das ist für sie von entscheidender Bedeutung, dass das Gesetz ihnen das Monopol auf die Vertretung der Arbeiter gibt, mit seinen vielen saftigen zusätzlichen Tricks, unter anderem der große Einfluss auf Entlassungen. Darauf und auf vieles mehr zielt die syndikalistische Gefräßigkeit jeder Partei, insbesondere derjenigen, die über langjährige Erfahrungen in West- und Osteuropa, aber auch in den Vereinigten Staaten und Japan verfügen.

Erste Etappe: Erlangung des ausschließlichen Rechts, im Namen der Arbeiterklasse im Interesse der „nationalen Ökonomie“ Tarifverträge und Streitigkeiten mit dem Kapital auszuhandeln, ein übergeordnetes Interesse, das sich von selbst versteht. Jede Forderung ist also strikt der bestmöglichen Verwirklichung des Plans untergeordnet, sie ist eine Forderung für den Plan, nicht für die Arbeiterklasse. Die Verbesserungen, die die Arbeiterklasse erlangt, wenn sie sie denn erlangt, kommen der nationalen Ökonomie zugute, d.h. der erweiterten Kapitalakkumulation8. Die Syndikate erscheinen also nicht als Vertretung der Arbeiterklasse, sondern als organische und legalisierte Delegation des Kapitals an seine Produzenten.

Wie lange diese erste Etappe auch immer dauern mag, an diesem Punkt werden die Syndikate, ihre politischen grauen Eminenzen und die eigenen ökonomischen und staatlichen Forderungen des Kapitals die Verschmelzung ihrer jeweiligen organischen und menschlichen Stützen, als Miteigentümer eines einzigen verstaatlichten Kapitals, bedingen. Vor Jahrhunderten führte der Handel mit landwirtschaftlichen und handwerklichen Überschüssen zu den ersten Investitionen von Kapital in Instrumente der Warenproduktion durch Lohnarbeit. Ebenso führt der Handel mit den Produktionskapazitäten der Arbeiter, in dem die Syndikate gefesselt sind, sie zum Miteigentum des Kapitals, wo sie immer noch gegen dieses zu sein scheinen. Dies ist weder eine Erleuchtung noch eine einfache Hypothese. In Russland und ähnlichen Ländern ist die Verschmelzung vollzogen, während in Westeuropa die Syndikate mit ihren Mentoren hinter den Kulissen bei den Führungsplänen mitreden, sich in die Aufsichtsräte einmischen, Aktionäre großer Unternehmen sind und teilweise über gewinnbringend angelegtes Kapital verfügen; im Gegenzug erhalten sie vom Staat und von den Unternehmen einen Teil der Gewinne, ganz zu schweigen vom Großteil der Gewinne. In Washington hat das Staatsministerium eine mit einem großen Budget ausgestattete Syndikatsabteilung eingerichtet, deren Aufgabe es ist, Syndikatsfunktionäre in vielen Ländern, so auch in Spanien, zu schulen. Ihr Leiter ist seit langem William Wester, ein ehemaliger Kollege von Carrillo, der seinerzeit übrigens nicht weniger zu Füßen des lebenden Stalin lag als dieser.

In dem Bestreben, zu überleben, neigen alle kapitalistischen Schichten dazu, sich im Staat zusammenzuschließen. Sowohl gegen die einen als auch die anderen, die Syndikate als auch die kooperierenden Parteien, erhebt sich die Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit in einer exklusiven und gemeinsamen Antithese. Ihr absoluter Gegensatz zeigt sich sofort, ausgehend von dem dringendsten Problem, das sich ihr stellt: mehr zu verdienen, indem man weniger, viel weniger arbeitet. Eine kurze Überlegung genügt, um dies zu verdeutlichen. Mehr zu verdienen ist in der Tat nur ein Warenaspekt des Konsums, denn der Lohn rationiert jeden Arbeiter in Produkten und Wissen auf, während das viel weniger Arbeiten, das Verlangen der Faulen nach derselben Warenethik, den zeitlichen Spielraum enthält, der notwendig ist, um in den Besitz der äußeren Welt und der inneren Welt des Menschen zu gelangen. Sogar unter dieser Bastardformulierung des Problems gibt es eine ganz neue Welt, eine ganze Zivilisation, die sich so radikal von der gegenwärtigen unterscheidet, dass das Streben, mehr zu konsumieren, indem man viel weniger arbeitet, aufgrund seiner eigenen Dynamik darauf abzielt, das Privateigentum in seiner einzig legitimen und notwendigen, weil menschlichen und wahren Formel zu etablieren: die eines jeden Menschen in dem Genuss dessen, was er an materiellen und kulturellen Ressourcen benötigt, um sich selbst zu besitzen. Alles, was notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen, ist vorhanden, und die praktischen Maßnahmen, um es zu erreichen, werden daraus abgeleitet: die Abschaffung der parasitären Berufe und aller Produktion, die nicht für den menschlichen Konsum bestimmt ist, die Verkürzung der Arbeitszeit auf das von der Technologie und der Anzahl der Menschen erlaubte Minimum, die allgemeine höhere Bildung, das Verschwinden der Löhne und der Währung als Repräsentation von Werten, die dann nichts anderes als eine Repräsentation von Nutzen wäre.

Das Fortbestehen der syndikalistischen Tätigkeit hingegen bedeutet die endlose Produktion und Reproduktion der Vermietung von Arbeitskraft, den Ursprung und die Aufrechterhaltung der universellen Käuflichkeit der Produkte … und der Menschen. Für das geschulte Auge hat sich diese Antithese zwischen den Syndikaten und der Arbeiterklasse auf vielfältige Weise in der Klandestinität manifestiert. Sie wird sie in einer kommenden nahen Zeit mit Nachdruck haben.

Vorgeschichte

Wie viele Gesellschaften kennen bis heute interne Kämpfe, die von den enterbten Klassen gegen die Klassen oder Kasten geführt werden, die sie unter ihrer Herrschaft halten. Die Kämpfe konnten nur dann ein gewisses Ausmaß erreichen, wenn die Unterdrückten, die ihr gemeinsames Interesse erkannten, sich zusammenschlossen, entweder mit dem Ziel, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, oder mit dem Ziel der totalen Umwälzung der Gesellschaft. Im Laufe der vorangegangenen Jahrhunderte stellten die Arbeiter, im Gegensatz zu den Verbänden der Unternehmer oder der Arbeiter desselben Gewerbes (in denen erstere unter dem direkten Schutz der Behörden nach Belieben schalten und walten konnten), die Gesellenvereine („compagnonnage“)9, die nur die Arbeiter zusammenfassten, unter anderem die ersten dauerhaften Organismen des Klassenkampfes dar.

Noch früher, etwa im 10. Jahrhundert, gab es Bruderschaften. Es handelte sich um Gruppierungen, die in den Kampf gegen die oberen Schichten der Gesellschaft verwickelt gewesen sein müssen, da ihre Auflösung immer wieder niedergeschrieben wurde. Es ist jedoch kein Dokument bekannt, das Aufschluss über ihre Verfassung oder ihren Zweck gibt.

Das Ziel der Gesellenvereine war nicht, wie zahlreiche Gerichtsurteile, die sie vom 16. bis zum 19. Jahrhundert systematisch verurteilten, bezeugen, eine damals unvorstellbare Umgestaltung der Gesellschaft, sondern die Verbesserung der Löhne ihrer Mitglieder, der Lehrbedingungen und damit die Anhebung des Lebensstandards der gesamten Arbeiterklasse.

Ihre Vitalität trotz aller Verfolgungen, denen sie ständig ausgesetzt waren, ihr Aufbegehren nach zahlreichen gerichtlichen Auflösungen zeigen, dass sie einem dringenden Bedürfnis der Arbeiter jener Zeit entsprachen. Gleichzeitig deutet die Tatsache, dass ihre Struktur über mehrere Jahrhunderte hinweg weitgehend unverändert geblieben zu sein scheint, darauf hin, dass die Form und die Methoden des Kampfes den Möglichkeiten der jeweiligen Zeit gut entsprachen. Am Rande sei erwähnt, dass die ersten in der Geschichte erwähnten Streiks im 16. Jahrhundert von ihnen angeführt wurden. Später griffen sie auch zu Boykottmaßnahmen.

In diesem Zeitraum, vom 16. Jahrhundert, in dem die Gesellenvereine in der Geschichte als gut konstituiert erscheinen (was darauf hindeutet, dass sie schon lange vorher bestanden haben müssen), bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (als die aufkommende Großindustrie die Syndikate hervorbrachte), trugen diese Vereinigungen kräftig dazu bei, den Zusammenhalt der Arbeiter gegen ihre Ausbeuter zu erhalten. Ihnen verdanken wir die Herausbildung eines Klassenbewusstseins, das noch rudimentär war, sich aber in der nächsten Etappe mit den Klassenkampforganisationen, die auf sie folgen sollten, voll entfalten sollte. Die letzteren – die Syndikate – übernahmen von den ersteren die Funktion, Forderungen zu stellen, wodurch die Gesellenvereine auf eine zweitrangige Rolle reduziert wurden, die seither ständig abnimmt. Es ist sinnlos, sich vorzustellen, dass es sie vorher gegeben haben könnte. Die Gesellenvereine entsprachen einer Epoche strikter handwerklicher Produktion vor der Französischen Revolution, die die ersten zwanzig oder dreißig Jahre des 19. Jahrhunderts andauerte; in der darauf folgenden Epoche (der des aufsteigenden Kapitalismus, in der sich die Arbeiter immer noch nach Berufen gruppieren müssen) sind die Syndikate die Fortsetzung der Gesellenvereine, die von der sie umgebenden Geheimhaltung befreit und nur auf ökonomische Forderungen und die Verteidigung der Arbeiter ausgerichtet sind, während andere Ziele in den Hintergrund treten und schließlich verschwinden.

Andererseits hatten die Gesellenvereine aufgrund des feudalen Systems, das ihnen kein Existenzrecht gewährte, den Charakter von Geheimgesellschaften mit all den parareligiösen Ritualen, die solche Vereine mit sich bringen, während die spätere Epoche – vor allem nach 1830 -, in der den Arbeitervereinen ein Mindestmaß an Existenzrecht zugestanden wurde, die Gesellenvereine in vollem Glanz erscheinen ließ und bald ihre Unfähigkeit offenbarte, den notwendigen energischen Kampf gegen die Bosse zu führen. Aufgrund ihres restriktiven Charakters (nur Facharbeiter können Mitglied werden) können sie nicht die Gesamtheit der Arbeiter oder gar die Mehrheit dieser vereinen, was das Ziel der Syndikate seit ihrer Gründung war.

Die Arbeiterklasse ging jedoch nicht direkt von den Gesellenvereinen zu den Syndikaten über, die in den ersten Jahrzehnten des modernen Kapitalismus in jeglicher Form verboten waren. Die Arbeiterklasse suchte intuitiv nach einem Weg nach vorn. Die Arbeitervereine10, die kurz vor der Revolution von 1789 ins Leben gerufen wurden, waren der erste Schritt zur Vereinigung aller Arbeiter desselben Gewerbes. Sie sollten ihren kranken oder arbeitslosen Mitgliedern helfen, aber als Streiks die beste Methode des Kampfes gegen die Bosse wurden, halfen die Arbeitervereine manchmal den Streikenden, wodurch der Unterschied zwischen einer aufgezwungenen und einer provozierten Stilllegung11 aufgehoben wurde.

In diesen „Arbeitervereinen“, die es nur in geringer Zahl gab, waren ausschließlich sehr bestimmte Arbeiter vereint, die relativ gut bezahlt wurden, da die von den Mitgliedern verlangten Beiträge erheblich waren. Sie waren daher für die Bedingungen der entstehenden Großindustrie ungeeignet, die große Massen von ungelernten, vom Lande eingewanderten Arbeitskräften in die Fabriken brachte. Dieses im Entstehen begriffene Proletariat befand sich damals in einer tragischen Situation, die dringend einer spürbaren Verbesserung bedurfte, wenn sich der Kapitalismus überhaupt weiter entwickeln sollte.

Die „Widerstandsvereine“, deren Name deutlich macht, welches Ziel sie verfolgten, traten dann an die Stelle der „Arbeitervereine“. Es handelte sich bereits um Kampfgruppen, aber sie wurden in der Defensive konzipiert. Ihr Ziel war es, den Lebensstandard der Arbeiter aufrechtzuerhalten, indem sie sich gegen Lohnkürzungen wehrten, die der Unternehmer möglicherweise durchsetzen wollte, und in der Regel waren es diese Kürzungen, die der Anlass ihrer Entstehung waren. Es versteht sich von selbst, dass sie bald von der Verteidigung zum Angriff übergingen, und die Forderungen der Arbeiter traten in Erscheinung. Doch auch wenn nach 1840 die ersten politischen Forderungen der Arbeiterklasse zugunsten der Verbreitung sozialistischer Ideen aufkamen, blieben der Kampfcharakter der „Widerstandsvereine“ und der „Arbeitervereine“ vor allem auf ökonomischer Ebene. Nur nebenbei und unter dem Impuls politischer Elemente zielen sie auf die Umwälzung der bestehenden Ordnung ab. Ihr Hauptziel ist nämlich ein rein ökonomisches. Wenn sich das Proletariat dann seiner Stärke bewusst wird, hat es kaum die Absicht, sie zu nutzen, außer für die Befriedigung unmittelbarer Bedürfnisse.

Die Syndikate und der Klassenkampf

Das erste Syndikat wurde erst 1864 gegründet. Der Gedanke des Klassenkampfes war ihm fremd, da es sich im Gegenteil als eine Partei darstellte, die die Interessen der Arbeiter und der Bosse miteinander in Einklang bringen wollte. Tolain12 selbst hat ihm kein anderes Ziel zugewiesen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass die syndikalistische Bewegung keineswegs von den am stärksten ausgebeuteten Teilen der Arbeiterklasse – dem entstehenden Industrieproletariat – initiiert wurde, sondern vielmehr von den Arbeitern des Handwerks. Sie spiegelt somit unmittelbar die spezifischen Bedürfnisse und die ideologischen Tendenzen dieser Arbeiterklassen wider.

Während die Schuhmacher und die Drucker, die Handwerker schlechthin, ihre Syndikate 1864 bzw. 1867 gründeten, gründeten die Bergarbeiter, das am stärksten ausgebeutete Proletariat, ihre erstes Syndikat erst 1876 im Departement Loire (1882 im Norden und im Pas-de-Calais), und die Textilindustrie, in der die Arbeitsbedingungen besonders schlimm waren, verspürte erst 1877 das Bedürfnis nach einem Syndikat.

Woher kam das Heranreifen des Geistes zu jener Zeit, als sich sozialistische Ideen (und anarchistische Ideen, die erst später differenziert wurden) in der Arbeiterklasse der Großstädte ausbreiteten, als die am meisten ausgebeuteten Arbeiter die syndikalistische Organisation so offensichtlich ablehnten, während diejenigen, die einen besseren Lebensstandard hatten, sie suchten?

Zunächst einmal muss daran erinnert werden, dass die ersten Syndikate, die von den Handwerkern gegründet wurden, nur Schlichtungsorganisationen waren und nicht dem Klassenkampf dienten.

Sie würden es erst später werden. Andererseits waren sie die am besten geeignete Organisationsform für Berufe, bei denen eine relativ kleine Zahl von Arbeitern desselben Gewerbes in mehreren Werkstätten zusammengeschlossen war. Es war das beste Mittel, um die in den Werkstätten derselben Stadt verstreuten Arbeiter desselben Gewerbes zusammenzubringen und ihnen einen Zusammenhalt zu geben, den die Arbeitsbedingungen selbst eher verhinderten.

Es sollte auch daran erinnert werden, dass der handwerkliche Charakter eines Gewerbes oft bedeutete, dass Unternehmer und Arbeiter Seite an Seite arbeiteten und dieselbe Art von Leben führten. Auch wenn die ökonomische Situation des Unternehmers die des Arbeiters bei weitem übertrifft, so verhindert doch der menschliche Kontakt, den er oft mit ihm pflegt, das Entstehen der Kluft, die Arbeiter und Unternehmer in großen Industrien trennt.

Im Handwerk gibt es auch ein Mindestmaß an Vertrautheit zwischen Unternehmern und Arbeitern, das in der Großindustrie völlig fehlt und nicht denkbar ist. All diese Gründe waren meist eher der Schlichtung als dem Kampf förderlich.…

Die Situation der Arbeiter in der Textilindustrie und im Bergbau (um ein Beispiel zu nennen) war völlig anders. Sowohl bei den Bergarbeitern als auch bei den Textilarbeitern waren große Massen von Arbeitern verschiedener Berufe in Fabriken und Schächten zusammengepfercht und unmenschlichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt.

Wenn die Arbeiter in den Handwerksbetrieben die ersten sind, die sich organisieren, um mit den Bossen über ihre Interessen zu diskutieren, so sind die Arbeiter in den Großindustrien, die dem unerbittlichsten Druck des Kapitals ausgesetzt sind, die ersten, die erkennen, was sich ihnen den Bossen unerbittlich entgegenstellt, die sich gegen die ihnen aufgezwungene Situation auflehnen, die die direkte Aktion praktizieren, die mit der Waffe in der Hand ihr Recht auf Leben einfordern, kurzum, die ersten, die sich auf die soziale Revolution ausrichten. Der Aufstand der Lyonnaisercanuts“13 im Jahr 1831 und der Bergarbeiterstreik im Jahr 1844 sind deutliche Beispiele dafür. Während beispielsweise die Drucker zwischen 1830 und 1845 nicht ein einziges Mal in der Liste der am häufigsten verurteilten Berufe auftauchten, wurden die Bergarbeiter dreimal genannt (der Bergbau war damals in vollem Gange) und die Textilarbeiter fast jedes Jahr.

Daraus ist zu schließen, dass die Arbeiter in den großen Industrien kein Interesse an einer Organisationsform hatten, die eine Versöhnung (die sie für unmöglich hielten) zwischen verfeindeten Klassen vorschlug. Sie kamen erst später und sozusagen nur widerwillig dazu, weil ihre Situation sie zu Formen des offenen Kampfes mit den Bossen zwang, die das Syndikat zumindest anfangs nicht in Betracht zog. In der Tat treten die Arbeiter in den großen Industrien erst dann in die syndikalistischen Organisation ein, wenn diese die Grundsätze des Klassenkampfes in ihre Statuten aufgenommen hat. Sie waren es auch, die zwischen 1880 und 1914 die gewalttätigsten Kämpfe in Bezug auf die Forderungen führten. Mit diesem Zugeständnis an ihre Bestrebungen haben sie sich damit abgefunden, dem Syndikat beizutreten, allerdings aus mehreren anderen Gründen. Erstens, weil damals keine andere Form der Organisation denkbar war. Außerdem stand damals die Aussicht auf eine breite, fortschreitende Entwicklung des Kapitalismus im Vordergrund, weshalb es notwendig war, den Zusammenhalt der Arbeiterklasse zu stärken, um den Bossen befriedigendere Existenzbedingungen abzuringen, die die Arbeiter besser auf den endgültigen Angriff auf das Eigentum vorbereiten würden.

Von Anfang an erschien das Syndikat den Arbeitern in den großen Industrien als ein bloßes Mitmachen, um sich durchzuschlagen. Damals war dies jedoch akzeptabel, da das Überleben in dieser Branche handwerklich möglich war. Es war eine positive Lösung in einer Zeit der kontinuierlichen Entwicklung der kapitalistischen Ökonomie, die von einem stetigen Wachstum von Freiheit und Kultur begleitet wurde. Die Anerkennung durch den Staat und damit auch die Anerkennung des Vereins- und Presserechts war eine bedeutende Errungenschaft.

Aber auch wenn die Syndikate das Prinzip des Klassenkampfes übernommen hatten, haben sie im täglichen Kampf nie den Umsturz der Gesellschaft angestrebt, sondern haben sich darauf beschränkt, die Arbeiter zur Verteidigung ihrer ökonomischen Interessen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft zusammenzuschließen. Manchmal nimmt die Verteidigung die Form eines erbitterten Kampfes an, aber sie verfolgt weder implizit noch explizit das Ziel, die Lage der Arbeiterklasse durch eine Revolution zu verändern. Keiner der Kämpfe dieser Zeit, auch nicht der gewalttätigste, hat ein solches Ziel. Das Syndikat sieht allenfalls für eine unbestimmte Zukunft, die von da an die Bedeutung einer Karotte, die man dem Esel vorhält, annimmt, die Abschaffung der Bosse und der Lohnabhängigen und folglich der kapitalistischen Gesellschaft, die sie hervorbringt, vor. Aber sie wird nie etwas in dieser Richtung unternehmen.

Das Syndikat, das aus einer reformistischen Tendenz innerhalb der Arbeiterklasse hervorgegangen ist, ist der reinste Ausdruck dieser Tendenz. Es ist unmöglich, von einer reformistischen Entartung des Syndikats zu sprechen; sie ist von Geburt an reformistisch. Sie stellt sich zu keinem Zeitpunkt gegen die kapitalistische Gesellschaft und den Staat, um sie zu zerstören, sondern einzig und allein mit dem Ziel, sich in ihrer Mitte einen Platz zu erobern und es sich dort bequem zu machen14. Ihre gesamte Geschichte von 1864 bis 1914 ist die des Aufstiegs und des endgültigen Sieges der Tendenz zur Integration in den kapitalistischen Staat, so dass sich bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs die große Mehrheit der syndikalistischen Anführer ganz selbstverständlich auf die Seite der Kapitalisten stellte, mit denen sie durch neue Interessen verbunden waren, die sich aus der Funktion ergaben, die die Syndikate in der kapitalistischen Gesellschaft schließlich übernommen hatten. Diejenigen, die ihrerseits das System stürzen und den Krieg verhindern wollten, sind gegen die Syndikate, und sie werden von nun an immer gegen die Syndikate sein.

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg waren die syndikalistischen Anführer nicht die legitimen Vertreter der Arbeiterklasse, sondern nur insoweit, als sie diese Rolle übernehmen mussten, um ihre Glaubwürdigkeit im kapitalistischen Staat zu erhöhen. Im entscheidenden Moment, als es galt, zwischen dem Risiko zu wählen, eine gesicherte Situation zu kompromittieren15, indem sie die Massen zur Ablehnung des Krieges und des Regimes, das ihn herbeigeführt hatte, aufriefen, stärkten sie anstattdessen ihre Position und wählten die zweite Alternative, entschieden sich für das Regime und stellten sich in den Dienst des Kapitalismus. Dies war nicht nur in Frankreich der Fall, denn die syndikalistischen Anführer in den am Krieg beteiligten Ländern nahmen überall die gleiche Haltung ein. Wenn die syndikalistischen Anführer Verrat begangen haben, liegt das dann nicht daran, dass die Struktur des Syndikats selbst und ihre Stellung in der Gesellschaft diesen Verrat von Anfang an möglich und 1914 unvermeidlich gemacht haben?

Die Syndikate gegen die Revolution

Die russischen Revolutionen von 1905 und 1917 führten zur Entstehung eines neuen Organismus für den Kampf, der aus der sozialen Realität selbst hervorgegangen ist: das Fabrikkomitee oder der Fabrikrat, der in den Arbeitsstätten demokratisch gewählt wird und dessen Mitglieder jederzeit abgewählt werden können. Man sah sie in St. Petersburg und Moskau am Ende der Revolution von 1905, deren Höhepunkt sie darstellen. Da sie jedoch noch zu schwach und unerfahren waren, erwiesen sie sich als unfähig, die Aufgabe zu erfüllen, die sie sich gestellt hatten: den Sturz des Zarismus.

Sie tauchen zu Beginn der Revolution von 1917 wieder auf, werden selbstbewusster und verbreiten sich bald im ganzen Land. Von Lenin und Trotzki ermutigt, führten sie die Oktoberrevolution durch. In der Zwischenzeit hinken die Syndikate hinterher und halten die Bewegung mit aller Macht zurück. Ihnen ist keine revolutionäre Initiative zu verdanken, im Gegenteil. John Reed zeigt in seinem Buch Ten Days that Shook the World (Zehn Tage, die die Welt erschütterten), dass sie den Sowjets mehrfach feindlich gesinnt waren, und zwar so sehr, dass die Eisenbahner gegen die Syndikatsdisziplin verstoßen mussten, um die Verstärkung von Petrograd nach Moskau zu transportieren, die benötigt wurde, um die Konterrevolution der Junker in Moskau zurückzuschlagen16.

In der spanischen Revolution von 1936 schossen von den ersten Tagen des Aufstands an überall Komitees wie Pilze nach dem Sturm aus dem Boden. Doch anders als in Russland, wo die Sowjets die Syndikate in den Hintergrund drängten, unterdrückten die Sowjets die Komittees (Juntas). Infolgedessen triumphiert der Stalinismus ohne wirklichen Widerstand der Syndikate. Sie schließen sich sogar zusammen, um durch ein Verbindungskomitee zwischen CNT und U.G.T. an ihrem Triumph mitzuwirken, und die Revolution wird vom Stalinismus verraten, der Franco die Tür öffnet.

Die deutschen Arbeiter, Soldaten und Matrosen, die sich 1918 erhoben, dachten keinen Augenblick daran, sich an die Syndikate zu wenden, um den Kampf gegen das kaiserliche Regime zu führen; inmitten der Kämpfe schufen sie ihre Kampfkomitees, die die Fabriken und Schiffe besetzten und die kapitalistischen Behörden vertrieben. Die Syndikate greifen erst später ein, um den Kampf zu bremsen, um die Revolution in bourgeoise Schranken zu weisen, d.h. um sie zu verraten. Dieses Spektakel erhellt definitiv das Denken der deutschen Revolutionäre und zeigt Hermann Gorter und der deutsch-niederländischen Linken den Weg, der ihn damals zu einem der ersten Theoretiker des linken Kommunismus und einer wahren Taktik der Klasse gegen Klasse kommen lässt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Lenin, der mit dem Bürgerkrieg, der ausländischen Intervention und den fast unüberwindlichen Schwierigkeiten bei der Wiederherstellung der russischen Ökonomie zu kämpfen hatte, die von der deutsch-niederländischen kommunistischen Linken aufgeworfenen Probleme nicht erkannte. Er betonte die besondere Situation seines Landes, das allgemeine kulturelle Niveau, den revolutionären Elan der Massen, den es täglich zu festigen gelte. Obwohl Lenin mit Westeuropa bestens vertraut war, war er besessen von der russischen Revolution und den Methoden, mit denen sie unter dem Zarismus triumphierte. Er konnte nicht erkennen, dass sie anderswo nicht anwendbar wären. Diese Methoden, die ein direktes Produkt der ökonomischen, politischen und kulturellen Bedingungen des zaristischen Russlands sind, wurden nicht einmal auf Westeuropa übertragen, wo die Situation der arbeitenden Massen, ihre Beziehungen zur Bauernschaft, der Zustand eben dieser Bauernschaft und, kurz gesagt, die Struktur des Kapitalismus fast nichts mit der Situation in Russland gemeinsam hatten. Er sah auch nicht den latenten Konflikt in Russland zwischen den Sowjets und den Syndikaten, den nur der unwiderstehliche Impuls der Revolution im Keim erstickte, indem er die ersteren zum Nachteil der letzteren stärkte.

In Deutschland, wo die Syndikate, die viel mächtiger als in Russland waren, von den konsequentesten Reformisten angeführt wurden, konnte man überzeugt sein, dass sie jedes Mittel nutzen würden, um die laufende Revolution zu sabotieren. Für sie ging es um Leben und Tod. Wenn andererseits die Syndikate der Revolution feindlich und die Fabrikkomitees ihr wohlgesonnen waren, war es klar, dass es notwendig war, die letzteren gegen die ersteren zu unterstützen. Lenin wandte sich dagegen im Namen einer Taktik der Überwindung der Bosse durch die Massen; aber es sind gerade die Syndikate, die die materielle Macht der Bosse verkörpern, die über den gesamten syndikalistische Apparat und die direkte oder indirekte Unterstützung des kapitalistischen Staates verfügen, während die Massen nur die von ihnen selbst geschaffenen Komitees haben, um die Macht der Bosse zu überwinden. Hätten die Massen in Russland nicht ihre eigenen Organe des Kampfes, die Sowjets, geschaffen, wäre die Revolution unweigerlich von den einzigen Organen, die die Massen einrahmen, den Syndikaten, kanalisiert und zu Fall gebracht worden.

Gegen diese deutsche und niederländische Linke schrieb Lenin Die Kinderkrankheit des Kommunismus, worauf Gorter mit Offener Brief an den Genossen Lenin antwortete, die eine noch heute gültige Kritik an den Syndikaten enthält. Im Wesentlichen sagt er, dass die Syndikate sich dem Staat annähern und dazu neigen, sich mit ihm gegen die Massen zu verbünden, dass die Arbeiter praktisch keine Macht über sie haben, wie im Falle des Staates, dass sie unzureichend sind, um als Instrumente der proletarischen Revolution zu dienen, und dass letztere nicht siegen kann, ohne sie zu zerstören. Es muss ganz klar gesagt werden, dass Gorter in dieser Polemik (von der die III. Internationale nur die Argumente Lenins bekannt machte und es unterließ, die seiner Gegner zu veröffentlichen), zumindest in diesem Punkt, absolut Recht hatte. In seinem Pamphlet stellt er die Syndikate, in denen die Arbeiter praktisch nur die Möglichkeit haben, Beiträge zu zahlen, den von den Arbeitern in den Arbeitsstätten demokratisch gewählten Fabrikkomitees oder -räten gegenüber, deren Mitglieder unter der unmittelbaren und ständigen Kontrolle ihrer Auftraggeber17 stehen und jederzeit widerrufbar sind. Solche Komitees sind natürlich ein direkter Ausdruck des Willens der sich bewegenden Massen und erleichtern deren Entwicklung. Deshalb geraten sie, sobald sie auftauchen, selbst in der provisorischen Form von Streikkomitees, in Konflikt sowohl mit den syndikalistischen Anführer, deren Macht sie bedrohen, als auch mit den Bossen. Beide fühlen sich gleichermaßen bedroht, und zwar so sehr, dass in der Regel die syndikalistischen Anführer zwischen den Unternehmern und den Arbeitern einschreiten, um den Streik zu beenden. Ich bin überzeugt, dass kein Arbeiter, der in einem Streikkomitee mitgewirkt hat, mir widersprechen wird, insbesondere wenn es um die Streiks der letzten Jahre geht. Im Übrigen ist es normal, dass dies der Fall sein sollte. Denn die Streikkomitees stellen einen neuen Organismus des Kampfes dar, den demokratischsten, den man sich vorstellen kann. Er tendiert dazu, bewusst oder unbewusst, die Syndikate zu ersetzen, die in diesem Falle versuchen, die errungenen Privilegien zu verteidigen, indem sie versuchen, die ihnen vom Streikkomitee zugestandenen Befugnisse einzuschränken. Man stelle sich die Feindseligkeit der Syndikate gegenüber einem ständigen Komitee vor, das von der Logik der Dinge her dazu aufgerufen ist, sich ihnen unterzuordnen und sie zu verdrängen!

Kritik an dem Syndikat

Es hat sich gezeigt, dass das Syndikat sich nie ein revolutionäres Ziel gesetzt hat, vor allem, weil es das bei seiner Gründung nicht konnte. Es wurde im Hinblick auf eine reformistische Aktion der Arbeiterklasse innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft konzipiert und konnte nicht mehr tun, als es getan hat. Seine Tätigkeit war jedoch erstklassig, da wir ihm eine beträchtliche Verbesserung des Loses der Arbeiterklasse und des Klassenbewusstseins verdanken, das das Proletariat heute beseelt, wie auch immer es aussehen mag. Um die Wahrheit zu sagen, ist ein solches Klassenbewusstsein eher das Werk der von der revolutionären syndikalistischen Minderheit in die Praxis umgesetzten Aktionen als der syndikalistischen Praxis im Allgemeinen. Das war alles, was man vom revolutionären Syndikalismus erwarten konnte, und es wurde erreicht. Es kann sich dem Umsturz der kapitalistischen Gesellschaft nur dann wirklich nähern, wenn es von dem Fehler der Syndikate ausgeht, denn die Syndikate, ob revolutionär oder reformistisch, sind für eine solche Aufgabe ungeeignet. Es ist kein Zufall, dass der Krieg von 1914 durch die Entlarvung des reaktionären Charakters der syndikalistischen Anführer zum raschen Verschwinden der revolutionären syndikalistischen Bewegung geführt hat, während der reformistische Verrat zum Zeitpunkt der Krise eine Reformierung der revolutionären syndikalistischen Bewegung zum Nachteil des Reformismus hätte bewirken müssen. Instinktiv spürte die Arbeiterklasse, dass die syndikalistischen Bewegung, selbst wenn sie revolutionär war, nicht das Instrument war, das sie brauchte, um die Gesellschaft umzugestalten.

Die Wiederauferstehung der Syndikate nach dem Krieg von 1914 war das Ergebnis einer einfachen Routine, die die wenigen Revolutionäre nicht zu durchbrechen wussten, aber es war an der Zeit, ihr ein Ende zu setzen.

Das Syndikat war in der Tat das Ergebnis eines anfänglichen Fehlers, der damals vielleicht unvermeidlich war. Dies war das beste Mittel, um den notwendigen Zusammenhalt zwischen den in zahlreichen Werkstätten verstreuten Arbeitern desselben Gewerbes aufrechtzuerhalten; aber die Industrie hat durch die Konzentration diese anachronistischen Werkstätten in den Hintergrund gedrängt und in ein und derselben Fabrik Massen von Arbeitern aus sehr unterschiedlichen Gewerben zusammengeführt. Es war daher notwendig, von der realen Tatsache auszugehen, die die Richtung der Entwicklung des Kapitalismus anzeigt: die Konzentration einer großen Anzahl von Arbeitern, der sozialen Zelle, die die Fabrik ausmacht, am selben Ort, sowohl in der heutigen Welt als auch in der zukünftigen Gesellschaft. Das Syndikat nimmt die Arbeiter aus der Fabrik, wo ihre lebenswichtigen Interessen liegen, um für sie oberflächliche Interessen zu schaffen, indem sie sie in so viele Syndikate verstreut, wie es Berufe gibt. Es zerstört den natürlichen Zusammenhalt, der sich in der Fabrik selbst zu konstituieren bereit war – und den sie verstärken sollte -, indem es eine Organisation schafft, die bei ihrer Entstehung veraltet ist, weil sie die Interessen der ideologischen Tendenzen der überlebenden Arbeiterschichten einer bereits überholten Produktionsstufe widerspiegelt.

Bei den Arbeiteraktionen gibt es eine ständige Weiterentwicklung. Die Gesellenvereine brachten zunächst die Facharbeiter zusammen, dann die Syndikate die bewussteren Arbeiter. Es ist an der Zeit, dass die Fabrikkomitees die gesamte Arbeiterklasse bei der Erfüllung ihrer historischen Aufgabe vertreten: der sozialen Revolution.

Außerdem zieht das Syndikat, sobald es eine gewisse Bedeutung erlangt, seine Anführer aus der Fabrik zurück und entzieht sie damit der notwendigen Kontrolle durch die Arbeiter. Und im Allgemeinen kehrt der syndikalistische Anführer, wenn er einmal aus der Fabrik heraus ist, nie wieder dorthin zurück. Die zahllosen syndikalistischen Anführer, die die Fabrik verlassen haben, schaffen sich nach und nach Interessen, die denen der Arbeiter, die sie gewählt haben, zunächst fremd und dann entgegengesetzt sind. In erster Linie wollen sie ihre neue Situation stabilisieren, die durch jede Aktion der Arbeiter gefährdet werden könnte. Deshalb intervenieren sie bei den Bossen, sobald ein Streik auszubrechen droht. Erstens, weil der Streik eine neue Autorität der Arbeiter hervorbringt, deren Existenz sehr aussagekräftig für die realen Beziehungen zwischen den Syndikaten und den Anführern ist: das Streikkomitee, das von der Vollversammlung der Fabrikarbeiter, ob syndikalistisch organisiert oder nicht, gewählt wird und das zwischen dem Syndikatsbüro und den Bossen steht, als ob es letzteren sagen würde: „Die Rolle des Syndikats ist vorbei, meine beginnt.“

Es sollte sofort festgestellt werden, dass die Gründung des Streikkomitees an sich schon die Unfähigkeit des Syndikats zeigt, einen Streik überhaupt zu führen. Nun ist jeder Streik, zumindest potenziell, eine revolutionäre Aktion. Die Tatsache, dass die Arbeiter, sobald sie eine revolutionäre Aktion, und sei es auch nur eine kleine, für notwendig erachten, die Syndikate aufgeben und einen neuen, der Aktion angemessenen Organismus des Kampfes schaffen müssen, zeigt an sich schon, dass das Syndikat keine revolutionäre Waffe ist. Wenn es für eine revolutionäre Aktion wichtig ist, dass die Ausführer der Aktion unter der direkten und ständigen Kontrolle ihrer Auftraggeber18 stehen, dann folgt daraus, dass die syndikalistischen Anführer für jede revolutionäre Aktion ungeeignet sind, da sie sich der Kontrolle ihrer Auftraggeber völlig entziehen. Das haben sie immer wieder bewiesen, insbesondere während aller revolutionären Krisen des 20. Jahrhunderts.

Sobald die syndikalistischen Anführer die Fabrik verlassen haben, beginnen sie sofort, zwischen den gegensätzlichen Interessen der Arbeiter, die sie ernannt haben, und denen der Bosse hin und her zu schwanken. Zunächst verteidigen sie die Ersteren gegen die Letzteren und bleiben damit auf dem Terrain des Klassenkampfes. Es dauert jedoch nicht lange, bis sie sich ihrer Rolle als Vermittler zwischen den verfeindeten Klassen bewusst werden und bald zu Agenten einer Klassenzusammenarbeit werden, deren Ausdruck die Versöhnung der gegensätzlichen Interessen der Klassen ist. Wenn sie sich anfangs gegen die Bosse stellen, merken sie bald, dass ihre Hauptaufgabe nicht im Kampf besteht.

Sie werden sich ihrer Bedeutung als Vermittler zwischen den verfeindeten Klassen bewusst, und anstatt zum Kampf aufzurufen, denken sie nur an das Aushandeln eines Waffenstillstands. Es ist nicht der Kampf, der ihre Existenz rechtfertigt, sondern ihr Wert wächst im Verhältnis zu den Ergebnissen, die bei den Bossen erzielt werden, die ihre Bedeutung sofort verstehen, und bei den Arbeitern, die den Anführern nach und nach die Aufgabe überlassen, die Streitigkeiten zu schlichten, die sie den Bossen entgegensetzen. Der Klassenkampf, ein notwendiger Faktor für jede positive soziale Aktion, wird in den Hintergrund gedrängt, die direkte Aktion der Arbeiter schlummert, ihre Selbstbestimmung verschwindet, das Streben nach Emanzipation verkommt zu einer Anpassung an den Rahmen des Kapitalismus.

Wenn die Emanzipation der Arbeiter das Werk der Arbeiter selbst sein soll, was das Postulat jeder authentischen revolutionären Aktion ist, dann folgt daraus, dass das Syndikat, indem sie die schöpferische Kraft der Arbeiterklasse unterdrückt, sich dieser Emanzipation widersetzt, die damit das Werk der Anführer werden würde, wenn die Anführer dazu fähig wären oder sich ihr sogar widmen wollten. Im Gegenteil, heute kann man feststellen, dass ein Jouhaux oder ein Frachon mit keinem Tagelöhner mehr gemeinsame Interessen hat als mit dem Präsidenten der Republik (antimilitaristisch und „internationalistisch“ im Jahr 1907)19 oder mit dem Direktor der Bank von Frankreich, während die Interessen von Jouhaux und Frachon, des Präsidenten der Republik, des Direktors der Bank von Frankreich und vieler anderer kapitalistischer Persönlichkeiten gegenüber den Arbeitern eng miteinander verflochten sind.

Das Syndikat als Organ des Staatskapitalismus

Die Syndikate haben das Ende ihrer unabhängigen Entwicklung erreicht und sind seit 1914 in eine neue Periode eingetreten, nämlich die ihrer Integration in den kapitalistischen Staat. Sie tendierten schon lange in diese Richtung, aber es bedurfte des Krieges von 1914 und der Dienste, die sie dem Kapitalismus in der Union sacrée20 leisteten, damit der Staat ihnen einen Platz in seinen Überlegungen einräumte. Es stimmt, dass sie auf diese Weise ihre Macht über die Arbeiterklasse demonstrierten und so zu wertvollen Erfüllungsgehilfen des Kapitalismus wurden. Am Rande sei bemerkt, dass der erste entscheidende Schritt in diese Richtung in Frankreich von Jouhaux, dem Vertreter der Streichholzarbeiter, der Arbeiter des ältesten Trust21 des französischen kapitalistischen Staates, unternommen wurde. Es ist unmöglich, dies als reinen Zufall zu betrachten.

Verstaatlichungen (das Monopol auf Tabak und Streichhölzer ist nichts anderes) geben der syndikalistischen Bürokratie eine dauerhafte Perspektive als besonderer Organismus der kapitalistischen Gesellschaft, eine Perspektive, die ihr durch die einfache Ausübung der Syndikatsarbeit fehlt. Sie machen sie zu direkten Instrumenten des Staates, so wie Richter es bei Polizisten tun. Eine solche Bürokratie, die zunächst in der Ökonomie verwurzelt ist und von dort aus auf den Staat einwirkt, wird zu einem Hilfsmechanismus desselben Staates, der die gesamte Ökonomie kontrolliert. In Frankreich ist die Kontrolle in vielen Sektoren noch indirekt, aber in wichtigen Bereichen (Elektrizität, Gas, Kohle, Verkehr usw.) sind Ökonomie und Staat bereits so verschmolzen, dass der Syndikalismus und der kapitalistische Staat dazu tendieren, zu einem einzigen Körper zu verschmelzen, um, wie in Russland, einen Staatskapitalismus zu errichten, zu dem die Entwicklung des Kapitalismus in einer degenerativen Trance automatisch führt.

Der Kapitalismus ist jedoch weit davon entfernt, von einem einzigen Impuls beseelt zu sein, der ihn in eine einzige Richtung treibt. Die relative Abhängigkeit Frankreichs von den Vereinigten Staaten einerseits und die Teilung der Welt in zwei rivalisierende Blöcke andererseits sowie das Fehlen einer starken revolutionären Bewegung konnten nicht umhin, sich in der syndikalistischen Bewegung niederzuschlagen, da sie mit dem Staat verbunden ist und zusammen mit ihm die Hauptlast aller seiner Lasten auf die Arbeiterklasse abwälzt. Die Teilung der Welt in zwei Blöcke muss unter diesen Bedingungen unweigerlich zu einer Spaltung der Syndikate führen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Spaltung nach dem Krieg stattfand, also genau zu dem Zeitpunkt, als die beiden Blöcke ihre Kräfte bündelten, um in den „Kalten Krieg“ zu ziehen. Jeder Arbeiter, der sich ein wenig auskennt, weiß, dass die CGT heute lediglich ein Zweig der russischen Politik innerhalb der französischen Arbeiterklasse ist und die Interessen einer syndikalistischen (und politischen) Bürokratie vertritt, die mit dem Moskauer Staatskapitalismus und Totalitarismus verbunden ist, dessen glühender Propagandist sie ist, während die F.O.22 ein Instrument Washingtons und seiner Überreste des liberalen Kapitalismus ist, und zwar durch die amerikanischen Syndikate, die in seinen Staat eingegliedert sind. Was den C.F.T.C.23 betrifft, so repräsentiert er sehr gut die neutralistischen Tendenzen des französischen Kapitalismus, den der Krieg ängstigt und der auf die Gebete des Papstes zählt, um ihn zu verhindern.

Es ist auch bekannt, dass die Syndikate, die theoretisch „unpolitisch“ sind, zu bloßen Agenturen der politischen Parteien innerhalb der Arbeiterklasse geworden sind – in erster Linie CGT. Aber es ist eine Politik, die nicht von ihr beschlossen wurde, sondern die ihr von außen aufgezwungen wird. Andererseits soll das Fabrikkomitee durch seine Struktur eine Art Laboratorium darstellen, in dem die Politik der sozialistischen Revolution zugunsten des Erwachens der Arbeiterklasse zum sozialen und revolutionären Leben ausgearbeitet wird, was dieses Komitee in höchstem Maße unterstützt.

Unter diesen Bedingungen ist es nicht verwunderlich, dass die Arbeiter die Syndikate, die mit den verschiedenen Tendenzen des Kapitalismus verbunden sind, verlassen, ohne zum Beispiel massenhaft zu den Syndikate des C.N.T. zu eilen. Die Tatsache, dass der C.N.T.24 von ehrlichen revolutionären Arbeitern geführt wird, garantiert nicht im Geringsten, dass er in der Lage ist, eine revolutionäre Mission zu erfüllen, oder auch nur, dass er nicht wie die anderen Syndikatsverbände degeneriert, da die Syndikatsstruktur selbst, die die Anführer der Kontrolle durch die Arbeiter entzieht, die Degeneration begünstigt. Natürlich ist keine Organisation, so perfekt sie auch sein mag und so gut sie dem revolutionären Ziel angepasst ist, vor Degeneration gefeit. Dennoch ist es ratsam, der Degeneration so viele Hindernisse wie möglich in den Weg zu legen. Das Syndikat hingegen legt der Degeneration kein Hindernis in den Weg, sondern erleichtert sie in jeder Hinsicht.

Das Syndikat hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Interessen der Arbeiter im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaft zu verteidigen. In der Vergangenheit, zwischen 1890 und 1913, erfüllte sie diese Rolle in hohem Maße, denn in Zeiten des ökonomischen Aufschwungs und der Krise lag die Erfolgsquote der Streiks zwischen 47,7 % in den Jahren 1911-13 und 62,3 % in der vorteilhaften Periode 1905-1907. Ich weiß nicht, wie hoch der Prozentsatz der erfolgreichen Streiks in den letzten Jahren war, aber ich bin mir sicher, dass er in keiner Weise mit den Ergebnissen vergleichbar ist, die in diesem Zeitraum erzielt wurden. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, würde es den Lebensstandard der Arbeiter nicht verbessern, denn der Anstieg der Preise geht immer dem Anstieg der Löhne voraus, dem sie vergeblich hinterherlaufen, so dass sich die Kluft zwischen beiden vergrößert, anstatt sich zu verringern. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass der Kampf um Forderungen ins Leere läuft, weil die prekäre Situation des französischen Kapitalismus den Arbeitern nicht den geringsten Vorteil verschafft. In dieser Hinsicht geht es nicht mehr um die Organisationsform, da keine andere zu besseren Ergebnissen führen würde, sondern um das verfolgte Ziel, das der gegenwärtigen Epoche unangemessen ist und in keinem Verhältnis zu den Opfern und Anstrengungen steht, die es erfordert. Der Streik mit Forderungen ist abgelaufen, ebenso wie das Syndikat, deren einziges Ziel er war. Wenn der kapitalistische Staat nicht in der Lage ist, das Los der Arbeiterklasse zu verbessern, hat die Arbeiterklasse folglich keine andere Möglichkeit, als ihn zu zerstören. Aber das Syndikat ist nicht in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen, da sie für den Kampf um Forderungen im Rahmen des kapitalistischen Systems konzipiert wurde, einen Rahmen, den sie in keiner Weise zu durchbrechen gedenkt. Nur das Fabrikkomitee ist heute in der Lage, mit den Arbeitern den Angriff auf die Gesellschaft zu unternehmen, denn als revolutionäre Zelle von heute ist es gleichzeitig und vom Moment seiner Gründung an die soziale Zelle von morgen.

Die Degeneration der Syndikate ist auch dadurch gekennzeichnet, dass in sie als ökonomisches Organismus verschiedene kapitalistische politische Strömungen Einzug gehalten haben, was auf die Willkürlichkeit der Trennung von Ökonomie und Politik hinweist. Zu der Zeit, als sich Marx und Bakunin einig waren, waren die Syndikate, die sie befürworteten, ausgefeilte ökonomische Organe ihrer Politik. Erst später, zugunsten der Spaltung der Arbeiterbewegung, wurden die Syndikate, die sich auf die ökonomische Ebene beschränkten, zu der traditionellen Formel, die sie heute sind. Es war damals auch das einzige Mittel, um die Arbeiterklasse für den Kampf um Forderungen zu vereinen, die in den Augen der damaligen Syndikalisten implizit oder explizit die Präambel für den politischen Kampf darstellten. Diese Spaltung war jedoch immer mehr Schein als Sein, denn in ihrer besten Epoche waren die Syndikate, unabhängig von ihren Anführern, von einem echten revolutionären Geist beseelt. Die oberste politische Intervention ist die Revolution. Es war normal, dass in einer Periode der kontinuierlichen Entwicklung des Kapitalismus das Syndikat, das auf der ökonomischen Ebene angesiedelt war, den ersten Platz einnahm, aber in einer Krisenzeit ist das nicht das Gleiche25. Um auf das Beispiel der C.N.T.-F.A.I. zurückzukommen: Wenn in einer ruhigen Phase die F.A.I. im Schatten stand, während die C.N.T. sichtbarer war, war die F.A.I. in einer revolutionären Phase an der Spitze, was natürlich war.

Die Beziehung zwischen der F.A.I. und der C.N.T. war jedoch nicht das Ergebnis des Lebens der Arbeiterklasse selbst, da die F.A.I. eine Minderheit der CNT darstellte und organisch außerhalb der CNT stand, die de facto ihre Führung übernahm. Die Politik der CNT war die der FAI, aber die CNT war nicht dazu aufgerufen, sie zu bestimmen, sondern nur, sie zu akzeptieren. Im Gegenteil, es geht darum, zu einer Politik zu gelangen, die direkt von der Arbeiterklasse beschlossen wird, und heute gibt es keine anderen Vollversammlungen, die dazu in der Lage wären, als die der Arbeiter, die sich in den Arbeitsstätten versammeln, um ihren Willen zu äußern und Delegierte zu benennen, deren Aufgabe es ist, die gefassten Beschlüsse umzusetzen.

Die Fabrikkomitees, der Motor der sozialen Revolution

Niemand wird leugnen, dass die kapitalistische Gesellschaft in eine permanente Krise geraten ist, die sie dazu veranlasst, ihre erlahmenden Kräfte zu bündeln, indem sie alle politischen und ökonomischen Kräfte durch Verstaatlichung immer mehr in den Händen des Staates konzentriert. Werden sich die verstreuten Arbeiterkräfte weiterhin gegen diese Konzentration der kapitalistischen Kräfte wehren? Es wäre eine Reise zum endgültigen Scheitern. Und einer der Hauptgründe für die gegenwärtige Apathie der Arbeiterklasse liegt in der endlosen Reihe von Misserfolgen, die die soziale Revolution im Laufe dieses Jahrhunderts erlitten hat. Die Arbeiterklasse hat kein Vertrauen mehr in irgendeine Organisation, denn sie hat sie alle hier und da in Aktion gesehen, und alle, einschließlich der anarchistischen Organisationen, haben sich als unfähig erwiesen, die Krise des Kapitalismus zu bewältigen, d.h. den Triumph der sozialen Revolution zu sichern. Wir sollten uns nicht scheuen zu sagen, dass sie heute alle veraltet sind. Im Gegenteil, nur wenn man von dieser Feststellung ausgeht und nicht versucht, ihre Tragweite durch mehr oder weniger nebensächliche Erwägungen einzuschränken oder den anderen die Folgen der eigenen Fehler aufzubürden, wird man in der Lage sein, alle Theorien (die heute gemeinsam haben, dass sie weitgehend veraltet sind) zu überdenken und vielleicht zu einer grundlegenden ideologischen Vereinheitlichung der Arbeiterbewegung im Hinblick auf die soziale Revolution zu gelangen. Es versteht sich von selbst, dass sie keineswegs für eine monolithische Denkbewegung eintrat, sondern für eine einheitliche Bewegung, innerhalb derer die Tendenzen die größtmögliche Freiheit des Ausdrucks genießen.

Andererseits ist es klar, dass sofort gehandelt werden muss. Sie muss zwei allgemeinen Grundsätzen genügen. Einerseits muss sie die von mir befürwortete ideologische Neugruppierung erleichtern, andererseits muss sie aufhören, die soziale Revolution so zu betrachten, als ob sie das Werk künftiger Generationen sein müsste, für die die Aufgabe vorbereitet werden muss. Wir stehen vor dem Dilemma: soziale Revolution und eine neue Blüte der Menschheit oder Krieg und ein sozialer Zerfall, für den es in der Vergangenheit nur schwache Beispiele gibt. Die Geschichte bietet uns einen Waffenstillstand, dessen Dauer wir nicht kennen. Wir sollten sie nutzen, um den Kurs der Degeneration umzukehren und eine Revolution herbeizuführen. Die gegenwärtige Apathie der Arbeiterklasse ist nur vorübergehend, sie zeigt sowohl einen Vertrauensverlust in alle Organisationen, von denen ich gerade gesprochen habe, als auch einen Zustand der Bereitschaft, den wir Revolutionäre auszunutzen wissen, um ihn in eine aktive Rebellion umzuwandeln. Die Energie der Arbeiterklasse muss genutzt werden. Wir müssen ihr nicht nur ein Ziel vorgeben – sie ist sich dessen seit langem bewusst -, sondern auch die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Da es für Revolutionäre darum geht, zu einer geschwisterlichen Gesellschaft zu gelangen, brauchen wir sofort einen Organismus, in dem diese Geschwisterlichkeit gebildet und entwickelt werden kann. Und gerade auf der Ebene der Fabriken ist die Geschwisterlichkeit der Arbeiter derzeit am besten ausgeprägt. Hier müssen wir ansetzen, nicht mit der Forderung nach einer syndikalistischen Einheit, die heute im Zustand der kapitalistischen Welt chimärisch ist und die zudem nur gegen die Arbeiterklasse durchgesetzt werden kann, da die Syndikate unterschiedliche kapitalistische Tendenzen vertreten. In Wirklichkeit wird es eine syndikalistische „Einheitsfront“ nur am Vorabend der sozialen Revolution und gegen sie geben, denn die syndikalistischen Dachverbände sind gleichermaßen daran interessiert, sie zu torpedieren, um ihr Überleben im kapitalistischen Staat zu sichern. Als integraler Bestandteil des kapitalistischen Systems verteidigen sie dieses, indem sie sich selbst verteidigen. Ihre Interessen sind ihre eigenen und nicht die der Arbeiterklasse.

Darüber hinaus ist eines der größten Hindernisse für die Neugruppierung der Arbeiter und die revolutionäre Wiederbelebung der bürokratische Apparat der Syndikate in den Betrieben, angefangen mit dem stalinistischen Apparat. Heute ist der Feind des Arbeiters der Syndikatsbürokrat, genauso wie der Chef, ohne den er die meiste Zeit machtlos wäre. Es sind die Syndikatsbürokraten, die die Aktionen der Arbeiter lähmen. Die erste Losung der Revolutionäre muss daher lauten: „Weg mit den Syndikatsbürokraten“, aber der Hauptfeind ist der Stalinismus und sein syndikalistischer Apparat, denn er ist für den Staatskapitalismus, d.h. für die vollständige Verschmelzung von Staat und Syndikat. Er ist daher der weitsichtigste Verteidiger des kapitalistischen Systems, da er auf die stabilste Form eines solchen Systems hinweist, die heute denkbar ist. Es wird jedoch nicht möglich sein, einen bestehenden Organismus zu zerstören, ohne einen anderen vorzubereiten, der an die Bedürfnisse der sozialen Revolution angepasst ist. Die soziale Revolution selbst hat uns, wann immer sie aufgetaucht ist, ihr bevorzugtes Instrument gezeigt, das Fabrikkomitee, das direkt von den Arbeitern an ihren Arbeitsstätten gewählt wird und dessen Mitglieder jederzeit abgewählt werden können. Es ist der einzige Organismus, der unverändert die Interessen der Arbeiter in der kapitalistischen Gesellschaft lenken kann, ohne aufzuhören, die soziale Revolution anzustreben, sie durchzuführen und, sobald ihr Sieg gesichert ist, die Grundlage der künftigen Gesellschaft zu bilden. Seine Struktur ist die denkbar demokratischste, da er in den Arbeitsstätten selbst von der Gesamtheit der Arbeiter gewählt wird, die seine Tätigkeit täglich kontrollieren und ihn jederzeit auflösen können, um einen anderen zu ernennen/bilden. Ihre Verfassung/Bildung bietet das geringste Risiko einer Degeneration aufgrund der ständigen und direkten Kontrolle, die die Arbeiter über ihre Delegierten ausüben können. Darüber hinaus begünstigt der ständige Kontakt zwischen den Verantwortlichen und denen die sie wählen in höchstem Maße die schöpferische Initiative der Arbeiterklasse, die so aufgerufen ist, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und ihre Kämpfe direkt zu führen. Ein solches Komitee, das authentisch den Willen der Arbeiter vertritt, ist aufgerufen, die Fabrik zu leiten, ihre Verteidigung gegen die Polizei und die reaktionären Banden des Stalinismus oder des traditionellen Kapitalismus zu organisieren. Sobald die Revolution siegreich ist, wird es ihre Aufgabe sein, der regionalen, nationalen und dann internationalen ökonomischen Führung (die ebenfalls direkt von den Arbeitern gewählt wird) die Produktionskapazität der Fabrik, ihren Bedarf an Rohstoffen und Arbeitskräften anzuzeigen. Schließlich werden die Vertreter der einzelnen Fabriken dazu aufgerufen, auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene eine neue Regierung zu bilden, die sich von der ökonomischen Führung unterscheidet und deren Hauptaufgabe es sein wird, das Erbe des Kapitalismus zu beseitigen und die materiellen und kulturellen Bedingungen für sein eigenes schrittweises Verschwinden zu schaffen. Sie ist der revolutionäre Organismus schlechthin, sowohl politisch als auch ökonomisch, weshalb ihre einfache Verfassung/Bildung eine Art Aufstand gegen den kapitalistischen Staat und seine syndikalistischen Handlanger darstellt, da sie alle Energien der Arbeiter gegen den kapitalistischen Staat, einschließlich des mit ökonomischen Befugnissen ausgestatteten Staates, bündelt. Genau aus diesem Grund sehen wir, dass sie spontan in Zeiten akuter sozialer Krisen entsteht, aber in unserer Epoche der chronischen Krise ist es notwendig, dass Revolutionäre sie von nun an befürworten, wenn sie der Einmischung der Syndikatsbürokraten in den Fabriken ein Ende setzen und den Arbeitern die Initiative für ihre Emanzipation zurückgeben wollen. Zerstören wir also die Syndikate im Namen der Fabrikkomitees, die demokratisch von der Vollversammlung der Arbeiter in jeder Arbeitsstätte gewählt werden und jederzeit widerrufbar sind.

+ Die Syndikate gegen die Revolution +

Zwischen den ökonomischen und den politischen Aspekten eines revolutionären Konzepts kann es keinen Widerspruch geben, auch nicht in der Vorstellung der klarsten organischen und funktionalen Abgrenzung zwischen beiden. Das Gleiche gilt für jedes reaktionäre Konzept. Deshalb gibt uns die gegenwärtige Interpretation der Syndikate und der politischen Parteien als ökonomische bzw. ideologische Organismen den Schlüssel zu dem einen für den anderen, egal an welchen von ihnen man sich wendet. Eine solche Aussage lässt sich aus einem uralten und unumstößlichen Prinzip ableiten, das aus jahrtausendelanger Erfahrung bekannt ist und von der Vernunft abgeleitet wird: Jede politische Idee oder Tätigkeit leitet sich von einem ökonomischen Substrat ab, wobei sie gleichzeitig eine lenkende und repressive Rolle spielt. Im Verlauf dieser Arbeit wird die Verflechtung von Ökonomie und Politik unter verschiedenen Aspekten untersucht, wobei die Syndikate beurteilt werden, ohne jedoch zu versäumen, ihre politischen Inspiratoren auf die Bühne zu bringen.

Wie Benjamin Péret auf den vorangegangenen Seiten gezeigt hat, traten die Syndikate als defensive Organe der Arbeiterklasse angesichts der unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf und entstanden im industriellen Milieu als Erweiterung der alten Zünfte und Gilden. Ihre Ambitionen waren von Anfang an geringer als die des Reformismus26. Diese versuchten auf der Grundlage ökonomischer und ideologischer Analysen nachzuweisen, dass es dank der kapitalistischen Demokratie möglich ist, den Kommunismus durch eine legale Entwicklung zu erreichen, ohne dass revolutionäre Handlungen erforderlich sind, d. h. ohne einen Sprung in der menschlichen Entwicklung. Für die Syndikate geht es nicht um Evolution oder Revolution, geschweige denn um Kommunismus. Ihre Bestrebungen gehen nicht darüber hinaus, weniger unerträgliche und erniedrigende Bedingungen für die ausgebeuteten Arbeiter zu erreichen, und die Zeit hat bewiesen, dass diese nicht weniger, sondern mehr Profit für das Kapital brachten. Trotz dieses Mangels waren die frühen Syndikate, auch wenn sie keine revolutionären Organisationen waren, in ihrer Zusammensetzung und ihrem Geist von der Arbeiterklasse geprägt und im Vergleich zu der Korruption und dem falschen Klassencharakter der heutigen Syndikate gesund. Daher die erbitterten, oft heldenhaften Kämpfe, die sie zu bestehen hatten.

Zwischen Ende und Anfang des Jahrhunderts entstand der so genannte revolutionäre Syndikalismus, ein Eklektizismus der Verhältnisse, der sich sowohl auf die marxistische Konzeption als auch auf den vorgeblichen anarchistischen Apolitismus sowie auf die routinemäßigen Forderungen des Syndikalismus ohne Einschränkung stützte. Die Periode des größten Einflusses und der stärksten Ausstrahlung dieses Syndikalismus und die Periode der vollen Überfülle des Reformismus fielen zusammen. Darin liegt kein unauflösbarer Widerspruch. Als Zeitgenossen hatten Sorel und Bernstein mehr gemeinsam, als sie trennte. Während ersterer in dem Syndikat das Allheilmittel für die Probleme der historischen Entwicklung sah, sah letzterer, und mit ihm fast die gesamte Sozialdemokratie, in der parlamentarischen Demokratie und sogar in den Erfordernissen der Kapitalakkumulation (R. Hilferding) die glückliche Mechanik einer harmonischen und sicheren Entwicklung zu einer kommunistischen Gesellschaft. In Wirklichkeit waren die revolutionäre syndikalistische Bewegung und der Reformismus durch dasselbe Band an die gewaltige ökonomische Expansion der Bourgeoisie gebunden, aber dieses Band erschien vor allem in der Form des variablen Kapitals, d.h. im Kampf der Arbeiter für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Es war die Zeit, in der die Bourgeoisie den Zenit ihrer zivilisatorischen Möglichkeiten erreichte, die Zeit, in der sie allen, die links von ihr agierten oder gestikulierten, ein Maximum an Freiheit und eitlen Illusionen gewährte, ohne sich vom System zu lösen.

Der Ausbruch des Krieges im Jahr 1914, der nicht unerwartet kam, wies jedoch alle in ihre Schranken. Es war der beschämende und vollständige Zusammenbruch der syndikalistischen Bewegung, ob „revolutionär“ oder zahm, und des Reformismus. Gleichzeitig verließen sie das Terrain der Klasse, indem sie sich auf die Seite des imperialistischen Krieges stellten, anstatt den internationalen Kampf des Proletariats, den Bürgerkrieg, gegen ihn zu unterstützen. Nicht einmal die spanische C.N.T. ist eine Ausnahme, selbst wenn die militärische Neutralität ihres Landes sie von der patriotischen Abscheulichkeit und dem Bauchgefühl der französischen C.G.T. befreit. Ihr besonderer Bankrott wurde also, wie wir später sehen werden, bis zur Zeit der proletarischen Revolution 1936-37 aufgeschoben.

Die zahlenmäßige Stärke und das soziale Gewicht der Syndikate haben seit 1914 stetig zugenommen. Und wenn die erstere in den letzten zehn Jahren stark abgenommen hat, und zwar nicht nur in Frankreich, so nimmt die letztere weiter zu, was bereits direkt von der Bedeutung und der Menge der für das kapitalistische System erbrachten Dienstleistungen abhängt. Man könnte sagen, dass der Bankrott von 1914 eine unverzichtbare Katastrophe für das Proletariat war, eine Vorbedingung für die Entfaltung des syndikalistischen Höhepunkts. Das ist verständlich, denn bis dahin fürchtete der Kapitalismus, dass sie eine zerstörerische Kraft seien, da er noch nicht die Gelegenheit hatte, die Dienste zu sehen, die sie leisten konnten, außer vielleicht in England. Aber schon am Ende des ersten imperialistischen Weltkriegs hatten verschiedene Experimente der „Arbeiterkontrolle“ (d.h. der syndikalistischen Kontrolle) in den Fabriken ebenso befriedigende wie für die Kapitalisten überraschende Auswirkungen. Sie schwächten die Kämpfe der Arbeiter ab, vermieden häufig Konflikte mit dem Unternehmen, erleichterten die Produktionsabläufe und steigerten folglich die Produktion. Die Syndikate wurden nicht nur als Verteidiger des Vaterlandes, dieses spezifisch kapitalistischen Gebildes, sondern auch als effektive Kollaborateure der eigentlichen Ausbeutungsmechanismen angesehen. Andererseits wurde das antirevolutionäre Verhalten der Syndikate in Russland und Deutschland nach 1917 offenkundig. Das Ganze machte sie reich und eröffnete ihnen ungeahnte Horizonte. Doch erst in den Jahren 1936-37 nahmen die Syndikate ihren endgültigen und von nun an unmissverständlichen Kurs auf, Jahre, die aus verschiedenen Gründen einen sehr wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der weltweiten Arbeiterbewegung markierten. In der Tat zeigten sie über die Grenze der für die Bourgeoisie geleisteten Dienste hinaus Fähigkeiten und Neigungen, die es ihnen ermöglichten, zu einer der tragenden Säulen der Ausbeutungsgesellschaft, wie auch immer sie aussehen mag, zu werden.

Die russische und die spanische Revolution, die zeitlich zwanzig Jahre auseinander liegen, waren das letzte Aufbäumen einer einzigen Offensive des internationalen Proletariats gegen den Kapitalismus, einer Offensive, die von unaufhörlichen Angriffen in vielen anderen Ländern unterbrochen wurde. In dieser Zeit vollendete die stalinistische Bürokratie in Russland den offiziell als Sozialismus ausgegebenen Staatskapitalismus, und als die spanische Revolution in ihre heißeste Phase eintrat, beendete sie ihr Werk mit der Ermordung aller dort verbliebenen Kommunisten. Diejenigen in anderen Ländern wurden von Moskau und seinen Handlangern einer Verleumdungskampagne ausgesetzt, die in ihrer Ungeheuerlichkeit und ihrem Umfang beispiellos war. Die Massenpresse in den wichtigsten imperialistischen Ländern selbst hat dies mit Zustimmung aufgenommen. Sie verstanden, dass es sich um eine Kampagne gegen die proletarische Revolution handelte, und Moskau war schon damals ein beneidenswerter Verbündeter sowohl des faschistischen Deutschlands und Italiens als auch der demokratischen imperialistischen Länder.

Sehr wichtige organisatorische Faktoren des Klassenkampfes wurden auf diese Weise gestört, andere wurden verdorben, während revolutionäre Ideen einer ebenso vorsätzlichen wie vernichtenden Verfälschung unterworfen wurden, von deren zerstörerischen Folgen sich die Arbeiterbewegung noch nicht befreit hat. Kurz gesagt, die Umwandlung der russischen Revolution in eine Konterrevolution und der so genannten kommunistischen Parteien in bewusst antikommunistische Parteien kristallisierte sich in den oben genannten Jahren in ihrer endgültigen Form heraus.

Hatte sich die Einmischung Moskaus in den Kampf des Weltproletariats durch seine Parteien schon lange zuvor immer als negativ erwiesen, so entpuppte sich die Moskauer Partei in Spanien, nachdem sie bereits ihren Kurs in Richtung Staatskapitalismus deutlich festgelegt hatte, als die wichtigste konterrevolutionäre Polizeimacht. Erhaltungsnotwendigkeiten zwingen dazu. Im Juli 1936 und auch schon davor versuchte sie, wie sich herausstellte vergeblich, die Erhebung des Proletariats zu verhindern, die die nationale Armee in fast dem gesamten Gebiet der spanischen Halbinsel zerschlug. Unmittelbar danach plante sie im Geheimen und mit russischen Waffen die Vernichtung des siegreichen Proletariats. Als sich dieses Proletariat im Mai 1937 erneut erhob, damals gegen die reaktionäre Politik dieser Partei, besiegte diese es, allerdings nicht im Kampf, sondern dank opportunistischer Interventionen, entwaffnete es, setzte eine grausame Repression ein und schlug die Revolution nieder. Was den Militärs und Franco im Juli 1936 nicht gelang, erreichte der Stalinismus ab Mai 1937.

Zum ersten Mal agierte Moskau außerhalb seines Territoriums als direkte konterrevolutionäre Kraft. Bis heute sind die tiefgreifenden reaktionären Folgen dieses Ereignisses bei weitem noch nicht vollständig ausgewertet worden. Nicht einmal die Feinde des Stalinismus haben sie erkannt. Dies ist jedoch der Ursprung aller nachfolgenden Ereignisse von weltweiter Bedeutung, vom Hitler-Stalin-Pakt und dem zweiten Weltkrieg bis hin zur Politik der friedlichen Koexistenz mit ihrer Parallele der Pseudo-Befreiungskriege und Aufstände wie die in Ostdeutschland, Polen, Ungarn usw., die nicht auf der Ebene des spanischen Proletariats im Jahr 1937 liegen, sondern weiter zurück als der Aufstand vom Juli 1936, obwohl der Stalinismus in diesen Fällen die Rolle der Militärs und Faschisten in Spanien spielt. Imre Nagi und seinesgleichen waren für Ungarn bestenfalls das, was die Volksfront für Spanien vor dem Juli war: ein rechtes Unterprodukt der revolutionären Tendenz des Proletariats.

Es ist bezeichnend, dass die Syndikate ab 1936 ihren latenten Charakter offenbaren, indem sie sich unbestreitbar als Kollateralorganismen des Kapitals manifestieren. Und dass sie bei einem solchen Kurs ihren größten syndikalistischen Einfluss haben, liegt auf der Hand. Der ökonomische Empirismus des Kapitalismus findet in der Empirie der russischen Konterrevolution einen schärferen politischen Ausdruck, der ihn beflügelt und vervollständigt. Das eine und das andere gehen ineinander über und verschmelzen zur Vollkommenheit, sobald sich ein günstiges Milieu ergibt. Und dieses Milieu existiert bereits in einer mehr oder weniger fertigen Form; es ist nichts anderes als der Kapitalismus in seinem gegenwärtigen Stadium der Konzentration, der jedes Land, ob rückständig oder nicht, nicht als einen singulären und isolierten Fall betrachtet, sondern eingebettet in das Weltsystem.

Betrachten wir zunächst das Gebiet des Westens, das sich so sehr mit seiner Demokratie rühmt, insbesondere mit dem gesetzlich verankerten Streikrecht. In der Realität und oft auch in der Gesetzgebung ist diese Freiheit den gesetzlichen Vertretern der Arbeiter vorbehalten: den Syndikaten. Jedem von den Arbeitern selbst ausgerufenen und geführten Streik steht eine Koalition aus Staat und Syndikaten gegenüber, die entschlossen ist, ihn zu vereiteln oder zumindest in den syndikalistischen Rahmen zurückzubringen. Die Repression von widerspenstigen Streikenden wird von den Syndikaten mehrerer Länder vertraglich akzeptiert, während sie sie in allen Fällen selbst selektiv am Arbeitsplatz gegen die bewusstesten und rebellischsten Menschen praktizieren. Seit der französische Revolutionsstreik von 1936 von den Moskauer Getreuen (Thorez: „Man muss wissen, wie man einen Streik beendet“) vereint mit den Sozialisten (Léon Blaus Regierung und die von Beamten der Volksfront befehligte Polizei) gebrochen wurde, gibt es kein Land mehr, in dem Streiks nicht von den Syndikaten zum Scheitern gebracht wurden. Sie kennen kein anderes Verhalten, wenn es um Streiks geht, die über die ökonomischen und politischen Grenzen des Kapitalismus hinausgehen oder diese gar bedrohen. So wird der Streik faktisch und rechtlich von den Syndikaten beschlagnahmt, um den Ertrag des Kapitals zu steigern.

Aber das ist noch nicht alles. Abgesehen von der stets außergewöhnlichen Tatsache des Streiks, der in den täglichen Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital den Klassenkampf schmiedet, treten die Syndikate nicht nur als Stoßdämpfer zwischen den beiden Lagern auf, was nur auf Kosten der Arbeit möglich ist, sondern als Boten des letzteren in der Nähe des ersteren und als Anpassungen des ersteren an den letzteren. Alle natürlichen Erscheinungsformen des Kampfes der Arbeit gegen das Kapital, die einst von den Syndikaten monopolisiert wurden, werden zum Nutzen des Kapitals gegen die Arbeiterklasse gerichtet.

Es genügt, einige Fakten in Erinnerung zu rufen, um dies noch unbestreitbarer zu machen. Die gegenwärtigen Fabrikkomitees, Vertrauensleute, jene in den Werkstätten, der Berufe, die Trade Stewards usw. sind nicht Ausdruck des freien Willens der Arbeiter, sondern eine syndikalistische Vertretung, außerhalb deren Diktat die Arbeiter nicht das Recht haben, zu wählen, wen sie wollen. Selbst die „freie“ Wahl der britischen Shopstewards ist ohne die Zustimmung der Trade-Unions null und nichtig. In den meisten Ländern hat der kapitalistische Staat beschlossen, dass die von ihm anerkannten Syndikaten die Arbeiterklasse vertreten, und nichts anderes. Die Arbeiterklasse hat nicht das Recht, sich nach eigenem Gutdünken zu vertreten, geschweige denn andere Organisationen als die Syndikate zu gründen, um ihre Kämpfe zu führen oder sich gegebenenfalls mit den Bossen und dem Staat auseinanderzusetzen. Die Rechte der Arbeiterklasse und die Rechte der Syndikate sind eindeutig zwei verschiedene und widersprüchliche Dinge. Daher die stets latente Opposition zwischen den Arbeitern und den Syndikatskomitees in den Fabriken, selbst mit den „Personal“-Delegierten, eine Opposition, die in einen Streit umschlägt, sobald ein größerer Konflikt mit dem Unternehmen entsteht, und in einen direkten Zusammenstoß, wenn der Kampf eskaliert. Im Laufe von mehr als zwei Jahrzehnten musste jeder Streik, der diesen Namen verdiente, gegen den Willen der Syndikate und ohne Beteiligung der Syndikatsvertreter ausgerufen werden. Die Arbeiter mussten selbst Streikkomitees wählen. Außerdem hat das Kapital immer dann gesiegt, wenn die in den Fabrikvollversammlungen designierten Komitees sich von den Syndikatsanführern haben beeinflussen lassen. Das hindert die Syndikate jedoch nicht daran, den Sieg für sich zu beanspruchen. Für sie ist der Sieg in dem Moment errungen, in dem sie ihre juristische Herrschaft über die Klasse zurückgewinnen.

Siehe nun die Tarifverträge, die dazu gedacht sind, die Willkür der Unternehmer in den zahlreichen Bereichen einzuschränken, in denen sie ausgeübt werden kann: Umweltbedingungen und Arbeitszeiten, Kadenzen und Stundenproduktivität, Lohnabstufung, Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, politische Freiheit, Rede- und Versammlungsrecht in den Fabriken, interne Regelungen innerhalb der Fabriken und so weiter. In den Händen der Syndikate, denen das Gesetz auch das Monopol für ihre Diskussion und Unterzeichnung einräumt, sind die Tarifverträge zu einem furchterregenden Instrument der Unterordnung des Proletariats unter das Kapital im Allgemeinen und unter die Syndikate im Besonderen geworden. Das geht so weit, dass die Syndikate längst teilweise oder ganz zu einem Instrument der Ausbeutung geworden sind. Sie sind eine Ergänzung des grundlegenden Verhältnisses der kapitalistischen Gesellschaft, nämlich des Verhältnisses zwischen dem Kapital und der Lohnarbeit, die es produziert und verwertet, indem sie sich selbst als Lohnarbeit reproduziert. Wenn die Einstellung und Entlassung nicht im Ermessen der Chefs liegt, ist die Zustimmung der Syndikate erforderlich, die häufig gegen die rebellischsten Arbeiter eingesetzt wird. In anderen Fällen ist die Mitgliedschaft in dem Syndikat um eine Arbeitsstelle zu erhalten (Closed Shop) für diejenige die eine haben, weit davon entfernt eine Beschäftigung zu garantieren, und gibt den Syndikaten das Vorrecht der Arbeitgeber, zu entscheiden und zu unterdrücken, und stellt einen ökonomischen und politischen Zwang dar, der in höchstem Maße reaktionär ist. In den folgenden Seiten, die sich mit den Syndikaten im Osten befassen, wird diese Funktion voll zum Tragen kommen.

Tarifverträge sanktionieren und vervielfachen die Aufteilung der Arbeiterklasse in hierarchische Gruppen, die aufgrund von Lohnunterschieden und Vorurteilen hinsichtlich der Kategorie und der technischen Funktion der einzelnen Arbeiter Rivalen sind (A.d.Ü., in Konkurrenz zueinander stehen). Die Syndikate haben einen instinktiven inneren Ansporn zur Hierarchisierung, denn ohne sie wäre das Proletariat ein sehr solider Block gegen das Kapital und nicht nur gegen dieses. Die Notwendigkeit, es durch Hierarchien zu zerstückeln und damit von seinem obersten allgemeinen Interesse zu entfernen, ist für die Syndikate ebenso absolut wie für das Kapital. Seit mehr als einem Jahrhundert kämpft die Arbeiterbewegung gegen die Hierarchisierung; es ist ihr gelungen, ihre materielle Basis zu schwächen und sie als Vorurteil innerhalb des Proletariats weitgehend zu zerstören. Die Syndikate und ihre politischen Vordenker haben es sich in den letzten Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht, das Vorurteil wieder einzuführen und die Zahl der Kategorien zu erhöhen. Die Mehrheit der Arbeiter, einschließlich der am stärksten Benachteiligten, betrachtet die Hierarchisierung heute als natürlich und „gerecht“. Kurz gesagt, wenn die ursprüngliche Idee der kollektiven Verträge darin bestand, der Willkür des Kapitals ein Ende zu setzen, in der Hoffnung, sie abzuschaffen, so stellen sie heute eine nahezu perfekte Regelung der funktionalen Anforderungen des Systems dar. Indem sie über Tarifverträge diskutieren und diese unterzeichnen, verhalten sich die Syndikate so, als wären sie ein integraler Bestandteil der Produktionsmittel. In einigen Ländern (USA, Deutschland und andere) sind bestimmte Syndikate Hauptaktionäre der Unternehmen, die die Arbeiter und ihre eigenen Syndikate ausbeuten, eine Tatsache, die weit davon entfernt ist, eine sozialistische Gesellschaft vorzubereiten, und die sie zu Nutznießern der Ausbeutung im doppelten ökonomischen und politischen Sinne des Wortes macht. Und wo sie noch nicht an der Ausarbeitung von Produktionsplänen beteiligt sind, beanspruchen sie dies als Ehre27.

Die Arbeitsplätze, insbesondere die großen Industrien, die Arena des Klassenkampfes, ermöglichen den revolutionärsten Arbeitern eine konstante und weitreichende praktische und ideologische Aktion. Aber es sind die Syndikate, die ein solches Vorgehen heute sehr erschweren. In Tarifverträgen ist häufig das Verbot jeglicher propagandistischer Aktivitäten für die Versammlungen und den Diskussionen am Arbeitsplatz festgeschrieben, was für jede Aktion der Arbeiter unerlässlich ist. Dennoch stecken Syndikate und Unternehmensleitung seit vielen Jahren unter einer Decke, wenn es darum geht, revolutionäre Arbeiter zu entlassen. Diese repressive Rolle der Syndikate, ob sie nun in den Tarifverträgen steht oder nicht, ist eine heimlich eingeführte und praktizierte Klausel. In jedem Fall ist sie in den Fabrikvorschriften verankert. Sogar außerhalb des Arbeitsplatzes, in der Öffentlichkeit, sind es die Syndikate, die dafür sorgen, dass die Verteiler revolutionärer Propaganda hinausgeworfen werden, indem sie sie entweder verprügeln oder die Polizei einschalten. So definieren sich die Syndikate, ihre politischen Mentoren, als die Polizei der Fabriken.

Insbesondere in Italien, wo der Stalinismus und seine Syndikate sehr enge ökonomische Beziehungen zum christlich-demokratischen Staat unterhalten, haben sie den Bossen das Recht eingeräumt, Arbeiter, die sich der Verbreitung revolutionärer Propaganda oder Agitation schuldig gemacht haben, frist- und entschädigungslos zu entlassen. Das Gleiche ist in Frankreich nach den meisten internen Vorschriften erlaubt. Die Milderung der Art und Weise schließt die gleiche faktische Brutalität nicht aus. Das Denkverbot geht so weit und ist so offensichtlich, dass selbst die rebellischsten Arbeiter Angst haben, sich zu äußern, sie bremsen und hören auf zu machen, was sie wollen. In England, Deutschland, den Vereinigten Staaten und Japan ist die Situation nicht viel besser, in Russland, den östlichen Ländern und China sogar noch schlechter, vergleichbar mit dem Fall Spaniens mit den Falangisten-Syndikaten. So wird die Arbeiterklasse dank der konvergierenden Aktion, die im Wesentlichen von denselben reaktionären Interessen des Kapitals und der Syndikatsverbände bestimmt wird, auf die Klandestinität in den Arbeitsplätze reduziert, genau dort, wo sie ausgebeutet wird und Fleisch und Knochen hinterlässt, um einen weltweiten Reichtum zu schaffen, der sie erdrückt und erstickt.

Es ist unabdingbar, es wird von Tag zu Tag dringender, dass das Proletariat seine politische Freiheit wiedererlangt, was nicht erreicht werden kann, ohne die gegenwärtige Syndikats- und Arbeitgeberlegalität über Bord zu werfen. Die völlige Freiheit der Menschen in Bezug auf die Funktionen ihrer eigenen Arbeit beinhaltet im Keim die zukünftige revolutionäre Demokratie und den Kommunismus. Den Kommunismus, verkünden wir ihn, gerade weil die so genannten kommunistischen Parteien von heute nicht kommunistisch sind und weil die Abscheu, die sie hervorrufen, diejenigen, die wirklich kommunistisch sind, oft davon abhält, sich diese Bezeichnung zu eigen zu machen.

Im rein ökonomischen Bereich war die Lage der Arbeiterklasse noch nie so schlecht wie heute. Was so oft als das Gegenteil behauptet wird, ist ein übler Werbegag, so sehr er sich auch in der Arbeiterklasse selbst durchgesetzt haben mag. Man denke nur an den Achtstundentag, der nur auf dem Papier existiert, obwohl er schon längst durch einen Vierstundentag oder weniger ersetzt werden sollte. In vielen Ländern ist die Weigerung, Überstunden zu leisten, ein unmittelbarer Grund für eine Entlassung und fast immer für eine Nichtbeschäftigung. Überall wird der Arbeiter durch die Auferlegung des „Grundlohns“ (und der Norm), der ein mieser Trick ist, sowie durch Prämien und Produktivitätszuschläge und andere Tricks nicht nur gezwungen, „freiwillig“ zehn, zwölf oder mehr Stunden zu arbeiten, sondern es wird sogar der Tages-, Wochen- oder Monatslohn aufgehoben und er wird gezwungen, die berüchtigte Akkordarbeit zu akzeptieren. Die Arbeiterbewegung hat sich von Anfang an für die Abschaffung dieser Form der Ausbeutung eingesetzt, die die schlimmste, wenn nicht sogar die älteste ist, die den Arbeiter körperlich erschöpft und intellektuell abstumpft. Es war ihr gelungen, dieser fast überall in Europa ein Ende zu setzen. Selbst am Ende des Zweiten Weltkriegs hielten die meisten Arbeiter es für unehrenhaft, Akkordarbeit anzunehmen. Heute ist diese wieder zur Regel geworden, die Arbeiter fordern sie als unverzichtbare Ergänzung, um das Elend des „Grundlohns“ zu überwinden; diese Situation ist jedoch weniger auf den Willen der Kapitalisten als auf die Tricks der Syndikate zurückzuführen. In Wirklichkeit ist dies ein weiterer Beweis für die endgültige Identität zwischen Kapital und Syndikaten.

Im tiefsten Aspekt der Ausbeutung, der Produktivität pro Kopf und pro Stunde, ist das Proletariat in eine erschreckende Situation gezwungen. Die Produktion, die das Kapital ihm entreißt, nimmt täglich in ungeheurem Maße zu. Die technischen Neuerungen nehmen dem Arbeiter jeden kreativen Eingriff in seine Arbeit, sie messen und rhythmisieren seine Bewegungen auf die Sekunde oder den Bruchteil einer Sekunde, sie verwandeln ihn in ein lebendes „dienstbares Organ“ der Maschine, das der Kadenz der Metallorgane unterworfen ist. In anderen Fällen ist es die Zeitmessung, eine widerwärtige Falle, die die Menschen dazu zwingt, ihre Arbeit zu beschleunigen, indem sie in der gleichen Zeiteinheit und ohne Werkzeugwechsel eine größere Leistung erbringen. Drittens: Die Disziplin, die durch die Vorschriften in jedem Betrieb auferlegt wird, reduziert selbst die Zeit für die obligatorischen Arbeitspausen auf die Minute, sei es zum Essen, zum Anzünden einer Zigarette oder zum Stuhlgang. Die Produktion, die jedem Menschen durch solche Verfahren abgetrotzt wird, nimmt also zu, und im gleichen Maße auch seine körperliche und geistige Erschöpfung.

Das ökonomische Ergebnis für die Arbeiterklasse ist heute ein ganz anderes als in der „Überflussgesellschaft“. Tatsächlich ist der Anteil am Gesamtarbeitsprodukt, den sie in Form von Löhnen (einschließlich Sozialleistungen) erhalten, viel geringer als in der Vergangenheit. Sein Verbrauch ist also im Vergleich zu dem vorhandenen, selbst geschaffenen Reichtum zurückgegangen, und das Volumen und die Steuerkapazität des Kapitals sind daher in einem viel größeren Verhältnis gestiegen. Armut und Reichtum haben sich wie nie zuvor in einem unhaltbar degenerativen Ausmaß auseinanderentwickelt. Es gibt keine anderen Bezugspunkte. Dieses gigantische Missverhältnis zu Ungunsten des Proletariats kann in keiner Weise verringert werden, aber es kann beseitigt werden, indem der gesamte Reichtum in die Hände der Produzenten gelegt wird.

Wer dieses Problem anspricht, legt den Finger auf den wunden Punkt der heutigen Gesellschaft, auch der Syndikate. Und es gibt und wird nie einen Weg geben, es zu lösen. Dies setzt voraus, dass das gegenwärtige Verhältnis zwischen Arbeitsinstrumenten und menschlicher Arbeit, zwischen Produktion und Verteilung, umgestoßen wird. Um sich damit zu befassen, ist es jedoch unabdingbar, zunächst zu betrachten, was die Syndikate in Russland darstellen, ein Prototyp, dessen Nachahmung in allen seinen Bereichen und sogar darüber hinaus obligatorisch ist, den Stalinismus in China nicht ausgenommen.

Was über die reaktionäre Arbeit der Syndikate und die Verschlechterung der proletarischen Situation im Westen gesagt wurde, gilt umso mehr für die russische Welt. Da der Staatskapitalismus dort unter Stalins Ägide Wurzeln schlug und sich festigte, wurde die alte bourgeoise Welt auf eine eigene Skala der Ausbeutung gestellt. Auch von polizeilicher Repression, aber hier müssen wir uns darauf beschränken, über die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit zu sprechen, einschließlich der Syndikate, die sie eifersüchtig bewachen.

Wenn im Allgemeinen, überall und seit vielen Jahren, die Syndikate ein komplementärer Organismus des Kapitals innerhalb der Arbeiterklasse waren, so hat die stalinistische Konterrevolution ihnen ihre intrinsische Bestimmung offenbart, indem sie ihnen einen starken und endgültigen Stoß im Westen und den Zustand eines ausquetschbaren und manipulierbaren Objekts der Arbeiterklasse gab, sie haben ihr Vorbild im stalinistischen Russland. Um genau zu sein, muss man von einer Interaktion zwischen dem alten westlichen Kapitalismus und dem der russischen Konterrevolution sprechen. Die russische Konterrevolution hat die Methoden der ersteren auf die Spitze getrieben, und die letztere hat ihre Innovationen auf diesem Gebiet kopiert. Heute sind die Rollen gewissermaßen vertauscht. Die russischen Machthaber kommen in den Westen, um Lektionen in effektiver „Planung“, d.h. kapitalistischem Dirigismus, zu erhalten, die es ihnen nicht immer erlauben, die unmittelbaren und transzendentalen Imperative ihrer Herkunft und ihrer konterrevolutionären Immanenz anzuwenden.

Vollständige Unterdrückung der politischen Freiheit und der Versammlungsfreiheit innerhalb und außerhalb der Fabrik; von der Fabrikleitung auferlegte oder durch den miserablen Grundlohn des offiziellen Arbeitstages erzwungene Überstunden, Geldstrafen und Disziplinarmaßnahmen nach dem Ermessen der Chefs; kasernenartige interne Regelungen; Zeitmessung und -kontrolle, Akkordarbeit; Hierarchisierung des Proletariats nach Löhnen und technischen Qualifikationen; Tarifverträge zum deutlichen Vorteil des Kapitals; Produktivitätssteigerung zum Nachteil der Produzenten; gesetzliches oder faktisches Streikverbot; gesetzlich verankerte Macht der Syndikate über die Arbeiterklasse. Alles, was im Westen die Syndikatsverbände zu immer negativeren Institutionen macht, hat sein erstes Vorbild in Russland in den 1930er Jahren. Dort steht auch heute noch alles im Vordergrund, was die ökonomische und politische Unterwerfung des Proletariats stärkt, außer im maoistischen China, was wiederum die Methoden der stalinistischen Konterrevolution verschärft.

Zumindest denjenigen, die mit der realen Situation in Russland vertraut sind, ist bekannt, dass die ökonomische Ungleichheit zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten größer ist als anderswo, ebenso wie die Zahl der Arbeiterkategorien und die Unterschiede zwischen ihnen. Die Ungleichheit zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, sowohl Ursache als auch Folge des Kapitalismus, ist in dieser Schrift nur im Zusammenhang mit der Natur (dem Wesen) und der Zukunft der Syndikate von Interesse. Es genügt festzustellen, dass in Russland wie in jedem anderen Land die Notwendigkeit besteht, der Ausbeutung der Arbeiter durch das Kapital ein Ende zu setzen, was auch dort nicht ohne einen Aufstand möglich ist, der alle staatlichen Einrichtungen, einschließlich des Parteienstaats und der Gesetzgebung, in ihren Grundfesten zerstören würde. Die stalinistische Bürokratie weiß mehr und besser als die alte Bourgeoisie, wie man die Ausbeutung verschärft, indem man das Arbeitstempo beschleunigt und im Proletariat die Rivalität der Kategorien einführt. Es ist die traditionelle Ressource, die die Produktivität „stimuliert“ und gleichzeitig die unmittelbaren heterogenen Interessen durch das allgemeine antikapitalistische Interesse, das Individuelle und Konservative durch den gemeinsamen revolutionären Kampf ersetzt. In diesem wie in anderen Bereichen haben die „Apparatschiks“28, die russischen syndikalistischen und politischen „Natschalniks“, den westlichen „Natschalniks“ ein Hundertfaches gegeben29.

In Russland machen die (Vor)Arbeiter, die die Arbeitsgruppen leiten, einen Gewinn aus der Ausbeutung ihrer Gruppenkollegen, der proportional zu deren Produktivität ist. Sie sehen also, dass ihre Löhne dank der Ausbeutung der einfachen Arbeiter steigen, und fühlen sich gezwungen, diese Ausbeutung zu verstärken.

Die Stachanowisten werden so zu Feinden ihrer eigenen Arbeitskollegen, und zwar auf eine viel unversöhnlichere Weise als im Westen die Vorarbeiter, deren Lohn festgesetzt ist. Das ist nicht weiter verwunderlich, es sei denn, man ignoriert, dass in Russland alles auf den Kopf gestellt wurde. Nachdem die Revolution durch die Konterrevolution ersetzt wurde, setzt eine kapitalistische Diktatur, die fälschlicherweise als Diktatur des Proletariats bezeichnet wird, in Wirklichkeit die widerwärtigsten Maßnahmen und Ideen des traditionellen Kapitalismus als sozialistisch durch.

Das 1939 verabschiedete Arbeitsgesetz schreibt vor:

„Kennzeichnend für die Lohndynamik in den kapitalistischen Ländern ist die Angleichung der Löhne zwischen qualifizierten und ungelernten Arbeitern. Bei der Entlohnung der Arbeit ist die petite bourgeoise Gleichmacherei der schlimmste Feind des Sozialismus. Seit vielen Jahren kämpft der Marxismus-Leninismus unerbittlich gegen diese Gleichmacherei.“

Seit vielen Jahren versucht sie nämlich, das industrielle Wachstum durch Lohnarbeit als sozialistische Tatsache und Bestätigung des Marxismus darzustellen. Im Gegenteil, das revolutionäre Denken, insbesondere das von Marx, setzt sich als unmittelbares Ziel die Abschaffung dieser Arbeit und die ökonomische Nivellierung der Gesellschaft durch die uneingeschränkte Befriedigung der individuellen Bedürfnisse und Bestrebungen, die höchste Gleichheit und Freiheit, die für die kollektive persönliche Entfaltung unerlässlich sind. Ohne sie anzustreben, ohne sie zu praktizieren, kann am gegenwärtigen historischen Scheideweg nichts Revolutionäres getan werden.

Ich lasse hier absichtlich die sehr zweifelhafte Quantität und Qualität des russischen industriellen Wachstums beiseite. Es ist wichtiger, darauf hinzuweisen, dass in den alten kapitalistischen Ländern das Lohngefälle innerhalb des Proletariats eine vollendete Tatsache ist, ein direktes Ergebnis des Marktes zwischen Kapital und Arbeitskraft. In Russland hingegen hat sie die Gültigkeit eines Prinzips erlangt, sie ist ein institutionelles Gesetz, und folglich ist ihre Bekämpfung ein Verbrechen, das von der staatlichen Justiz geahndet wird. Das traditionelle Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit, das die Bourgeoisie nie als soziales Verhältnis, von Mensch zu Mensch, zu rechtfertigen vermochte, sondern nur unter dem Deckmantel des „heiligen Rechts auf Eigentum“, das sich gegen sie wendet, sobald sie nicht die Arbeitsinstrumente, sondern alles, was für die materiellen und geistigen Bedürfnisse eines Menschen notwendig ist, als Eigentum betrachtet, dieses soziale Verhältnis hat sich in Russland in ein natürliches und eindeutiges Verhältnis zwischen verschiedenen Fähigkeiten verwandelt. An die Stelle der faktisch durch den Reichtum abgegrenzten sozialen Klassen und Kategorien treten also rechtlich dieselben Kategorien, die rechtlich durch ihre Produktionskapazitäten und besonderen Funktionen abgegrenzt sind. Die faktische Abgrenzung nach Vermögen gewinnt eher an Bedeutung als dass sie an Bedeutung verliert. Schlimmer noch, sie weist auf eine biologische Rechtfertigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen hin.

Im Übrigen haben die von den russischen Syndikaten durchgesetzten Arbeitsverträge den Hauptzweck, die Arbeiterklasse dem Kapital auszuliefern, auch in rechtlicher Hinsicht, da sie „die Erfüllung und das Übertreffen des staatlichen Produktionsplans in jedem der Betriebe garantieren“30. Es geht darum, immer mehr Leistung aus den Arbeitskräften herauszuholen:

„…Bei den vertraglichen Verpflichtungen muss es vor allem darum gehen, von jedem Arbeiter mehr zu verlangen. Ohne eine Stärkung der Arbeitsdisziplin, ohne einen energischen Kampf gegen die, die die Disziplin des Staates und der Arbeit nicht einhalten, gegen Betrüger und Müßiggänger, kann es keine wirkliche Erfüllung der im Tarifvertrag festgelegten Verpflichtungen geben.31 Das Wort „Vertrag“ ist ein eisernes Zeichen des Tarifvertrags.“

Das Wort „Vertrag“ ist ein Brandmark für jeden Arbeiter und für die ganze Klasse. Ob kollektiv oder individuell, mündlich oder schriftlich, „frei“ oder unverhohlen aufgezwungen, der Arbeitsvertrag ist das rechtliche Gekritzel ihres Zustands als Sklavenklasse, die vom Kapital entlohnt wird. Das ist die Definition und die Begriffe von Karl Marx selbst. Sie reichen aus, um die Hochnäsigkeit der neuen russischen Ausbeuter an den Pranger zu stellen. Weder das Kapital noch die Lohnarbeit können in eine sozialistische Ökonomie passen, und daher kann der Arbeitsvertrag, d.h. die Bedingungen der Vermietung von Arbeitskraft, in ihr nicht verwirklicht werden, allein schon wegen des Verschwindens der Vertragsparteien. Die Produktionsmittel hören auf, Kapital zu sein, und die menschliche Arbeitskraft verliert ihren Charakter als Handelsware. In einer einzigen ökonomischen und sozialen Einheit vereint, sind sie von jeder vertraglichen Verpflichtung ebenso befreit wie die Individuen von sich selbst. Der russische Arbeitsvertrag ist durch seine bloße Existenz in die für den Kapitalismus charakteristischen sozialen Bindungen und Beziehungen eingeschrieben. Doch in den „Innovationen“, vor allem in der abscheulichen Rolle der Syndikate als Komitees, zeichnet sich das düstere Bild einer degenerierten Gesellschaft ab, deren Despoten mehr als alle anderen geeignet scheinen, das Proletariat zu ersticken.

In der Tat werden solche Verträge, deren Hauptklausel darin besteht, dem Arbeiter die höchstmögliche Rendite zu entlocken, von den Syndikaten und nach der formalen Genehmigung durch die Regierung ausgearbeitet, da es die Aufgabe der Syndikate ist, auf Anregung der Regierung die Unterwürfigkeit durch das Versprechen einer besseren Entlohnung zu fördern, den Menschen, die nicht bereit sind, den Imperativen der Ausbeutung nachzukommen, zu drohen oder sie der Rachsucht der Gesetze zu überantworten. Widerstand, geschweige denn der Kampf um mehr Gewinn durch weniger Arbeit (das Recht auf Faulheit), den die revolutionäre Weltbewegung stets als Verdienst des Arbeiters und als Erfordernis des historischen Fortschritts betrachtet hat, wird von der russischen Regierung verachtet und als Verbrechen geahndet, und zwar stets auf syndikalistischem Wege.

So erscheinen die Syndikate in den Augen des russischen Proletariats als die unmittelbar ausbeuterischen Organe, die für die charakteristischen Leistungen der Konterrevolution verantwortlich sind. Es gibt so viele Dokumente, die dies belegen, dass sie mehrere Bände füllen würden. Es ist unmöglich, sie hier aufzuzählen. Doch wer daran zweifelt, dem sei empfohlen, die russischen Arbeitsverträge mit anderen zu vergleichen, auch mit denen des franquistischen Spaniens.

Zweifellos liegt eine der großen Schwächen der weltweiten revolutionären Bewegung, eine der Hauptursachen für ihre gegenwärtige Schwäche, darin, dass sie sich nicht gegen eine solche Schmach gewehrt hat. Im Rahmen dieser Arbeit reicht es aus, an einige andere Merkmale zu erinnern, die nicht weniger reaktionär sind und eine größere Tragweite haben. Gesetze, die es den Arbeitern verbieten, den Arbeitgeber ohne die vorherige Genehmigung des Arbeitgebers selbst zu wechseln (die es heute nicht in allen ehemaligen kapitalistischen Ländern gibt), Gesetze, die Löhne einführen, die direkt proportional zur Produktion jedes Arbeiters sind, d.h. Akkordarbeit, ganz zu schweigen von Prämien fürs „Petzen“ und Unterwürfigkeit, und Gesetze, die die Arbeiter mit Geldstrafen bestrafen; Gesetze, die Unpünktlichkeit, Absentismus oder andere Verstöße gegen die „Disziplin“ mit Geldstrafen, zeitweiliger Suspendierung von der Arbeit, Entlassung oder Verurteilung zur Zwangsarbeit ahnden; Gesetze, die das, was der revolutionäre Gedanke für abweichend und verräterisch hält, in etwas Ehrenhaftes und Bares umwandeln; kurz, alle Gesetze, die die Folterbank bilden, die die Muskeln und den Verstand des Proletariats zerstört, erscheinen in der russischen Welt viel mehr als anderswo als Inspiration und Werk der Syndikate. Die russische Macht stellt ihre polizeiliche Durchsetzung so dar, als ob die Peitsche und die Sklaverei von der Arbeiterklasse selbst gefordert und beschlossen wurden. Auch die Umerziehungslager für Zwangsarbeiter, die offiziellen jesuitischen Friedhöfe für Tausende von Arbeitern, vor allem für Revolutionäre, ein bewusstes Vorgehen, um die Löhne zu senken und Arbeitslosigkeit zu vermeiden, sind „Institutionen“, die auf Initiative der Syndikate geschaffen wurden. Die Syndikate sind an den Gewinnen beteiligt, ebenso wie der Staat und sein Lieblingsinstrument: die Polizei.

Man könnte argumentieren, dass die Syndikate in Russland bekanntlich nicht aus eigenem Antrieb handeln. Dies macht ihre Disqualifizierung aus Sicht der Lohnabhängigen nicht weniger vollständig. Die weltweite Erfahrung zeigt seit langem, dass in ihrer organischen Struktur und in ihrer Funktion in Bezug auf die Arbeiterklasse etwas in ihnen vorhanden war, das ihre Verwandlung in die Rädchen des zentralisierten und absoluten Kapitalismus begünstigt hat. Ja, die russischen Syndikate gehorchen blindlings den Befehlen der Regierung, sie sind nichts anderes als ein verachtenswertes Instrument dieser Regierung; aber die Syndikatsanführer selbst sind Mitglieder der höchsten Hierarchien der Partei und des Staates und damit Miteigentümer des anonymen Kapitals sowie „Arbeiter“-anführer. Kein Syndikat der Bosse hat sich jemals eine so tiefgreifende Unterdrückung der gesamten Arbeiterklasse vorstellen können.

Die Funktion der Syndikate wird in Russland völlig mit der Ausbeutungsfunktion des Kapitals verwechselt, wobei ihr polizeilicher Aspekt nicht ausgeschlossen wird. Das Syndikat ist gleichzeitig Arbeitgeber, Vorarbeiter und Gendarm. Es vertritt in jeder Fabrik, im Dreigestirn mit dem Direktor und den Technikern, alle angesehenen Mitglieder der Parteizelle und des Syndikats, so wie es auch die Hitlerschen Vertrauensräte taten. Die vollständige Verschmelzung von Kapital und Parteistaat hebt die geringste syndikalistische Autonomie auf, und damit verschwindet auch die begrenzte Möglichkeit von Forderungen innerhalb des Kapitalismus, die die einzige Aktivität der Syndikate war. Für das russische Proletariat geht es nicht mehr darum, diesen Begriff zu lernen, denn es leidet schon seit Jahrzehnten unter seinen schrecklichen Folgen.

In der Entwicklung der russischen Gesellschaft gibt es einen klaren Bruch zwischen der Sowjetzeit und der Zeit der Syndikate. Die Sowjets waren Vertretungsorgane der Arbeiter, Vollstrecker ihres Mandats und der Revolution. Die Syndikate sind reine Reglementierungsorgane, Vollstrecker der Befehle der Konterrevolution. Während die Sowjets bis zu ihrer Auflösung gelähmt waren, gewannen die Syndikate an Bedeutung und Vorrechten. Gleichzeitig entdeckte und bekräftigte die Bürokratie ihren konterrevolutionären Charakter. Das Proletariat wurde in einem Maße abgelehnt und mundtot gemacht, wie es nirgendwo sonst so absolut unterdrückt wurde wie in Russland. Es sind zwar nicht nur die Syndikate, die die Konterrevolution inspiriert haben, indem sie ihr die kapitalistischen Grundlagen gaben. Das eine wie das andere entstammt einem Sammelsurium von Interessen und Idealen bourgeoiser Herkunft, dem Abschaum der zaristischen Epoche und des Weltsystems, das im Zentrum der Revolution stand und dessen menschlicher Ausdruck die hohe administrative, technische und politische Bürokratie war. Das, was man als Syndikatsbürokratie bezeichnen könnte, stellt keinen abgegrenzten Bereich dar, sondern setzt sich aus diesen drei Kategorien zusammen, die immer mehr miteinander verwechselt werden. Es waren jedoch die historischen Umstände nach dem Scheitern der kommunistischen Revolution32, die empirisch die besondere Form dieser Konterrevolution hervorgebracht haben, indem sie die Syndikate zu einem integralen und untrennbaren Bestandteil der Kaste der allmächtigen Staatskapitalisten machten, die die riesige Aktiengesellschaft beherrschen, die fälschlicherweise Sowjetunion genannt wird.

Die Verflechtung zwischen den Syndikaten und der russischen Konterrevolution wurde weder von letzterer aufgezwungen noch war sie auf Schikanen zurückzuführen. Sie resultierte aus der spontanen, völlig mechanischen Entwicklung ihrer jeweiligen inneren Natur, auch wenn die Regierung einige Syndikatsanführer zur gleichen Zeit wie die ehemaligen revolutionären Anführer ermorden oder „säubern“ musste. Sie griff nicht ihre syndikalistischen Funktionen an, sondern ihre tatsächliche oder potenzielle kommunistische Einstellung. Als Organisationen entsprachen die Syndikate ihrem Wesen nach voll und ganz den spezifischen Zielen und dem Funktionsablauf der Konterrevolution. Um dies zu erkennen, genügt es, den Begriff des Syndikats eingehend zu untersuchen.

Jedes Syndikat ist undenkbar ohne die universelle Existenz der Lohnarbeit, die ihrerseits die Existenz des Kapitals voraussetzt. Solange diese den Charakter von Einzeleigentümern behielten, die sich im Warenwettbewerb gegenüberstanden und von der Regierung durch zwischengeschaltete Personen oder Parteien vertreten wurden, waren die Syndikate in der Lage, über bestimmte Ausbeutungsklauseln zu verhandeln, mehr nicht.

Ihre Funktion bestand also darin, den Verkauf der Arbeitskraft an das Kapital zu verhandeln und zu regeln, also die Ausbeutung der Arbeiterklasse erträglicher und profitabler zu machen. Doch diese Funktion, die zunächst in scheinbarem Widerspruch zur Bourgeoisie stand, wurde mit zunehmender Konzentration des Kapitals unverzichtbar und für das Kapital von Vorteil. Sie wurde zu einem unverzichtbaren Faktor für die Stabilität des Systems und sogar zur Rettung in Zeiten politischer oder sozialer Umwälzungen: Arbeiterrevolten, Revolutionen, imperialistische Kriege.

Daraus ergibt sich die aktuelle Bedeutung der Syndikate überall als ergänzende Strukturen der heutigen Gesellschaft und somit als politischer Aspekt ihres Staates. Gerade die Funktion, die es den Syndikaten ermöglichte, ihr Maximum an Arbeitertum zur Schau zu stellen, stellte ihre Begrenzung dar und signalisierte ihre reaktionäre Prädestination. Ihre Präsenz und ihr Leben als organischer Körper hingen in der Tat vollständig von der Dualität zwischen Kapital und Lohn ab. Die Aufhebung dieser Dualität würde sie vollständig und für immer vernichten; im Gegenteil, sie können sich so sehr auf die Seite des Kapitals lehnen, wie sie wollen, ohne diese Dualität zu zerstören, im Gegenteil, sie werden immer mehr zu deren Aufrechterhaltung beitragen. Je gigantischer, vollständiger und anonymer also die Kapitalkonzentration ist, desto deutlicher stehen die Syndikate ihr gegenüber, und desto schamloser sehen sie ihre Aufgabe durch die großen „nationalen“ Interessen bestimmt. Das geht so weit, dass selbst die stalinistischen westlichen Anführer, die Bevollmächtigen des russischen Imperialismus, ihre Syndikatspolitik als unverzichtbar für die „nationale Rettung“ darstellen. Sie täuschen sich immer, wenn sie sich an das Proletariat wenden, aber sie lügen nicht, denn sie wissen, dass ihre einzige mögliche Zukunft darin besteht, die letzte Bastion des Kapitalismus zu werden.

Bestimmte Gruppen, die mehr Rauch als Durchschlagskraft haben, schieben die offensichtliche Unvereinbarkeit der Syndikate mit der Revolution einerseits auf einen reformistischen Charakter, den sie in Wahrheit nie hatten, und andererseits auf die angebliche Unfähigkeit des heimischen Kapitalismus, dem Proletariat Zugeständnisse zu machen. Ganz im Gegenteil, die Ursache ist wesentlich und nicht zufällig. Was den reaktionären Charakter der syndikalistischen Organisation hervorbringt, ist nichts anderes als ihre eigene organisatorische Funktion. Unabhängig davon, ob sie bestimmte Verbesserungen erreicht oder nicht, hat sie ein unmittelbares Interesse daran, dass das Proletariat auf unbestimmte Zeit proletarische, lohnabhängige Arbeitskraft bleibt, deren Verkauf sie aushandelt. Die Syndikate stehen für die Dauerhaftigkeit der proletarischen Verhältnisse. Dies ist die Voraussetzung für ihre gegenwärtige Existenz und gleichzeitig eine Vorbereitung auf ihre zukünftige Existenz im Westen. Allerdings setzt der Darstellung die Unvergänglichkeit der proletarischen Verhältnisse voraus, dass man die Unvergänglichkeit des Kapitals akzeptiert, ja sogar voraussetzt. Die beiden antithetischen Faktoren des gegenwärtigen Systems müssen beibehalten werden, wenn das Syndikat seine Rolle spielen soll, daher sein zutiefst reaktionärer Charakter, ungeachtet der Höhen und Tiefen, die den Kauf und Verkauf von Arbeit, zum Schlechten, zum weniger Schlechten oder zum Besseren, die Falschspielerei des kapitalistischen Systems verändern.

Der Weg der Syndikate und der des individuellen Kapitalismus verschmelzen und vermischen sich in der obersten, staatlichen Zentralisierung von Kapital und politischer Macht. Gerade die russische Erfahrung zeigt uns, dass der syndikalistische Weg bereits vollendet ist. Dort koexistieren die Syndikate nicht mit der nicht existierenden Bourgeoisie, sie sind nicht mehr Verkäufer, sondern Käufer der Arbeitskraft der Arbeiter, als Bestandteil des allgemeinen Depots des Kapitals, das der Staat ist. Kurz gesagt, ihre Funktion in der Nähe des variablen Kapitals (des Proletariats) hat sie zum ungeteilten Miteigentum am konstanten Kapital geführt. Der Leibeigene von gestern hat sich in einen Herrn verwandelt, das angestrebte Ziel der Syndikate und ihrer politischen Mentoren in der westlichen Welt.

Ausnahmslos alle Syndikate in der westlichen und „neutralen“ Welt sind dabei, von der „freien“ Konkurrenz zwischen Angebot und Nachfrage nach Arbeitskraft in die Phase der Reglementierung des Angebots durch die Nachfrage, d.h. der Arbeiterklasse durch das Monopol- oder Staatskapital, das exklusive Monopol, überzugehen. Vor allem die großen syndikalistischen Dachverbände sind direkt oder indirekt an den kapitalistischen Gewinnen beteiligt, und zwar nicht nur durch die Subventionen, die sie von ihren jeweiligen Staaten erhalten. Die Ausnahmen, die es vielleicht gibt, vor allem die kleinen autonomen Syndikate, bestätigen die Regel, aber nur in dieser Hinsicht, denn auch sie leben und ernähren sich von der kapitalistisch besoldeten Gegenposition Kapital-Lohnabhängige. In den rückständigen Ländern selbst spielen die Syndikate eine verabscheuungswürdige Rolle, da sie entweder vom Staat oder direkt von der Bourgeoisie unterstützt werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Syndikate desselben Gewerbes miteinander konkurrieren, indem sie ihre Arbeiter bei diesem oder jenem Unternehmer billiger anbieten, oder dass sie einen Streik für das eine Unternehmen ausrufen und aufrechterhalten, das in der Zwischenzeit den Markt des anderen monopolisiert. So abstoßend es auch sein mag, unterscheidet sich dieses niederträchtige Banditentum in keiner Weise von dem sozialpolitischen Banditentum der europäischen, amerikanischen usw. Syndikaten.

Kurzum, die gesamte Geschichte der Syndikate ist in Russland und seinen Zweigstellen zu finden. Sie wurde im Gleichschritt mit der konterrevolutionären Metamorphose des Landes vollzogen, bis sie ihre jetzige Form annahm: die Syndikate, Miteigentümer des Kapitals, diktieren direkt im Namen des Kapitals, also auch von sich selbst, die Bedingungen, unter denen die Arbeiter ihre schöpfende Fähigkeit an das Kapital verkaufen sollen. Das Ökonomische und das Politische durchdringen sich, wie immer, und haben sich dort in den schärfsten Absolutismen verschmolzen.

Die Beispiele des Klassensyndikalismus, gegen die man sich auflehnen könnte, sind dem Einfluss der Revolutionäre zu verdanken und befinden sich ausnahmslos in einer Epoche (abgeschlossen durch die spanische Revolution), die einen ziemlich weiten Spielraum des Klassenkampfes im Rahmen des Kapitalismus erlaubte. Dennoch wurden die Revolutionäre in den Syndikaten immer von den rein syndikalistischen Elementen mediatisiert, wenn nicht gar gelähmt. Andererseits war es keineswegs klar, dass die Syndikate von Händlern von Arbeitskraft (variablem Kapital) zu Käufern von Arbeitskraft als Miteigentümern von konstantem Kapital werden würden.

Diejenigen halbrevolutionären Revolutionäre, die heute noch hartnäckig versuchen, aus den Syndikaten, wenn auch nur taktisch und begrenzt, für die sozialistische Zukunft was rauszuholen, verdammen sich dummerweise zur Unwirksamkeit oder zu etwas viel Schlimmerem: zum Verrat. Die vergangenen Kämpfe der französischen, spanischen, italienischen usw. syndikalistischen Bewegung wurden von revolutionären, marxistischen oder anarchistischen Tendenzen inspiriert, und zwar zu einem Zeitpunkt der gesellschaftlichen Entwicklung, der ihre Unvereinbarkeit mit der syndikalistischen Bewegung noch verschleierte. Die spanische C.N.T. wäre nichts gewesen ohne die F.A.I. (Federación Anarquista Ibérica), der sie ihre besten Schlachten, aber auch ihr endgültiges Scheitern in einer schamlosen Verkupplung mit dem Stalinismus verdankt. Das Jahr 1936 markiert den Bankrott des spanischen Anarchosyndikalismus, einen Bankrott vergleichbar mit dem der französischen C.G.T. im Jahr 1914. Sie (A.d.Ü., die CNT) hat sich nicht nur im Wesentlichen der stalinistischen Politik unterworfen (von Stalin selbst stets als nationale Rettung bezeichnet), sondern ist auch einen Pakt mit der U.G.T. eingegangen, dessen Verwirklichung zum Staatskapitalismus geführt hätte. Der Anarchosyndikalismus wird sich von einem solchen Sturz nie wieder erholen. Die revolutionären Strömungen, die, angezogen von einem angeschlagenen Prestige, in ihrer Mitte entstehen könnten, müssen ihren Kurs auf andere Horizonte ausrichten, wenn sie sich nicht selbst kastrieren wollen.

Die Erfahrung der Kollektivitäten in Spanien ist nur aufgrund ihrer Mängel syndikalistisch. Es war ein unwiderstehlicher Impuls, der aus der einzigen wirklichen historischen Spontaneität nach der Vernichtung der nationalen Armee durch das aufständische Proletariat entstand. Syndikate und Parteien wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Gleiche gilt in weiten Teilen für den Aufstand gegen die Militärs am 19. Juli 1936 und in vollem Umfang für den Aufstand vom Mai 1937 gegen den Stalinismus, der bis heute die höchste Stufe im Kampf des Weltproletariats darstellt. Wenn nach Ausführung der wichtigsten revolutionären Taten die Syndikate eingreifen, kontrollieren, verwalten, wird ein Rückschritt angedeutet, der vom Unwahrnehmbaren zum Unbestreitbaren geht. Die Aktivität des Proletariats im Allgemeinen und der Revolutionäre im Besonderen geht zurück; sie ist das Vorspiel für die Niederlage der Revolution, die ihrerseits ein Vorspiel für den Sieg Francos ist.

Weder die Zuschreibung revolutionärer Inhalte an die Syndikate, noch der Vorschlag, sie taktisch auszunutzen, noch die Gründung neuer Syndikate können heute für das Proletariat von Vorteil sein. Mit einer solchen Taktik kann man nur den Geist derjenigen verunsichern, die sie anwenden sollen, wenn sie sie nicht in stumpfe Bürokraten verwandeln. Die Syndikate sind von den vielen mächtigen Zwangs- und Deformierungskräften der kapitalistischen Gesellschaft durchdrungen, deren Erosion die Menschen ständig bis zur Vernichtung und Vergiftung ihres Geistes zermürbt. Sie sind so weit davon entfernt, in einem revolutionären Sinne veränderbar zu sein, wie jede andere Schicht der Ausbeutungsgesellschaft. Nach deren Vorbild benutzen sie die Arbeiterklasse für ihre eigenen Zwecke, während die Menschen niemals einen Weg finden werden, sie an ihre revolutionären Forderungen anzupassen; sie können sie nur zerstören.

Selbst unter praktischen Gesichtspunkten ist der Versuch einer Veränderung eine Chimäre. Die Masse der Arbeiter ist nicht mehr in den Syndikaten, selbst wenn eine syndikalistische Organisierung erzwungen wird. Ob sie nun einen Syndikatsausweis in der Tasche haben oder nicht, sie blicken mit zunehmendem Misstrauen auf ihre jeweiligen Vertreter. In den erfahrensten Ländern wenden sich die Arbeiter nur dann an die Syndikate, wenn die ihnen vom kapitalistischen Gesetz zugestandenen Rechte in eklatanter Weise verletzt werden, ohne dass es ihnen immer gelingt, sie durchzusetzen. Es handelt sich um eine obligatorische Formalität, vergleichbar mit dem Gang zum Polizeipräsidenten im Falle eines Raubüberfalls. Aber sie wissen, dass es sinnlos ist, sich an die Syndikate zu wenden, um gegen die kapitalistischen Gesetze zu kämpfen, insbesondere gegen das unterdrückerischste von allen, weil es nicht gesetzlich geregelt ist, das Gesetz des Wertes (Wertgesetz), das die Ausbeutung und Unterdrückung des Proletariats verursacht und aufrechterhält.

Daher der senkrechte Rückgang der Syndikatsmitgliedschaft in den letzten Jahren, überall dort, wo die Mitgliedschaft nicht direkt oder indirekt obligatorisch ist. Im letzteren Fall ist das Syndikate bereits Teil des konstanten Kapitals, denn nur mit einem Syndikatsausweis in der Tasche kann ein Arbeiter einen Arbeitsplatz finden. Die Syndikate, die über eine besondere Legalität und ein besonderes bürokratisches Netz verfügen, brauchen die Arbeiterklasse nur als willfährige Manövriermasse, um sich als legale und unverzichtbare Institutionen in der Gesellschaft, in der wir leben, durchzusetzen. Ihr spezielles Alltagsleben und das der arbeitenden Massen sind völlig unterschiedlich, weil auch ihre jeweiligen Motive unterschiedlich sind. Daher ist jede taktische Oppositionsarbeit in ihrer Mitte von unmittelbarem oder mittelfristigem Vorteil für das Syndikat, auch wenn den Befürwortern noch so sehr das Gegenteil erscheinen mag.

Die Meinung Lenins und Trotzkis über die Möglichkeiten der revolutionären Arbeit innerhalb der Syndikate, zumindest solange keine eigenen Arbeiterorgane (Komitees, Räte, Sowjets) gebildet wurden, war auch die der Dritten Internationale, die später von der Vierten aufgegriffen wurde. Ein solches Projekt setzte ausdrücklich ein unerfahrenes, bisher wenig oder gar nicht organisiertes Proletariat voraus, das voller Illusionen war und sich massenhaft hinter den Syndikaten versammelte, deren Achtung vor der Demokratie in ihrem Inneren, den Revolutionären die Möglichkeit geben würde, sich bekannt zu machen, ihren Einfluss auszuweiten, Kämpfer auszuwählen und die Syndikatsbürokratie zu stürzen. Neben den Illusionen der arbeitenden Massen hinsichtlich pseudorevolutionärer Syndikate und Organisatoren im Allgemeinen war eine wichtige Voraussetzung für eine solche Taktik der klassenkonstitutive, wenn nicht gar reformistische Charakter dieser Organisationen, die an einer Verringerung des kapitalistischen Anteils am Arbeitsprodukt interessiert waren. Sie war der linke Flügel eines Systems, das den Höhepunkt seiner sozialen Entwicklung noch nicht erreicht hatte (oder zu haben schien), über den hinaus sein industrielles Wachstum sozial schädlich ist. Dies waren die Grundlagen einer Taktik, die heute von uninformierten Kritikern als leninistisch bezeichnet wird und Lenin zum Sündenbock macht. In der Tat haben weder Lenin noch Trotzki etwas anderes getan, als das, was von der revolutionären Bewegung seit dem 19. Jahrhundert zu verlängern und zu beschönigen und von Marx und Engels persönlich sowie von der anderen Seite, der anarchistischen Seite, getan und gesagt worden ist.

In diesem Bereich geht es nicht darum, den Leninismus oder den Trotzkismus abzulehnen, weil sie nur polemische Witzfiguren sind, sondern die gesamte bisherige Taktik, einschließlich der Aussagen von Marx und Engels, ihrer theoretischen Quelle. Die historischen Bedingungen und die konkreten Umstände, die eine solche Taktik inspirierten, haben sich mit der Veränderung des Kapitalismus geändert. Es sind die Referenzkoordinaten der kommunistischen Revolution, die sich verschoben haben, und deshalb marschieren diejenigen, die sich weiterhin an den alten Koordinaten orientieren, gegen den Strom.

Bordigas italienische Tendenz, die einst von Lenin als ultralinks kritisiert wurde, hat nach dem Zweiten Weltkrieg in dieser Hinsicht Reue gezeigt und stellt seither die beste linke Argumentation für innersyndikalistische Aktivitäten dar. In seinem Organ Il Programa Comunista (26.5.1960) erklärt er:

„Da alle Bedingungen, die die Syndikatssorgane hervorgebracht haben, nach wie vor gegeben sind, ist es nicht einzusehen, wie man ihre Funktionsfähigkeit heutzutage leugnen kann.“

Und folglich verweist er das Verschwinden der Syndikate auf den Moment des Verschwindens „der spezifischen Merkmale der bourgeoisen Gesellschaft“, sobald „die Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln“ eingeebnet ist.

Dies ist eher eine Doktor-Eskapade33 als ein Argument. Der Wahrheitsgehalt, den man darin erkennen kann, prallt an der Behauptung jeglicher revolutionärer Aktivität in den Syndikaten ab. Wenn man nämlich unter den Bedingungen, die den Kauf der Arbeitsinstrumente, der menschlichen Kraft des Reichtums und des Lebens durch die Monopolisten hervorgebracht haben, oder allgemeiner gesagt, die dem Kapitalismus eigenen sozialen Beziehungen versteht, dann erkennt man implizit an, dass die Syndikate einen einzigen organischen Körper mit diesen gleichen Beziehungen bilden, von denen sie ein bloßer Mechanismus der Knechtschaft sind, der nur mit ihnen und nur für sie existiert. Von diesem Punkt an ist eine für die Revolution nützliche Funktionalität der Syndikate genauso undenkbar wie die Funktionalität der Börse. Auch in den Syndikaten geht es zumindest um Werte und in Erwartung höherer Interessen um Werte im Bereich des Handels und der Lohnarbeit, die nichts mit Dividenden und Börsenkursen zu tun haben.

Aber zu diesen Bedingungen für das Funktionieren der Syndikate müssen wir andere hinzufügen, die unmittelbarer sind und sowohl zeitlich als auch räumlich klar abgegrenzt sind. Der bordigistische Revolutionismus ist zu konservativ, um mit ihnen zu rechnen. Die Unveränderlichkeit des Marxismus, die er verteidigt, ist falsch, aber sie dient, wie alle Orthodoxien, dazu, ihn an die Vergangenheit zu binden und nur das zu erneuern, was für sein Verbleiben in der Vergangenheit unerlässlich ist. So rollt er verärgert mit den Augen angesichts zweier Tatsachen, die erdrückend sind.

Erstens: Die frühere Positivität der Syndikate, die sie in Wahrheit erzeugte, war die aufsteigende Periode der kapitalistischen Zivilisation, deren freier Wettbewerb, einschließlich des Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt, es der Arbeiterklasse ermöglichte, selbst im Kampf die mit dem System kompatiblen Verbesserungen zu erlangen, ohne daher ihren Zustand als eine Klasse zu verlassen, die an der kurzen Leine durch die Anwesenheit der Instrumente der Arbeit als Kapital gebunden ist.

Zweitens: Der Gigantismus und die Konzentration des Kapitals in großen internationalen Trusts oder in einem staatlichen Trust, der keinen anderen ausschließt, zwingen die Syndikate durch die einfache Notwendigkeit der Erhaltung, durch den funktionalen Imperativ, sich den Bedingungen des Marktes anzupassen, der nicht mehr frei, sondern gelenkt, despotisch, ja malthusianisch ist. An diesem Punkt werden die Syndikate zu einem unverzichtbaren Organismus für die erweiterte Kapitalakkumulation, der darauf wartet, ein Partner darin zu sein. Ihr reaktionärer Charakter ist also absolut, nicht nur in Bezug auf die historischen Möglichkeiten, wie in der Vergangenheit.

Demzufolge haben die ursprünglichen Bedingungen der Syndikate aufgehört zu existieren, während andere Bedingungen ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Existenz aufgetaucht sind, die sie direkt in den kapitalistischen Pol der Gesellschaft stellen, dem proletarischen Pol gegenüber (A.d.Ü., in Konflikt stehend). Diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt weiterhin von ihrer Doppelnatur sprechen, haben jede Fähigkeit zur kritischen Interpretation verloren und versinken in der Tat in der alten Doppelnatur der Syndikate.

Schließlich, die konsistente Flucht das Verschwinden der Syndikate zu ignorieren, bis die kapitalistischen Überreste verschwunden sind, und somit bis zur vollen Entfaltung des Kommunismus, entspricht der Tendenz zum Staatskapitalismus, die im System verankert ist. Sie ist in dieser Konzeption implizit enthalten, da sie das Fortbestehen der Lohnarbeit für einen mehr oder weniger langen Zeitraum nach der Revolution voraussetzt. Im Gegensatz zu dem, was Bordiga und so viele andere sich vorstellen, kann das Verschwinden des Proletariats nicht mit dem Verschwinden jeglicher sozialer Gewalt einhergehen, noch weniger mit dem Verschwinden der Syndikate, das dem Verschwinden des Proletariats vorausgehen muss und eine seiner Hauptbedingungen ist.

Die revolutionäre Kritik an den Syndikaten lässt ebenso wie die Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft kontingente und taktische Faktoren außer Acht und orientiert sich ausschließlich an grundsätzlichen und strategischen Überlegungen. Bis zum zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts traten solche Faktoren, obwohl sie bereits skizziert waren, nicht neutral auf. Keiner der revolutionären Theoretiker berücksichtigte sie. Weder Lenin noch Trotzki, nicht einmal Gorter, Pannekoek oder Korsch. Ihre deutsch-niederländische Linke lehnte die Syndikate nur wegen der Besonderheiten der Situation in Deutschland ab, ohne jedoch das Wesentliche zu sehen. Dieses allgemeine Versagen und der dadurch bedingte Konservatismus der späteren Revolutionäre hat verhindert, dass die Natur der Syndikate entblößt wurde, so dass die Syndikate freie Bahn hatten, die mächtigen Apparate zur Reglementierung des Proletariats zu bilden, die sie heute haben.

Die berühmte Polemik über die Syndikate zwischen Lenin, Trotzki und Tomski zu Beginn der russischen Revolution, sowie die zwischen Lenin und der deutsch-niederländischen Linken, finden ihre Resolution, von keiner der erwähnten Seiten, in den hier getragenen Hauptthese. Nämlich, dass die Syndikate keineswegs eine Arbeiter-Linke oder auch nur eine bourgeois-demokratische Komponente des kapitalistischen Systems sind, und auch nicht nur ein Hilfspfeiler desselben, sondern fundamentale Komponente desselben sind, seines Kapital-Lohnarbeits Gesellschaftsverhältnisses, dessen Bedeutung sich im Gleichschritt mit der expandierenden Kapitalakkumulation vergrößert und bekräftigt. Daher sind sie unbestreitbar mit seiner totalitären und dekadenten Entwicklung derselben verbunden. Syndikate und Revolution sind zu einem ebenso großen Gegensatz geworden wie Ausbeutung und Kommunismus34.

Vor mehr als einem Jahrhundert warf Marx den Syndikaten vor, dass sie ihre Forderungen auf Probleme wie Löhne, Arbeitszeiten usw. beschränkten und alles ablehnten, was zur Abschaffung der Lohnarbeit, dem Schlüssel zum Kapitalismus, führen könnte. Marx würde heute von Moskaus Schergen als egalitärer Kleinbourgeois gebrandmarkt werden und von denen, die in den Syndikaten und ihren politischen herrschsüchtigen Bossen noch etwas Positives sehen, als ultralinker Spinner. Und er hat diese Abschaffung nicht in der Ferne nach der Revolution gesehen, sondern als mit ihr korrelierend und als Motivation für sie, den direkten Kampf für die verschiedenen Maßnahmen, die sie ausmachen.

Heute sind die Syndikate, wie wir im Laufe dieser Arbeit bereits gesehen haben, ein Bollwerk gegen die kommunistische Revolution. Ihre Rolle in der Ökonomie ist vergleichbar mit der der Korporationen in der Epoche der Manufakturen. Allerdings mit einer wichtigen Ausnahme: Während sich letztere als ungeeignet für die große positive industrielle Entwicklung erwiesen, passten sich die Syndikate auch der absoluteren Form des Kapitalismus an, der dekadenten staatlichen Form der Involution, die sie bewusst als ihre eigene betrachteten und das Proletariat darauf vorbereiteten, sie als Sozialismus zu akzeptieren. Ihr Schicksal ist entschieden. Mit dem Kapitalismus werden sie untergehen oder mit ihm die Welt in die Barbarei führen.

Die Syndikate dienen nicht einmal mehr dazu, die Lage der Arbeiterklasse innerhalb des Kapitalismus zu verbessern, denn ihre Forderungen sind direkt von der erweiterten Akkumulation inspiriert. Streng genommen handelt es sich nicht um solche Forderungen, sondern um Anpassungen des Proletariats an die Erfordernisse der kapitalistischen Ökonomie. Jeder von den Syndikaten initiierte oder beschlossene Streik verschlimmert die Unterwerfung der Arbeiter unter die Ausbeutung. Dies ist selbst dann der Fall, wenn sie, um eine bedrohliche oder revolutionäre Bewegung einzudämmen, bestimmte Zugeständnisse aushandeln35. Aus eigener Kraft, ohne syndikalistische Intervention, würden streikende Arbeiter mehr vom Kapital bekommen, und vor allem würden ihre Kämpfe frei in Kämpfe gegen ihren Status als ausgebeutete Arbeitskraft umgewandelt. Es ist offensichtlich, dass es ohne sie keine Emanzipation des Proletariats oder der Gesellschaft im Allgemeinen geben kann.

Angesichts der Ausbeutung, die durch Technologie, Überstunden, Zeitmessung, Grundlöhne und Akkordarbeit, wenn nicht gar durch Automatisierung verschärft wird, ist es zwingend notwendig, alles zu fordern, was auf die Abschaffung des Kapitalismus als Produktionssystem und gesellschaftliche Organisation, als Zivilisationsform abzielt. All dies lässt sich in der Abschaffung der Lohnarbeit zusammenfassen, ist aber in verschiedene Aspekte unterteilt, denen jeweils das entsprechende Maß oder die entsprechende Forderung angepasst werden muss. Die Verkürzung des Arbeitstages auf das technisch mögliche Minimum, die Abschaffung der Überstunden, der Zuschläge, der Zeiterfassung ohne jegliche Einkommenskürzung, die Arbeit für alle und die Eingliederung all jener (Millionen von Menschen), die parasitäre, sozial nutzlose, kriminelle „Jobs“ verrichten, in die für die Produktion unentbehrlichen Tätigkeiten, sind Aspekte des Kampfes gegen die Lohnsklaverei, die das Proletariat, der Besitzer der Ökonomie und der Macht, in die Praxis umsetzen und zu ihren letzten Konsequenzen entwickeln muss, einschließlich einer kostenlosen und allgemeinen technischen und höheren Bildung. Eine unverzichtbare Ergänzung dieser Forderungen muss die Ablehnung jeglicher Produktivitätssteigerung durch menschliche Arbeit oder Technologie sein, die nicht der gesamten arbeitenden Bevölkerung zugute kommt. Dieser Aspekt der Unterdrückung der Lohnabhängigen birgt nicht nur ein immenses Mobilisierungspotenzial gegen den Kapitalismus in sich, sondern nimmt die Ordnungsform der nachrevolutionären Gesellschaft bis hin zum vollständigen Kommunismus vorweg. Daneben besteht die klare Notwendigkeit, in der Ausbeutungsgesellschaft nichts unversucht zu lassen und das menschliche Leben in kommunistischer Form zu organisieren.

Politisch ist es unerlässlich, die volle Freiheit am Arbeitsplatz durchzusetzen. Alle internen Regelungen sind abzulehnen, es sei denn, sie werden von direkten Delegierten der Arbeiter ausgearbeitet und von ihnen in einer Vollversammlung diskutiert und angenommen. Das Gleiche gilt für das Arbeitstempo und für alle gegenwärtigen oder zukünftigen Konflikte. Auch in der unmittelbaren Zukunft und solange es für die Arbeiter unverzichtbar ist, sich mit dem Kapital auseinanderzusetzen, müssen sie unter Ausschluss der Syndikate selbst entscheiden, wann und wie. Die so genannten wilden Streiks, die einzigen, die heute den Namen Streiks verdienen, sind richtungsweisend, solange sie sich nicht von den Syndikaten zähmen lassen.

Bei allen Problemen, die die Arbeiterklasse betreffen, stellt die syndikalistische Exklusivität eine Intervention von außen dar, die direkt oder kaum verschleiert vom Klassenfeind kommt. Jeder Arbeiter muss das gleiche Recht auf Intervention, Diskussion, Abstimmung und Vertretung haben, ohne dass eine Syndikats- oder sonstigen Zugehörigkeit haben muss. Die Klassensouveränität kann niemals bestätigt werden, solange die Syndikate beteiligt sind. Ihre Beseitigung erscheint für die freie Ausübung der Arbeiterdemokratie unabdingbar und eine conditio sine qua non für größere Unternehmungen. Auf der materiellen Grundlage, die durch die Enteignung der Besitzenden geschaffen wurde, werden verschiedene politische Strömungen loyal um die Mehrheit konkurrieren können, aber keine von ihnen, wie revolutionär sie auch sein mögen, welche Rolle sie auch spielen mögen, wird sich mit der Revolution und noch weniger mit der nachrevolutionären Gesellschaft in der vollständigen Organisation des Kommunismus identifizieren. Im Gegenteil, die syndikalistische Verwaltung der Ökonomie würde sich mit der des Staates identifizieren und alle Geißeln der Ausbeutung aufrechterhalten. Es würde sich nicht von dem System unterscheiden, das der Parteistaat in Russland und anderen Nachahmerländern, darunter China und Kuba, beherrscht.

Die schwerwiegenden Probleme der gegenwärtigen Weltlage, von der endemischen Hungersnot in vielen Ländern bis hin zum täglich drohenden allgemeinen Holocaust und der daraus resultierenden Vergeudung riesiger Reichtümer, sind ein unanfechtbares Votum gegen die Syndikate, d.h. auch gegen die Parteien, die sie führen, benutzen oder zu benutzen beabsichtigen. Sie haben das Proletariat nicht nur daran gehindert, diese Probleme zu lösen, indem es sich gegen das Gesellschaftssystem auflehnt, das sie hervorbringt, sondern sie tragen zusammen mit den anderen Institutionen, den parasitären Kasten und den herrschenden Klassen des Weltsystems dazu bei, sie zu verschärfen. Es genügt, sie entlang der Trennungslinie der imperialistischen Blöcke verteilt zu sehen, um keinen Zweifel an ihrer essentiellen Natur zu haben. Und so muss das Proletariat für jedes dieser Probleme, die auch die der Abschaffung der Lohnarbeit sind, eine Antwort, ein Postulat, eine Losung finden. Das bedeutet, die Fahne der Rebellion gegen Pseudosyndikate und Pseudoarbeiterparteien, gegen die Ausbeutungsgesellschaft hochzuhalten. Die drei oben genannten Problemkategorien beweisen für sich genommen die reaktionäre Rolle der Syndikate und die Unmöglichkeit für die Arbeiterklasse, auch nur einen einzigen Schritt vorwärts zu machen, ohne sich mit ihnen zu messen. Ihre Fähigkeit (heute Notwendigkeit), sich an die Zukunft des Kapitalismus anzupassen, wurde von den scharfsinnigsten Theoretikern ignoriert. Mit einer einzigen bemerkenswerten Ausnahme, nämlich der eines fast unbekannten Mannes, Daniel de León, dessen Überlegungen sich als vorausschauend erwiesen haben. Schon in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts erkannte Daniel de León, dass Syndikate und Arbeiterparteien eine ernsthafte konterrevolutionäre Bedrohung darstellten. Das kleine Werk, das seine Beobachtungen prägnant theoretisiert, sollte von allen Revolutionären vermittelt/zur Kenntnis genommen/nachgelesen werden36.

De León gehört nicht zu den vielen fröhlichen und hohlen Analytikern, die über Gruppen und Parteien schwadronieren. Seine Studien sind beeindruckende historische Synthesen, und in seiner Stimme schwingt eine revolutionäre Leidenschaft mit. Ausgehend vom historischen Verlauf der griechisch-römischen Zivilisation und den Taten und Untaten der amerikanischen und britischen Syndikate (Trade-Unions) und ihrer Labour-Mentoren sagt Daniel de León voraus, dass der Sieg dieser Organisationen der sozialistischen Revolution einen tödlichen Schlag versetzen würde. Hier sind einige seiner Worte:

„Die heutigen Arbeiteranführer stellen eine verdeckte Position dar, einen strategischen Punkt und eine Kraft, die das kapitalistische Gebäude stützt, und ihr wahrer Charakter kann nicht umhin, eine katastrophale Demoralisierung der Arbeiterklasse zu bewirken.“

Er vergleicht die Arbeiteranführer und ihre Organisationen mit den Tribunen der Plebs im alten Rom. So wie diese die Plebs, der sie nur formal angehörten, auf perfide Weise benutzten, um in den Rang der Patrizierklasse aufzusteigen und deren Rechte zu genießen, ohne den enteigneten Massen jemals etwas anderes als ein paar Brosamen zuzugestehen, so benutzen die modernen Arbeiteranführer und ihre Organisationen das Proletariat, um ihre ökonomische und politische Position innerhalb des bestehenden Ausbeutungssystems zu konsolidieren:

„Wie die Tribunen der Plebs sind die Arbeiteranführer „praktische“ Männer, worauf sie stolz sind; sie hegen keine „Illusionen“, sie rennen nicht den Regenbögen hinterher….“

„Wie die Plebs-Tribunen in Rom, und wenn man ihnen nicht entgegentritt (…), werden die Arbeiteranführer mit Sicherheit alle Möglichkeiten der Rettung dieser Epoche zunichte machen; sie werden „die Tatsachen von größter Energie und Tragweite“ in ihr Gegenteil verwandeln, bis sie den Namen Tatsachen verlieren.“

Die Relevanz des Vergleichs zwischen den römischen Plebs-Tribunen und unseren syndikalistischen und politischen Bürokraten wird durch die Rolle, die die besagte Partei der Plebs im Verlauf der römischen Geschichte gespielt hat, noch verstärkt. Sie entstand zur Zeit der Tarquinier in scheinbar unauflösbarem Widerspruch zur herrschenden Klasse, den Patriziern, und gewann während der Republik an Bedeutung und Positionen. Aber es diente nicht der Plebs, der armen Masse der Freien oder Sklaven, sondern den Privilegierten und Neureichen, die sie offiziell vertraten und die nur durch den Atavismus der Gesetze in die Kategorie der Plebejer eintraten. Caesar und Augustus, die Gründer des Imperiums, griffen ohne Nachlässigkeit zu dem Trick, sich als Urheber oder Unterstützer der Plebs auszugeben. Ihr Sieg, der Höhepunkt der Partei der Plebs-Tribunen, machte die Aussicht auf eine soziale Revolution der Plebs für immer zunichte. Die Usurpatoren der Repräsentation der Enteigneten und Versklavten traten im Allgemeinen an die Stelle der alten Patrizierklasse, und weit davon entfernt, den Weg zu einem höheren Gesellschaftstypus zu öffnen, verlängerten sie die Dekadenz der antiken Welt bis zu ihrem endgültigen Zerfall.

Trotz der großen Unterschiede sowohl in der Struktur als auch in der Kultur und den möglichen Perspektiven zwischen der griechisch-römischen Zivilisation und der kapitalistischen Zivilisation ist die Analogie zwischen den Tribunen der Plebs und den sogenannten Arbeiteranführern von heute sehr eng. Ob sie sich nun Kommunisten, Sozialisten oder unpolitisch nennen, sie stehen in ihrem ureigensten Interesse und aus niederträchtigem Eigennutz an den Rändern des Proletariats und gegen dieses. In der Tat haben die Pseudo-Arbeiteranführer an die Stelle des Hauptwiderspruchs des Kapitalismus, der ihm immanent und bis zu seiner Aufhebung untrennbar mit ihm verbunden ist, einen anderen Widerspruch gesetzt, der nicht mehr unwesentlich oder zweitrangig, sondern viel schlimmer ist: einen Widerspruch, den der Kapitalismus selbst überwinden muss, um sich zu behaupten, dessen Überwindung diese Anführer und ihre Organisationen unentbehrlich macht und der von Natur aus jede antikapitalistische Intervention durch die Arbeiter selbst ausschließt.

Betrachtet man die Bourgeoisie und das Proletariat als menschliche Stütze, als anthropomorphes Bild des gesellschaftlichen Widerspruchs zwischen Kapital und Lohnarbeit. Dieser Widerspruch ist nicht auflösbar, außer durch die Unterdrückung des Kapitals, eine Tat die gleichzeitig die Lohnarbeit abschaffen muss, d.h. die Ausbeutung. Das ist das Ende des Kapitalismus und der Beginn der kommunistischen Revolution; von dort aus wird der unendliche Horizont einer klassenlosen und staatenlosen Zivilisation erreicht.

Die Denkweise der heutigen Arbeiteranführer und der Charakter ihrer Organisationen sind in jeder Hinsicht unvereinbar mit der Lösung eines solchen Konflikts. Sie berücksichtigen nicht die Widersprüche, die der funktionalen Entwicklung des Kapitalismus innewohnen, und bemühen sich auch nicht, diese aufzulösen. Zunächst der Widerspruch zwischen Privatkapitalisten oder zwischen Trusts, der sich in der Anarchie des Kapitalwachstums, der Konkurrenz, den zyklischen Überproduktionskrisen äußert. Das Ganze verlangt immer mehr nach einer Regulierung (Plan), von den beschäftigten oder arbeitslosen Arbeitskräften bis hin zu den Investitionen des Kapitals. Darin liegt der Punkt der Übereinstimmung und des Zusammenschlusses zwischen den „Arbeiter“-Anführern und dem Großkapital, der Unentbehrlichkeit des einen im Verhältnis zum anderen in der Abstraktion, und schließlich die Vereinnahmung des Kapitals durch die „Arbeiter“-Anführer in einem nationalen oder multinationalen Monopol, je nach seiner Stärke.

Mit anderen Worten, was diese Anführer betrachten und überwinden wollen, sind die Schwierigkeiten, auf die das System auf seinem Weg zur höchsten Konzentration stößt, und keineswegs die, die der Kapitalismus dem Weg der Menschheit zum Kommunismus entgegensetzt. Bei der Konzentration der Produktionsmittel in einem einzigen Staatsmonopol, wie auch immer man es nennen mag, erscheint der Faktor Arbeit, von dem Konsum, Freiheit, Kultur, das ganze Leben aller Menschen abhängt, ebenso den Forderungen des gelenkten Kapitals unterworfen wie Eisenerz, Erdöl, Weizen oder irgendein anderer Rohstoff oder Verarbeitungsstoff. Die Ausbeutung der Bourgeoisie und der Trusts hat in diesem Fall weder die Ausbeutung des Kapitals noch das Verschwinden des Proletariats zur Folge. Die erstere behauptet sich und bekräftigt ihr Imperium und ihren politischen Absolutismus gegenüber der letzteren. Denn Kapital ist eine gesellschaftliche Funktion, kein Eigentümer. Indem sie sich selbst entkörperlicht, indem sie zu einer rein anonymen Funktion wird, beendet sie ihre Unterdrückung des Menschen und stellt sich ihm mit einer neuen und zunächst trügerischen konterrevolutionären Kraft in den Weg. So erweist die rein anthropomorphe Darstellung des Kapitalismus (Bourgeoisie-Lohnabhängige) den politischen und syndikalistischen Anführern den enormen Dienst, die Verstaatlichung des Privatkapitals und der Trusts als Abschaffung des Kapitals im Allgemeinen und den Staatskapitalismus als Sozialismus zu verschleiern. Sie wissen dank des Wirkens der stalinistischen Konterrevolution und zu einem großen Teil auch dank des Wirkens der amerikanischen und britischen Trade-Unions, nicht ohne Spiegelbilder in Westeuropa, dass die Profite umso stärker steigen, je vollständiger die Konzentration des Kapitals ist, und ihre politische Arroganz. In jedem verstaatlichten Industriezweig sind die syndikalistischen Hierarchien bereits genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, als die vom Staat ernannten Anordnungen37.

Das Bedrohlichste an einer solchen Tendenz der „Arbeiter“-Anführer ist, dass sie völlig mit dem Gesetz der Kapitalkonzentration übereinstimmt, das dem System angeboren ist, nicht ausgenommen die Vervielfachung der polizeilichen Gewalt, die ihm anhängt, das Gesetz, das vollständig verwirklicht werden wird, wenn es nicht zuerst von seinen Opfern gebrochen wird. Sie sind jedoch nur aufgrund der Passivität und der Mystifizierung des Proletariats, zu der all jene beitragen, die an alten Vorstellungen festhalten, ernsthaft gefährlich. Indem sie sie wie eine Mönchslitanei aufsagen, sterilisieren sie sich selbst, wenn sie in der Praxis nicht zur Kapitalkonzentration beitragen. Selbst diejenigen, die die Syndikate als reaktionäre Organisationen anprangern und meinen, in ihnen etwas Positives bewirken zu können, betrügen mit ihren eigenen Ideen. Die Ergebnisse, die sie durch ihre taktische „Elastizität“ erzielen können, werden zu gegebener Zeit nicht von ihnen, sondern von den Syndikatsanführern und Politikern geerntet werden. Denn nichts, absolut nichts Revolutionäres kann unternommen werden, ohne sie auf allen Ebenen zu konfrontieren, ideologisch, praktisch, taktisch und strategisch.

Es genügt, sich umzuschauen, um zu erkennen, dass das menschliche Bedürfnis nach vollständiger sozialer Umgestaltung gleichzeitig mit den „Arbeiter“-Anführern und dem Kapitalismus kollidiert, und dass dieses Aufeinandertreffen wiederum ein unbegrenztes Terrain für revolutionäre Aktivitäten bietet. Staatliches Eigentum und technokratische Produktionspläne, die nur ausbeuterisch und kriegerisch sein können, nützen der Menschheit nichts. Die Krise der heutigen Zivilisation wird keine Lösung finden, solange nicht die gesamte ökonomische Aktivität auf den Konsum aller (A.d.Ü., Menschen) ausgerichtet ist, vom geschmacklosesten Magen über die Wissenschaft bis hin zur Poesie, und zwar ohne Vorverkauf. Ohne dass jeder Einzelne allein durch die Tatsache seiner Existenz in der Lage ist, materielle und geistige Güter gleichermaßen nach seinem eigenen Willen zu nutzen, kann keine andere Zivilisation entstehen, und die gegenwärtige wird ihren zerstörerischen Verfall fortsetzen. Es ist der Markt für diese Güter, die für das System charakteristische Käuflichkeit, die die Unzufriedenheit der großen Mehrheit hervorruft, ihre möglichen Beziehungen einschränkt und darüber hinaus den polizeilichen und kulturellen Totalitarismus hervorruft, den wir erleben. Nur der direkte Angriff, die Enteignung von Privat-, Trusts- oder Staatseigentum, wird das Verschwinden einer Klasse bewirken, die weder konsumiert noch atmet, außer im Verhältnis zu ihrem Lohn.

Es ist also der Pol der Lohnarbeit, der abgeschafft werden muss, die Bedingung und der Beweis für den Tod des Kapitalismus und die Abschaffung der Ausbeuter, seien es Bourgeois oder Bürokraten jeglicher Art. Eine revolutionäre ökonomische Planung muss sich daher auf nicht-merkantile/warenhaftige und nicht-militärische Daten stützen. Der eigentliche anthropomorphe Aspekt des Problems ist das Verschwinden des Lohnarbeiters, das dem Menschen die Möglichkeit geben wird, sein Schicksal selbst zu bestimmen. Anstelle des Verschwindens der Bourgeoisie und der Trusts liefern uns die Syndikatsanführer und die politischen Anführer der „Arbeiter“ den falschen Anthropomorphismus der Religionen, den Produktionsplan anstelle von Gott, dem Schöpfer und Richter der Menschen, sie anstelle von Priestern und Handlangern.

Lasst die Arbeiter die Syndikatsvertreter aus den Fabriken und Berufsverbänden ausschließen, und der gegenwärtige oder künftige Thorez, der Nenni, der Carrillo und der Reuther, der Vatikan, der hinter den christlichen Syndikaten kauert, wird gelähmt und an den Pranger gestellt werden. Die Arbeiterklasse wird ihre Handlungs- und Denkfreiheit zurückgewinnen, bis sie bald in der Lage sein wird, die Gesellschaft von unten nach oben zu stürzen. Dann wird sie den notwendigen Flug antreten, um die Menschheit aus dem Sumpf zu ziehen, in dem sie feststeckt.

Mai, 1960 G. Munis


1A.d.Ü., um darauf zu reagieren, daran teilzunehmen, et cetera.

2A.d.Ü., nicht zu verwechseln mit der Corporación General de Trabajadores oder der Unión de Sindicatos Libres, auch bekannt als Sindicatos Libres, eines carlistischen Syndikats, welches zur Bekämfpung der CNT 1919 gegründet wurde, bis es 1931 verboten wurde.

3A.d.Ü., die Sindicatos Falangistas sind die Syndikate der faschistischen Partei Spanien, nämlich der Falange Española Tradicionalista y de las Juntas de Ofensiva Nacional Sindicalista, also der JONS, gemeint. Diese Variante oder Strömung des Faschismus ist auch bekannt als Nacionalsindicalismo (Nationalsyndikalismus).

4A.d.Ü., als Planes de Desarrollo Económico y Social oder Planes de Desarrollo de España wird der Plan der franquistischen Regierung ab den 1960ern, nach dem Plan de Estabilización von 1959, genannt, der voraussah die spanische Ökonomie aus der Phase der Autarkie, unter der die Ökonomie durch die internationalen Embargos bis in die späten 1950er litt, zu befreien und die spanische Ökonomie dem internationalen Markt zu öffnen.

5A.d.Ü., als Sindicato Vertical (vertikale Syndikate) ist die Organización Sindical Española (OSE) gemeint, die allgemein als Sindicato Vertical bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich um das einzige Syndikat welches im spanischen Staat von 1940 bis 1977 legal existierte, sprich während der Diktatur Francos (1936-1975).

6A.d.Ü., gemeint ist hier Juan Domingo Perón (1895-1974) der dreimal der Präsident von Argentinien war.

7A.d.Ü., gemeint sind hier Marcelino Camacho und Santiago Carrillo, ersterer gilt offiziell als ein Mitbegründer des größten Syndikats im spanischen Staat, CCOO, ein wahrhaftiger stalinistischer Maulwurf und der zweite war der Generalsekretär der PCE (Kommunistische Partei Spaniens) von 1960 bis 1982, der Boss der stalinistischen Maulwürfe, bis er seinen Mentoren den Rücken zuwandte und den Eurokommunismus 1977 mitbegründete.

8Franco sagte es deutlich in wiederholten Reden nach den ersten großen Streiks: „Ihr wollt mehr verdienen, arbeitet mehr, produziert mehr“, und die russischen Machthaber verkünden es nicht weniger wörtlich: „Für jeden investierten Rubel bekommt ihr den höchstmöglichen Gewinn“. Beträgt der Mehrgewinn 10, so kann dem Arbeiter die Hälfte oder ein Teil als Anreiz gegeben werden.

9A.d.Ü., compagnonnage, auf Französisch heißt es Gesellenwesen, bezeichnet wird damit das traditionelle System der Wissensvermittlung und der Ausbildung in einem Beruf, das in Gesellengemeinschaften verankert ist.

10A.d.Ü., auf Spanisch sociedades de seguros mutuos, friendly society (Englisch), société amicale, société mutuelle, société bénévole, organisation fraternelle (Französisch) sind auf Deutsch Arbeitervereine, eben jene Vereinigungen oder Assoziationen von Arbeitern und Arbeiterinnen in denen sich ihre Mitglieder gegenseitig helfen und unterstützen.

11A.d.Ü., hier ist die Rede von einem Lockout, was die Taktik der Bourgeoise ist, eine Fabrik, oder Arbeitsstätte still zu legen, in dem die Arbeiter und Arbeiterinnen ausgeschlossen werden, es ist das Gegenteil eines Streiks.

12Tolain gehörte der Internationalen Arbeiterassoziation, der I. Internationale, an. (Anmerkung von G. Munis)

13Populäre Bezeichnung für die Seidenarbeiter, die zu jener Zeit in der Stadt Lyon einen sehr wichtigen Industriezweig darstellten. (Anmerkung von G. Munis)

14Man beachte, dass diese Reformierung, diese Verbesserung des Kapitalismus nichts mit dem Reformismus als Entwicklung des Kapitalismus zum Sozialismus ohne Revolution zu tun hat. (Anmerkung von G. Munis)

15Joutiaux und die konföderale Mehrheit (C.G.T.) von 1914 gaben offen zu, dass die Angst vor Repressionen sie dazu veranlasste, den Krieg zu akzeptieren. Und dies führte sie dazu, dass sie mit den abscheulichsten Reaktionären der damaligen Zeit einen Obersten Rat der Union sacrée (A.d.Ü., etwa: geheiligter Bund) bildeten (Anmerkung von G. Munis).

16Noble Grundbesitzer (Anmerkung von G. Munis).

17A.d.Ü., hiermit sind die Arbeiter in den jeweiligen Arbeitsstätten gemeint, aus dem Spanischen comitentes.

18A.d.Ü., mit Auftraggeber meinen wir jene, die über das gewählte Mandat andere in ihren Namen beauftragen was zu erfüllen.

19Es handelt sich um Vincent Auriol, den französischen Präsidenten, als Benjamin Peret sein Werk schrieb (Anmerkung von G. Munis).

20A.d.Ü., als Union sacrée wird die klassenübergreifende Zusammenarbeit aller politischen Kräfte bezeichnet die ihre Differenzen aussetzten um Frankreich während des ersten Weltkrieges zu verteidigen.

21A.d.Ü., ein Trust ist ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmen.

22A.d.Ü., wir konnten nicht herausfinden wofür dieses Akronym steht.

23A.d.Ü., Confédération française des travailleurs chrétiens (CFTC), Französischer Bund christlicher Arbeiter.

24Es handelt sich um die französische C.N.T., die die gleiche ideologische Ausrichtung hat wie die spanische.

25Nachdem die obigen Ausführungen geschrieben wurden, ging der Kapitalismus von einer „Phase der Erholung zu einer Phase starken Wachstums über“. Drei Faktoren waren ausschlaggebend dafür, erstens, dass die Arbeiterklasse nach dem Krieg von denselben Leuten beherrscht und zersplittert wurde, die sie einst „vom Widerstand zur Revolution“ nannte: Zweitens, die „erste Pflicht der Arbeiter ist es zu produzieren“, ergänzt durch „der Streik ist die Waffe der Trusts“, die heute von den Parteien und den Syndikaten unter der Führung von Marchais, Carrillo, Berlingüer usw. in allen Tonlagen gerufen wird. Drittens, das Kapital des Marshallplans. Die ersten beiden Faktoren waren bei weitem die entscheidendsten, weil das gegenwärtige System immer eine Atempause finden wird, wenn es keine Revolution gibt, und vor allem, weil das Kapital nichts ist, wenn es keine gefügigen Arbeitskräfte findet. Der reaktionäre Charakter der Syndikate ist damit noch unbestreitbarer geworden. (Anmerkung von G. Munis).

26In Texten mit revolutionärem Anspruch wird das Wort Reformismus häufig auf jede Protestaktion und sogar auf die vom Kapitalismus zugelassenen Zugeständnisse angewandt. Dies ist ein Fehler mit schlimmen Folgen. Es gibt keinen anderen Reformismus als den, der in der Vergangenheit von der Sozialdemokratie praktiziert und von Berstein theoretisiert wurde und der die Evolution der Revolution entgegensetzt. Die Zeiten schließen aus, dass es einen anderen gibt, weder heute noch in Zukunft.

27Das Vermögen des inzwischen berühmten Gewerkschaftsbundes D.G.B. in Deutschland belief sich 1978 auf 2 Milliarden Mark. Und nach der gleichen Quelle, der Zeitschrift I.G. Metall des Metallgewerkschaftsbundes, erhielt der Verband allein 1 Milliarde DM an jährlichen Beiträgen. An Grundstücken und Immobilien besitzt sie 500 Millionen DM, an Aktien und anderen Wertpapieren 1,4 Milliarden DM. Die „Holding“ der Syndikate beläuft sich auf 270 Millionen: Banken, Versicherungen, Baugewerbe, Tourismus, Handel. Die englischen, amerikanischen und japanischen Syndikate sind der deutschen Zentrale als Kapitalbesitzer nicht zu beneiden.

28In beiden Fällen handelt es sich um die Person des Apparats und der herrschenden Person, die üblicherweise als Bezeichnung für alle Kreaturen des Staates verwendet wird.

29Während der Flitterwochen der amerikanisch-russischen Beziehungen, gegen Ende des Krieges, erklärten die Leiter der amerikanischen Monopole (darunter Johnston, der damalige Präsident der Handelskammer), die von Moskau eingeladen wurden, um ihre Industrieunternehmen zu inspizieren, überhäuften sie ihre russischen Gesprächspartner mit Lob, was die „sowjetischen Methoden“ der Ausbeutung angeht, welche sie nicht an den amerikanischen Arbeitern anwenden durften, was sie (also der amerikanische Präsident der Handelskammer) wiederum als unerträglich empfand, erzählte dieser den russischen Gesprächspartner.

30Trud, Organ der Syndikate, vom 19. Februar 1947. Zitiert nach S. Schwarz: Labor in the Soviet Union: London 1953, S.230.

31Die Revolution von 1917 hat das Verschwinden der Lohnarbeit und des Kapitals projiziert und skizziert. Aus diesem Grund bezeichnete der damalige kritische Reformist Zagorsky die damalige russische Wirtschaft als „ein riesiges karitatives Unternehmen“. Seit der NEP begann eine deutliche Gegenbewegung, die durch die stalinistische Konterrevolution den Charakter des Staatskapitalismus annahm. Die Systematisierung der Kollektivverträge ging einher mit der Umsetzung der Fünfjahrespläne, und letztere mit der Stärkung des Staatskapitalismus, der als endgültig gilt.

32Siehe die Erläuterung dieses Problems in meinem Werk „Partei-Staat, Stalinismus und Revolution“.

33A.d.Ü., hiermit meint der Autor, es handelt sich um ein Scheinargument, das eher einer flachen Tautologie gleicht.

34L’Usine Nouvelle, die Zeitschrift des französischen Großkapitals, stellte den Erfolg des Produktionsplans nicht lange nach der Abfassung dieses Textes durch eine allegorische Figur dar, in der der Staat, die Unternehmer und die Syndikate fest miteinander verbunden waren.

35Im Juni 1936 wurden in Frankreich die 40-Stunden-Woche und bezahlter Urlaub beschlossen, um entscheidende revolutionäre Aktionen zu verhindern. Im roten Spanien 1936/37 dienten die Arbeiterkontrolle und die Verstaatlichung dazu, die Arbeiterklasse zu enteignen und die Revolution zu enthaupten. Auch in Frankreich wurde die Arbeiterklasse im Mai 1968 durch Lohnerhöhungen und syndikalistische Zwänge von einer Wiederaufnahme der produktiven Tätigkeit abgehalten, die durch und für ihre eigenen Bedürfnisse bestimmt, d. h. sozialistisch ist. Zum zweiten Mal in einem einzigen Land ist es den Syndikaten und ihren politischen Anführern gelungen, das Proletariat zurückzuhalten und den Kapitalismus vor einem mehr als möglichen Tod zu bewahren.

36Two Pages from Roman History. I – Preb Leaders and leaders. II – The Warning of the Grachi. New York 1946.

37Der wahre Chef der Renault-Werke, so Le Monde in einem Anflug von Aufrichtigkeit, ist der Anführer/Vorsitzende der Mehrheitsgewerkschaft CGT-PCF.

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