(Finimondo) Oxymorone und Selbstverständlichkeiten

Gefunden auf der Seite von finimondo, die Übersetzung ist von uns. Die folgende Texte, von Finimondo und Agustín Guillamón, sowie ‚Diskurs über die Methode‘, auch von Agustín Guillamón, können wir als ein Art Auseinandersetzung zur Rolle der anarchistischen Bewegung und einigen Figuren darin, während der sozialen Revolution im Sommer von 1936 verstehen.

Kurzgefasst kritisiert Guillamón in dem Artikel ‚Diskurs über die Methode‘ die Zeitschrift Bilan, auch wenn er dieser seine scharfsinnige Kritik hoch anrechnet, was die Rolle der anarchistischen Bewegung im Verlauf der sozialen Revolution 1936 angeht. Bilan´s Kritik ist, dass da der anarchistischen Bewegung ein klarer Programm fehlte (inhaltlich wie praktisch), die soziale Revolution ihre Ziele nur noch verraten konnte und aus dieser schnell ein reiner imperialistischer und innerbourgeoiser Konflikt zwischen zwei bourgeoisen Fraktionen (Republik vs. Putschisten) wurde.

Guillamón teilt diese Kritik zwar, verteidigt trotzdem die revolutionäre Kraft des Proletariats, welches sich mehrheitlich in der anarchistischen Bewegung organisierte und kritisiert die Unfähigkeit den revolutionären Kurs zu halten, da dies nicht der Fall war, wurde der Anarchismus zu einer etatistischen Bewegung, da sie den republikanischen Staat verteidigte und schützte, anstatt diesen zu zerstören. Guillamón nennt dies ‚Staatsanarchismus‘.

Daraufhin schrieb Finimondo eine Kritik und kritisiert vor allem letzteres. Worauf sich Guillamón nochmals melden würde, bei ‚GEGEN FINIMONDO‘, um auf die Kritik einzugehen, ein wahrhaftiger Schlagabtausch zwischen beiden. Ohne darauf mehr einzugehen, viel Spaß mit der Auseinandersetzung die wir auch für richtig und wichtig halten.


Oxymorone und Selbstverständlichkeiten

Gegen den Staatsanarchismus Agustín Guillamón

(mit Texten von Helmut Rüdigher und Michel Olivier) All’Insegna del Gatto Rosso, Mailand, 2017

Ein Oxymoron ist eine rhetorische Figur, die aus der syntaktischen Verbindung zweier unvereinbarer oder gegensätzlicher Begriffe oder in Antithese zueinander stehender Ausdrücke besteht, die so formuliert sind, dass sie sich auf dieselbe Einheit beziehen. Der Effekt, der dadurch erzielt wird, ist ein paradoxes Erstaunen. Es regt die Fantasie an, sollte aber nicht zu ernst genommen werden; es ergibt keinen Sinn, eine Metapher mit einer faktischen Realität zu verwechseln.

Wie der Titel schon andeutet, wettert dieses Buch gegen ein wahres Oxymoron. Es versteht sich von selbst, dass die Beteiligung einiger Mitglieder der wichtigsten spanischen anarchistischen Organisation an der republikanischen Regierung während der Revolution von 1936 die Schaffung und Verwendung eines Oxymorons wie „Staatsanarchismus“ voll und ganz rechtfertigt, obwohl es genau genommen ein Widerspruch in sich ist. Da der Anarchismus die Negation des Staates ist, wurden Juan García Oliver, Federica Montseny, Juan López, Juan Peiró und Diego Abad De Santillán Ende 1936 Minister für Justiz, Gesundheit, Handel, Industrie und Ökonomie, nur weil sie keine Anarchisten mehr waren. Was auch immer sie selbst (oder ihre Gefährtinnen und Gefährten) zu ihren Motiven für die Annahme eines solchen institutionellen Postens gesagt haben mögen, ihre Entscheidung stellte sie außerhalb des Anarchismus. Über ihre guten Absichten kann man trefflich streiten, aber Tatsache ist, dass sie durch ihre Zustimmung zur Zusammenarbeit mit der republikanischen Regierung den Anarchismus verraten (und dazu beigetragen haben, die Revolution zu vereiteln). Es gibt keine ministeriellen Anarchistinnen und Anarchisten, genauso wenig wie es alkoholkranke Abstinenzler oder jungfräuliche Mütter gibt.

Die Kritik am so genannten Staatsanarchismus ist also mehr als berechtigt, ja sogar notwendig, wenn man eine Wiederholung solcher Verluste befürchtet, aber sie ist nur dann leicht verständlich, wenn sie von Anarchistinnen und Anarchisten geäußert wird. Sie ist in der Tat etwas verwirrend, wenn sie von Autoritären formuliert wird, wie in diesem Fall. Es hat eine seltsame, fast komische Wirkung, wenn ein breitschultiger revolutionärer Marxist – der bordigistischen Positionen sehr nahe steht – wie Augustin Guillamón gegen die abtrünnigen Anarchistinnen und Anarchisten der CNT wettert und lauthals verkündet, dass „eine der unwiderruflichen Lehren der Spanischen Revolution von 1936 die unbedingte Notwendigkeit ist, den Staat zu zerstören“, rief er „künftige Revolutionäre, wenn sie relevant und effektiv sein wollen“ dazu auf, „die schlimmsten historischen Verirrungen, in die marxistisches und anarchistisches Denken verfallen ist, wegzufegen“.

Um Himmels willen, wir mögen ja zustimmen, aber… es ist nicht klar, ob Guillamón einen auf blöd macht oder nicht. Glaubt er wirklich, dass die politizistische Vorstellung von Revolution keine Konstante für jeden ist, der daran denkt, Revolution durch Autorität zu machen? Wenn es für einige spanische Anarchistinnen und Anarchisten im Jahr 1936 die Ausnahme war, so ist es für alle autoritären Erfahrungen in der Geschichte die Regel gewesen. Wie kommt es, dass die „unabänderliche Lektion“ in Russland 1917, in Paris 1871 oder sogar in Frankreich 1793 nicht begriffen wurde? Wo auch immer eine Revolution ausbrach, wo auch immer die herrschende Macht gestürzt wurde, setzte die Inanspruchnahme einer neuen Autorität durch einige Revolutionäre dem Ganzen ein Ende. Es ist müßig, die Bärte von Marx und Bakunin zu durchsuchen, um herauszufinden, in welchem der beiden mehr theoretische Flöhe schlummern – die Geschichte hat sich eindeutig zu diesem Thema geäußert.

Aber welchen Sinn ergibt es dann, die spanische anarchistische Ministerialbürokratie von 1936 dem revolutionären Geist entgegenzustellen, der laut Guillamón von anarchistischen Gruppen wie den Freunden von Durruti (Amigos de Durruti) und autoritären Formationen wie der Leninistisch-Bolschewistischen Sektion Spaniens verkörpert wurde? Welchen Sinn hat es, zu bedauern, dass die ersteren nicht zusammen mit den letzteren eine echte revolutionäre Junta gegründet haben? Möge der gute Guillamón in Frieden ruhen: Es ist nicht nur die bourgeoise und kapitalistische Macht an der Macht, die durch die Revolution vernichtet werden muss, sondern auch die potenzielle Arbeitermacht. Es ist nicht nur die anarchistische gewerkschaftliche/syndikalistische Organisation, es ist auch die autoritäre politische Partei, die sich unweigerlich in eine konterrevolutionäre Bürokratie verwandelt, sobald sie an die Macht kommt. Aus dieser Sicht gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Macht, die mit der Bourgeoisie geteilt wird (wie es mit den Anarchistinnen und Anarchisten in Spanien 1936 überprüfbar ist), und der Macht, die sie allein ausüben (wie die Bolschewiki in Russland nach 1917). In beiden Fällen erstickte der Staatsapparat die Revolution von Anfang an im Keim. Die bolschewistische Regierung wurde nicht erst ab 1921, nach der Niederschlagung des Kronstädter Aufstands (eine Repression, die auch von Bordiga gerechtfertigt wurde), reaktionär, sondern sie war es von Anfang an: Denk nur daran, was mit den Moskauer Anarchistinnen und Anarchisten oder den ukrainischen Anarchistinnen und Anarchisten sowie mit Minderheitsströmungen der extremen Linken geschah.

Nun ist nicht nur der Staatsanarchismus ein Oxymoron, sondern auch der antistaatliche Marxismus. Guillamón und alle revolutionären Marxisten wie er sollten sich entscheiden. Bombastische Erklärungen über gute Absichten verzaubern nur Narren. Wenn sie von der unmittelbaren Notwendigkeit sprechen, den Staat zu zerstören, meinen sie dann nur den amtierenden bourgeoisen kapitalistischen Staat oder auch den selbst ernannten Arbeiterstaat, der in jeder revolutionären Situation im Entstehen begriffen ist? Der Unterschied ist grundlegend. Der Fehler der spanischen Anarchistinnen und Anarchisten bestand nicht darin, NICHT die ganze Macht zu übernehmen, sondern sie NICHT völlig zu zerstören, indem sie die Generalidad Companys überleben ließen, schlimmer noch, indem sie mit ihr kollaborierten.

Die Feinde der Revolution müssen sicherlich vernichtet werden, aber dazu ist es überhaupt nicht notwendig, die Macht zu besitzen: Es ist notwendig, Stärke zu besitzen. Wie alle Autoritären wird Guillamón denken, dass Kraft und Macht in solchen Zusammenhängen gleichbedeutend sind. Das ist ein großer Irrtum. Militärs, die auf Revolutionäre schießen, gehorchen einem Befehl, der ihnen von einer Behörde erteilt wird, die ein Gesetz anwendet. Revolutionäre, die auf Militärs schießen, setzen ihre Ideen in die Tat um, ohne eine Behörde, ein Gesetz oder eine öffentliche Legitimation hinter sich zu haben. Sie tun es, weil sie es für die Verwirklichung ihrer Wünsche für notwendig halten und sie haben nicht nur den Willen, sondern auch die Entschlossenheit und die materiellen Möglichkeiten. Sie haben also die Kraft dazu.

Die Worte der Freunde von Durruti (Amigos de Durruti) aufgreifend, erinnert Guillamón daran, dass Revolutionen totalitär sind. In seinen witzigen Worten würde das bedeuten, dass sie sowohl totalitär als auch autoritär sind. Dieser Historiker liebt es, mit Worten zu spielen und sie zu missbrauchen. In der politischen Sprache bedeutet totalitär „ein Ganzes, das in allen seinen Elementen betrachtet wird, ohne irgendeinen Ausschluss“. Die Revolution kann also totalitär sein, aber nur, wenn sie so verstanden wird, dass sie die gesamte Gesellschaft radikal umgestaltet, ohne etwas von der alten Welt unversehrt zu lassen. Sie ist keine Ministerkrise, sie ist kein Regierungswechsel, sie ist keine institutionelle Umstrukturierung. Das bedeutet aber keineswegs, dass sie von einer Autorität durchgeführt werden muss, auch nicht von einer Autorität der Arbeiterinnen und Arbeiter.

Das Machtvakuum, das revolutionäre Situationen kennzeichnet, mag der Albtraum von Staatsmännern und Gegenstaatsmännern sein, aber es ist unser süßer Traum. Dieses Vakuum sollte überhaupt nicht gefüllt werden, ganz im Gegenteil: Es sollte vergrößert, ausgedehnt und unheilbar gemacht werden.


(Agustín Guillamón) GEGEN FINIMONDO

Antwort auf die idealistische und sektiererische Kritik an dem Buch Contro l’anarchismo di Stato von Agustín Guillamón (mit Stellungnahmen von Helmut Rüdigher und Michel Olivier) All’Insegna del Gatto Rosso, Mailand, 2017 Agustín Guillamón 17. April 2018.

Normalerweise antworte ich nicht auf so banale Kritiken wie die auf der Finimondo-Website, aber bei dieser Gelegenheit fand ich es eine gute Ausrede, um meine Methode der historischen Analyse und einige andere interessante Fragen darzulegen.

1. ein Oxymoron oder die Leugnung der historischen Realität?

Unser anonymer Kommentator der italienischen Version von Contro l’anarchismo di Stato stützt seine Kritik auf das, was er für ein Oxymoron hält: „Staatsanarchismus“. Er geht sogar so weit zu sagen, dass es nie anarchistische Minister gab, denn wenn ein Anarchist Minister wird, hört er auf, ein Anarchist zu sein. Damit leugnet unser Kritiker, ob er es versteht oder nicht, die historische Realität aus einem sektiererischen Idealismus heraus, denn es gab tatsächlich Anarchistinnen und Anarchisten, die als Minister in der Regierung der Republik (García Oliver, Federica Montseny, Juan Lòpez und Joan Peiró) und auch in der Regierung der Generalidad (García Birlán, Josep Joan Demènech, Joan Pau Fábregas und ab Dezember 1936 Abad de Santillán, Pedro Herrera, Francisco Isgleas. Und Aurelio Fernández im April 1937, und andere nach den Maiereignissen 1937). Und diese Anarchistinnen und Anarchisten hörten nicht auf, Mitglieder der CNT-FAI zu sein, als sie auf Anordnung der Organisation den Posten des Ministers annahmen. Sie waren und dienten als anarchistische Minister bis Juni 1937, als sie aus der Regierung ausgeschlossen wurden, obwohl Segundo Blanco später anarchistischer Minister in der Regierung Negrín wurde. Es gab anarchistische Minister, auch wenn dies zum Bedauern unseres anonymen Kritikers sein mag, und es gab eine Ideologie des Staatsanarchismus, die aufhörte, ein bloßes sprachliches Oxymoron zu sein, und zu einem Widerspruch zwischen Aktion und Prinzipien wurde, der auf einer Ideologie der antifaschistischen Einheit beruhte, die einflussreich, offensichtlich und so real war, dass sie viele aufrichtige Anarchisten dazu brachte, alle grundlegenden und charakteristischen Prinzipien des Anarchismus aufzugeben. Die Realität zu leugnen (unser Zensor sagt, dass es keine anarchistischen Minister gibt, genauso wenig wie es jungfräuliche Mütter oder alkoholkranke Abstinenzler gibt) bedeutet, sich in ein sicheres und schützendes ideologisches Sektierertum einzuschließen: Alles, was die eigene Ideologie leugnet, wird geleugnet: Es existiert nicht. Wenn das Sektierertum mit der Realität kollidiert, wird die Realität geleugnet und alles ist gut! Für Katholiken gab es eine jungfräuliche Mutter (Mutter Gottes), die Jesus (Sohn Gottes) zur Welt brachte, und für Gläubige und Ungläubige gab es im Spanien des Jahres 1936 zahlreiche anarchistische Geistliche. Der erste Fall ist eine Sache des Glaubens, der zweite ist selbst für Blinde offensichtlich. Der erste Fall wird nur von Menschen ohne Glauben geleugnet; der zweite Fall wird nur von Anarchistinnen und Anarchisten mit Glauben geleugnet.

2. Das Sein geht dem Bewusstsein voraus. Mit anderen Worten: Das Bewusstsein ist ein Attribut des Seins. Ohne eine Theoretisierung der historischen Erfahrungen des Proletariats gibt es keine revolutionäre Theorie, keinen theoretischen Fortschritt. Zwischen Theorie und Praxis kann eine mehr oder weniger lange Zeitspanne liegen, in der die Waffe der Kritik zur Kritik der Waffen wird. Wenn eine revolutionäre Bewegung in der Geschichte auftritt, bricht sie mit allen toten Theorien, und die ersehnte Stunde der revolutionären Aktion schlägt, die an sich schon mehr wert ist als jeder theoretische Text, weil sie dessen Fehler und Unzulänglichkeiten aufdeckt. Diese praktische, kollektiv gelebte Erfahrung zerschmettert die nutzlosen Barrieren und ungeschickten Grenzen, die während der langen konterrevolutionären Perioden gesetzt wurden. Revolutionäre Theorien testen ihre Gültigkeit im historischen Labor.

Das Wissen um die revolutionäre Geschichte zu kennen, zu verbreiten und zu vertiefen, die Irrtümer und Entstellungen zu widerlegen, die von der „heiligen“ bourgeoisen Geschichtsschreibung geformt oder ausgespuckt wurden, und die authentische Geschichte des Klassenkampfes zu enthüllen, die aus der Sicht des revolutionären Proletariats geschrieben wurde, ist bereits an sich ein Kampf für die Geschichte, für die revolutionäre Geschichte. Ein Kampf, der Teil des Klassenkampfes ist, wie jeder wilde Streik, die Besetzung von Fabriken, ein revolutionärer Aufstand, „Die Eroberung des Brotes“ oder „Das Kapital“. Die Arbeiterklasse muss, um sich ihre Vergangenheit anzueignen, gegen idealistische, sektiererische, sozialdemokratische, neostalinistische, nationalistische, liberale und neofranquistische Visionen kämpfen. Der Kampf des Proletariats um seine eigene Geschichte ist ein Kampf unter vielen anderen im laufenden Klassenkampf. Er ist weder rein theoretisch noch abstrakt oder banal, denn er ist Teil des Klassenbewusstseins selbst und definiert sich als Theoretisierung der historischen Erfahrungen des internationalen Proletariats, und in Spanien muss er unweigerlich die Erfahrungen der anarchosyndikalistischen Bewegung in den 1930er Jahren verstehen, assimilieren und sich aneignen.

Die Klassengrenzen vertiefen die Kluft zwischen Revolutionären und Reformisten, zwischen Anti-Kapitalisten und Verteidigern des Kapitalismus. Diejenigen, die das nationalistische Banner hochhalten, das Verschwinden des Proletariats verurteilen oder den ewigen Charakter von Kapital und Staat verteidigen, stehen auf der anderen Seite der Barrikade, egal ob sie sich selbst als die Anarchistinnen und Anarchisten oder Marxistinnen und Marxisten bezeichnen. Die Alternative liegt zwischen den Revolutionären, die alle Grenzen abschaffen, alle Flaggen einholen, alle Armeen und die Polizei auflösen und alle Staaten zerstören wollen; die mit jedem Totalitarismus oder Messianismus durch Vollversammlungen und selbstemanzipatorische Praktiken brechen wollen; die Lohnarbeit, den Mehrwert und die Ausbeutung des Menschen auf der ganzen Welt beenden wollen; die die drohende atomare Vernichtung stoppen und die natürlichen Ressourcen für zukünftige Generationen verteidigen wollen. …, und die Konservativen der etablierten Ordnung, die Wächter und Sprachrohr ihres Herrn, die den Kapitalismus und seine Geißeln verteidigen. Revolution oder Barbarei.

Das Proletariat wird durch seine eigene Natur als lohnabhängige und ausgebeutete Klasse in den Klassenkampf hineingeworfen, ohne dass es jemanden braucht, der ihm etwas beibringt; es kämpft, weil es überleben muss. Wenn sich das Proletariat als bewusste revolutionäre Klasse konstituiert und sich mit der Partei des Kapitals konfrontiert, muss es die Erfahrungen des Klassenkampfes verarbeiten, auf den historischen Errungenschaften aufbauen, sowohl theoretisch als auch praktisch, und die unvermeidlichen Fehler überwinden, die gemachten Fehler kritisch korrigieren, seine politischen Positionen stärken, indem es sich ihrer Unzulänglichkeiten oder Lücken bewusst wird, und sein Programm vervollständigen; kurz gesagt, die Probleme lösen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelöst sind: die Lektionen lernen, die uns die Geschichte selbst gibt. Und dieses Lernen kann nur in der Praxis des Klassenkampfes der verschiedenen revolutionären Affinitätsgruppen und der verschiedenen Organisationen des Proletariats erfolgen.

Es gibt keinen getrennten ökonomischen Kampf und keinen getrennten politischen Kampf, in wasserdichten Abteilungen. Jeder ökonomische Kampf ist in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft gleichzeitig auch ein politischer Kampf und ein Kampf um die Klassenidentität. Die Kritik der politischen Ökonomie, die Kritik der offiziellen Geschichte, die kritische Analyse der Gegenwart oder der Vergangenheit, Sabotage, die Organisation einer revolutionären Gruppe, der blinde Ausbruch eines Aufstands oder eines wilden Streiks – all das sind Kämpfe im selben Klassenkampf.

Das Leben eines Individuums ist zu kurz, um tief in das Wissen der Vergangenheit einzudringen oder sich in die revolutionäre Theorie zu vertiefen, ohne eine kollektive und internationale Aktivität, die es ihm ermöglicht, aus den Erfahrungen vergangener Generationen zu schöpfen, und die ihn wiederum in die Lage versetzt, als Brücke und Ansporn für zukünftige Generationen zu dienen.

3. anarchistische Minister: Wenn es sie gab, gab es sie.

Unser Kritiker bestreitet, dass die Existenz anarchistischer Minister möglich ist, denn ein Anarchist hört auf, ein Anarchist zu sein, sobald er Minister ist. Wenn die Theorie mit der Realität oder der Geschichte kollidiert, wird die Realität oder die Geschichte geändert und alle sind glücklich! Aber die Realität und die Geschichte sahen die Existenz anarchistischer Minister vor! Und diese Anarchistinnen und Anarchisten nahmen das Amt des Ministers an und blieben Anarchistinnen und Anarchisten und waren weiterhin Militante in der CNT. Und so war es, ganz gleich, wem es gefällt. Es ergibt keinen Sinn, sich in die semantische Falle zu flüchten, dass ein Anarchist aufhört, ein Anarchist zu sein, sobald er den Posten eines Ministers annimmt, denn das ist ein Angriff auf die Reinheit der Lehre. Das bedeutet, die historische Realität zu negieren, was wirklich passiert ist. Dies bedeutet die Realität und die Geschichte zu negieren, ist die Zuflucht aller Opportunisten und Sektierer. UND, was noch schlimmer ist, ES VERHINDERT ZU VERSTEHEN, WAS 1936-1937 GESCHIEHEN IST.

4. Bordigist oder Anarchist?

Wenn unser anonymer italienischer anarchistischer Kritiker von revolutionärem Marxismus spricht, denkt er dann an Anton Pannekoek, Gorter, Mattick und andere führende anti-leninistische marxistische Theoretiker, ganz zu schweigen vom MIL? Welcher Ignorant ist es, der nicht weiß, dass es einen staatsfeindlichen und anti-leninistischen Marxismus gibt, der die totale Zerstörung des Staates befürwortet?

Warum muss dieser Taxidermist Etiketten anbringen: Marxist, Bordigist,

Anarchist. Durrutist?

Die sektiererischen Bordigisten haben mir bereits die Beleidigung entgegengeschleudert, ich sei ein Anarchist. Die sektiererischen Anarchistinnen und Anarchisten beleidigen mich nun, dass ich ein Marxist und, noch schlimmer, ein Bordigist bin. Seltsamerweise habe ich mich in keinem der beiden Fälle beleidigt gefühlt, vielleicht weil sie das Beste des jeweils anderen verunglimpfen. Die Taxidermisten, die versuchen, Etiketten zu vergeben (Marxist, Anarchist, Bordigist, Durrutist), wenden eine naturalistische Methode an, die nicht zu den Sozial- und Geschichtswissenschaften passt. Ich bin überzeugt, dass es zwischen einem etatistischen Anarchisten und einem revolutionären Anarchisten mehr Unterschiede gibt als zwischen zwei Revolutionären, sei es ein Anarchist oder ein Marxist.

Die Analysemethode der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie ist unverzichtbar. Wer Marx in eine Bibel verwandelt, macht sich die taxidermistische Methode unseres Kritikers zu eigen. Ich empfehle die Lektüre von Corsino Velas „Capitalismo terminal“, einer Aktualisierung der Kritik der politischen Ökonomie auf die heutige Zeit, die die Analyse von Paul Mattick beerbt.

Ich bin nie ein Bordigist gewesen. Ich wurde in eine anarchistische Familie hineingeboren. Ich versuche, mich kritisch mit allen etatistischen und autoritären Ideologien auseinanderzusetzen, auch mit dem Sektierertum der Staatsanarchisten (Anarcho-Demokraten und Anarcho-Nationalisten) und der Staatsmarxisten (Stalinisten und Sozialdemokraten).

Ich habe eine Abschlussarbeit über Amadeo Bordiga geschrieben und schätze seine Analysen des Faschismus und seine Artikel in der Reihe Sul Filo del Tempo, aber ich lehne Bordigas grundlegenden Ultra-Leninismus ab.

Ich könnte als Beispiele einen marxistischen Libertären wie Daniel Guerin oder einen libertären Marxisten wie Maximilien Rubel oder die theoretische Suche des MIL anführen, aber das werde ich nicht tun. Ist der Antagonismus zwischen AnarchistInnen und revolutionären Marxistinnen und Marxisten des 19. Jahrhunderts heute noch gültig? Man denkt und reflektiert nicht mit einem Mitgliedsausweis im Mund: zumindest ich nicht.

5. Der heilige anarchistische Papst, der Mitgliedsausweise von guten Anarchistinnen und Anarchisten ausstellt.

Unser Taxidermist wird auch zum Spender von Ausweisen des Anarchismus. Nur er allein hat als geweihter anarchistischer Papst der heiligen anarchistischen Kirche genügend Verdienst, Fähigkeit und Autorität erlangt, um zu entscheiden, wer ein autoritärer Marxist ist oder wer es wert ist, als Libertärer bezeichnet zu werden. Versteht unser Taxidermist-Kritiker den obersten Autoritarismus seiner Position?

Unser anonymer Kritiker behauptet, dass die Kritik am Staatsanarchismus wohl begründet ist, aber nicht von „einem autoritären Marxisten wie Guillamón“ geäußert werden kann. Sie ist nur akzeptabel, wenn sie von Anarchistinnen und Anarchisten geäußert wird. Er fragt sich, ob Guillamón „ci sia o ci faccia“ und ich hoffe, dass er eines Tages eine Antwort auf ein Dilemma findet, das Guillamón dialektisch gelöst hat: „Das Sein geht dem Bewusstsein voraus“.

Unser Kritiker verwechselt das, was Guillamón sagt, mit dem, was Los Amigos de Durruti (Freunde von Durruti) sagt. Und das ist wichtig, denn darin liegt der abgrundtiefe Unterschied zwischen der idealistischen Methode unseres italienischen Kritikers und der materialistischen Methode von Guillamón. Denn es ist nicht wichtig, was Guillamón denkt oder nicht denkt; wichtig ist, dass Guillamón den Gedanken der Freunde von Durruti darlegt: Es sind die Anarchistinnen und Anarchisten der Agrupación de Los Amigos de Durruti, die nach ihren Erfahrungen im laufenden Klassenkampf sagen, dass „eine der unwiderruflichen Lehren der Spanischen Revolution von 1936 die unbedingte Notwendigkeit ist, den Staat zu zerstören“ (eine der unumstößlichen Lehren der spanischen Revolution von 1936 ist die zwingende Notwendigkeit, den Staat zu zerstören.), und fordert „künftige Revolutionäre, wenn sie relevant und effektiv sein wollen“, „die schlimmsten historischen Verirrungen, in die marxistisches und anarchistisches Denken verfallen ist, wegzufegen“.

Es sind Los Amigos de Durruti (1937) und nicht Guillamón (2016), die zu dem Schluss kommen, dass Revolutionen totalitär sind oder scheitern, wenn man bedenkt, dass im Spanisch des Jahres 1937 das Wort „totalitär“ total bedeutete, d.h. dass die Revolution nicht nur auf das ökonomische Terrain der Kollektivierungen beschränkt sein sollte (wie es 1936 in Spanien geschah), sondern sich auf das politische, soziale, kulturelle und bildungspolitische Terrain, also auf alle Bereiche menschlicher Aktivität, erstrecken sollte. Und totalitär bedeutete auch, dass die grausame bourgeoise Konterrevolution unterdrückt werden musste, und diese Unterdrückung war notwendigerweise autoritär, denn die Konterrevolutionäre waren keine unbefleckten und friedlichen Engel. Wenn das ein Widerspruch oder ein Oxymoron ist, wie unser Zensor zu sagen pflegt, müssen wir vielleicht zu dem Schluss kommen, dass eine libertäre Revolution immer zum Scheitern verurteilt ist.

6. Taxidermisten für was?

Ich finde die naturalistischen Etiketten der Taxidermisten lächerlich und veraltet. Ich versuche nur, eine materialistische und historische Analysemethode zu praktizieren. Wenn unser taxidermistischer Zensor das nicht versteht, ist das sein Problem.

Vielleicht ist unser Taxidermist nicht in der Lage, die comités superiores cenetistas abzulehnen, obwohl sie versuchten, die comités revolucionarios de barrio zu vernichten und zu unterwerfen, weil sie nominell anarchistisch waren, während er durchaus in der Lage ist, die SBLE (sección bolchevique-leninista de españa) abzulehnen, die diese comités revolucionarios de barrio unterstützte und förderte, weil die SBLE autoritär war.

7. Idem.

Mein Kritiker sagt: „Der Unterschied ist grundlegend. Der Fehler der spanischen Anarchistinnen und Anarchisten bestand nicht darin, NICHT die ganze Macht zu übernehmen, sondern sie NICHT völlig zu zerstören, indem sie die Generalidad Companys überleben ließen, schlimmer noch, indem sie mit ihr kollaborierten.

Die Feinde der Revolution müssen sicherlich vernichtet werden, aber dazu ist es überhaupt nicht notwendig, die Macht zu besitzen: Es ist notwendig, Stärke zu besitzen.“ Aber Guillamón sagt genau das Gleiche. Aber er sagt noch mehr und versucht zu beantworten, wie ein solcher Fehler gemacht wurde, wer ihn gefördert hat und wer ihn vermeiden wollte. Daher die Unterscheidung zwischen comités superiores und comités de barrio, zwischen anarchistischen Ministern und den revolutionären Anarchisten der Freunde von Durruti.

8. Die revolutionären Komitees (los comités revolucionarios)

Im Juli 1936 ging es nicht um die Machtergreifung (durch eine Minderheit von anarchistischen Anführern), sondern darum, die Zerstörung des Staates durch die Komitees zu koordinieren, voranzutreiben und zu vertiefen. Die revolutionären Nachbarschaftskomitees (und einige der lokalen Komitees) haben die Revolution nicht gemacht oder nicht gemacht: Sie waren die soziale Revolution. Die Rolle der CNT als Gewerkschaft/Syndikat hätte sich vielleicht vorübergehend auf die Verwaltung der Ökonomie beschränken sollen, sich aber in der neuen Organisation, die aus den Nachbarschafts-, Orts-, Fabrik-, Versorgungs-, Verteidigungs- und so weiterkomitees hervorging, unterordnen und auflösen müssen. Die massenhafte Eingliederung der Arbeiterinnen und Arbeiter, von denen viele bis dahin nicht in der organisierten Welt vertreten waren, schuf eine neue Realität. Und die Realität, die die Revolution geschaffen hatte, unterschied sich von der, die vor dem 19. Juli existierte. Die alten Organisationen und politischen Parteien standen in der Praxis außerhalb der neu geschaffenen sozialen Realität. Der revolutionäre Organismus der revolutionären Komitees, der auf allen Ebenen verallgemeinert wurde, hätte das gesamte revolutionäre Proletariat repräsentieren sollen, ohne die absurden Unterteilungen durch Akronyme, die vor dem Juli-Aufstand Sinn machten, aber nicht danach.

Die CNT-FAI hätte der Sauerteig des neuen revolutionären Organismus sein sollen, der Koordinator der Komitees, der im Prozess der revolutionären Gärung verschwand (zur gleichen Zeit, als die anderen Organisationen und Parteien aufgelöst wurden). Nach dem siegreichen Aufstand der Arbeiter und der Niederlage der Armee und mit der Einquartierung der Ordnungskräfte war die Zerstörung des Staates keine abstrakte futuristische Utopie mehr.

Die Zerstörung des Staates durch die revolutionären Komitees war eine sehr konkrete und reale Aufgabe, bei der diese Komitees alle Aufgaben übernahmen, die der Staat vor dem Juli 1936 erfüllte.

Aber eine solche Überlegung liegt (für unseren guten Taxidermist) vielleicht in einer anderen Galaxie.

9 Welche Lehren können aus dem Bürgerkrieg gezogen werden?

a.- Der kapitalistische Staat, sowohl in seiner faschistischen als auch in seiner demokratischen Form, muss zerstört werden. Das Proletariat kann keinen Pakt mit der republikanischen (oder demokratischen) Bourgeoisie schließen, um die faschistische Bourgeoisie zu besiegen, denn ein solcher Pakt bedeutet bereits die Niederlage der revolutionären Alternative und den Verzicht auf das revolutionäre Programm des Proletariats (und seine eigenen Kampfmethoden), um das Programm der antifaschistischen Einheit mit der demokratischen Bourgeoisie anzunehmen, um den Krieg gegen den Faschismus zu gewinnen.

b.- Das revolutionäre Programm des Proletariats ist die Internationalisierung der Revolution, die Vergesellschaftung der Ökonomie, die Schaffung solider Grundlagen für die Abschaffung des Werts und der Lohnarbeit im Weltmaßstab, die Führung des Krieges und der Arbeitermilizen durch das Proletariat, die räte- und vollversammlungsmäßige Organisation der Gesellschaft und die Unterdrückung der bourgeoisen und petit bourgeoisen Gesellschaftsschichten durch das Proletariat, um die sichere bewaffnete Antwort der Konterrevolution zu zerschlagen. Die wichtigste theoretische Errungenschaft der Freunde Durrutis war die Bekräftigung des totalitären Charakters der proletarischen Revolution. Totalitär deshalb, weil sie in allen Bereichen stattfinden muss: sozial, ökonomisch, politisch, kulturell …, und in allen Ländern, über alle nationalen Grenzen hinweg, und sie war auch repressiv, weil sie dem Klassenfeind militärisch entgegentrat.

c.- Das Fehlen einer Organisation, einer Avantgarde oder einer Plattform, die in der Lage war, das historische Programm des Proletariats zu verteidigen, war entscheidend, denn es erlaubte und ermutigte alle Arbeiterorganisationen, das bourgeoise Programm der antifaschistischen Einheit (heilige Einheit (Union sacrée) der Arbeiterklasse mit der demokratischen und republikanischen Bourgeoisie) zu übernehmen, mit dem einzigen Ziel, den Krieg gegen den Faschismus zu gewinnen. Die revolutionären Avantgarden, die auftauchten, kamen zu spät und wurden in ihrem kaum skizzierten Versuch, eine revolutionäre Alternative zu präsentieren, die mit der bourgeoisen Wahl zwischen Faschismus und Antifaschismus brechen könnte, zerschlagen.

d.- Der Stalinismus war eine konterrevolutionäre Option, die den Staatskapitalismus verteidigte und die Diktatur der stalinistischen Partei über das Proletariat befürwortete. Der Staatsanarchismus der höheren libertären Komitees war eine konterrevolutionäre Option, denn er verteidigte einen syndikalistischen/gewerkschaftlichen Kapitalismus und befürwortete die Stärkung des Staatsapparats, die antifaschistische Einheit und das alleinige Ziel, den Krieg zu gewinnen, unter Verzicht auf die Revolution.

e.- Die revolutionären Nachbarschaftskomitees in der Stadt Barcelona und verschiedene lokale Komitees im übrigen Katalonien waren die potenziellen Machtorgane der Arbeiterklasse. Sie traten für die Sozialisierung der Ökonomie ein und lehnten die Militarisierung der Milizen und die Kollaboration mit der Regierung und den antifaschistischen Parteien ab. Sie waren bewaffnet, sie waren die Armee der Revolution. Ihre größte Einschränkung war ihre Unfähigkeit, sich außerhalb des konföderalen Apparats zu organisieren und zu koordinieren (A.d.Ü., also außerhalb der CNT selbst). Die höheren Komitees erstickten die revolutionären Komitees politisch und organisch, was zu ihren schlimmsten Feinden und zum größten Hindernis für ihre gewünschte und notwendige Integration in den Apparat des bürgerlichen Staates wurde, als Endziel ihres Institutionalisierungsprozesses.

Die revolutionären Komitees haben die Revolution nicht gemacht oder nicht mehr gemacht: Sie waren die soziale Revolution, denn ihre bloße Existenz und die Erfüllung aller Aufgaben und Funktionen, die der Staat vor dem Juli 1936 ausgeübt hatte, machten sie zu effektiven Protagonisten der Zerstörung des Staates.

f.- Während des Bürgerkriegs scheiterte das politische Projekt des Staatsanarchismus, der sich als antifaschistische Partei konstituierte, Methoden der Klassenkollaboration und Regierungsbeteiligung anwandte, bürokratisch organisiert war und das Hauptziel verfolgte, den Krieg gegen den Faschismus zu gewinnen, kläglich auf allen Gebieten; aber die soziale Bewegung des revolutionären Anarchismus, die in revolutionären Komitees der Nachbarschaft, der Gemeinde, der Arbeiterkontrolle, der Verteidigung usw. organisiert war, bildete die Keimzelle einer Arbeitermacht, die Höhen der ökonomischen Verwaltung, der revolutionären populären Initiativen und der proletarischen Autonomie erreichte, die noch heute eine Zukunft erhellen und ankündigen, die sich radikal von der kapitalistischen Barbarei, dem faschistischen Horror oder der stalinistischen Sklaverei unterscheidet.

Und obwohl dieser revolutionäre Anarchismus schließlich der koordinierten und komplizenhaften Unterdrückung durch den Staat, die Stalinisten und der höheren Komitees (comités superiores, CNT) erlag, hinterließ er uns das Beispiel und den Kampf einiger Minderheiten, wie die Freunde von Durruti, die JJLL (Juventudes Libertarias) und bestimmte anarchistische Gruppen der lokalen Föderation von Barcelona, die es uns heute ermöglichen, ihre Erfahrungen zu theoretisieren, aus ihren Fehlern zu lernen und ihren Kampf und ihre Geschichte zu rechtfertigen.

g. – Das Bewusstsein geht aus dem Sein heraus. Ohne eine Theoretisierung der historischen Erfahrungen des Proletariats gäbe es keine revolutionäre Theorie, keinen theoretischen Fortschritt, und sie wäre auf jeden Fall viel ärmer, unvollständig und unwirksam. Kollektive, anonyme, Klassen-, Solidaritäts-, Straßen-, populäre, atheistische, lebendige, tiefe, plurale, internationale und internationalistische Theorie, die nur als reife Frucht eines historischen Prozesses der Vorbereitung auf das Eingreifen in die kommenden Schlachten des andauernden Klassenkampfes erreicht werden kann.

10. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Ich könnte noch mehr und Besseres sagen, aber das ist genug. Ich hätte mich darauf beschränken können, unserem italienischen Kritiker die Anschuldigungen und Beleidigungen verschiedener exzentrischer Einzelpersonen oder verschiedener sektiererischer bordigistischer Gruppen zu übermitteln, die mich als Antwort auf ihre „Anschuldigungen“, ich sei ein Anarchist, „beschuldigten“ („Diskurs über die Methode“ von Guillamón kann hier gelesen werden: http://kaosenlared.net/discurso-del-metodo/).

Ich hätte mich über die Inkohärenz und den Fehlgriff des einen oder des anderen beschweren können. Sicher ist jedoch, dass sowohl diese Bordigisten als auch diese Anarchistinnen und Anarchisten etwas sehr Wichtiges gemeinsam haben: eine sektiererische und idealistische Analysemethode, die sie in den Abgrund der Sinnlosigkeit, Inkohärenz und Unbrauchbarkeit führt: Sie negiert die Realität und die Geschichte.

Wenn die Ideologie mit realen oder historischen Fakten kollidiert, negiert ihre idealistische Methode die Realität und die historischen Fakten. Sie fragen sich nie, ob ihre heilige Ideologie falsch oder veraltet ist. Wenn Prinzipien hingegen nur dazu dienen, sie bei den ersten Schwierigkeiten, die die Realität und die Geschichte aufwerfen, aufzugeben, ist es besser zu erkennen, dass man keine Prinzipien hat.

Agustín Guillamón. Barcelona, 17. April 2018

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