(L’Insécurité Sociale) KOMMUNISMUS – ELEMENTE DER REFLEXION

Auf der Seite/Bibliothek von John Gray gefunden, die Übersetzung ist von uns. Ein weiterer Text in dem wenn der Begriff „Kommunismus“ durch „Anarchismus“ ersetzt werden würde, (fast) alle Anarchistinnen und Anarchisten Freudentänze machen würden.


KOMMUNISMUS – ELEMENTE DER REFLEXION

L’Insécurité Sociale


Veröffentlichungsdetails

„Communisme – Elements de Reflexion (1)“ kam 1984 als Broschüre (Série II) Nr. 2 von der französischen Gruppe L’Insécurité Sociale raus. L’Insécurité Sociale wurde 1981 von ein paar ehemaligen Mitgliedern der Gruppe Pour Une Intervention Communiste gegründet, die sich in demselben Jahr aufgelöst hatte. Sie existierte mehrere Jahre lang und gab eine unregelmäßig erscheinende Zeitschrift mit dem gleichen Namen sowie eine Reihe von Broschüren und Flugblättern heraus. Zwischen 1988 und 1991 gaben einige der gleichen Leute eine Zeitschrift mit dem Titel „Interrogations pour une communauté humaine” heraus, danach eine Publikation namens „Le point d’interrogation”.

Ein früherer Artikel eines Mitglieds von L’Insécurité Sociale, der einige der Themen dieser Broschüre aufgreift, ist in englischer Übersetzung auf der Website Practical History zu finden: The Communist Tendency in History.


KOMMUNISMUS

Ihr wollt die Lohnarbeit abschaffen und durch was ersetzt ihr sie? Was schlagt ihr vor? fragt man uns. Kann man sich damit begnügen zu antworten, dass die Abschaffung der Lohnarbeit nur als soziale Bewegung, als Prozess der Emanzipation und Befreiung, der das gesamte Leben umwälzt, denkbar ist? Dass dies eine vollständige Veränderung der sozialen Beziehungen voraussetzt! Mit einem Wort: den Kommunismus. Aber was ist dann Kommunismus, wenn man mal davon ausgeht, dass es was anderes ist als das Gulag-Bild, das mit Parteien oder Staaten verbunden ist, die sich selbst als kommunistisch bezeichnen?

Man kann einfach mit den Schultern zucken und denken, dass diejenigen, die es heute nicht verstehen können oder wollen, sowieso gezwungen sein werden, unter dem Druck der objektiven Bedingungen in Richtung Kommunismus zu agieren. Man kann denken, dass diejenigen, die fragen „Und was schlagt ihrdann vor? “, nur Schafe auf der Suche nach neuen Hirten sind. Das mag für manche Leute zutreffen, aber die Erklärung ist trotzdem ein bisschen kurz. Sie hält uns davon ab, weiter zu suchen. Man könnte sich aber fragen, ob solche Fragen gestern Sinn gemacht haben, oder zumindest denselben wie heute. Man zögert, bevor man mit Ja antwortet! All diese Fragen scheinen typisch für eine Welt zu sein, die nichts zu bieten hat. Früher gab es Alternativen, die entweder einen Bruch oder eine Kontinuität mit der Gesellschaft darstellten. Sie zeigten sich in bestimmten Details des Alltags. Es gab bis zu einem gewissen Grad eine proletarische Kultur, die mit besonderen Kleidungs-, Ernährungs- und Beziehungsgewohnheiten einherging. Es gab ein Milieu, in dem Ideen der Revolte, der Enteignung von Arbeitgebern und Eigentümern kursierten… Heute hat der Kapitalismus alle Bereiche des Lebens eingenommen. Er hat die Illusion geschaffen, dass alle das gleiche Leben führen, abgesehen von ein paar quantitativen Unterschieden. Seine Herrschaft über die Gesellschaft wurde weniger durch physischen Zwang als durch die Akzeptanz eines Modells (des Warenverhältnisses) erreicht, das als natürlich und/oder notwendig angesehen wird – auch wenn es nur ein notwendiges Übel ist. Diese Herrschaft führt dazu, dass die Menschen ihre realen Lebensbedingungen nicht mehr wahrnehmen, sondern sich in der Verehrung einer Abstraktion – dem Geld – vereinen, das sich die Natur und die menschliche Tätigkeit in all ihren Aspekten aneignet und umgestaltet, entsprechend den Bedürfnissen des Kapitals, sich zu vermehren und sich durch den Verkauf zu verwirklichen. Mehr noch als die Götter oder Tyrannen der Vergangenheit verschont es nichts und niemanden. Die Menschen, ihre Beziehungen und die Mittel, die sie zum Leben nutzen, werden von diesem einen Element bestimmt: dem Geld, dessen mehr oder weniger große Menge es ermöglicht, sowohl das Produkt der Tätigkeit eines Menschen als auch seine Ehre oder seinen Körper, sowohl die Haut eines Tieres als auch eine Landschaft oder einen Wald zu vergleichen und darzustellen…; alles, absolut alles, kann seinen monetären Äquivalent haben und wird so quantifizierbar, messbar. Diese Unterwerfung unter die Ware führt dazu, dass nichts mehr einen Wert an sich hat. Diese Bewegung der Mystifizierung hat mit dem voll entwickelten Kapital ihren Höhepunkt erreicht.

Man könnte daraus schließen, dass das Proletariat durch diese Bewegung vollständig in den Kapitalismus integriert wurde, wodurch die revolutionäre Perspektive verschlossen wurde. Man könnte aber auch denken, dass diese Entfremdung der Menschen von ihrem Leben nur ein Schritt auf dem Weg zur Aufgabe jeder in Klassen geteilten Gesellschaft ist. In einem Fall die Sintflut, im anderen… das Purgatorium, gefolgt vom irdischen Paradies. Die Realität ist natürlich viel komplizierter und lacht über die Propheten.

Die Frage „Was schlagt ihr vor?“ kann sowohl den Keim einer Revolte zum Ausdruck bringen (denn schon die Vorstellung, dass es eine humanere Welt geben könnte, stellt einen Bruch dar) als auch die Schwierigkeit, darüber hinauszugehen. Was liegt also näher, als diejenigen, die diesen Bruch bereits zum Ausdruck gebracht und oft gemeinsam theoretisiert haben, zu fragen, was sie davon halten… oder, in der herrschenden Sprache, was sie vorschlagen. Hier liegt natürlich die Falle: von anderen eine Gebrauchsanweisung (in der Sprache der Politiker ein Programm) zu erwarten, um diese Welt passiv durch eine andere zu ersetzen. Diese Frage kann nur dann Sinn ergeben, wenn sie bedeutet: „Ich empfinde diese Welt als unmenschlich und kann mir nur schwer vorstellen, dass es ein anderes Leben geben könnte”.

OK, DAS IST ALLES SCHÖN UND GUT, ABER WAS IST MIT DEM KOMMUNISMUS?

Es gibt viele Definitionen für den Kommunismus, selbst wenn man die Staatsdiktaturen in den osteuropäischen Ländern oder den „befreiten Nationen” der Dritten Welt und die Programme der verschiedenen Parteien und Splittergruppierungen, die sich hinter diesem Begriff verstecken, außer Acht lässt.

Wenn für viele Menschen der Begriff Kommunismus diese traurige Realität hervorruft, dann liegt das unter anderem daran, dass es einfacher ist, sich den Übergang von einem Ausbeutungssystem zu einem anderen vorzustellen als eine Gesellschaft, die die Ausbeutung abschafft. Die Vorstellung einer langen Phase, in der Kommunismus und Kapitalismus miteinander verflochten sind und sich der Kommunismus auf Kosten des Kapitalismus festigt, ist total absurd. Genau diese absurde Idee wollen die verschiedenen „Sozialismen” umsetzen, eine Art undefinierte Produktionsweise, deren Befürworter nie erklären konnten, auf welchen sozialen Beziehungen sie basiert, außer dass sie das Privateigentum durch Staatseigentum und die „Anarchie” des Marktes durch Planung ersetzen wollen – während sie die Grundlagen des Kapitalismus beibehalten: Lohnarbeit und Warenwirtschaft.

Der Kommunismus, wie wir ihn verstehen, ist vor allem die Tendenz zur menschlichen Gemeinschaft, die in den verschiedenen Formen, in denen sie sich gezeigt hat, immer das Streben nach einer Welt war, in der es weder Gesetze noch Eigentum, weder Staat noch trennende Diskriminierung, weder unterscheidenden Reichtum noch unterdrückende Macht gibt.

Der Kommunismus ist keine Politik. Er ist kein Programm, das man anderen Programmen gegenüberstellen und mit der Kraft der Argumentation oder mit Waffengewalt durchsetzen müsste. Diejenigen, die sich darauf berufen, streben nicht die Eroberung des Staates und die Ersetzung der ungerechten und ruchlosen Macht des Bourgeois durch ihre gerechte und vernünftige Macht an. Der Triumph der Politik zusammen mit dem des Staates, ist nicht unser Ziel. Das hat die Kapitalistenklasse vor unseren Augen geschafft. Der Staat, das sind nicht in erster Linie Ministerien, Präsidentenpaläste … sondern die Ausübung politischer Macht durch einen Teil der Gesellschaft über den Rest. Über die verschiedenen Formen der Machtorganisation und die Intensität der Unterdrückung hinaus ist Politik die soziale Spaltung in Herrschende und Beherrschte, die Aufteilung der Menschen in Machthaber und Untertanen. Die kommunistische Revolution, wenn sie kommt, wird der Umsturz und nicht das Ergebnis dieser Tendenz sein. So werden die Begriffe Demokratie und Diktatur, die sich auf die rechtlichen Formen der Staatsmacht beziehen, wie sie von der Philosophie der Aufklärung formalisiert wurden, nicht mehr passen. Sowohl Diktatur als auch Demokratie kommen von der Notwendigkeit, den sozialen Zusammenhalt aufrechtzuerhalten, entweder durch Zwang oder durch Idealisierung, in einer Gesellschaft, deren Bewegung selbst die traditionellen und persönlichen Bindungen zwischen Gruppen und Individuen aufbricht. Der Kommunismus ist dagegen der Ausdruck anderer Beziehungen, einer menschlichen Gemeinschaft. Die kommunistische Revolution kann von Anfang an nur der Gründungsakt dieser Gemeinschaft sein. Zu glauben, dass sie despotisch oder demokratisch eine fiktive Gemeinschaft wiederherstellen muss, bedeutet, sie von Anfang an auf der Negation ihrer eigenen Dynamik aufzubauen. Alle Verrenkungen ändern daran nichts: Hymnen an die Politik, der Kult um den Staat sind weder Kommunismus noch ein Umweg (!), der dorthin führen könnte.

Der Kommunismus ist auch keine Art der Ökonomie oder eine neue Verteilung des Eigentums. Die kommunistische Gemeinschaft wird kein „gemeinsames” Eigentum einführen, denn das Konzept des Eigentums bedeutet Aneignung, Besitz der einen zum Nachteil der anderen. Der Warenverkehr kann dort nicht nach den Modalitäten des Tausches erfolgen: diese Ware gegen jene. Eine Gesellschaft, aus der niemand ausgeschlossen ist, kann den Tausch, den Kauf und Verkauf und damit das Geld nur ignorieren. Es gibt eine kollektive oder persönliche Nutzung dessen, was die Gemeinschaft produziert. Die Logik des Teilens ersetzt also die Logik des Tausches. Die Menschen schließen sich zusammen, um bestimmte Handlungen auszuführen, bestimmte Freuden oder Emotionen zu teilen und bestimmte Bedürfnisse der Gemeinschaft zu befriedigen, ohne dass diese Gruppierung die Form eines Staates annimmt – also die Herrschaft einiger Menschen über andere – oder von Unternehmen, die Lohnabhängige einstellen und ihre Produktion zu Geld machen. Man kann daher für eine solche Gesellschaft nicht mehr von „ökonomischen Gesetzen” sprechen, Gesetzen, die heute Ausdruck der Herrschaft der Handelsbeziehungen sind.

Mit der Abschaffung des Staates, des Geldes und der Waren gäbe es eine bewusste Kontrolle der Menschen über ihre eigene Tätigkeit durch die Beziehungen und Interaktionen untereinander und zwischen ihnen und dem Rest der Natur. Der Kommunismus wäre eine Gesellschaft, in der der größte Reichtum in den menschlichen Beziehungen liegt, in der alle Menschen die Möglichkeit haben, wirklich das zu tun, was sie wollen, und in der die Zeit und der Raum, in dem sie leben, von ihnen selbst abhängen. Dies setzt eine freie Vereinigung zwischen Frauen, Männern und Kindern voraus, jenseits von Rollen der Abhängigkeit und gegenseitigen Unterwerfung. Das Verständnis, dass Knappheit oder Elend nicht von einer geringen Akkumulation von Mitteln, Dingen und Gegenständen abhängen, sondern aus einer sozialen Organisation resultieren, die auf der Aneignung durch bestimmte Menschen auf Kosten anderer basiert.

Das bedeutet, dass der Kommunismus, die Tendenz zur menschlichen Gemeinschaft, nicht ausschließlich das Ergebnis der Widersprüche des Kapitalismus ist. Aus unserer Sicht hat dieser nur einen unüberwindbaren Widerspruch: die menschliche Spezies. Man könnte meinen, dass der Kapitalismus Grundlagen entwickelt hat, die das Aufkommen des Kommunismus ermöglichen oder begünstigen (Entwicklung der Produktivkräfte, Vereinheitlichung der Ausbeutungsbedingungen usw.). Aber:

Das ist eine nachträgliche Beurteilung. Wenn frühere Produktionsweisen nicht zu diesem Aufkommen geführt haben, kann man nicht sagen, dass dies unvermeidlich war. Die kapitalistische Produktionsweise hat jedenfalls nichts Besseres hervorgebracht.

Die Vorherrschaft des Kapitalismus, die sich als Höhepunkt der Menschheitsgeschichte darstellt, hat zu Erklärungen der Vergangenheit geführt, in denen die Beziehungen zwischen den Menschen immer im Zeichen der Suche nach einem Kuchen stehen, dessen Stücke für jeden nie groß genug sind. Diese Annahme der Knappheit als unveränderliches Phänomen, mit dem die Menschheit seit ihren Anfängen konfrontiert ist, lässt die konkreten Beziehungen zwischen den Menschen außer Acht, unabhängig davon, ob diese auf Zusammenarbeit oder Ausbeutung beruhen. Sie verschleiert, dass der Gegensatz zwischen Bedürfnissen und Knappheit in Wirklichkeit Ausdruck sozialer Verhältnisse ist, in denen die Menschen in Ausbeuter und Ausgebeutete getrennt sind. So würde die Knappheit menschliche Gewalt hervorbringen, die glücklicherweise durch die Entwicklung der Ökonomie kanalisiert wird. Der durch diese Entwicklung entstandene Wettbewerb und die Konkurrenz zwischen den Menschen würden ein Ventil für diese Gewalt schaffen und somit von Vorteil sein, da die Entwicklung der Produktivkräfte es ermöglicht, die ursprüngliche Knappheit zu überwinden, indem den Menschen immer mehr Gegenstände und Dinge zur Verfügung stehen. Das Kapital hätte so eine gigantische Produktivität geschaffen, die es den Menschen ermöglicht, die Aufteilung in soziale Klassen zu beenden, da die Zunahme der Ressourcen, über die die Menschheit heute verfügt, nicht mehr die Aneignung durch bestimmte Menschen zum Nachteil anderer „erfordert”.

Aber auch wenn sich „Produktivkräfte” und „Produktionsverhältnisse” nicht harmonisch entwickeln können (ohne Krisen, Kriege usw.), drücken sie doch beide die gleichen Beziehungen zwischen den Menschen aus, die bestimmen, was produziert wird und mit welchen Mitteln dies erreicht wird. Da der Kapitalismus ein soziales System ist, in dem es eine Verallgemeinerung und Ausweitung der Handelsbeziehungen gibt, bedeutet das, dass bei der Suche nach der Geldverwertung alles, was sie berührt, zu Waren gemacht wird. Alle Mittel, die es ermöglichen, Zeit zu sparen und den Anteil der Unbestimmtheit bei der Herstellung des Produkts zu reduzieren, um dessen Austauschbarkeit zu gewährleisten, werden gesucht, um einen kontinuierlichen Prozess der Warenproduktion sicherzustellen. Dieses Streben zielt immer darauf ab, den Menschen einerseits neue „Bedürfnisse” aufzudrängen, ihnen neue „Mängel” und „Entbehrungen” aufzuerlegen, und andererseits ihre Initiativfähigkeit zu verringern und ihre intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten zu beschneiden. Von der Manufaktur bis zur industriellen Maschinerie, von der Automatisierung bis zur Informatik und Robotik sehen wir nicht den Kreislauf, der die Menschen überflüssig macht, indem er sie auf eine Reihe von vorgegebenen Handlungen reduziert, über die sie keine Macht haben, und sogar einfache Beziehungen untereinander überflüssig macht, da sie damit beschäftigt sind, Prozesse zu überwachen und zu kontrollieren, die ihnen völlig entgleiten. Die Entwicklung der Produktivkräfte zeigt, wie die Ware die menschliche Aktivität immer mehr zu reiner Energieverschwendung macht. Es geht also nicht um Gemeinschaft, Selbstverwirklichung oder Glück, sondern nur um Waren.

Durch die verschiedenen Formen der sozialen Organisation hat sich die Tendenz zum Kommunismus durch entsprechende Vokabulare definiert. So konnte sie in der feudalen Gesellschaft eine religiöse Maske und Sprache annehmen. Heute den Kommunismus als eine Welt ohne Staaten, ohne Grenzen, ohne Geld zu definieren, bedeutet zu sagen, dass der Kommunismus … nicht der Kapitalismus ist. Diese Definitionen spiegeln nur die Welt wider, in der wir leben. Jenseits dieser Reflexion gibt es sozusagen eine Unveränderlichkeit des Kommunismus. Nicht die Unveränderlichkeit eines Programms, einer Organisation oder irgendetwas in dieser Art, sondern eine Konstante im Streben der Menschen, sich zusammenzuschließen, miteinander und mit einer Umwelt zu kommunizieren, die nicht mehr als ein Objekt angesehen wird, das der menschlichen Aktivität unterworfen werden muss, sondern in einer Beziehung der Komplementarität. Es ist das alte Streben nach Gleichheit, Teilen und Gemeinschaft, das im Mythos vom Goldenen Zeitalter, in den Sklavenaufständen der Antike wie auch in denen der Bauern im Mittelalter präsent war. Es ist das, was sich in bestimmten Visionen der Utopisten und dann in der Tendenz der proletarischen Kämpfe, ihre unmittelbaren Ziele zu überschreiten, zeigte.

Das heißt nicht, dass die ganze Geschichte der Menschheit eine „programmierte” Entwicklung “ in Richtung Kommunismus ist. Es gibt weder einen Sinn der Geschichte noch eine absolute Unumkehrbarkeit derselben. Möglichkeiten, die sich vor Hunderten oder Tausenden von Jahren gezeigt haben, sind nicht für immer abgeschafft. Die „Geschichte” ist kein Moloch, der Möglichkeiten verschlingt und die Zukunft der Menschheit zu einer unvermeidlichen und unumkehrbaren Verarmung verdammt. Das bedeutet einfach, dass eine kommunistische Revolution, wenn es sie gibt, die Dinge nur an der Wurzel packen kann. Der Mensch kann nur dann wirklich Mensch werden, wenn er seine Möglichkeiten wiederentdeckt und verwirklicht: Und das kann er nicht ohne eine Revolution.


Kommunistischer Katechismus in Fragen und Antworten. (Auszug)

II. Über Geld und Knechtschaft

1 ) Was ist Geld?

Es ist der in Zahlen ausgedrückte Wert menschlicher Tätigkeit, der Kaufpreis oder Tauschwert unseres Lebens.

2 ) Kann die Arbeit der Menschen in Zahlen ausgedrückt werden?

Menschliche Arbeit ist genauso wenig wie der Mensch selbst mit Geld zu beziffern, denn menschliche Arbeit ist menschliches Leben, das durch keinen Geldbetrag aufgewogen werden kann: Es ist unschätzbar.

3 ) Was ist ein Mensch, der für Geld verkauft werden kann oder sich selbst für Geld verkauft?

Wer verkauft werden kann, ist ein Sklave, und wer sich selbst verkauft, hat die Seele eines Sklaven.

4 ) Was müssen wir aus der Existenz des Geldes schließen?

Wir müssen daraus die Existenz der Sklaverei [des Menschen] schließen, denn Geld ist das Zeichen der Sklaverei des Menschen, da es den Wert des Menschen in Zahlen ausdrückt.

5 ) Wie lange werden die Menschen noch Sklaven bleiben und sich mit all ihren Fähigkeiten für Geld verkaufen?

Sie werden es bleiben, bis die Gesellschaft jedem die Mittel bietet und garantiert, die er braucht, um menschlich zu leben und zu handeln, so dass der Einzelne nicht mehr gezwungen ist, sich diese Mittel aus eigener Initiative zu beschaffen und zu diesem Zweck seine Arbeitskraft zu verkaufen, um im Gegenzug die Arbeitskraft anderer Menschen zu kaufen. Dieser Handel mit Menschen, diese gegenseitige Ausbeutung, diese sogenannte Privatwirtschaft, kann nicht durch irgendein Dekret abgeschafft werden, sondern nur durch die Einführung einer Gemeinschaftsgesellschaft, in der jedem die Mittel zur Verfügung gestellt werden, um seine menschlichen Fähigkeiten zu entwickeln und zu nutzen.

6 ) Ist in einer so aufgebauten Gesellschaft die Existenz von Geld möglich oder vorstellbar?

Nicht mehr als die Sklaverei von Menschen. Wenn die Menschen nicht mehr gezwungen sind, ihre Kräfte und Fähigkeiten aneinander zu verkaufen, müssen sie ihren Wert auch nicht mehr in Zahlen ausdrücken, sie müssen nicht mehr rechnen und bezahlen. Anstelle des in Zahlen ausgedrückten menschlichen Wertes tritt dann der wahre, unschätzbare menschliche Wert –– anstelle von Wucher die Entfaltung der menschlichen Fähigkeiten und die Freuden des Lebens – anstelle von Konkurrenz mit unfairen Mitteln eine harmonische Zusammenarbeit und ein edler Wettstreit – anstelle der Multiplikationstabelle der Kopf, das Herz und die Hände freier und aktiver Menschen.

Moses Hess 1844

[Die erste Hälfte des Textes, aus dem dieser Auszug stammt, wurde am 21. Dezember 1844 in der Ausgabe Nr. 102 von „Vorwärts” veröffentlicht. Der ganze Text erschien 1846 in den „Rheinischen Jahrbüchern zur gesellschaftlichen Reform” II. Beide Male wurde der Text anonym veröffentlicht. Diese französische Übersetzung ist aus „Marx et les communistes allemands à Paris“ von Jacques Grandjone (Maspero, 1974).]


VON DER HERRSCHAFT DER WAREN

Aspekte der Herrschaft der Waren

In traditionellen Gesellschaften wurden, unabhängig vom Status der Mitglieder, die Hierarchie, Regeln und Normen, die die Menschen in Herrscher und Beherrschte trennten, durch eine Reihe von Rechten und Pflichten ausgeglichen und regelmäßig durch soziale Praktiken (Feste usw.) durchbrochen. Außerdem waren die Abhängigkeits- und Autoritätsverhältnisse, die die Menschen verbanden, im Wesentlichen persönliche Beziehungen. Die Unterdrückung war real, aber sie war transparent. Als sich jedoch die Handelsbeziehungen ausbreiteten und die Ware auf den Kauf und Verkauf von Arbeitskraft durch Lohnarbeit ausgedehnt wurde (eine Ausweitung, die die Entstehung kapitalistischer Produktionsverhältnisse ermöglichte und begleitete), war nicht mehr die Beziehung zwischen diesen Menschen entscheidend, sondern die Produktion von Waren.

Mit der Vorherrschaft des Kapitalismus scheinen die menschlichen Beziehungen nicht mehr von den Menschen abzuhängen, sondern werden durch ein Symbol verwirklicht und bestimmt: das Geld. Da alle menschlichen Aktivitäten durch Geld repräsentiert und transformiert werden können, werden sie zu einer Reihe von Objekten, die Gesetzen unterliegen, die unabhängig vom Willen der Menschen sind. Die Beziehungen zwischen den Menschen laufen über produzierte Dinge und über das Verhältnis zwischen diesen Waren.

In der kapitalistischen Gesellschaft wird alles zum Verkauf und zum Profit produziert. Es kann also nur als Ware existieren, die durch ihren Wert definiert ist. So werden die Millionen verschiedener Arten von Gegenständen, die durch menschliche Tätigkeit hergestellt werden, auf einen gemeinsamen Nenner reduziert – den Marktwert –, der anhand eines gemeinsamen Maßstabs gemessen wird: dem Geld. Dadurch können sie verglichen und ausgetauscht werden und werden vollständig vom Markt beherrscht.

Da Geld zur universellen Abstraktion wird, durch die alles gehen muss, sehen sich die Menschen meist als potenzielle Konkurrenz, deren fehlende Beziehungen durch ihren Fetischismus gegenüber Waren kompensiert werden. Durch die Verbreitung von Gegenständen, die keinen anderen Nutzen haben, als Geld einzubringen, und gleichzeitig als Prothesen die menschliche Tätigkeit ersetzen, werden Waren und Besitzgier zu Ausdrucksformen der Persönlichkeit. Auf menschliche Bedürfnisse reagiert das Kapital mit einer Fülle künstlicher Befriedigungen: Dem Menschen, der sich nach der Natur sehnt, bietet es eine funktionale und mechanisierte Natur; dem, der unter dem Gewicht der Zwänge erstickt, verschafft es Freizeit; dem, der in seiner Leere Zuflucht in der Liebe sucht, überschüttet es ihn mit billiger Erotik. Noch nie hat eine Gesellschaft die Menschen so sehr zusammengebracht und miteinander verbunden, dass die Aktivitäten der einen so sehr von denen der anderen abhängig sind; und doch hat noch nie eine Gesellschaft sie einander so gleichgültig und feindselig gemacht, da die Bindungen, die sie verbinden – der Markt, die Konkurrenz – sie auch trennen.

Die Logik der Herrschaft der Ware ist auch ein System der allgemeinen Verschwendung und Zerstörung: Waren werden hergestellt, um nicht lange zu halten oder um weitere Verkäufe anzuregen, natürliche Ressourcen werden geplündert, Nahrungsmittelressourcen verfälscht, der „Überschuss” an landwirtschaftlichen Produkten eines Teils der Welt zerstört, während der andere Teil in Mangel gehalten wird, allgemeine Kriegsökonomie…

Die innere Logik des Kapitalismus ist so, dass die von ihm produzierten Waren nicht unabhängig vom Handelsprozess betrachtet werden können. Waren sind keine „neutralen” Güter (Gebrauchswert), denen man einfach ihre Unterwerfung unter das Geld (Tauschwert) nehmen könnte. Handelsaustausch und Gebrauch sind nur zwei Aspekte desselben sozialen Verhältnisses. Der Kapitalismus hat Produktion, Verkauf und Nutzung zu einem zusammenhängenden Ganzen verschmolzen. Man verzichtet lieber auf das, was logischerweise als das Wesentliche erscheinen könnte, als auf das neueste Gadget, mit dem man „in” ist. Durch den Konsum findet ein Prozess der Differenzierung gegenüber denen statt, die ein bestimmtes Produkt nicht kaufen, und der Identifikation mit der Gruppe derjenigen, die dasselbe Produkt gekauft haben, dessen Nutzung uns angeblich Momente erleben lässt, die wir nicht erleben, und uns Beziehungen ermöglicht, die wir nicht haben. Wichtig ist, dass der Vorteil offensichtlich ist, und es spielt keine Rolle, dass er nur scheinbar ist.

Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir die notwendige Abnutzung von Gegenständen berechnen und festlegen. Der Markt darf nicht mit Produkten überladen werden, die zu lange halten. Sie stellen gebundenes Kapital dar. Je schneller sich ein Kapital dreht, desto schneller nimmt es wieder die Form von Geld an, um es erneut zu verlieren, indem es wieder zu einer konkreten Ware wird, desto mehr bringt es ein. Es wird mit einem Gewinn wieder investiert. Alles muss schnell zirkulieren.

Zu diesem Zweck bilden die auf dem Markt angebotenen Waren ein extrem hierarchisches Ganzes. Es gibt nicht nur eine oder wenige Waren für einen bestimmten Bedarf, sondern eine Vielzahl von Waren derselben Marke oder konkurrierender Marken. Diese Vielfalt soll den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen gerecht werden: „Der Kunde muss die Wahl haben”! Tatsächlich hat er nur die Wahl, die ihm seine finanziellen Mittel und seine soziale Stellung erlauben. Viele Waren erfüllen denselben Bedarf, unterscheiden sich aber in Qualität und Preis. Verschiedene Produkte können unterschiedlichen Verwendungszwecken entsprechen. Nur sind diese unterschiedlichen Verwendungszwecke nicht für dieselben Personen zugänglich. Wie die Produktion sind auch diese Verwendungszwecke sozial bestimmt.

Um die Entfremdung des Menschen, der auf die Rolle des Produzenten und dann des Konsumenten reduziert wird, zu verschleiern, muss der Kapitalismus die Illusion einer Trennung zwischen Produktion und Konsum aufrechterhalten. Die Trennung zwischen Produktion und Konsum erscheint so als natürliche Trennung zwischen zwei klar getrennten Bereichen des sozialen Lebens. Nichts könnte falscher sein. Erstens ist die Grenze zwischen der sogenannten Produktionszeit und der Konsumzeit fließend. In welche Kategorie fallen das Kochen und viele andere Aktivitäten? Zweitens ist jede Produktionstätigkeit zwangsläufig auch eine Konsumtätigkeit. Wir verwandeln lediglich Materie auf bestimmte Weise und zu bestimmten Zwecken. Während wir bestimmte Dinge zerstören oder verbrauchen, gewinnen wir andere oder produzieren sie, wenn wir wollen. Konsum ist produktiv, Produktion ist konsumierend.

Die Begriffe Produktion und Konsum sind nicht neutral. Die kapitalistische Verwendung des Begriffs Produktion verdeckt die Einbettung des Menschen in seine Umwelt, in die gesamte Natur. Ein Huhn wird zu einer Eierproduktionsmaschine. Man interpretiert dann alles in Begriffen der Herrschaft und Nutzung. Der Mensch als Produzent – angeblich bewusst und Herr über sich selbst – macht sich auf, die Natur zu erobern: Er will sein eigener Herr sein, so wie er Herr über das Objekt ist, das er formt, aber er hört dennoch nicht auf, selbst ein Objekt zu sein, sein eigenes Objekt.

Aspekte der Abschaffung der Ware

Da der Kommunismus die Schaffung neuer Beziehungen zwischen den Menschen ist, die eine ganz andere menschliche Tätigkeit bestimmen würden, muss man verstehen, dass die Produktion nicht das wäre, was sie heute ist, wenn es kein Geld gäbe. Wenn man mangels einer besseren Bezeichnung noch von Produktion sprechen, um die Prozesse zu beschreiben, durch die ein Teil der menschlichen Tätigkeit der Reproduktion der Existenz gewidmet wäre und in denen sich die Fähigkeiten der Schöpfung, der Innovation und der Transformation ausdrücken würden, würden das Verschwinden der Ausbeutung und die Abschaffung des Geldes bedeuten, dass diese Produktion nicht mehr die Unterwerfung der Menschen unter ihre Verwirklichung impliziert, da sie deren Ziele, Mittel und Bedingungen bestimmen würden. Sie wäre also ein Ausdruck ihrer Menschlichkeit und würde den Menschen nicht ihre anderen Dimensionen (Liebe, Spiel, Träume usw.) nehmen. In einer gemeinschaftlichen Gesellschaftsordnung würden die Produzenten ihre Produkte nicht mehr tauschen; ebenso würde die in diesen Produkten enthaltene menschliche Tätigkeit nicht mehr als deren Wert erscheinen, als eine reale Menge, die sie besitzen. Da diese Güter nicht mehr durch einen Wert gekennzeichnet wären, könnten sie weder gehortet noch getauscht (auf der Grundlage dieses Wertes, unabhängig von seiner Messweise) und schon gar nicht verkauft werden. Sie hätten keinen anderen Zweck als die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und Wünsche, wie sie in einem bestimmten Zeitraum empfunden würden.

Mit der Abschaffung der Warenproduktion würde die Herrschaft des Produkts über den Produzenten verschwinden. Der Mensch würde wieder eine Verbindung zu dem finden, was er tut. Mit dem Verschwinden des Geldes wären die Güter frei und kostenlos. Es ginge nicht mehr darum, über eine bestimmte Geldmenge zu verfügen, um das Recht zu haben, dieses oder jenes zu erwerben. Eine kommunistische Gesellschaft wäre aber nicht einfach eine Verlängerung unserer „Konsumgesellschaft”. Sie wäre kein riesiger Supermarkt, in dem sich passive Menschen einfach bedienen könnten. Man würde nicht mehr nach ausbeutbaren Ressourcen suchen, ohne sich um die Zukunft zu kümmern, und nach nutzlosen Gadgets, die den Eindruck von Erfindungsreichtum und Neuheit erwecken.

Wenn man sich entscheidet, aus diesem Haufen von Müll ein oder zwei nützliche und gut gemachte Gegenstände zu retten, wird die menschliche Aktivität sowohl einfacher als auch reichhaltiger. So würden viele Folgen der Produktion, die mit den „Erfordernissen” der Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit zusammenhängen, beseitigt: die Verringerung der Bedeutung der menschlichen Aktivität bei der Herstellung von Produkten, Verschwendung, Umweltverschmutzung, internationale Arbeitsteilung…

Der Kommunismus ist keine Aneignung des Wertes durch die Produzenten, sondern dessen Negation. Die Tatsache, dass ein Produkt von diesem oder jenem hergestellt wurde, würde zudem keine Fortdauer des Eigentumsprinzips mit sich bringen, selbst wenn dieses „dezentralisiert” wäre. Die Produktionstätigkeit wäre nicht mehr mit dem Begriff des Besitzes verbunden, sondern mit individueller und kollektiver Kreativität, mit dem Bewusstsein, menschliche Bedürfnisse sowohl als Individuen als auch als Gemeinschaft zu befriedigen.

Durch den Ersatz des Tausches durch die gemeinsame Nutzung würden Güter keinen ökonomischen Wert mehr haben und einfach zu physischen Objekten werden, die Menschen zur Befriedigung des einen oder anderen Bedürfnisses nutzen könnten. In dieser Hinsicht würden sich diese Objekte grundlegend von denen unterscheiden (auch wenn sie gleich aussehen), die der Kapitalismus geschaffen und entwickelt hat. Es geht nicht nur darum, sich die Güter der Vergangenheit anzueignen, sondern sie neu zu denken, manchmal auch zu ersetzen, und zwar im Hinblick auf den Genuss und nicht mehr auf den Profit. Dieser Veränderung des Zwecks entspricht eine ebenso tiefgreifende Veränderung des Produktionsprozesses, also eine technologische Umgestaltung, die sowohl die Nutzung der vom Kapitalismus hinterlassenen „Errungenschaften”, die Wiederentdeckung von Technologien, die zuvor als unrentabel aufgegeben wurden, und eine Innovation, die den Menschen nicht der Maschine unterwirft.

Diese neue Art, die Produktion zu organisieren, würde nicht verhindern, dass man die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Gemeinschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt einschätzen muss. Nur würden diese nicht mehr auf einen gemeinsamen Nenner reduziert, der nach einer universellen Einheit gemessen wird. Sie werden als physische Mengen gezählt und sind für die Menschen interessant. Man sollte den Kommunismus aber nicht auf Kompatibilitätsprobleme reduzieren. Damit würde man nur die Perspektive der menschlichen Gemeinschaft durch die eines technokratischen Ideals ersetzen und die Arbeit als eine den Menschen fremde soziale Aktivität aufrechterhalten. In der Vergangenheit haben Kommunisten die Idee vorgebracht, dass die Verteilung der Produkte durch die Einführung von Arbeitsgutscheinen geregelt werden könnte, die einer durchschnittlichen sozialen Arbeitszeit entsprechen, wobei Abzüge für kollektive Fonds berücksichtigt werden. Tatsächlich kann die Existenz eines gemeinsamen Maßstabs, der Produktion und Arbeit misst, nicht mit einer wirklichen Abschaffung des Lohnsystems und des Austauschs, also des Werts, einhergehen. Außerdem müsste man – ganz „gerecht” – je nach der Härte der Arbeit, ihrer Bedeutung usw. (übrigens völlig willkürliche) Anpassungen vornehmen. Damit würde man wieder bei einer „ökonomischen Berechnung” landen, die eine „Werteinheit” erfordert, sei es in Geld oder direkt in Arbeitszeit ausgedrückt. Der Kommunismus als geldlose Gesellschaft würde dagegen keine universelle Maßeinheit brauchen, sondern könnte in Naturalien rechnen. Die Attraktivität dieses oder jenes Gegenstands würde dann von ihm selbst ausgehen und nicht mehr von einem mehr oder weniger willkürlich zugewiesenen Wert. Seine Herstellung und seine Verwendung würden danach entschieden, was sie für Mensch und Natur bedeuten.

Mit dem Verschwinden des Marktwerts würde auch die Trennung des Menschen in Produzent und Konsument verschwinden. Für den kommunistischen Menschen wird Konsumieren nicht im Widerspruch zu Produzieren stehen, denn es wird nicht antagonistisch sein, sich um sich selbst und um andere zu kümmern. Die Produktion wird sich zu einer kreativen Tätigkeit wandeln. Die Gruppe oder das Individuum wird sich durch das ausdrücken, was er tut. Sofern es nicht durch die Natur der Produkte selbst bedingt ist, werden die Menschen nicht mehr ständig in Eile sein müssen, da sie nicht mehr durch die Notwendigkeit, Waren zu produzieren, unter Druck stehen. Der „Konsument” kann dem „Produzenten” nicht mehr vorwerfen, dass das, was er macht, nicht perfekt ist, weil er ihm kein Geld dafür gibt, sondern ihn einfach von innen heraus kritisieren. Was dann auf dem Spiel steht, ist ihr gemeinsames Werk.


Das Gesetz der Freiheit (Auszüge)

Als die Menschheit anfing, zu kaufen und zu verkaufen, verlor sie ihre Unschuld; und die Menschen begannen, sich gegenseitig zu unterdrücken und ihr natürliches Recht zu betrügen (…) die Menschen werden nie lernen, ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Gartengeräten umzuschmieden, sie werden nie wissen, wie sie Kriege loswerden können, wenn sie nicht zuerst den Betrug, den sie mit dem Kauf und Verkauf erfunden haben, zusammen mit dem Dreck der königlichen Macht wegfegen (…)

Das Land muss bestellt und die Früchte geerntet und mit Hilfe jeder Familie in Scheunen und Lagerhäuser gebracht werden. Und jeder Mensch oder jede Familie, die Getreide oder andere Vorräte braucht, soll zu den Lagerhäusern gehen und sie ohne Geld mitnehmen. Wenn sie ein Pferd zum Reiten brauchen, sollen sie im Sommer auf die Felder oder im Winter in die Ställe gehen und sich eines von den Wächtern geben lassen; und wenn ihr eure Arbeit erledigt habt, bringt es ohne Geld dorthin zurück, wo ihr es geholt habt. Wenn jemand Essen oder Lebensmittel braucht, kann er entweder zum Metzger gehen und sich ohne Geld nehmen, was er braucht, oder zu den Schaf- und Rinderherden gehen und das für seine Familie notwendige Fleisch ohne Kauf oder Verkauf nehmen und schlachten (…)

Da manche Familien oder Handwerker bestimmte Sachen in größeren Mengen herstellen, als sie brauchen, wie Hüte, Schuhe, Handschuhe, Strümpfe, Kleidung aus Leinen oder Wolle und so weiter, sollen sie ihre Sachen zu den Lagern bringen, immer ohne Kauf oder Verkauf; und sie sollen zu anderen Lagern gehen, um alles andere zu holen, was sie brauchen und nicht selbst herstellen können. Da andere Leute an ihren Arbeiten beteiligt sind, ist es nur logisch, dass sie mit anderen Leuten teilen ( … )

Da Geld und Gold entweder aus unseren eigenen Minen gewonnen oder per Schiff aus Übersee herbeigeschafft werden, dürfen sie nicht mit dem Siegel eines Eroberers versehen werden, um unter seinem Namen oder mit seiner Genehmigung zum Kauf und Verkauf verwendet zu werden; denn in der Gemeinschaft kann es zu keinem anderen Zweck verwendet werden als zur Herstellung von Geschirr und anderen Gegenständen, die zur Ausschmückung der Häuser notwendig sind, so wie man heute Messing, Zinn und Eisen oder jedes andere Metall für diesen Zweck verwendet.

Gerard Winstanley 1652


BEZIEHUNGEN ZWISCHEN MENSCHEN

Gegen die Entmenschlichung

Der Kapitalismus ist die Herrschaft der Trennungen, die unser Leben in Schubladen einteilen. Der Nutzer, der Produzent („produktiv” oder „unproduktiv”), der Lohnabhängige wie auch der Arbeitslose, die alle beherrscht werden, verlieren die Kontrolle über ihr Leben. Alles und sich selbst beraubt, führen wir ein fragmentiertes Leben (Arbeitszeit/Freizeit), spezialisiert (berufliche Orientierung, definierte und begrenzte Status), zersplittert (Zeit, die wir in Transportmitteln verbringen, um die geografische Trennung von Wohnort und Arbeitsplatz zu überbrücken, mit den Schritten, die wir unternehmen müssen, um unser Elend zu bewältigen). Dieses zersplitterte Dasein fesselt uns an unsere Position als Nutzer, als Konsumenten. Es führt zu Beziehungen der Unterwerfung oder der Gleichgültigkeit zwischen den Menschen. Die Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht, Fähigkeiten, Wissen, intellektuelle und emotionale Neigungen, körperliches Erscheinungsbild usw., all diese Diversität, die zu einer Konstellation bereichernder Beziehungen und Interdependenzen führen könnte, wird in ein System von Autorität und Gehorsam, Überlegenheit und Unterlegenheit, Rechten und Pflichten, Privilegien und Entbehrungen umformuliert. Diese Hierarchisierung der Zeichen der Differenzen zeigt sich nicht nur in den sozialen Beziehungen: Sie wirkt sich auch innerhalb jedes Individuums auf seine Art und Weise aus, natürliche, soziale oder intime Phänomene zu begreifen. Nicht nur die Art und Weise, wie wir zusammen handeln und kommunizieren, ist hierarchisiert, sondern auch das Verständnis und die Sensibilität jedes Einzelnen bei der Organisation der enormen und vielfältigen Informationen, die uns durch die Sinne, das Gedächtnis, die Gedanken, die Werte, die Leidenschaften usw. zur Verfügung stehen.

Zusammen mit anderen sozialen Konditionierungen trägt die Bildung dazu bei, diese zersplitterte und hierarchische Existenz aufrechtzuerhalten. So sieht der Mensch sein Leben geteilt: die ersten Jahre für die „Bildung”, die anderen für die Arbeit (als ob das Lernen, die Suche nach Wissen, die Neugierde auf neues Wissen nicht ein ganzes Leben lang dauern könnten und sollten! …). Diese Trennung zwischen dem produktiven Leben einerseits und der Bildung andererseits ist nicht das Ergebnis einer menschlichen Notwendigkeit. Sie hat ihren Grund nicht in der wachsenden Bedeutung des „Wissens”, das es zu erwerben gilt. Was das Wissen angeht, ist die Schule nur eine Farce. In der Schule lernt man lesen, schreiben und rechnen, aber vor allem lernt man, Langeweile zu ertragen, Autorität zu respektieren, sich gegen seine Freunde durchzusetzen, zu verheimlichen und zu lügen. Wichtig ist, dass das Kind lesen lernt, weil es lesen lernen muss, und nicht, um seine Neugier oder seine Liebe zu Büchern zu befriedigen. Das paradoxe Ergebnis daran ist, dass die Schule zwar den Analphabetismus zurückgedrängt hat, aber gleichzeitig bei den meisten Menschen die Freude und die echte Fähigkeit zum Lesen erstickt hat.

In der Schule lernt man, sich anzupassen und aufzugeben. Zuerst braucht man mehr Zeit, um die Schüler zu bändigen, als um ihnen irgendetwas beizubringen. Die Strukturen der Kontrolle, Benotung, Betreuung und Erfassung nehmen unabhängig von der geleisteten Arbeit in einem unglaublichen Tempo zu. Dann steht das wenige, was unterrichtet wird, im Zeichen der Selbstauslöschung und der ständigen Herabstufung: Jedes erzielte Ergebnis wird sofort abgewertet oder sogar annulliert. Was man euch beigebracht hat, ist nichts; ohne das, was man euch beibringen wird, habt ihr keine Chance. So darf nichts passieren, das Rad der Konditionierung muss sich drehen. Das Morgen wird abgeschafft und durch die triste Wiederholung des Heute ersetzt. Deshalb ist der Stundenplan des Schülers dem des Arbeiters nachempfunden. Unterwerfung muss erarbeitet und gelernt werden. Die Schule ist nur das Fegefeuer vor der Hölle … Nie haben die Menschen so viel „gelernt”, nie waren sie so unwissend in Bezug auf ihr eigenes Leben. Sie werden von der Masse an Informationen überschwemmt, die von der Schule, den Zeitungen und dem Fernsehen auf sie einprasseln. In dieser Akkumulation von Wissen als Ware ist alles austauschbar und undeutlich. Es ist totes Wissen, das nicht in der Lage ist, das Leben zu verstehen, weil es sich gerade dadurch auszeichnet, dass es sich von der Erfahrung und dem Erlebten gelöst hat.

Was die Klassengesellschaften bis heute am Leben gehalten hat, ist im Grunde genommen die mehr oder weniger ausgeprägte Zustimmung der Ausgebeuteten zu den Moralvorstellungen und Vorstellungen, die ihren Verzicht auf ein Leben, über das sie keine Kontrolle haben, ihre Unterwerfung unter die Herrschaft und Ausbeutung zum Ausdruck bringen. Diese Akzeptanz kann nur durch das Aufkommen von Vorstellungen von menschlicher Aktivität in Frage gestellt werden, die eine Ablehnung der stereotypen Rollen zum Ausdruck bringen, in denen dieses bisher erstarrt und festgefahren ist. Dieser Zustand der Passivität ist eigentlich ein Zustand der Entmenschlichung und Entrechtung, der jedoch keine totale Unterwerfung oder Zustimmung zum Kapital bedeutet. Sein Einfluss auf das Leben verdrängt nur das Menschliche, die Liebe, die Kreativität und die Initiative. Versuche, sich vor diesem Einfluss zu schützen, enden oft in einer Gefangenschaft in der Lüge.

In den Überresten einer auf das Wesentliche reduzierten Familie (Eltern, Kinder, Fernseher) herrscht Heuchelei. Die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern erreichen oft einen Tiefpunkt, da sie nur noch auf dem gemeinsamen Besitz einer Reihe von Gütern beruhen. Was eigentlich nur ökonomische, emotionale oder sexuelle Sicherheit ist, wird als Liebe dargestellt.

Auch um sich gegen die Zerstörung des persönlichen Lebens durch den Kapitalismus zu wehren, streben die Menschen nach Eigentum. Auch wenn dieser nur einen lächerlichen Schutz vor der Gewalt der Welt und der „Anderen” bietet. Er verhindert weder den Lärm in schlecht schallisolierten Gebäuden noch die durch die Bedürfnisse des Marktes verursachte Umweltverschmutzung, noch die Arbeitslosigkeit, die den Kredit für den Kauf eines Autos oder eines Hauses in Frage stellt, noch Enteignungen, noch Langeweile … Auch wenn der Begriff des Eigentums eine Realität abdeckt, dient er auch dazu, die Realität der Welt zu verschleiern. Eigentum ist das Ergebnis menschlicher Beziehungen, die Machtverhältnisse sind, die auf Gewalt und Aneignung beruhen. Die Verbreitung des Geldes hat diese offene Gewalt verschleiert, indem sie dem Besitzer soziale Macht ohne direkten Einsatz von Gewalt ermöglicht hat. So kann sich die Distanz (tatsächliche oder vermeintliche) zwischen den Menschen zum Ausdruck bringen. So kann man im Geschäftsleben erkennen, wer wirklich über die Ware verfügt und wer nicht. Bis zum 19. Jahrhundert schränkten noch eine Reihe von Regeln die Macht der Besitzenden ein, die nur den ersten Schnitt einer Wiese nutzen durften und das Ährenlesen und das freie Weiden zulassen mussten. Mit der Verallgemeinerung der Handelsbeziehungen reichen lokale Bräuche nicht mehr aus. Auf dem Land gibt es nur noch wenige Überreste davon: Wegerecht, Wasserentnahmerecht. Waren und Kapital brauchen Regeln, die unabhängig von den besonderen Umständen gelten. In der bourgeoisen Welt ist jeder freier Eigentümer. Der Bauer ist Eigentümer seines Feldes, der Chef seiner Fabrik, der Arbeiter seiner Arbeitskraft. Das Eigentum verdeckt die Ausbeutungsverhältnisse.

Für eine menschliche Gemeinschaft

Kommunismus bedeutet das Ende der Trennungen, die unser Leben unterteilen. Menschen können darin nicht mehr als einfache Nutzer definiert werden. Das menschliche Streben nach Kommunismus bedeutet, dass es nicht mehr darum geht, Konsumenten (von Gütern, Beziehungen) oder Produzenten (von Waren) zu sein, sondern die menschliche Tätigkeit zu verändern. Mit der Abschaffung von Lohnarbeit und Geld könnte der Mensch wirklich aktiv werden, auf die Existenz und ihren Rahmen einwirken und nicht mehr von ihnen „beeinflusst” werden.

Dieses Ende der Trennungen würde sich im Zentrum des Produktionsprozesses wiederfinden, wo jeder Begriff der Aufteilung der Arbeit, der Qualifikation und sogar der Professionalität in Frage gestellt würde. Für die Verfechter der Arbeit ist es natürlich eine Ungeheuerlichkeit zu glauben, dass es eines Tages keine Handwerker oder Architekten mehr als Beruf geben wird und dass derselbe Mensch, der die Funktion eines Architekten ausgeübt hat, auch die Schubkarre schieben kann! Doch was soll man von einer Welt halten, die Handwerksberufe verewigt, in der das Berufsleben von anderen menschlichen Aktivitäten getrennt ist?

Eine kommunistische Gesellschaft würde aufhören, Berufsleben, Gefühlsleben, … Zeit, die mit Konsum oder Produktion verbracht wird, gegeneinander auszuspielen. Orte der Bildung, der Produktion, der Unterhaltung, … wären keine voneinander abgeschotteten Welten mehr. Die Vollendung dieser Veränderungen wird vielleicht Zeit brauchen. Aber ihr Engagement kann nur sofort beginnen, genau wie die Abschaffung der Warenproduktion und der Lohnarbeit, sobald der revolutionäre Prozess losgeht.

Um eine produktive oder nicht-produktive Tätigkeit auszuüben, würden die Menschen nicht mehr durch die Macht des Kapitals zusammengebracht werden. Ihre Assoziation würde jedoch nicht das Wiederaufleben früherer Formen wie der alten patriarchalischen (oder matriarchalischen) Familie erfordern. Sie werden sich aufgrund ihrer gemeinsamen Vorlieben und Affinitäten zusammenschließen, in Beziehungen, in denen die zwischenmenschlichen Beziehungen genauso wichtig sind wie ihre Aktivitäten.

Die Herrschaft, die Menschen zu Produktionsmitteln, zu Objekten wie Werkzeuge und Maschinen macht, hat sich heute tief in die menschliche Persönlichkeit eingeschlichen und prägt unsere Sprache, unsere Gesten und unsere alltäglichen Verhaltensweisen. Kommunismus zu denken bedeutet dagegen zu verstehen, dass wir mit dieser Wahrnehmung von Individuen in Begriffen von Gegensätzen Schluss machen müssen, in denen das „Ich” nicht nur eine Person ist, die sich von den „Anderen” unterscheidet, sondern eine Person, die danach strebt, sie zu beherrschen und sich unterzuordnen. In dieser Beziehung wird das Denken des Individuums durch die Beherrschung von Objekten und die Reduzierung anderer Individuen auf Objekte definiert, die nach ihrer Nützlichkeit betrachtet werden. Insofern als individuelle „Bedürfnisse” nur für sich selbst existieren und die Integrität des anderen ignorieren, bleibt der andere ein reines Objekt, und der Umgang mit diesem Objekt wird zur Aneignung. Dem würde eine Beziehung der Komplementarität zwischen den Menschen gegenüberstehen, in der der andere als Selbstzweck anerkannt würde und in der sich das Bedürfnis des anderen in Begriffen der Gegenseitigkeit definieren würde. Diese Verbindungen wären die Negation der Herrschaftsverhältnisse, die heute jede echte menschliche Beziehung verneinen.

Das heißt nicht, dass alle Konflikte verschwinden, sondern dass es keine unüberbrückbaren Gegensätze zwischen Gruppen und menschlichen Interessen mehr gibt. Es geht darum, Schluss zu machen mit dem Miserabilismus und der Verherrlichung von Konflikten, mit den Definitionen der Bourgeoisie, die sagen, dass „der Mensch dem Menschen ein Wolf ist” und dass sich daran nichts ändern kann. Der Kommunismus wird den Menschen nicht abschaffen, sondern ihn in all seinen Möglichkeiten rehabilitieren, die weit über einen aggressiven Kampf zwischen den Menschen (unser heutiges tägliches Los) hinausgehen. Das heißt nicht, dass das Leben auf der Erde „paradiesisch” sein wird, sondern dass die Beziehungen zwischen den Menschen nicht mehr Beziehungen zwischen gleichgültigen Individuen sein werden. Die Menschen können sich ohne äußeren Zwang verbinden oder auch nicht.

Zweifellos wird es immer Abhängigkeiten geben, aber sie werden Komplementarität und nicht Dominanz bedeuten. Kleine Kinder werden immer von Erwachsenen abhängig sein, um ihre grundlegenden physiologischen Bedürfnisse zu befriedigen, sie werden immer die Hilfe ihrer Ältesten mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung brauchen. Die älteren Generationen werden ihrerseits weiterhin auf die Jüngeren angewiesen sein, um die Gesellschaft fortbestehen zu lassen und um den unverzichtbaren Ansporn durch den Geist der Forschung und Innovation zu erhalten. So wird die derzeitige Vorstellung, die den anderen als „überlegen” oder „unterlegen” definiert, durch einen Ansatz des gegenseitigen Respekts und der gegenseitigen Bereicherung ersetzt werden. Es gibt keine andere „Garantie” für die Entwicklung einer menschlichen Gemeinschaft, in der es nicht darum geht, die Beziehungen zwischen den Generationen, zwischen Männern und Frauen usw. zu reglementieren. Pech gehabt, wenn das diejenigen beunruhigt, die sich nicht vorstellen können, ohne die Garantie des Polizisten, des Lehrers oder des Pfarrers auszukommen!

Im Kommunismus würden alte Menschen nicht mehr in Altenheimen geparkt werden: Kinder wären nicht mehr aus Notwendigkeit, zu essen, an ihre Eltern gebunden. Bildung wäre kein Zwang mehr, kein Vorraum zum Lohnarbeiterschaft. Das Kind würde lesen und schreiben lernen, weil es das Bedürfnis danach verspürt. Da die Welt der Kinder nicht vom Rest des sozialen Lebens getrennt wäre, wäre dieses Lernen eine zwingende Notwendigkeit, genau wie das Laufenlernen und das Sprechenlernen. Dafür wäre es nicht nötig, die Jugendlichen den ganzen Tag lang unterzubringen, da ihnen die Möglichkeit offen stünde, sich vielfältigen Aktivitäten zu widmen. Das Lesen oder jedes andere Lernen könnte dann Teil des Lebens sein, anstatt eine Verpflichtung, die mit Urteilen und Sanktionen verbunden ist.

Da Liebesbeziehungen auf Liebe basieren, würde die Ehe ihren Sinn verlieren. Die Frage, ob zwei … oder drei oder zehn Personen zusammenleben oder sich sogar durch einen stillschweigenden Pakt verbinden wollen, würde nur sie selbst etwas angehen.

Im Kommunismus würde das Ende der Machtverhältnisse, der Gewalt, des allgemeinen Gegeneinanders aller gegen alle … das Ende des Eigentums an Dingen und Menschen bedeuten. Das Eigentum abzuschaffen heißt, seine Grundlagen zu beseitigen: die Herrschaft über den „Anderen” (Mensch oder Natur); die Aneignung, die den „Anderen” nur in einer Nutzbeziehung wahrnimmt; die allgemeine Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Menschen untereinander und zwischen ihnen und der Natur.

Man kann nichts mehr „nutzen und missbrauchen”, nur weil man dessen Eigentümer ist. Nichts gehört mehr jemandem. Die Nutzung wird auf die Nutzung selbst reduziert. Ein Fahrrad wird dazu dienen, sich fortzubewegen, und nicht mehr nur dazu, dass Herr Dupont, sein rechtmäßiger Besitzer, sich fortbewegt. Der Gedanke des Eigentums selbst wird schnell als Unsinn angesehen werden. Ob Menschen oder einige von ihnen aus sentimentalen oder anderen Gründen ein bestimmtes Gebiet und Gegenstände brauchen, an denen sie sich festhalten können, hat nichts mit Eigentum zu tun. Die materielle und emotionale Sicherheit jedes Einzelnen wird übrigens gestärkt: Das Verschwinden von Machtverhältnissen und Geld wird menschliche Beziehungen ermöglichen, in denen jeder nach Belieben essen, wohnen, sich kleiden, allein oder unter anderen sein kann. Es wird das Interesse der betroffenen Person überwiegen und nicht mehr das Eigentumsrecht, die Macht oder das Geld, über das sie verfügt oder nicht verfügt. Das Ende der institutionalisierten Gewalt und der Gleichgültigkeit wird es jedem ermöglichen, in Ruhe zu leben, ohne sich selbst zu zerstören oder zu ignorieren.


Nachrichten aus dem Nirgendwo (Auszug)

Wie man bestimmte Fragen löst

„Und, sagte ich, wie sieht es mit euren Beziehungen zum Ausland aus?“

„Ich werde nicht so tun, als wüsste ich nicht, was Sie meinen“, antwortete er, „aber ich kann Ihnen sofort sagen, dass das ganze System nationaler Kämpfe und Rivalitäten, das in der „Regierung“ der zivilisierten Welt eine so große Rolle spielte, zusammen mit der Ungleichheit zwischen den Menschen innerhalb der Gesellschaften verschwunden ist.“

„Macht das die Welt nicht ziemlich langweilig?”, fragte ich.

„Warum denn?”, fragte der alte Mann.

„Weil die Vielfalt der Völker verloren geht”, sagte ich.

„Unsinn!“, antwortete er schroff. „Überquere das Meer und überzeuge dich selbst. An Vielfalt wird es dir nicht mangeln: Landschaften, Architektur, Essen, Unterhaltung, alles ist unterschiedlich. Männer und Frauen unterscheiden sich in ihrem Aussehen und in ihren Denkweisen, und die Trachten sind viel vielfältiger als zu Zeiten des Handels. Was würde man dieser Vielfalt hinzufügen oder was würde man gegen die Langeweile tun, wenn man bestimmte Familien oder Stämme, die oft heterogen und disparat sind, zwingen würde, sich künstlich und automatisch zu Gruppen zusammenzuschließen, diese Gruppen Nationen zu nennen und ihren Patriotismus zu fördern, mit anderen Worten, die Vorurteile der Dummheit und des Neides.“

„Ich weiß es nicht“, sagte ich.

„Bravo!“, sagte Hammond fröhlich. „Sie werden sicher verstehen, dass wir jetzt, da wir diesen Unsinn hinter uns gelassen haben, klar erkennen, dass gerade die Vielfalt der verschiedenen Rassen, aus denen die Welt besteht, sie für einander nützlich und attraktiv machen kann, ohne dass sie sich auch nur im Geringsten gegenseitig etwas wegnehmen wollen: Wir sind alle in dasselbe Unternehmen involviert, nämlich das Beste aus unserem Leben zu machen. Und ich muss ihnen sagen, dass, egal welche Meinungsverschiedenheiten und Missverständnisse aufkommen, diese selten zwischen Menschen verschiedener Rassen auftreten; da sie weniger unvernünftig sind, ist es umso einfacher, sie zu beenden.“

William Morris 1889


STAAT, NATION… ODER MENSCHLICHE GEMEINSCHAFT

Der Staat, also die Organisation der Trennung der Menschen in Herrscher und Untertanen, hat sich immer auf den Begriff des Territoriums gestützt, der für die verschiedenen Ausbeuter immer der Notwendigkeit entsprach, ihre Sklaven, Untertanen, auf einem bestimmten Gebiet anzusiedeln und gleichzeitig die Distanz zu möglichen Feinden zu markieren, indem sie ihnen klar machten, dass an diesem Ort Menschen, Tiere und Pflanzen ihnen gehörten.

Die nationale Idee stützte sich auf die Mythen, die durch die Sesshaftigkeit entstanden sind: Mythen vom Heimatland, vom Ausland… Mythen, die die Weltanschauung einschränken, die sie verzerren. Die Entwicklung der Handelsbeziehungen, die die hierarchischen oder gemeinschaftlichen Beziehungen, durch die sich die Abhängigkeit und/oder Zusammenarbeit zwischen den Menschen direkt ausdrückte, zunächst bestimmten und dann auflösten, hat diese Abhängigkeit vom Territorium nicht in Frage gestellt, da die Bildung von Nationalstaaten und der Mythos der Heimat eine direkte Folge des Aufkommens des Kapitalismus sind. Der Kapitalismus rekuperiert sowohl die Grenzen als auch die Bestrebungen der alten Gemeinschaften auf und wertet nicht eine reale Gemeinschaft auf, sondern das Bild einer Gemeinschaft, das sich im blinden Fetischismus der Flagge und des Nationalhelden widerspiegelt. Der Aufstieg unpersönlicher Beziehungen zwischen den Menschen ging also mit der Erfindung einer Schicksalsgemeinschaft einher, die die Spaltung zwischen sozial antagonistischen Klassen verdeckt und eine Rationalisierung der kapitalistischen Herrschaft ermöglicht, indem sie ihren Verwaltern, die durch den Wettbewerb gespalten sind, eine Einheit auferlegt, die den übergeordneten Interessen des Staates als Hüter und Verwalter der allgemeinen sozialen Beziehungen entspricht und ihn vor den zersetzenden Einflüssen des Marktes schützt.

Auch wenn sich diese kapitalistische Herrschaft hinter Grenzen versteckt, stützt sie sich auf eine Globalisierung der Handelsbeziehungen, auf den imperialistischen Trend, Märkte zu erobern, zu vereinen und, wenn nötig, zu schaffen. Die Kolonialisierung, die Weltkriege, die Entwicklung neuer Akkumulationszentren und die Gründung neuer Nationalstaaten waren Etappen dieser Bewegung. In der heutigen Zeit vereinheitlicht der Handel das Leben auf der ganzen Welt, und überall findet man die gleiche Art von Ernährung, Stadtplanung, Bildung und Information. Die bewahrte lokale Farbe ist ein kommerzielles Gimmick, das zur Verallgemeinerung des Austauschs beiträgt. Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit haben sich hingegen in dem Maße entwickelt, wie sich das Wissen und die Verwurzelung des Menschen in seiner Umgebung verschlechtert haben.

Der Kommunismus ist der Bruch mit den alten Vorstellungen von Territorium, Heimat, Nation und Staat. Die Probleme, die er lösen muss, sind globaler Natur und können nur von einer weltweiten menschlichen Gemeinschaft gelöst werden, die alle nationalen und internationalen Fesseln vollständig sprengt.

Im Bruch mit der „Logik des Fortschritts” muss die kommunistische Revolution auf breitester Basis den Schutz der Natur und derer, die in ihr leben, berücksichtigen. Der Kommunismus wird sich nicht wie der Kapitalismus durch die Auferlegung einer sozialen Struktur etablieren, die traditionelle Gemeinschaften auflöst. Es ist fast sicher, dass sich die betroffenen Bevölkerungen und ihre Beziehungen zum Rest der Menschheit verändern werden. Aber diese Veränderung wird nicht in erster Linie eine Zerstörung der Menschen und eine Ablehnung gemeinschaftlicher Werte sein.

Der Kommunismus wird eine bisher unbekannte Freiheit mit sich bringen: die Freiheit, überall auf der Welt hinreisen zu können, ohne sich rechtfertigen und Papiere vorzeigen zu müssen, die Freiheit, zu gehen, wohin man will, wann man will, und so lange zu bleiben, wie man will. Da die Menschen nicht mehr hinter Staatsgrenzen gefangen sind, werden auch die kulturellen und ethnischen Grenzen verschwinden. Die einzige Gemeinschaft im Kommunismus wäre die menschliche Gemeinschaft, die auf der Grundlage von Gleichheit und Gemeinschaft organisiert ist und natürlich die Form bestimmter Gemeinschaften annehmen würde, in denen der Mensch jedoch nicht mehr die begrenzte Sichtweise von heute hätte, da er einerseits wissen würde, dass die Unterschiede, die zwischen den Gemeinschaften bestehen können, keine Hindernisse für die Öffnung nach außen darstellen, sondern lebendige Aspekte derselben Menschheit sind, und andererseits, dass er sich je nach seinen Bedürfnissen und Wünschen dieser oder jener Gemeinschaft anschließen und an ihr teilnehmen kann, ohne dass seine Herkunft ein Hindernis für seine Integration darstellt.

REVOLUTION UND KOMMUNISIERUNG

Zwischen Kapitalismus und Kommunismus gibt’s keine Art gemischte oder mittlere Produktionsweise. Die „Übergangsphase” oder besser gesagt… die Phase des Umbruchs ist die Zeit, in der ein kommunistischer Prozess mit den menschlichen und materiellen Folgen einer Ära der Sklaverei konfrontiert wird und die Kräfte, die diese verteidigen, neutralisieren muss. Es wird nicht erst eine bewaffnete Revolution geben und dann, ermöglicht durch diese Revolution, die Umgestaltung der sozialen Realität. Revolution und Kommunisierung sind eng miteinander verbunden. Revolution ist die Kommunisierung der Beziehungen zwischen den Menschen durch Massenbewegungen, die sich gegen die Warenbeziehungen und den Staat richten.

Die Revolution wird eine gewaltige soziale Erschütterung sein. Sie bringt Zusammenstöße mit sich und schließt Gewalt nicht aus. Aber auch wenn sie eine Kraft ist, ist ihr wesentliches Problem nicht die Gewalt, und die Voraussetzung für ihren Erfolg ist nicht in erster Linie eine Frage der militärischen Stärke. Das liegt daran, dass es bei der Revolution nicht um Macht geht. Sie streitet den Mächtigen nicht den Staat und die Ökonomie streitig. Die kommunistische Revolution strebt nicht nach Macht, auch wenn sie sich die Macht gibt, ihre Maßnahmen zur praktischen Ablehnung des Staates und des Kapitalismus umzusetzen. Diese praktische Ablehnung zeigt sich in der Bildung von Kampfgemeinschaften, die unabhängig von staatlichen Institutionen (Parteien, Gewerkschaften/Syndikate, Polizei, Armee) sind, ein echtes Engagement aller ermöglichen, Einheit und effektive Transparenz der Entscheidungen und ihrer Umsetzung gewährleisten und die Trennung zwischen Vertretern und Vertretenen ablehnen. Durch die Einführung nicht-kommerzieller Beziehungen, die zunächst bestimmte Aspekte der heutigen Produktionsstrukturen nutzen könnten, indem sie diese auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ausrichten und die Produkte verteilen.

Die Stärke der Revolution würde darin bestehen, eine soziale Beziehung zu sein, die die Menschen verändert und sie zu Subjekten ihrer eigenen Geschichte macht. Indem sie die Bindungen der Abhängigkeit und Isolation aufbricht, wird sie den Staat und die Politik zerstören, indem sie die Handelsbeziehungen abschafft, wird sie den Kapitalismus zerstören.

Die kommunistische Revolution ist nicht der Zusammenprall zweier Armeen, von denen die eine den Privilegierten und Ausbeutern untersteht und die andere im Dienst der Proletarier steht. Sie kann nicht auf einen Krieg reduziert werden, bei dem es um die Machtübernahme und die Kontrolle von Territorien geht. Die Proletarier würden auf das Terrain des Feindes abgleiten, wenn sie sich auf eine Konfrontation zwischen den Lagern einlassen würden, wenn sie versuchen würden, ein Kräfteverhältnis zu stabilisieren und „Errungenschaften” durch den Aufbau einer anderen staatlichen Struktur zu bewahren. Die Revolution würde dann zu einem Bürgerkrieg ausarten, ein fataler Schritt, der nur die Fehler der Vergangenheit wiederholen würde. Die Konfrontation zwischen Roten und Weißen Armeen wäre keine kommunistische Revolution, sondern die Verwandlung der Arbeiter in Truppen einer beliebigen Avantgarde.

Das Proletariat hat den Vorteil, dass es mobil ist, da es weder ein Vaterland zu verteidigen noch einen Staat aufzubauen hat. Ihm gegenüber steht die Armee und die Polizei, aber auch all diejenigen, die wollen, dass Menschen immer beherrscht und ausgebeutet werden, oder die sich das menschliche Leben nur so vorstellen können. Durch die sofortige und radikale Umgestaltung der sozialen Organisation muss den Militärs und Konservativen der Gegenwart etwas genommen werden, das sie verteidigen können. Die Armee und paramilitärische Gruppen können als Organisationen der Gewalt nicht alles alleine machen. Ihre Aktion kann sich direkt in der Zerstörung von Menschen und Dingen äußern, aber auch in der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Situation der Knappheit, die Egoismus und Angst fördert… Dabei werden sie von denen unterstützt, die glauben, dass die Welt, wie sie ist, die beste aller möglichen Welten ist, und die versuchen werden, die Gewalt der Ausgebeuteten zu kanalisieren. Indem sie die massive Auslöschung tatsächlicher oder vermeintlicher Gegner befürworten und so den Frustrationen, die sich zu äußern beginnen, mörderische Ziele geben, und zum Mord aufrufen, um zu verhindern, dass die Menschen ihr Leben selbst organisieren müssen.

Die kommunistische Revolution basiert weder auf Blutdurst noch auf Rachegelüsten. Ihr Ziel ist nicht das Massaker, sondern die Entstehung einer versöhnten Gemeinschaft. Die Bewegungen der Vergangenheit zeigen, dass das vergossene Blut in der Regel nur zu einem geringen Teil auf das Konto der Aufständischen geht. Es waren die Kräfte der sozialen Konservierung, die gemordet, inhaftiert und deportiert haben. Blut floss während der Kämpfe, aber oft auch nach ihrem Sieg. Sie mussten diejenigen vernichten, in denen die Revolution zu wohnen schien. Im Gegensatz dazu beinhaltet die Ethik der kommunistischen Bewegung die Möglichkeit, das Leben ihrer Gegner zu verändern, indem sie so handelt, dass diese so weit wie möglich verstehen, dass wahres Glück nicht in Demütigung und Tod liegt, sondern in der Verwirklichung einer Gemeinschaft von Menschen ohne Herren und Sklaven. Krieg bedeutet vor allem Zerstörung und Unterwerfung der Menschen. Das Ziel der kommunistischen Revolution ist es, die materiellen und mentalen Strukturen der Unterdrückung zu beseitigen und nicht, Menschen zu zerstören und zu unterwerfen.

Es geht darum, die Welt der Herrschaft abzulehnen, indem alle Beziehungen, auf denen sie basiert, zerstört werden: Es geht nicht darum, eine Armee aufzubauen, sondern darum, die Armee abzuschaffen; es geht nicht darum, zu akzeptieren, dass einige zu Ministern oder Volkskommissaren werden, sondern darum, diese Art von Funktion überflüssig zu machen.

SCHLUSSFOLGERUNG

(1)

Angesichts der Negation der Menschlichkeit, die der Kapitalismus darstellt, können wir letztendlich nur ein anderes Leben vorschlagen, in dem unsere Gesten, unsere Worte, unsere Vorstellungskraft und unsere ganze Sensibilität nicht mehr gefesselt sind. Es ist klar, dass das nur durch die Zerstörung der kapitalistischen Gesellschaft erreicht werden kann, aber es kann nicht nur darauf reduziert werden. Diese Zerstörung muss sich mit allen alten Trennungen zwischen den Menschen auseinandersetzen, die wir von den früheren Klassengesellschaften geerbt haben. Sie muss mit einer positiven Bewegung hin zur menschlichen Gemeinschaft einhergehen.

Auch wenn er sie verstümmelt, kann der Kapitalismus nicht ohne menschliche Aktivität auskommen. Menschen sind keine Objekte; sie leiden unter den Rollen, in die sie diese Gesellschaft zwängt, und können ihre Ablehnung all dessen zum Ausdruck bringen. Dieser Widerspruch ist der einzige unüberwindbare Widerspruch des Kapitalismus, der den Kommunismus zu einer menschlichen Möglichkeit macht.

(2)

Die gesamte Menschheit hat ein Interesse an der Abschaffung der kapitalistischen Herrschaft. Das heißt aber nicht, dass sich das Kapital und der Staat in abstrakte Monster verwandelt haben, gegen die sich die ganze Menschheit potenziell und einstimmig wehren würde. Es gibt immer noch Klassen, die die Produktion und den Verkauf von Waren verwalten. Da sie nur ihre Arbeitskraft besitzen und ihre Existenz vom Verkauf dieser Arbeitskraft abhängt, gibt es immer noch Proletarier, Ausgebeutete. Genauso wie es immer soziale Gruppen gibt, auch Angestellte, die zur Reproduktion und Aufrechterhaltung der Lohnarbeit beitragen. Wenn die kommunistische Revolution „im Namen der Menschlichkeit” stattfinden soll, kann sie nicht unabhängig von der Stellung der einen und anderen in dieser sozialen Organisation betrachtet werden; sie kann nur die Negation dieser Organisation sein.

(3)

Auch wenn die Ausgebeuteten und Unterdrückten durch ihre Klassenbewegung eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung der kommunistischen Perspektive spielen, wird diese nicht einfach eine Weiterentwicklung der Kämpfe für die Umgestaltung der Marktgesellschaft sein. Sie wird nicht von entfremdeten Bewusstseinen hervorgebracht, die sich in ihren wesentlichen Bestimmungen wiedererkennen, sondern von Menschen, die es nicht mehr ertragen, auf die Rolle von Produzenten und Konsumenten von Waren reduziert zu sein.

Man kann nicht nach menschlicher Gemeinschaft streben, indem man Teilgemeinschaften bildet, die niemals ein Hindernis für das Kapital darstellen, oder indem man sein individuelles Wesen kultiviert, in dem man schließlich den „wahren Menschen“ finden würde. Die Individualität zu bekräftigen reicht nicht aus, selbst als erster Moment der Rebellion. Führt diese Gesellschaft nicht selbst zum Kult des Individuums (in der Trennung, der Atomisierung…)?

Die kommunistische Revolution wird weder von Individuen gemacht, die sich einen Platz in dieser Gesellschaft sichern wollen, noch von unglücklichen Menschen, die unter Lebensüberdruss leiden oder verzweifelt sind, sondern von Menschen, die auf der Suche nach ihrer Menschlichkeit sind und nicht zermürbt und unzufrieden sind, ja, aber nicht nur deshalb, weil sie die Vision einer anderen Möglichkeit haben. Menschen sind nur dann wirklich menschlich – und damit potenziell subversiv –, wenn sie Möglichkeiten erkunden und sich nicht mit dem zufrieden geben, was ihnen als sofort realisierbar präsentiert wird.

(4)

Die Tendenz zur Gemeinschaft zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte und hat sich mehrfach konkretisiert. Ihre mögliche Verwirklichung wird jedoch weder das Ergebnis eines sogenannten Geschichtsbewusstseins noch das Ende der Geschichte sein. Sie wird das Ergebnis einer praktischen Bewegung menschlicher Intervention sein. Die Gesellschaft wird dann nicht erstarrt und jeder Entwicklung verschlossen sein; der Mensch wird kein passives Wesen sein, das selig Güter genießt, die außerhalb seiner Tätigkeit und Kreativität liegen. Sein Genuss wird davon abhängen, was er tut und was er innerhalb der Gemeinschaft ist.

Sich zu fragen, ob diese Tendenz sich durchsetzen wird oder nicht, ergibt keinen Sinn, da wir ihn nicht gewählt haben: Sie ist es, die uns zusammenhält und uns ermöglicht, das auszudrücken, was wir als das Beste an uns selbst betrachten.


Nachrichten aus dem Nirgendwo (Auszug)

„Aber die Wirtschaft (Arbeitskräfte durch Maschinen)?

– Ja, genau! … sagte er; was erzählen Sie mir da? Die Einsparung von Arbeitskräften durch Maschinen? Sicher, sie wurden entwickelt, um einerseits Arbeitskräfte einzusparen (das heißt, um es beim Namen zu nennen, Menschenleben), aber um sie besser einzusetzen – oder genauer gesagt, zu verschwenden – für andere, wahrscheinlich unnütze Aufgaben. Mein Freund, all diese Erfindungen zur Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs haben nur dazu geführt, dass die Arbeitslast noch größer geworden ist. Der Appetit des Weltmarktes wuchs, je mehr man ihn fütterte. Die Länder, die sich im Kreis der „Zivilisation” befanden – mit anderen Worten, des organisierten Elends – waren voller Ramsch, und Zwang und Lügen wurden großzügig eingesetzt, um die Länder, die nicht in den Kreislauf eingebunden waren, für den Handel zu „öffnen”. Das Vorgehen, diese Länder „für den Handel zu öffnen”, mag jedem seltsam erscheinen, der die Erklärungen der Menschen dieser Zeit gelesen hat, ohne ihre Praktiken zu kennen. Und vielleicht zeigt es uns in seinem unangenehmsten Licht den großen Makel des 19. Jahrhunderts, nämlich die Praxis der Heuchelei und der falschen Tugend, um sich der Verantwortung für die Grausamkeit zu entziehen, die von Mittelsmännern ausgeübt wurde. Wenn der Markt der zivilisierten Welt ein Land begehrte, das noch nicht in seine Fänge geraten war, fand man einen Vorwand, der niemanden täuschte: die Notwendigkeit, eine Form der Sklaverei abzuschaffen, die sich von der kommerziellen Sklaverei unterschied und weniger grausam war, eine Religion zu verbreiten, an die ihre Befürworter selbst nicht mehr glaubten, – irgendjemandem zu helfen, der in Schwierigkeiten geraten war, oder einem Verrückten, dessen Missetaten ihn in Schwierigkeiten mit den Einheimischen eines „barbarischen” Landes gebracht hatten – kurz gesagt, alles war gut, was nützlich sein konnte. Also suchte man sich einen mutigen, ignoranten und skrupellosen Abenteurer (in Zeiten des Wettbewerbs war es nicht schwer, einen zu finden) und kaufte ihn, um einen „Markt zu erschließen”, indem man die traditionelle soziale Struktur des verurteilten Landes zerstörte und alles tötete, was dort an Freude und Freizeit zu finden war. Er zwang den Einheimischen den Kauf von Artikeln auf, die sie überhaupt nicht brauchten, und nahm sich „im Austausch“ ihre Naturprodukte weg – so nannte man diese besondere Art von Betrug – und schuf so „neue Bedürfnisse”, für deren Befriedigung (mit anderen Worten, um von ihren neuen Herren die Erlaubnis zum Leben zu erhalten) sich die unglücklichen, wehrlosen Bevölkerungen verkaufen und sich der Sklaverei einer aussichtslosen Arbeit unterwerfen mussten, um genug zu verdienen, um die unnützen Dinge der „Zivilisation” zu kaufen “ kaufen konnten. „Ach“, sagte der alte Mann und zeigte mit dem Finger auf das Museum, „ich habe dort Bücher und Zeitungen gelesen, die wirklich seltsame Geschichten über die Methoden der Zivilisation (oder des organisierten Elends) gegenüber den „Unzivilisierten“ erzählten; von dem Tag an, als die britische Regierung absichtlich mit Pocken verseuchte Decken als Geschenke an Rothäute schickte, die ihr im Weg standen, bis zu dem Tag, an dem Afrika von einem Mann namens Stanley heimgesucht wurde, der (…)

William Morris 1889

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