Krieg gegen den Anarchismus – Bill Beech

Gefunden auf libcom.org, die Übersetzung ist von uns.


Krieg gegen den Anarchismus – Bill Beech

Eine Antwort auf zwei Artikel von Wayne Price die in der anarchistischen Zeitschrift Black Flag erschienen sind.

Krieg ist die Gesundheit des Staates. Er setzt automatisch in der ganzen Gesellschaft die unwiderstehlichen Kräfte der Uniformität in Bewegung, die leidenschaftlich mit der Regierung zusammenarbeiten und die Minderheitengruppen und Individuen, denen der größere Herdengeist fehlt, zum Gehorsam zwingen. Der Staatsapparat legt die drastischen Strafen fest und setzt sie durch. Die Minderheiten werden entweder durch Einschüchterung zum Schweigen gebracht oder durch subtile Überzeugungsarbeit, die sie scheinbar bekehren soll, langsam zur Vernunft gebracht. Natürlich wird das Ideal der vollkommenen Loyalität, der vollkommenen Einheitlichkeit nie wirklich erreicht. […] Im Allgemeinen erlangt die Nation in Kriegszeiten eine Einheitlichkeit der Gefühle, eine Hierarchie der Werte, die in der unbestrittenen Spitze des Staatsideals gipfelt, die unmöglich auf andere Weise als durch den Krieg erreicht werden kann. Randolph S. Bourne, Der Staat (1918)1

Die Spaltung in der anarchistischen Bewegung zwischen Antimilitarist*innen und Natopolitanischen Anarchist*innen2 hat sich seit Februar 2022 vertieft. Die Natopolitaner unterstützen weiterhin die Aufrüstung des ukrainischen Staates, die Eskalation der Feindseligkeiten, sowohl in Bezug auf die Waffen als auch auf das Ausmaß, ungeachtet der Zahl der toten Ukrainerinnen und Ukrainer, ungeachtet der Bedrohung durch einen Atomkonflikt, ungeachtet der Realität dieses Krieges und des unendlichen Leids, das der Arbeiterklasse der Ukraine zugefügt wird. Auf diese Weise führen sie Krieg gegen den Anarchismus, hier, dort und überall.3

Wären die Natopolitanischen Anarchist*innen doch nur so ehrlich gewesen wie Pjotr Kropotkin während des Ersten Weltkriegs. Er vertrat den Standpunkt, dass der deutsche Imperialismus der abscheulichste aller Imperialismen war, und deshalb stellte er sich auf die Seite des imperialen Bündnisses, um dessen Niederlage herbeizuführen. Die Position der Natopolitaner ist ein „Anarchismus“, der sogar noch degenerierter ist als der von Kropotkin, weil sie die Existenz des US-Imperialismus (und seiner EU-Klientelstaaten) bei der Provokation dieses Krieges oft nicht anerkennen, geschweige denn dessen entscheidende Rolle. Wenn sie Kropotkins Position des geringeren Übels wahrheitsgemäß vertreten wollten, würden sie den russischen Staat unterstützen, da er am Untergang des größten und tödlichsten Imperiums der Welt arbeitet.4 Das würde bedeuten, dass sie zumindest einen gesunden Antagonismus gegenüber ihrer eigenen herrschenden Klasse hegen.

Stattdessen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Natopolitanischen Anarchist*innen nichts anderes als gute Liberale sind5, die glauben, dass sie, als Russland bei seinem Einmarsch in die Ukraine das Völkerrecht brach, angesichts der Tatsache, dass keine Wiedergutmachung möglich war, zum Weltpolizisten (den USA) eilen mussten, nur dieses eine Mal, in diesem moralischsten aller Kriege, nur bis der russische Hitler zurückgeschlagen wurde. Um den Widerspruch zwischen ihrem liberalen und ihrem anarchistischen Selbst zu verbergen, haben sie seit Februar 2022 eine Reihe von Mythen verbreitet. Wayne Price ist ein typisches Beispiel für diese Sorte von Natopolitanischen Anarchist*innen. Deshalb ist es sinnvoll, einige seiner auf den Seiten von Black Flag veröffentlichten Aussagen zu untersuchen.

Das Volk

Price zitiert Malatesta (in seinen Schriften über libysche und kubanische Unabhängigkeitskämpfe), um Unterstützung für „das ukrainische Volk“ zu gewinnen, das vom russischen Staat angegriffen wird:

Welches Licht werfen Malatestas Ansichten auf den ukrainischen Krieg? Sicherlich wäre er gegen einen innerimperialistischen Krieg zwischen Russland und den USA und ihren NATO-Verbündeten – falls es jemals dazu kommen sollte – genauso wie er den Ersten Weltkrieg anprangerte. Der Krieg zwischen dem russischen Staat und dem ukrainischen Volk ist eine andere Sache. Russland ist ein imperialistischer Aggressor. Die Ukraine ist ein schwaches, armes und nicht imperialistisches Land.6

Diese Phrase überlebt den Kontakt mit der Realität nicht. In Wirklichkeit ist „das ukrainische Volk“ eine Waffe des Klassenkriegs, ein nationalistisches Projekt des ukrainischen Staates, das seit 2014 in krassen ethno-nationalistischen Begriffen gezeichnet wird. Der Maidan-Putsch leitete ein Projekt der ethnischen Entmischung ein – um Teil des ukrainischen Volkes zu sein, durfte man nicht mehrere Identitäten und Vermächtnisse haben, seien sie sowjetisch, russisch usw. Teil des ukrainischen Volkes zu sein, bedeutete auch zunehmend, dass man antirussisch sein musste, und die letzten Menschen, die gegen die Russen kämpften, waren die banderitischen Helden des Zweiten Weltkriegs, so der Mythos. Die Ukrainer (und ihre Unterstützer) sollten daher ignorieren, dass die Banderisten auch Faschisten waren, die sich eifrig an den rassistisch motivierten Genozid der Nazis beteiligten. Als der Krieg im Donbass begann und eskalierte, wurde das banderitische Erbe (in seiner weichen und harten Version) daher mit dem Projekt der ukrainischen Selbstbestimmung gleichgesetzt.7

Dieses staatliche Projekt einer ethnisch reinen Ukraine wird im Inneren durchgesetzt und ins Ausland projiziert, wobei es auf ethnische Entmischung und ethnische Säuberung setzt. Aus diesem Grund wurde der SS-Offizier Yaroslav Hunka (der im Alter von 98 Jahren friedlich seinen Lebensabend verbringt) am 22. September 2023 im kanadischen Parlament in Anwesenheit von Zelensky mit stehenden Ovationen gefeiert.8 Aus diesem Grund wurde das Asow-Bataillon (eine Organisation, die vom US-Kongress und verschiedenen EU-Staaten als „Neonazi“ geächtet wird) im Mai 2024 im britischen Parlament als „Helden“ willkommen geheißen, wo Boris Johnson für ein Foto mit ihrer Nazi-Flagge posierte.9 Ich will damit nicht sagen, dass alle Ukrainerinnen und Ukrainer Nazis sind, sondern dass die Nazis, die das ukrainische Nationalprojekt derzeit gestalten, unsere Nazis sind.

Es gibt eine perfekte Kontinuität zu den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, in denen die CIA und die NATO an der Nazifizierung der Ukraine gearbeitet haben. Zunächst durch die Abschirmung von Bandera in Westdeutschland (bis der KGB ihn ermordete) und das Schüren des bewaffneten antisowjetischen Widerstands, dann durch einen anderen Faschisten, Mykola Lebed, der in den USA festgehalten wurde. Das CIA-Projekt hieß AERODYNAMIC und wurde 1970 in QRPLUMB/QRDYNAMIC10 umbenannt. Es lief bis 1991, als die Ukraine offiziell von der NATO für die Integration in das Militärbündnis angesprochen wurde.11 Für dieses Projekt, ein reines ukrainisches Volk aufzubauen (zu entmischen), musste man ignorieren, dass der antirussische Präsident Poroschenko zu Hause Russisch sprach und dass Zelensky Ukrainisch lernen musste, um sich an die Nation zu wenden (was zu peinlichen Fauxpas führte, während er die Sprache im Dienst lernte). Der derzeitige Oberbefehlshaber der Ukraine, Syrsky, ist ein ethnischer Russe, der in Russland geboren wurde und dessen Eltern und Bruder in Russland leben. Alle drei Männer haben sich im Dienste des ukrainischen Staates ethnisch entmischt. Seit 2019 sind Russisch, Belarussisch und Jiddisch aus dem öffentlichen Leben verbannt.12 19 Millionen Bücher in russischer Sprache wurden aus den Bibliotheken entfernt13 – das Ziel ist, 100 Millionen davon zu vernichten.14

Es sollte klar sein, dass es kein reinrassiges faschistisches ukrainisches Volk gibt, sondern dass es sich um ein staatliches Projekt zur Zerstörung einer Vielzahl von heterogenen Traditionen und Völkern handelt. Wenn Anarchist*innen den Mythos von einem ukrainischen Volk unterstützen, unterstützen sie dieses ethno-nationalistische und faschistische Projekt. Sie schwächen jede lokale Initiative, die sich dagegen wehrt. In den NATO-Ländern schwächen sie antimilitaristische Initiativen, stärken den Einfluss des Staates darauf, dass die Wahrheit über den Krieg gesagt wird, und unterstützen den Staat bei der Kriminalisierung von Andersdenkenden.

Der andere Sinn des Begriffs „ukrainisches Volk“ ist der einer einheitlichen Bevölkerung ohne Klassen- oder regionale Unterschiede. Selbst im Jahr 2022 war dieser Mythos offensichtlich, aber jetzt, im dritten Jahr des Krieges, können die Brüche in der ukrainischen Gesellschaft nicht ignoriert werden. Schätzungsweise 6,4 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind aus dem Land geflohen, darunter schätzungsweise 650.000 Männer im kampffähigen Alter.15 Die verbleibenden Männer entziehen sich weiterhin in großer Zahl der Wehrpflicht. Von staatlichen Banden auf den Straßen gejagt, kauern sie sich in den Häusern zusammen. Auf der Flucht ertrinken sie bei dem Versuch, die Theiß auf dem Weg nach Rumänien zu überqueren.16 Die Korruption bei der Wehrpflicht war so weit verbreitet und ein so bekannter Skandal, dass der ukrainische Staat gezwungen war, alle Rekrutierungschefs im Jahr 2023 zu entlassen.17 Dies offenbart den Klassenkampf innerhalb der mythischen Einheit des ukrainischen Volkes. Es ist immer die Arbeiter*innenklasse, die in den Krieg der herrschenden Klasse geschickt wird. Deshalb bleibt die herrschende Klasse in Kiew und im Ausland unantastbar, während sich die Mittelklasse von der Wehrpflicht freikauft. Hör dir die Worte der ukrainischen Anarchist*innen von Assembly in Charkow im August 2022 an:

(W)ir sollten verstehen, dass die nationale Einheit der Ukrainer um Zelenskys Macht nur auf der Angst vor einer äußeren Bedrohung beruht.18

Und das sagten sie auch in einem Interview im Februar 2024:

Assembly ist ein Online-Newsletter, und wenn wir den Deserteuren in irgendeiner Weise helfen können, dann nur, indem wir ihnen eine politische Rechtfertigung für ihre Taten geben, so dass sie nicht unter Gewissensbissen leiden, sondern stolz darauf sind, dass sie sich weigern zu wählen, entweder Vladolf Putler oder François Zevalier zu dienen, Personifikationen der dunkelsten Reaktion, die im heutigen Europa nur möglich ist, der Weigerung, zwischen der kolonialen Besatzungsexpedition und der Verteidigung dessen zu wählen, was sich die ukrainische herrschende Klasse seit 1991 angeeignet hat.19

Wie hohl klingen im Gegensatz dazu die Worte von Wayne Price:

Es stimmt, dass das ukrainische Volk keine Anarchist*innen oder Sozialist*innen sind; sie akzeptieren ihren Staat und den Kapitalismus. Heißt das, dass Anarchist*innen sie bestrafen sollten, indem sie sich weigern, sie zu verteidigen, wenn sie von einem starken Feind angegriffen werden, der ihr Volk massakriert und ihre Städte zerstört?20

Die Position von Assembly ist anarchistisch, die von Price stinkt nach dem gönnerhaften und bekehrenden Eifer des liberalen Imperialismus, der sich hinter dem Mythos der nationalen Selbstbestimmung verbirgt. Um diesen Mythos aufrechtzuerhalten, muss Price auch den Mythos einer Volksarmee aufrechterhalten.

Die Volksarmee

Zwei Tage nach der russischen Invasion zeigte uns die BBC, wie ukrainische Frauen Molotowcocktails herstellen.21 Diese Inszenierung war offenbar für so leichtgläubige Menschen wie Wayne Price gedacht. Zu dieser Zeit war die ukrainische Armee die größte NATO-Vertretung, die je zusammengestellt, ausgebildet und ausgerüstet wurde. Ihr Erfolg im Feld hing nicht vom Guerillakrieg ab, wie in den darauffolgenden Monaten überdeutlich geworden ist.

Kurz darauf entstand der Natopolitanische Anarchismus, eine weitere Erscheinungsform der NAFO.22 Mit der Gewinnung eines großen Teils der westlichen anarchistischen Bewegungen und Szenen war dies ein Sieg für das militaristische Projekt. Ein gutes Beispiel dafür ist die folkloristische Wohlfühlgruppe „Good Night Imperial Pride“ (Gute Nacht, Imperialer Stolz), die per Crowdfunding Scharfschützen, Drohnen usw. für sogenannte „anarchistischen Kämpfer*innen“ finanziert, die in die ukrainische Armee integriert werden. GNIP ist im Internet populär, wird von anarchistischen Gruppen unterstützt und hatte sogar einen Stand auf der Londoner Anarchist Bookfair 2023.23 Nur jemand, der von Tugendhaftigkeit völlig verwirrt ist, kann glauben, dass seine Crowdfunding-Spende für die „ukrainische anarchistische Sache“ das Zünglein an der Waage sein wird, wenn alle staatlichen Ökonomien der NATO-Länder Geld und Material in einem bisher nicht gekannten Ausmaß schicken.24 Die unglücklichen Anarchist*innen, die von der NAFO-Psyche überrumpelt wurden, endeten tot in den Fleischwölfen von Bakhmut und Avdeevka, Höllenkreisen, die der ukrainischen Arbeiterklasse vom ukrainischen Staat aufgezwungen wurden. Für sie war die NAFO die Hauptlinie zur FAFO. Sie hatten etwas Besseres verdient als Ältere wie die Natopolitanischen Anarchist*innen, die sie in die Irre führten.

Wayne Price plappert die Wortführer des Weißen Hauses nach, wenn er schreibt:

Russland führt keinen Stellvertreterkrieg, sondern führt eine direkte Aggression. Auch die Ukrainer führen keinen Stellvertreterkrieg. Sie sind es, die ihr Blut vergießen und direkt gegen die Eindringlinge in ihrem Land kämpfen. Was auch immer die USA an Rüstungsgütern bezahlen, die Ukrainer bezahlen es mit ihrem Leben. Was auch immer die Motive der USA und ihrer NATO-Verbündeten sein mögen und was auch immer die Motivation des ukrainischen Staates ist, die Menschen haben ein eigenes Interesse daran, die Besatzer und Massenmörder zu vertreiben. Dass sie Waffen von den westlichen Regierungen annehmen, bedeutet wenig – sie brauchen Waffen und woher sollen sie sie sonst bekommen?25

Als ob es sich hier um ein Gerangel um ein paar Kugeln in letzter Minute handeln würde, als ob die NATO nicht schon seit 1991 an der Ausbildung und Versorgung der ukrainischen Armee beteiligt wäre.26 Als ob die Ukraine nicht schon vorher einen wichtigen Beitrag zu den NATO-Einsätzen geleistet hätte, insbesondere im Irak, in Afghanistan und im Kosovo, wie George Bush 2008 betonte, als er sich für einen NATO-Beitritt der Ukraine aussprach.27 Als ob die CIA nach dem Putsch auf dem Maidan nicht 12 geheime Stützpunkte gegenüber Russlands eingerichtet hätte.28 Als ob das Streben nach einer NATO-Mitgliedschaft nicht 2019 in die ukrainische Verfassung aufgenommen und damit die ukrainische Neutralität aufgehoben worden wäre.29 Als ob NATO-Generäle nicht direkt in die Auswahl russischer Ziele involviert wären.30 Als ob all dies die Ukraine nicht de facto zu einem NATO-Mitglied machen würde, wenn nicht sogar de jure. Ein hartnäckiger Mythos des natopolitanischen Anarchismus ist, dass jeder, der auf die Fingerabdrücke des US-Imperialismus hinweist, die „ukrainische Handlungsfähigkeit“ leugnet. Als ob sich der Welthegemon mit seinen fast 800 Militärstützpunkten auf der ganzen Welt einen Dreck um die nationale Souveränität scheren würde, selbst um die seiner sogenannten Verbündeten (weshalb er Deutschland durch die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines gewaltsam von Russland abgekoppelt hat).31 Um die Wahrheit dieses von den USA geschürten Konflikts zu verschleiern, halten die natopolitanischen Anarchist*innen den Mythos der ukrainischen Handlungsfähigkeit und des Volkswiderstands aufrecht.

Die Realität des Krieges ist die Einberufung und die Einberufung ist Sklaverei. Sie wird durch Nationalismus und Patriotismus gestützt (beide nähren sich parasitär von einem echten Bedürfnis nach Selbstbestimmung), die Waffen gegen die Arbeiterklasse sind. Hier noch einmal einige Worte der Gruppe Assembly über die Realität der Wehrdienstverweigerung in der Ukraine:

[Charkow ist ein] Gefängnis, in dem um 21 Uhr das Licht ausgeht, grob gesagt. Wenn im Jahr 2020 laut dem damaligen Bürgermeister Kernes das Durchschnittsalter in Charkow bei 35 Jahren lag, gab es zu Beginn des Krieges hauptsächlich Rentner, und jetzt liegt das Durchschnittsalter der Bevölkerung bei etwa 50 Jahren. Das ist allerdings nur ein optischer Eindruck von öffentlichen Plätzen, denn Männer im wehrpflichtigen Alter (in der Ukraine liegt es zwischen 18 und 60 Jahren, und für die meisten von ihnen ist das Verlassen des Landes verboten) trauen sich oft nicht aus dem Haus und versuchen, sich nur mit dem Auto durch die Straßen zu bewegen. Depressionen, Alkoholismus und völlige Traurigkeit. Das Schiff liegt schon lange auf dem Grund, aber die Passagiere haben sich in ihren Kabinen eingeschlossen und denken, dass es genug Luft gibt, bis sie jemand rettet…32

Wenn das Durchschnittsalter auf der Straße in Charkow 50 Jahre beträgt, liegt das Durchschnittsalter an der Front im Februar 2024 bei 43 Jahren.33 Das liegt daran, dass die jungen Männer tot sind, sich verstecken oder geflohen sind. Und Zelensky lügt, wenn er sagt, dass die Zahl der Toten 31.000 beträgt.34 Das Ausmaß dieser Lüge ist ungeheuerlich. Die wirklichen Zahlen werden sorgfältig gehütet, aber die Zahl der Opfer liegt wahrscheinlich näher bei 500.000, wie der ehemalige Leiter des ukrainischen Innenministeriums Jurij Luzenko vor kurzem sagte.35 Nachdem ich die Frontlinie täglich verfolgt habe, glaube ich, dass die Zahl der Toten nahe bei einer halben Million liegt und dass es ebenso viele oder mehr Schwerverletzte gibt. Die Ukrainer wissen, dass diese Wehrpflichtigen durch Selbstmorddrohnen oder Drohnengranaten, die vom Himmel fielen, in Minenfeldern, unter „Flammenwerfer“-Thermobomben, unter weißem Phosphor, unter Streubomben, unter FAB-Gleitbomben mit einer Sprengkraft von 500 bis 1500 kg, unter Artilleriebeschuss und Marschflugkörpern, in Panzerschlachten, unter Hubschrauberraketen, in Gewehrschlachten, unter Granatenbeschuss, Scharfschützenbeschuss gestorben sind usw. usw. Der Boden ist so vernarbt, dass er wie die Oberfläche des Mondes aussieht, die Dörfer und Städte sind leere Betonhüllen, die Wälder sind zu Asche verbrannt. Natopolitanische Anarchist*innen sprechen nie über die Frontlinie. Über Videos von eingezogenen Ukrainern, die unter FPV-Drohnen um ihr Leben betteln oder mit abgesprengten Beinen durch den Schlamm kriechen. Bestenfalls posten sie einen Link zu jenem glamourösen und schaurigen Fotoshooting, das der ukrainische Staat organisiert hat und bei dem amputierte Veteranen in Abendkleidern mit einem Pornostar posieren mussten.36

Anstatt einer selbstorganisierten Volksarmee ist Zelenskys Vision für die Ukraine die eines vollständig militarisierten Staates mit Garnisonen, wie Israel. Sein Plan für das Land nach dem Krieg lautet folgendermaßen:

Wir werden definitiv ein „großes Israel“ mit eigenem Gesicht werden. Es wird uns nicht überraschen, dass wir in allen Einrichtungen, Supermärkten und Kinos Vertreter der Streitkräfte oder der Nationalgarde haben werden, es wird Menschen mit Waffen geben. Ich bin mir sicher, dass die Sicherheitsfrage in den nächsten zehn Jahren an erster Stelle stehen wird.37

Anstatt seine Bevölkerung zu unterstützen, führt der ukrainische Staat einen Klassenkrieg, indem er neoliberale Schockreformen durchführt, die vom Kredithai namens IWF gesteuert werden. In einem Artikel von Open Democracy heißt es dazu:

Anstatt sich darauf zu konzentrieren, die Ökonomie an die Bedürfnisse des Krieges anzupassen, haben die ukrainischen Behörden ein umfangreiches Privatisierungsprogramm gestartet. Unter Ausnutzung des Kriegsrechts und der Demonstrationsbeschränkungen hat die Regierung außerdem das Arbeitsrecht abgeschafft und eine Reihe anderer unpopulärer Maßnahmen durchgesetzt.38

Während natopolitanische Anarchist*innen wie Wayne Price uns auffordern, uns hinter das ukrainische Volk (das eine Fiktion ist) und den ukrainischen Staat zu stellen (nur bis er die Russen besiegt hat), führt der ukrainische Staat einen Klassenkrieg.

Es selbstvertretend halten

Und obwohl es keinen Zweifel daran gibt, dass die Ukrainer*innen inmitten der Hölle von Bürgerkrieg, Invasion und Klassenkrieg um ihr Überleben kämpfen, ist auch klar, dass die USA ihre Hegemonie nur aufrechterhalten können, wenn sie ihre Klientenstaaten unterstützen. Deshalb hat der US-Kongress im April 2024 nach monatelangen Verzögerungen und politischem Gezänk 95 Milliarden Dollar für die Unterstützung ihrer Klientenstaaten bewilligt: Ukraine, Israel und Taiwan.39 Ein großer Teil dieser Mittel sind Kredite oder Schmiergelder für die US-Rüstungsindustrie im eigenen Land. Ein erheblicher Teil davon ist jedoch für die Ukraine bestimmt, um Russland zu schwächen und wenn möglich zu zerstückeln.40 Wie im US-Senat wiederholt festgestellt wurde:

Die Vereinigten Staaten unterstützen die Ukraine und ihr Volk, damit sie dort gegen Russland kämpfen können und wir hier nicht gegen Russland kämpfen müssen.41

Dies (zusammen mit dem Überblick über die Eroberung des ukrainischen Staates durch die NATO, den ich oben gegeben habe) wäre ein ebenso prägnanter Ausdruck der Politik, der finanziellen Unterstützung und der Strategie zur Unterstützung der Ukraine als Stellvertretermacht. Aber das reicht den natopolitanischen Anarchist*innen nicht aus, die die US-Staatslinie nachplappern, wonach sie ein schwaches Land im Kampf gegen die unkontrollierte russische Aggression unterstützen, die ungehindert durch Polen und das Baltikum marschieren wird. Das Argument wird immer von den US-Interessen und den Manövern des ukrainischen Staates weg auf das zeitlich (eine Invasion, die im Februar 2022 begann) und räumlich (die Ukraine ist ein kleines, souveränes Land) begrenzte Bild verschoben. Obwohl Wayne Price behauptet, dass der Krieg zwischen Vietnam und den USA ein Spiegelbild des Krieges zwischen der Ukraine und Russland ist, protestiert er lautstark dagegen, dass es sich auch hier um einen Stellvertreterkrieg handelt. Stattdessen stellt er lehrbuchmäßige Bedingungen auf, wie ein innerimperialistischer Konflikt aussehen würde:

Diese Analyse würde sich unter anderen Umständen ändern. Es wäre vor allem ein Krieg zwischen imperialistischen Seiten, wenn zum Beispiel die USA ihre Armee in die Ukraine schicken würden, um die Russen zu bekämpfen, oder wenn Raketen zwischen Russland und den NATO-Ländern hin- und hergeschickt würden. Dann sollten beide Seiten dagegen sein, denn das Hauptthema wäre der Krieg zwischen imperialistischen Mächten. Aber das ist nicht passiert.42

Der Grund dafür, dass ein direkter Austausch von Atomwaffen von beiden Lagern vermieden werden soll und weder während noch nach dem Kalten Krieg stattgefunden hat, ist die Existenz von jeweils beträchtlichen Atomwaffenarsenalen. Aus diesem Grund waren Stellvertreterkriege (Korea, Vietnam, Kongo, Nicaragua, Afghanistan usw.) zwischen den USA und der UdSSR in der Vergangenheit das Mittel der Wahl, um die andere Seite zu schwächen.43 Wer das nicht versteht, missversteht das Wesen der Weltordnung insgesamt. Es ist sicherlich der Schlüssel zum Verständnis des Krieges in der Ukraine, seines Verlaufs und seines möglichen Endes.

Die Gefahr einer nuklearen Eskalation ist der Grund dafür, dass die NATO alles tut, um zu eskalieren und gleichzeitig ihre Spuren zu verwischen (indem sie ihre Truppen „abzieht“, die Bestreitbarkeit von Zielen und Überwachung aufrechterhält und die Verantwortung bei den Ukrainern belässt), während Russland alles tut, um die ukrainische Armee zu vernichten, anstatt Territorium zu erobern. Es ist ein gefährliches Spiel, das durch die hohen Einsätze für alle drei Staaten noch unberechenbarer wird: Russlands mögliche Niederlage (die es als existenzielle Bedrohung ansieht, was den Einsatz von Atomwaffen wahrscheinlicher macht), der entflammte Ethno-Nationalismus, der den Kern des ukrainischen Nationalprojekts ausmacht und zum Verlust der Krim und des Donbass geführt hat (mit der laufenden Strategie, den Konflikt auf Russland auszuweiten und die NATO direkt auf den Kriegsschauplatz zu ziehen), und die schwindende und zunehmend verzweifelte globale Hegemonie der USA im Zuge des so genannten Übergangs zur Multipolarität.

Welche Rolle für Anarchist*innen?

Im April 2022 sagte Noam Chomsky auf die Frage nach Empfehlungen an die Linke und die Progressiven in den USA zum Krieg in der Ukraine:

Zuallererst sollten wir als Linke gegen jeglichen Imperialismus sein, sollten gegen den Sturz von Regierungen, gegen Aggression und Gewalt sein. Und als Menschen, die vernünftig und moralisch sind, sollten wir unsere Aufmerksamkeit, Energie und unseren Aktivismus auf das konzentrieren, was wir tun können. Das sind in erster Linie die Aktionen unserer eigenen Regierung, die zufällig der Anführer in der Welt ist. Sie ist mit Abstand Weltmeister in der Ablehnung von Souveränität, in Aggression, Gewalt und Einmischung, in Terrorismus und so weiter. Wir sollten uns dagegen wehren, dass Russland unsere Aktionen nachahmt. Was können wir dagegen tun? Nun, ich denke, das ist ganz klar. Es gibt zwei Optionen.[…] Die eine Option ist die, die wir annehmen. Wir kämpfen bis zum letzten Ukrainer […] und sorgen dafür, dass […] Putin und seine Kreise mit dem Rücken zur Wand stehen, keinen Ausweg mehr haben und somit die grundsätzliche Option haben, die Ukraine zu zerstören und auf einen globalen Krieg zuzusteuern.[…]

Es gibt eine andere Option. Die Politik aufgeben, unsere offizielle Politik […] Einen Status für die Ukraine akzeptieren, der Mexiko, Österreich und Finnland seit Jahrzehnten ähnelt […] Die Drohungen gegenüber Russland zurücknehmen […] Eine Art Minsk-II-Vereinbarung für ein hohes Maß an Autonomie für die östliche Region anstreben, vielleicht im Rahmen einer föderalen Regelung. Erkenne die Realität an, dass die Krim, ob es dir gefällt oder nicht, vom Tisch ist, sie ist jetzt keine Verhandlungsoption mehr. Das ist hässlich, aber die Alternative ist, dass wir weiter versuchen, die Ukraine zu zerstören und auf einen internationalen Krieg zusteuern. Das sind die Alternativen. Die Welt ist kein schöner Ort. Du hast nicht die Wahl, Martin Luther King an die Spitze jeder Regierung zu wählen.44

Die Situation ist jetzt viel schlimmer, die Zahl der Todesopfer ist höher und die Gefahr, dass die Ukraine aufhört zu existieren und ein größerer Konflikt ausbricht, wächst täglich.45 Die grundlegenden Fakten bleiben jedoch dieselben. Man muss nicht mit dem völlig umsetzbaren Pragmatismus von Chomsky einverstanden sein, um zu sehen, dass er zu Recht von der Auseinandersetzung mit der Rolle des (imperialen) Staates ausgeht. Das ist etwas, wovor die natopolitanischen Anarchist*innen Anarchisten zurückschrecken. Wayne Price greift zum Beispiel den an die US-Regierung gerichteten Slogan „Out Now!“ aus der Zeit des Vietnamkriegs auf und deklamiert in einem Anfall von Inspiration:

Natürlich wird es Gespräche geben, aber die zentrale Frage bleibt: Das russische Militär muss die Ukraine verlassen, die ganze Ukraine, jeden Quadratzentimeter. „Raus jetzt!“46

Ich kann ihm versichern, dass die Russen nicht zuhören. Indem er sich auf die Seite des US-Staates schlägt, wird Price zu dessen Handlanger in der anarchistischen Bewegung. Die Ironie ist ihm nicht entgangen: Wo er sich früher gegen die Aktionen seiner Regierung gestellt hat, feuert er sie jetzt an. Ihm zur Seite stehen „linke“ Koryphäen wie Slavoj Žižek und Paul Mason, allesamt eifrige Handlanger. Sich hinter die herrschende Klasse und ihren Stellvertreterkrieg zu stellen, hat eine abschreckende Wirkung auf die Bewegung, denn die natopolitanischen Anarchist*innen löschen, verfolgen und unterdrücken die Stimmen der Antimilitarist*innen. Die Kriegstrommel weiter zu schlagen und das Mantra zu wiederholen, dass die Ukraine gewinnen kann und muss, dient als Rettungsanker für den schwindenden westlichen imperialen Kern und verringert den ohnehin schon geringen Handlungsspielraum für Anarchist*innen in der Ukraine und den NATO-Ländern.47

Stattdessen sollten wir das Anti-Kriegs-Manifest aus dem Jahr 1915 entstauben, das unter anderem von Emma Goldman, Errico Malatesta und Alexander Berkman unterzeichnet wurde. Es enthält grundlegende Wahrheiten für den Widerstand gegen den Militarismus, die herrschende Klasse und den innerimperialistischen Konflikt. Und eine Warnung für den kommenden Krieg, wenn das US-Imperium China ins Visier nimmt:

Es gab und gibt keinen Zweifel daran – und die heutigen schrecklichen Ereignisse bestärken diese Zuversicht -, dass der Krieg permanent in der bestehenden Gesellschaft brütet und dass bewaffnete Konflikte, seien sie spezifisch oder allgemein, in den Kolonien oder in Europa, die natürliche Folge und das notwendige, unausweichliche Schicksal eines Regimes sind, das auf der ökonomischen Ungleichheit seiner Staatsbürger*innen beruht, sich auf den ungezügelten Kampf der Interessen verlässt und die Welt der Arbeit unter die enge, schmerzhafte Aufsicht einer Minderheit von Parasiten stellt, die sowohl die politische Macht als auch die wirtschaftliche Macht innehaben.48

Es wäre einfach, die Form einer antimilitaristischen Anstrengung innerhalb der NATO-Länder zu skizzieren. Sie in die Praxis umzusetzen, ist eine größere Aufgabe, aber sie wartet auf uns:

– Lasst uns den Imperialismus und Militarismus unserer Staaten in Frage stellen und die Möglichkeiten für andere erhöhen, dies zu tun. Nein zum Nationalismus. Nein zu einer Rückkehr zur Wehrpflicht, nein zur Wehrpflicht. Keine Unterstützung für die USA in ihrer kriegerischen Politik über Israel (gegenüber dem Nahen Osten), die Ukraine (gegenüber Russland) und Taiwan (gegenüber China). Untergraben wir die Unterstützung für die Kriege der herrschenden Klasse.

– Lasst uns die Existenz der NATO (und die Militarisierung der EU) untergraben, indem wir die Wahrheit über ihre Kriege sagen. Nein zu NATO-Stützpunkten, nein zu US-Raketen in unserer Nachbarschaft, nein zu Atomwaffen. Nein zu Waffenfabriken in unseren Städten, nein zu Waffenverkäufen – lasst uns den militärisch-industriellen Komplex, seine Profitabilität und seinen Einfluss auf den Staat in Frage stellen.

– Unterstützen wir alle organisierten und unorganisierten ukrainischen Gruppen, die sich gegen banderistischen Nationalismus und ethnische Entmischung, gegen Raubtierkapitalisten (westliche oder einheimische) und gegen die Wehrpflicht wehren.

– Unterstützen wir den Widerstand gegen den russischen Nationalismus und stellen wir uns gegen verschiedene Neostalinisten, die in Russland eine antifaschistische und antiimperialistische Kraft sehen. Moskau und Washington sind zwei Seiten derselben Münze.

– Lasst uns die internationalen Verbindungen über die Konfliktlinien hinweg aufrechterhalten und ausbauen, zwischen Russland, der Ukraine und den NATO-Ländern, unter Einbeziehung der jüngsten russischen und ukrainischen Emigranten.

– Lasst uns die Traditionen des Antimilitarismus wiederentdecken und eine neue Kultur des Antimilitarismus fördern, wo immer wir sind.


1https://www.humanities.mcmaster.ca/~peace_health/courses/PtHCourse/Bourne-1918.htm

2„Der heute nicht mehr gebräuchliche Begriff ‚Natopolitaner‘ wurde Ende der 1970er Jahre von dem britischen marxistischen Historiker EP Thompson geprägt. Er bezog sich nicht nur auf die NATO selbst, sondern auch (in einer späteren Glosse von Edward Said) auf ‚eine Mentalität, deren Netz sich über viel mehr Aktivitäten und Gedanken erstreckte‘.“ Gabriel Carlyle, Rezension des Buches „Natopolitanism“, Peace News, Dev 2023 https://peacenews.info/node/10810/grey-anderson-ed-natopolitanism-atlantic-alliance-cold-war

3Das ist in den NATO-Ländern während des NATO-Angriffs auf Serbien, Libyen oder Afghanistan nie wirklich passiert. Es ist ein Zeichen für die gegenwärtige Entartung der westlichen Anarchist*innen.

4Professor Galtung behauptet, dass das US-Imperium seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zwischen 13 und 20 Millionen Menschen in 37 Ländern getötet oder deren Tötung unterstützt hat (https://dailypost.ng/2017/02/06/exclusive-us-killed-13-million-people-since-end-world-war-ii-prof-galtung/) Das Projekt „Costs of War“ der Brown University schätzt: 3,6-3,8 Millionen indirekte Todesopfer in den Kriegsgebieten nach dem 11. September, darunter Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien und Jemen. Die Gesamtzahl der Todesopfer in diesen Kriegsgebieten könnte sich auf mindestens 4,5-4,7 Millionen belaufen, wobei die genaue Zahl der Todesopfer unbekannt bleibt.“ (https://watson.brown.edu/costsofwar/papers/2023/IndirectDeaths)

5Heutzutage ein guter Liberaler zu sein, bedeutet, dass du ein Fahnenschwenker für den Woke Imperialism (Kreuzzug der liberalen Hegemonie) bist, der seinen Willen durch geschlechtsneutrale Bomben durchsetzt. Viele haben darüber geschrieben und gesprochen, hier ist nur ein Beispiel: https://peacediplomacy.org/2022/06/27/woke-imperium-the-coming-confluence-between-social-justice-and-neoconservatism/

6‘Malatesta on War and National Self-Determination: Lessons for Anarchists Considering the Ukrainian War’ by Wayne Price, Black Flag, Vol. 2, No. 2, Summer 2022

7Wer den Einfluss des Banderismus auf den ukrainischen Staat bezweifelt, sollte wissen, dass Valerii Zaluzhnyi während der Kriegsjahre als Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte nicht nur ein, sondern gleich zwei Porträts von Stepan Bandera an der Wand seines Büros hängen hatte. Und wer denkt, dass es sich hier nur um einen „faulen Apfel“ handelt, sollte sich fragen, wie lange es ein britischer General aushalten würde, wenn er zwei Porträts von Oswald Mosley in seinem Büro aufhängen würde? Weniger als eine Woche. Denn der Faschismus ist eine besiegte Ideologie. Es ist eine der größten ukrainischen Tragödien, dass der Banderismus den ukrainischen Staat so stark vereinnahmt hat, aber das ist keineswegs einzigartig, wie das Wiederaufleben der nazistischen/faschistischen Rehabilitierung in den baltischen Staaten zeigt. Wie in der Ukraine ist der Hauptmotor dieses Prozesses ein unbändiger Hass auf Russland (und nicht der rationale Wunsch, sich von Russland abzuwenden).

8https://www.cbc.ca/news/canada/yaroslav-hunka-canada-nazi-germany-faq-1.6981437

9https://mossrobeson.medium.com/azov-brigade-invades-london-greeted-as-liberators-5facc63517b0

10https://www.telesurenglish.net/news/US-Tried-to-Impose-Nazi-Leader-on-Ukraine-in-WWII-CIA-Leak–20160523-0003.html

11https://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_37750.htm

12https://www.venice.coe.int/webforms/documents/?pdf=CDL-AD(2019)032-d

13https://www.newsweek.com/fact-check-has-ukraine-banned-19-million-russian-books-its-libraries-1779446

14https://imi.org.ua/en/news/more-than-100-million-propaganda-books-to-be-withdrawn-from-libraries-book-institute-director-i4573

15https://www.politico.eu/article/ukraine-a-struggle-for-the-ages/

16https://www.bbc.co.uk/news/world-europe-67120904

17https://www.reuters.com/world/europe/ukraines-top-general-criticizes-presidents-firing-recruitment-chiefs-media-2023-12-18/

18https://antimilitarismus.noblogs.org/files/2024/04/INTERVIEW-WITH-THE-UKRAINIAN-ANARCHIST-GROUP-ASSEMBLY_FINAL.pdf

19https://antimilitarismus.noblogs.org/files/2024/04/INTERVIEW-WITH-THE-UKRAINIAN-ANARCHIST-GROUP-ASSEMBLY_FINAL.pdf Lies das ganze Interview, um ein Gefühl für die Paranoia und den Stress zu bekommen, die damit verbunden sind, während einer Invasion deines Landes durch eine weit überlegene feindliche Armee den Wehrdienst zu verweigern.

20‘Malatesta on War and National Self-Determination: Lessons for Anarchists Considering the Ukrainian War’ by Wayne Price, Black Flag, Vol. 2, No. 2, Summer 2022

21https://www.bbc.co.uk/news/av/world-europe-60540341

22North Atlantic Fella Organisation ist eine von der NATO geleitete Mobilisierung von Staatsbürgern in den sozialen Medien, die sich am Propagandakrieg gegen Russland beteiligt und die Mythen, Desinformationen und Argumente der NATO unterstützt und verbreitet https://en.wikipedia.org/wiki/NAFO_(Gruppe)

23https://anarchistbookfair.london/stall/good-night-imperial-pride/

24Dies zeigt, dass aufgrund der endemischen Korruption die verschiedenen Einheiten der Armee Zugang zu unterschiedlichen Vorräten haben und es oft vom Geld und den politischen Verbindungen abhängt, was deine Einheit im Einsatz hat. Im Zweifelsfall haben die Banderiten die gesamte Ausrüstung, die sie brauchen.

25‚Lessons for Anarchists About the Ukraine War from Past Revolutions‘, Wayne Price, Black Flag, Vol. 3, No. 1, Spring 2023

26Lies noch einmal die Zeitleiste auf der NATO-Website: https://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_37750.htm

27http://edition.cnn.com/2008/POLITICS/04/01/bush.nato/index.html

28https://www.pravda.com.ua/eng/news/2024/02/25/7443679/

29„WAR IN UKRAINE – Making Sense of A Senseless Conflict“, Medea Benjamin und Nicolas J.S. Davies, OR Books, 2022, S. 112

30https://www.politico.eu/article/germany-taurus-missiles-ukraine-war-russia-leaked-audio/

31https://seymourhersh.substack.com/p/how-america-took-out-the-nord-stream

32https://antimilitarismus.noblogs.org/files/2024/04/INTERVIEW-WITH-THE-UKRAINIAN-ANARCHIST-GROUP-ASSEMBLY_FINAL.pdf ab Februar 2024

33https://www.politico.eu/article/ukraine-a-struggle-for-the-ages/

34https://www.bbc.co.uk/news/world-europe-68397525

35https://www.eurasiantimes.com/it-will-be-a-shock-ukraine-lost-500000-soldiers-in-war/

36https://nypost.com/2024/03/18/world-news/ukrainian-porn-star-josephine-jackson-poses-with-soldiers-who-lost-limbs/

37https://www.president.gov.ua/en/news/dlya-ukrayinskoyi-derzhavi-pitannya-bezpeki-maye-buti-na-per-74113

38https://www.opendemocracy.net/en/odr/ukraine-workers-fight-anti-labour-policies-russia/

39https://www.defensenews.com/congress/2024/04/24/congress-sends-ukraine-israel-taiwan-aid-package-to-presidents-desk/

40Der estnische Premierminister Kaja Kallas sagte als jüngster NATO-Botschafter: https://twitter.com/eeldenden/status/1792880764498935872/video/1

41https://www.politico.com/news/2020/01/22/adam-schiff-opening-argument-trump-impeachment-trial-102202

42‚Lessons for Anarchists About the Ukraine War from Past Revolutions‘, Wayne Price, Black Flag, Vol. 3, No. 1, Spring 2023

43http://www.defenddemocracy.press/how-the-pentagon-uses-a-secretive-program-to-wage-proxy-wars/

44https://chomsky.info/20220408/

45Die Natopolitaner reden gerne darüber, wie isoliert Russland ist und wie seine Niederlage ohne das Risiko eines größeren Krieges herbeigeführt werden könnte. Ich erinnere sie daran, dass Indien und China nach der Invasion im Jahr 2022 Truppen für gemeinsame Militärübungen auf russisches Territorium geschickt haben – eine ziemlich klare Absichtserklärung. Alle drei sind Atommächte mit mehr als einem Drittel der Weltbevölkerung. https://www.aljazeera.com/news/2022/9/1/russias-war-games-with-china-all-you-need-to-know

46‚Lessons for Anarchists About the Ukraine War from Past Revolutions‘, Wayne Price, Black Flag, Vol. 3, No. 1, Spring 2023

47Es gibt ein oft wiederholtes Argument, mit dem die natopolitischen Anarchist*innen versuchen, ihre kriegstreiberischen Thesen zu untermauern. Es lautet: Die Position eines prinzipiellen Antimilitarismus ist ein Fall von „Westplaining“, während die Unterstützung des blutrünstigsten imperialistischen Bündnisses der Welt die richtige und „undogmatische“ Position ist, die zudem von den anarchistischen Bewegungen in Osteuropa (die den Gefahren des russischen Imperialismus am meisten ausgesetzt sind) eifrig unterstützt wird. Eine genauere Analyse der Positionen der Anarchist*innen im Osten und Westen entlarvt dies jedoch als Mythos. Fast alle seit langem bestehenden anarchistischen Organisationen im Osten (mit Ausnahme der tschechischen Anarchistischen Föderation und der in Westeuropa ansässigen Emigrantenorganisationen aus Belarus und Russland) haben nämlich solide antimilitaristische Positionen vertreten. Besonders hervorzuheben ist die anarchistische Bewegung auf dem Balkan (mit ihrem Kern in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens), die alle Versuche zurückgewiesen hat, die libertäre Bewegung in den Dienst der NATO oder des russischen Imperialismus zu stellen. Eine Untersuchung der Positionen von Kollektiven im Osten Europas (deren „gelebte Erfahrung“ als Beweis dafür angeführt wird, dass Anarchist*innen aus diesem Teil der Welt die Ukraine im Krieg unterstützen und sie nicht nur als NATO-Marionettenregime sehen), zeigt, dass es sich in der Regel um Gruppen handelt, die nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine 2014 gegründet wurden, und dass es sich in den meisten Fällen um linksliberale subkulturelle Gruppen handelt. Auf der anderen Seite gibt es im Westen Europas eine große Anzahl noch länger bestehender anarchistischer Organisationen, Kollektive oder Publikationen, die zumindest zweifelhafte und unklare Positionen zum Krieg vertreten und in den schlimmsten Fällen (wie das britische Outlet FREEDOM) offen kriegshetzerische Positionen einnehmen und solchen Ideen Raum geben. Die Ausnahmen sind Organisationen (wie die italienische FAI-IFA oder die spanische CNT-IWA) und Bewegungen in Ländern mit den traditionell stärksten libertären Bewegungen, wie Spanien und Italien. (Ich bin dem Gefährten E.M. dankbar für den Hinweis).

48https://www.marxists.org/archive/malatesta/1915/manifesto.htm; oder hier oder hier bei uns.

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