(Chile) Anarchische und subversive Wörter aus den chilenischen Knästen.

Quelle: publicación refractario, die Übersetzung ist von uns

(Chile) Anarchische und subversive Wörter aus den chilenischen Knästen. Angesichts der Neuordnung der Herrschaft und ihrer kapitalistischen Aufrechterhaltung: Keine Stiefel, keine Stimmen, nur Kampf!

Es scheint, dass wir nach dem, was die Staatsbürger*innen verkünden, Zeug*innen eines Schlüsselmoments in der Geschichte dieses Territoriums sind; dass wir mit dem Rücken zu einem Abgrund stehen, an dem, wenn wir nichts tun, unser Sturz unmittelbar bevorsteht; wir scheinen Zeug*innen eines offenen, heftigen Krieges zwischen zwei politischen Gegensätzen zu sein, die auf einem solchen Niveau gegeneinander kämpfen, dass sie wie ein kalter Krieg die Existenz und die Zukunft aller Wesen in dem vom chilenischen Staat beherrschten Gebiet gefährden.

Auf der einen Seite lautet der Schlachtruf: „Kommunismus oder Freiheit“, auf der anderen Seite: „Demokratie oder Faschismus“. Angesichts eines solch dramatischen Szenarios wird uns das wichtigste Instrument in die Hand gegeben, mit dem wir diesem Blutbad ein für alle Mal ein Ende setzen können: die Teilnahme an den Wahlen, bei denen das Wahlrecht die befreiende Waffe sein wird.

Wir sind weder blind noch taub, wir gehen in vollem Bewusstsein dieser und vieler anderer Ereignisse in diesem Gebiet, wir distanzieren uns nicht nur, sondern wir erklären jeder institutionellen Instanz, die den Status Quo aufrechterhalten will, den Krieg.

Wir kennen die falsche Konfrontation zweier vermeintlich unterschiedlicher Systeme nicht, die Achse, auf der der Kampf ausgetragen wird, ist und bleibt die der Demokratie und der Verwaltung des Kapitals; die Existenz eines „Kampfes“ unterschiedlicher Politiken versucht nur, die angebliche Breite des Demokratie-Kapital-Systems, sein „vielfältiges“ Wesen und den angeblichen Raum für alle Arten von Gedanken zu rechtfertigen; wir wollen auf keinen Fall von einem System oder einer Gesellschaft akzeptiert werden, die wir ablehnen, wir wollen nicht, dass unsere Politik nur eine weitere Option dieses Systems ist; wir wollen alle Optionen und die Struktur, die sie aufrechterhält, zerstören. Wir haben nichts mit dem Wahlspektakel und seiner Inszenierung von Wahlen, Plebisziten, Abstimmungen usw. zu tun, wir sind der Meinung, dass dies nichts anderes ist als das Festziehen der Nadel, die bürgerliche Neuordnung der Klasse zur Aufrechterhaltung einer aufgezwungenen und bestehenden Ordnung, die erfunden und der Zeit angepasst ist.

Wir sind sicher, dass sich unabhängig vom Wahlergebnis dieses Plebiszits im Wesentlichen nichts ändern wird. Unabhängig davon, wer die Verwaltung und das Management der Unterdrückung anfechtet, ist die Welt der Institutionen und damit die Welt der Wahlen nie die unsere gewesen. In diesem Sinne ist derjenige, der wählt, der aus freien Stücken einen anderen mit Autorität ausstattet, genauso verantwortlich wie der Herrscher*innen, der die Befehle zum Morden, Militarisieren und Einsperren gibt. Diejenigen, die wählen, sind diejenigen, die durch den Akt des Wahlrechts beschließen, einen Teil ihrer Autonomie abzugeben, um die Kette der Unterdrückung und damit des Staates zu stärken. Wir werden uns nicht zu Kompliz*innen irgendeiner Regierung machen, die an der Macht ist; das haben wir Ende der 1980er Jahre nicht getan, als die alte politische Macht, genau wie heute, Angst schürte, um dem konfrontativen Kampf – wie dem bewaffneten Kampf – den Sauerstoff und die Position zu entziehen, indem sie ein bürgerliches Wahlszenario einsetzte, das mit einem Ja oder einem Nein jede Andeutung eines wirklichen Bruchs zunichte machen wollte.

Hier hatten wir bereits eine subversive Position eingenommen, und seit dieser Zeit hat sich im Grunde nichts geändert.

Die Wahrheit ist, dass es weder das Ziel dieses Textes ist noch sein sollte, in irgendeiner Weise von der Beteiligung der Staatsbürger*innen an Wahlprozessen zu überzeugen oder gar zu theoretisieren; es wäre nicht richtig, diese gehorsame Masse nach unseren Kriterien zu fordern oder zu messen; Interessant wird es, wenn eine Vielzahl von Personen, die sich als „antagonistische“ Akteur*innen bezeichnen oder sich selbst als Subversive, Revolutionäre, Rebell*innen oder Anarchist*innen bezeichnen, offen dazu aufrufen, sich an den Wahlen zu beteiligen und sogar für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen.

Einige der Argumente, die zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen angeführt werden, beziehen sich auf den möglichen Verlust der Bürger*innenrechte, die stets vom Staat garantiert werden, vor allem auf der Ebene der „gefährdeten“ Minderheiten oder Dissidenten.

Wir verkennen nicht die Veränderung, die die Dynamik eines großen Teils einer entfremdeten Gesellschaft – die nicht wirklich weit vom gegenwärtigen Kontext entfernt ist – in der dann fest verankerten Validierung eines institutionell konservativen Diskurses mit sich bringen würde, aber wir glauben, dass echte Kämpfe – aller Art – aus einer anarchischen, subversiven oder revolutionären Haltung heraus, niemals die Validierung oder Integration durch Institutionen oder die Gesellschaft selbst suchen sollten; uns mit unseren Unterschieden und Besonderheiten der institutionellen „Integration“ auszuliefern, bedeutet, unsere antagonistische Individualität in einem Raum zu verwässern, der uns nicht gehört und dessen einziger Zweck es ist, das Spektrum der demokratischen Teilhabe zu erweitern, ohne die zugrunde liegende Dynamik wirklich zu hinterfragen. Es ist nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, dass wir trotz der Bewegung, der Ausweitung oder des Abbaus der Bürger*innenrechte zu bestimmten Zeitpunkten nicht erwarten können, dass die Verwalter der Unterdrückung uns diese „Rechte“ gewähren – ein Begriff, der an sich schon hinreichend abgelehnt wird -, sondern dass wir unsere Freiheit mit unseren eigenen Mitteln und in voller Autonomie erlangen werden. Weder die Institutionalisierung noch die Sozialisierung abweichender Ideen oder Politiken wird eine wirkliche Veränderung der individuellen oder kollektiven Praktiken bewirken. Die Dynamik, die unsere Freiheiten einschränkt, wird durch Konflikte, aber vor allem durch individuelle Entwicklung und ständige Kritik bekämpft, nicht durch Wahlrecht oder Bürger*innenbeteiligung.

Es ist notwendig, sich auf ein Thema zu beziehen, das innerhalb der Räume und Persönlichkeiten, die behaupten, sich für die Konfrontation mit der Macht zu entscheiden, absolut geregelt zu sein schien. Wir haben nicht das Recht zu sagen, wer subversiv ist und wer nicht, dafür sind wir nicht zuständig, es ist die Symbiose zwischen Wort und Tat, die allein dafür zuständig ist, Rechenschaft über diese Realität zu geben; wenn einerseits ein totaler Bruch mit der bestehenden Welt vorgeschlagen wird, wenn ständig die Abschaffung des Kapitalismus oder jeglicher Form von Autorität gefordert wird, dann ist es, gelinde gesagt, erbärmlich, dass all diese Aspekte durch den Einsatz der Stimme als politisches „Werkzeug“ unterstützt werden sollen, eine Aktion, die eine offene Bestätigung und Stärkung der demokratischen Institutionalität des Kapitals darstellt, selbst wenn diese vor etwas mehr als zwei Jahren noch zu wanken schien.

Wir dachten, dass das Verständnis dieses gigantischen Abgrunds zwischen Praxis und Wort ein Grundprinzip jeder Individualität ist, die sich in ihrem Alltag als „revolutionäres“ Wesen positioniert; es scheint wahr zu sein, dass Worte jeden Tag mehr und mehr ihre Bedeutung verlieren und dass das Engagement für eine radikale Ästhetik die Hauptmotivation vieler „kritischer“ Individuen ist.

Wenn wir nicht fähig sind, den Konflikt in all seinen Formen anzunehmen, werden wir nur Teil der Masse sein, die wir verachten, und derjenigen, die, selbst wenn sie sich als bewusst oder organisiert definieren wollen, immer Teil einer Herde sein werden, die nach Führer*innen und Machtfiguren schreit, um in der Unterwerfung fortzufahren, mit der Bequemlichkeit und Inkonsequenz derer, die nur predigen, diese Realität des Elends zu zerstören.

Wir haben während der Diktatur, mit den Regierungen der Concertación und mit Chile Vamos Repression, Gefängnis und Tod am eigenen Leib erfahren, und wir sind sicher, dass dies mit einer Regierung von Apruebo Dignidad nicht anders sein wird, schon gar nicht mit einem Präsidenten der Frente Social Cristiano. Wer auch immer regiert, unsere Ziele werden sich nicht ändern: die Zerstörung des Kapitalismus, des Staates, der Unterdrückungsapparate; das Ende der Notwendigkeit zu regieren und regiert zu werden. Wir sind nicht an einer „weniger schlechten“ Regierung oder einem grünen oder „humaneren“ Kapitalismus interessiert.

Unser Einsatz? Nun, so wie immer und mit der unerschütterlichen Entschlossenheit, die uns begleitet: den ständigen und unerbittlichen Konflikt auszuweiten und zu vertiefen, in dem Wissen, dass wir weder Retter noch Vertreter von irgendetwas oder irgendjemandem sind, außer uns selbst. Wir entscheiden uns für die Konfrontation in der ersten Person, weil wir wissen, dass wir uns selbst befreien, wenn wir zuschlagen, und wenn andere auch diesen Weg gehen, ist das ausgezeichnet, aber wenn nicht, ist das kein Grund, uns zu entmutigen, geschweige denn, unseren Überzeugungen nachzugeben und den institutionellen Weg zu beschreiten und zu bestätigen. Wir sind nicht erleuchtet und schon gar nicht diejenigen, die über das Kommende entscheiden werden, aber wir werden verstanden werden für das, was wir sind, für unsere Praxis, für das, was wir immer in Übereinstimmung mit unseren Ideen tun, für die Sache, die entsteht, und für die anarchische, subversive und aufständische Komplizenschaft, die die Rebellion verbreitet; unser Weg im Krieg wird so zur greifbaren Möglichkeit, frei zu sein.

Subversive, anarchistische und Mapuche-Gefangene: Raus aus den Gefängnissen!

Den Konflikt schärfen, die Offensive verstärken!

Kämpfende Jugend: Permanenter Aufstand!

Tod dem Staat, es lebe die Anarchie!

Die Überzeugung gehört uns!

Solange es Elend gibt, wird es Rebellion geben!

 

Mónica Caballero Sepúlveda
-Cárcel femenina de San Miguel

Pablo Bahamondes Ortiz
-C.D.P Santiago Uno

Francisco Solar Domínguez
Marcelo Villarroel Sepúlveda
Juan Aliste Vega
Joaquín García Chancks
-C.P Rancagua «La Gonzalina»

Dezember 2021
Aus dem von dem chilenischen Staat beherrschten Territorium.

Dieser Beitrag wurde unter Chile, Repression/Knast, Texte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.