(Grupo Barbaria) Krieg in der Ukraine: Katz und Maus

Gefunden auf der Seite von Grupo Barbaria, die Übersetzung ist von uns

Krieg in der Ukraine: Katz und Maus

Das Katz- und Mausspiel ist vorbei. Und die Maus fraß die Katze. Das Tageslicht war noch nicht angebrochen, als russische Panzerfahrzeuge und Kampftruppen ukrainischen Boden betraten. Diesmal mit unverhülltem Gesicht, mit den entsprechenden Abzeichen ihrer Bataillone und der russischen Trikolore. Die Farce von 2014 ergab dieses Mal keinen Sinn mehr. Der russische Kapitalismus hat sein gesamtes Heer, seine ganze Feuer- und Zerstörungskraft in Bewegung gesetzt, um die ganze Welt daran zu erinnern, dass er bereit ist, mit dem Rest des Kapitals zu konkurrieren um sich so viel Beute nehmen zu können wie es nur geht, und das in einer historischen Periode der Aufteilung und Neuordnung der Führung des Weltkapitalismus.

Die Beute, um die gestritten wird, ist natürlich der weltweit verstandene Mehrwert, die Summe des Teils, den der in einer tödlichen Krise steckende kapitalistische Vampir jedem Arbeiter der Welt entzieht. Von Kiew bis Moskau, über Madrid, Dakar, Bombay, Chicago, Lima, Seoul, über alle vier Ecken der Welt ist das Programm des Kapitalismus in der Krise (und was für eine Krise: ökonomische, ökologische, soziale, energetische, die sich alle ständig verschlimmern) dasselbe: imperialistischer Krieg zwischen den Nationen und unbegrenzte Ausbeutung der Arbeiterklasse.

Die russische Bourgeoisie erschien in das Zellophan des Vaterlandes und der Flagge gehüllt, ein alter Trick der dekadenten Klassen. Aber in Wirklichkeit verteidigt die Bourgeoisie, ob russisch oder nicht, nur ihre Märkte. Deshalb richtet sich die militärische Intervention wahllos gegen die ukrainische und russische Arbeiterklasse. Beide können nur den Schrecken des Krieges und des Polizeiterrors erwarten, den es in Russland bereits gibt. Wenn die Tage vergehen und sich der Rauch der Schlacht lichtet, werden die bewussteren ukrainischen und russischen Arbeiter keinen Zweifel daran haben, dass die Lebensbedingungen unabhängig von der Farbe der Flaggen identisch sind, dass die Ausbeutung dieselbe ist und dass beide das Kanonenfutter ihrer jeweiligen Bourgeoisie sind. Und dass die siegreiche Bourgeoisie, wenn der Scharmützel vorbei ist und eine Einigung erzielt wird, die Gesamtheit der Ausbeuter repräsentieren wird.

In der ideologischen Schlacht wollen uns die „westlichen“ Wüstlinge (mit ihrem ganzen Gefolge von Professoren, Experten, Journalisten und NGOs) glauben machen, dass Putin ein Spinner ist, der Zar werden will, dass die russische Bourgeoisie keine solche ist, sondern „Oligarchen“ (wie wenn man Bourgeoise niedrigeren Schlages sagen würde) und Russland ein Atavismus längst vergangener Zeiten mit seinen goldenen Kuppeln, Adlerfahnen und gigantischen Palasttoren sei. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Putin ist ein treuer und bewusster Erbe Stalins und seines kapitalistischen Regimes. Alle seine Schritte zielen darauf ab, den russischen Kapitalismus wettbewerbsfähig zu machen, mit Überausbeutung der Arbeiterklasse im eigenen Land und imperialistischer Plünderung, wo immer er sich durchsetzen kann. Nach dem Zusammenbruch von 1989 hat er die Scherben so weit wie möglich wieder zusammengefügt, und zwar im Einklang mit dem Weltkapitalismus. Dabei hat er sich auf die Eliten der europäischen Bourgeoisie zählen können: Wenn nicht, sollte man die Schröders, die Berlusconis, die Fillons und so viele andere fragen.

Der russische Angriff auf die Ukraine steht im Einklang mit der imperialistischen Herrschaft des russischen Kapitalismus, der mit seinen Panzern den Aufstand in Berlin 1953, in Ungarn 1956, in der Tschechoslowakei 1968 oder in Afghanistan 1979 niedergeschlagen hat. Nach der Wiederherstellung seiner Einsatzfähigkeit hat er in Georgien, Ossetien, Syrien, Kasachstan und in verschiedenen Teilen der Welt mit Söldnertruppen interveniert. Es ist diese erneuerte Fähigkeit, sich einzumischen und mit den westlichen Bourgeoisien zu konkurrieren, die sie mit Entsetzen erfüllt. Und er tut dies mit denselben Waffen wie sie: mit dem imperialistischen Krieg, um sich den notwendigen Nachschub an Rohstoffen und Mineralien zu sichern, und mit der gesteigerten Bereitschaft, den Mehrwert jedes Unglücklichen, der ihm in die Hände fällt, zu steigern, egal wo auf der Welt er sich befindet. Natürlich will er jetzt, wenn nötig, auf demselben Spielfeld wie die europäischen Bourgeoisien konkurrieren. Während russische Kampfflugzeuge die Stellungen westlicher Verbündeter in Syrien bombardierten, schien nichts zu passieren. Jetzt erinnert sie das Dröhnen ihrer Motoren daran, dass ihre Beute nicht sicher ist und dass sie in der neuen Weltlage von verschiedenen kapitalistischen Ländern begehrt werden.

In einer Ironie der Geschichte, von der wir seit Hegel wissen, wie sehr er diese Spiele liebt, ist der ehemalige Mannschaftskapitän zum Untergebenen und der ehemalige Lakai zum Mannschaftskapitän geworden. Die neuen imperialistischen Bestrebungen Russlands wären ohne die Unterstützung Chinas nur schwer aufrechtzuerhalten. Wer an der Oberfläche der politischen Phänomene bleibt, ist nicht in der Lage, das Wesen des Kapitalismus als abstraktes soziales Verhältnis zu begreifen: Der chinesische Kapitalismus brauchte in den 1970er und 1980er Jahren die amerikanische Unterstützung, um der Unterdrückung durch den russischen Kapitalismus zu entkommen, ungeachtet der „politischen Unterschiede“. Jetzt hilft der chinesische Kapitalismus seinem ehemaligen russischen Unterdrücker, die Unabhängigkeit vom westlichen Kapital zu erlangen. Das Wesentliche bei all dem, was wirklich auf dem Spiel steht, ist, dass der Kapitalismus sich weiter verewigen wird, ohne sich um politische Formen zu scheren, diese Nussschale die nur dem ideologischen Spiel nützlich ist.

In unserer vorherigen Erklärung haben wir gesagt:

Die Entwicklung des Kapitalismus impliziert einerseits den Widerspruch zwischen der Notwendigkeit, die Arbeit auszubeuten, und der Notwendigkeit, sie mit neuen Technologien zu vertreiben, was sie in eine immerwährende ökonomische Krise stürzt, in die Erschöpfung ihres eigenen Mechanismus zur Produktion von Reichtum in Warenform. Andererseits lässt dieselbe Entwicklung die Fähigkeit einer kapitalistischen Macht, ihre Hegemonie über den Rest oder sogar über einen stabilen und robusten Block aufrechtzuerhalten, immer zweifelhafter werden, während sie gleichzeitig die verschiedenen Länder dazu drängt, miteinander zu konkurrieren, um regionale Mächte zu werden.

In dieser historischen Periode, die wir durchleben und die wir als eine außerordenliche betrachten, sind wir gezwungen, die wachsende imperialistische Konfrontation in der ganzen Welt zu erleiden und die Lebensbedingungen der weltweiten Arbeiterklasse zu verschlechtern, wenn möglich noch mehr. Das ist alles, was der Kapitalismus der Menschheit zu bieten vermag.

Die unmittelbare Lösung des Konflikts wird auf dem Verhandlungsweg erfolgen, immer unter der Androhung eines erneuten Kriegsbeginns. Allein die Komplexität und die Verflechtung der kapitalistischen weltweiten Ökonomie lassen die gesamten von der EU und den USA verhängten Sanktionen wie einen Witz erscheinen. Sie können Russland nicht bestrafen, ohne sich selbst zu bestrafen. Dieses Gefühl der Ohnmacht und Frustration zieht sich durch die gesamte europäische politische Klasse.

Aber wir vergessen nicht. Russische Schurken in Uniform bombardieren Städte und Straßen. Tausende von Menschen fliehen aus ihren Häusern um ihr Leben. Vor diesem Hintergrund stehen die Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen an. Die ukrainischen und russischen Arbeiter haben bei all dem nichts zu gewinnen, und obwohl wir weit davon entfernt sind, dass sich die Klasse über ihre eigenen Interessen im Klaren ist, ist es wichtig, die Demonstrationen zur Kenntnis zu nehmen, die gestern in ganz Russland gegen den Krieg stattfanden und bei denen 1.800 Menschen verhaftet wurden. Soll die russische Arbeiterklasse ihre Soldaten daran hindern, Russland zu verlassen, sollen die ukrainischen Arbeiter die Kontrolle über das Land übernehmen. Dass sie jeglicher nationalistischen Versuchung sich entledigen. Nieder mit den Russen und Ukrainern! Es lebe die gemeinsame Aktion des Proletariats!

Seit 1914 können die Arbeiter der ganzen Welt nur eine Fahne führen: die des revolutionären Defätismus. Gegen die imperialistischen Kriege, die Notwendigkeit, in erster Linie die Bourgeoisie selbst zu vernichten. Internationale Solidarität unter den Arbeitern. Es gibt keine andere Aufgabe, so groß und weit entfernt sie im Moment auch sein mag, als die kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse zu stürzen. Jeder andere Ausweg ist eine Nachahmung der gegenwärtigen Situation.

Denjenigen, die unter den gegenwärtigen sozialen Bedingungen die Fahne des Friedens hochhalten, sagen wir, dass sie damit die Bedingungen des Krieges und der Ausbeutung aufrechterhalten. Es handelt sich um eine Fortsetzung der Degradierung des Weltkapitalismus. Im Gegensatz zu dieser Vision der friedlichen Koexistenz im Kapitalismus erheben wir das Banner der Klasse gegen Klasse, der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter, des Kommunismus gegen den Kapitalismus, der Revolution gegen die Reaktion!

Barbaria ist eine kleine Gruppierung, die nicht in der Lage ist, den Verlauf der Ereignisse zu beeinflussen. Aber wir engagieren uns zutiefst für die Proletarier, die in diesem Moment unter dem Feuer und den Granatsplittern zweier Armeen im Kampf leiden. Unsere Gedanken und Herzen sind bei allen ihnen.

Dieser Beitrag wurde unter Grupo Barbaria, Krieg, Russland-Ukraine Krieg, Texte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.