Über das staatsbürgerliche Elend und den Klassenkampf

Gefunden auf materiales x la emancipación, die Übersetzung ist von uns. Bei den folgenden Artikeln liegt, unter anderem, der Schwerpunkt auf die Debatte/Kritik der modernen Figur des sogenannten Staatsbürgers, bzw. der Ideologie dahinter, als Ersatz zu der Klassenkonfrontation, zu der wir auf Deutsch noch keinen passenden Begriff gefunden haben – man könnte den der Staatsbürgerschaft verwenden – zumindest im Gegensatz zu anderen Sprachen (Citizen und Citizenship (Englisch), Ciudadano und Ciudadanismo (Spanisch) und Citoyen und Citoyenneté (Französisch). Weitere Texte zu der Thematik finden sich hier, Textreihe Kritik an der Linken des Kapitalismus und hier Staatsbürgerschaft. Hiermit fahren wir mit der Kritik an den Staatsbürgertum/Staatsbürgerschaft fort und der unumgänglichen Notwendigkeit die Konfrontation im Kapitalismus als eine zwischen Klassen zu verstehen.

Über das staatsbürgerliche Elend und den Klassenkampf

Am 4. Februar, 2015 veröffentlicht.

Der folgende Beitrag wurde uns von einem Gefährten zur aufmerksamen Lektüre, Analyse und Verbreitung zugesandt…(Materiales x la emancipación)

„Die soziale Revolution wird das Werk der Unterdrückten sein, von ihnen selbst und für sie selbst, oder sie wird nicht sein.“

Der Kapitalismus ist das zerstörerischste, brutalste und unmenschlichste aller Systeme von Klassengesellschaften, von allen, in denen Beziehungen zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern bestanden haben. Es ist auch das am weitesten entwickelte und entfremdendste System von allen, dasselbe System, das einigen wenigen Reichtum auf Kosten der Verweigerung des Lebens und des Elends der Mehrheit bietet. Wir halten diese Bestätigung nicht deshalb für wahr, weil sie die Idee eines Denkers ist, sondern weil sie die konkrete Realität ist, und diese spiegelt sich vor allem in der rauen und grausamen Realität der enteigneten und entfremdeten Proletarier wider, derjenigen, die nicht anders können, als sich als Arbeiter frei zu verkaufen, sei es geistig oder körperlich, oder noch drastischer, indem sie bettelnd in der Vagabundiererei überleben, oder sogar das fatale Schicksal des Verhungerns erleiden.

Daraus wird ersichtlich, dass die Hegemonie des kapitalistischen Staates nur mit Gewalt durchgesetzt werden kann, was eine totale Zerstörung bedeutet, die sich einerseits in der Negation des menschlichen Lebens und andererseits in der Zerstörung der Natur und all dessen, was sie bietet, manifestiert: Land, Seen, Flüsse, Berge, Wälder, Tiere werden nur als wertvolle Ressourcen betrachtet, Ressourcen, aus denen man Profit herausziehen kann, Profit machen kann, Geschäfte machen kann. Infolgedessen erhalten die Vertreter dieses Systems der Zerstörung den „Frieden“ (Befriedung der merkantilen Ordnung) um den Preis des Krieges aufrecht. Im gleichen Sinne ist der Fortschritt der Fortschritt des Kapitals, der Welt der Waren, die sich entwickelt, sich vervollkommnet, ihre Absatzwege erweitert, um mehr Profit zu machen.

Wir können also feststellen, dass die Zukunft dieses Systems der modernen Sklaverei nur in dem Maße erhalten bleibt, in dem die merkantile Normalität ihren Lauf nimmt, in dem Maße, in dem der Lohnsklave die Regeln respektiert, die ihn in eben diesem Zustand halten. Solange die Unterdrückten aller Generationen die Wurzel ihrer Probleme nicht erkennen und versuchen, sie in demselben Topf zu lösen, der sie hervorbringt, oder in den formalen, gesetzlichen Rahmen, der gerade von der Bourgeoisie gebildet wird, der antagonistischen Klasse, die sie zu einem einfachen Mittel der Wertproduktion degradiert hat, oder die sie durch die reformistische Ideologie zu der Überzeugung gebracht hat, dass der Kapitalismus verbessert und für alle gleicher werden kann, während im Wesen des Kapitals die Barbarei und die Verurteilung des Proletariers zur Aufrechterhaltung seines Sklavenstatus liegt.

All das gegenwärtige und vergangene Grauen ist nicht von der alltäglichen Normalität isoliert, im gegenwärtigen System haben sich die Formen der Beherrschung verschärft, so wie die Technologie in einem Tempo voranschreitet, das die Intelligenz des Menschen nie geahnt hat, so verallgemeinert sich auch die Barbarei, mit der sich dieses System Tag für Tag behauptet, Die Gewalt, die durch die Routine dieser menschlichen Beziehungen auferlegt wird, wird zur Normalität, gerade weil diese technologische Entwicklung keineswegs im Gegensatz zur Entwicklung des Kapitalismus und damit zu dessen Barbarei steht, sondern weil Wissenschaft und Technologie Produkte derselben Herrschaftsverhältnisse sind.

Die Demokratie ist die nahezu perfekte Regierungsform, die aus dem kapitalistischen System selbst hervorgegangen ist, die Demokratie stellt sich nicht gegen die Herrschaft der einen über die anderen, sondern bestätigt sie, und gerade in der Institutionalisierung des Lebens werden die Regeln für die Reproduktion der Marktgesellschaft aufgestellt und festgelegt. Die demokratische Gewalt ist in den Gesetzen der Ordnung und im Rahmen der Justiz legalisiert. Aber alle diese geregelten und eingerichteten Apparate sind nichts anderes als die Kanäle, durch die sich die Herrschaft der Welt des Geldes ausdrückt, die Demokratie ist nicht das unerfüllte und unerreichte Paradies des Proletariats, sie ist auch nicht das Ideal einer nahezu perfekten Menschheit, sondern sie ist die realisierte und materialisierte Folge der kapitalistischen Diktatur.

Das Proletariat wird scheitern, solange es für Interessen kämpft, die ihm nicht entsprechen, solange es das Gesetz respektiert, das dasselbe Gesetz ist, das sein Elend regelt, solange es weiterhin an die Verfassung glaubt, die dieselbe ist, die die Macht des Status quo verewigt und bekräftigt. Deshalb betonen die Vertreter der Bourgeoisie stets, dass die Sicherung des Vaterlandes und des sozialen Friedens um jeden Preis Vorrang haben. Wie kommt es dann, dass sie selbst am meisten an der Achtung von Recht, Ordnung, Legalität und Demokratie interessiert sind? Denn diese zivilen und staatsbürgerlichen Regelungen beinhalten die gleiche Kontinuität der Beziehungen zwischen den Unterdrückten (Proletariern) und den Unterdrückern (Bourgeoisie).

Der Klassenkampf ist nicht die Laune einiger weniger Rebellen, er ist auch nicht der Kampf der „Ärmsten“ gegen die „Reichsten“, sondern er ist die Folge des gesellschaftlichen Verhältnisses, das durch die Kraft eines deutlich ausgeprägten Antagonismus zwischen den Bourgeois bestimmt wird, die den Proletarier nicht nur am Arbeitsplatz, sondern in der ganzen Welt versklavt halten, entfremdet nach merkantilen und bourgeoisen Vorstellungen. Der Klassenkampf ist daher die logische Folge dieses Systems der Kräftespannung, in dem jeder Moment mit möglichen Rebellionen und direkten Konfrontationen aufgeladen ist, so dass es zu Brüchen und Zusammenstößen kommt, die manchmal flüchtig und „isoliert“ und manchmal verallgemeinert und von langer Dauer sind. Streiks, Streikposten, Sabotage, Enteignung, all das sind Ausdruck dieser Brüche, die periodisch auftreten und unter den Bedingungen der Krise das kapitalistische System in den Niedergang treiben, so dass die Rebellionen stärker werden und sich zu Revolutionen entwickeln, in denen alle Bande, die den Klassenantagonismus vernebelt hielten, zerreißen und Wege zur Emanzipation und zur Wiederaneignung des Lebens über den Wert des Geldes und des Kapitals eröffnen.

Darüber hinaus muss klar sein, dass der Kapitalismus global ist und sich nicht auf eine Nation oder auf bestimmte Teile bestimmter Kontinente beschränkt, sondern dass sich der Kapitalismus von seiner Entstehung an durch den Austausch über die ganze Welt ausgebreitet hat. So können wir sicher sein, dass das, was wir als Terror, Elend, Hunger, Unterdrückung und Tod sehen, nichts anderes ist als die Macht des Kapitalismus, die sich hier in Mexiko, in Palästina, in Haiti, in Griechenland und so weiter durchsetzt. Das bedeutet, dass die Regierungen nur diejenigen sind, die den politischen Teil dieses Systems verwalten, es geht nicht um schlechte Verwaltungen oder die Unfähigkeit dieses oder jenes Politikers (obwohl es diese gibt), es geht nicht um die Korruption der Institutionen, noch um diejenigen, die sie betreiben, denn die Verdorbenheit von allem, was existiert, liegt in seiner Grundlage, von der sie ausgehen, nämlich dem kapitalistischen System und seinem Staat (politisch-militärischer Apparat), der das „gute“ Funktionieren des hegemonialen Systems verwaltet.

Und was ist mit dem Staatsbürger?

Während das Proletariat und die Bourgeoisie das Produkt der kapitalistischen Verhältnisse sind, ist der Staatsbürger ein ideologisches Gebot, das vom bourgeoisen Recht erfunden wurde, um die im kapitalistischen System bestehenden Ausbeutungsverhältnisse zu verschleiern, aber er ist auch eine Folge des Sieges der Demokratie, der Staatsbürger ist weder bourgeois noch proletarisch (nicht weil diese Verhältnisse verschwinden, sondern weil der Staatsbürger eine Person a-klassistishe Persone ist)1, er ist das institutionalisierte Individuum in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen des Marktes, denn wie wir wissen, werden die Herrschenden immer leugnen, dass es soziale Klassen gibt, und noch mehr, dass sie sich im Kampf befinden.

Der Staatsbürger ist also derjenige, der von einer ganzen Politik beherrscht wird, die sein Leben verwaltet, der Staatsbürger hat Rechte und Pflichten, der Staatsbürger ist frei, frei, sich an denjenigen zu verkaufen, der ihn am besten bezahlt, frei, seine Herrscher zu wählen, frei, das zu kaufen, was er will, und natürlich für das, was er sich leisten kann, und in dieser gleichen Freiheit, der Staatsbürger ist auch ein freier Eigentümer, ein freier Händler, und angesichts dessen entstehen die Gesetze, die all diese Beziehungen des Zusammenlebens und der merkantilen Atomisierung, des Schutzes des Privateigentums und der Beziehungen zwischen getrennten Individuen, die als getrennte Interessen zusammenkommen, bewahren müssen. Hier erfüllt das bourgeoise Recht seine Funktion perfekt, denn „die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt“.

Der Staatsbürger hat das Recht zu demonstrieren, wenn ihm etwas nicht gefällt oder wenn er sich entrüstet fühlt, der Staatsbürger hat die Freiheit, seinen Ärger auszudrücken und denjenigen zu verklagen, der seiner Meinung nach sein Unbehagen provoziert hat. Aber genau in dieser Bedingung der Staatsbürgerschaft liegt ihr ganzes Elend, denn die Freiheiten, die Rechte, die ihnen zugestanden wurden, können nur durch die Institutionen, im Rahmen des Gesetzes, der Legalität und der Verfassung erfüllt werden. Aber die Institutionen und das Recht reagieren, wie wir gesehen haben, auf den Schutz der Herrschaftsverhältnisse; die Institutionen werden in erster Linie das Privateigentum, den Reichtum, das Geschäft, den Profit, die Ausbeutungsverhältnisse usw. schützen. Das Gesetz ist natürlich nichts anderes als das Gesetz des Kapitalismus, dasselbe Gesetz, das die Vertreibung ganzer Bevölkerungen zulässt und sie ihrer Wohnstätten und Lebensgrundlagen beraubt, weil es rechtmäßig Konzessionen an Bergbauunternehmen, an Geschäftsleute, die mehr Profit machen werden als die Proletarier, die nichts wert sind, vergeben hat.

Der Fortschritt ist eine weitere Grundlage des Kapitalismus: Fortschritt, ökonomisches Wachstum, Öffnung der Märkte, das ist alles, was der verdammten Bourgeoisie wichtig ist, egal, ob es das Leben „einiger Proletarier“ kostet, wenn sie für diesen Fortschritt mehr Infrastruktur bauen muss, wird sie es legal oder nicht tun, indem sie Millionen investiert, um mega-moderne Flughäfen, Autobahnen zu bauen, Häfen zu öffnen, alles, um mehr Tourismus, mehr Wohlstand, mehr Kapital anzuziehen.

Der Staatsbürger, der Recht und Ordnung respektiert, der friedliche Staatsbürger, der seine Rechte einfordert, wenn sie verletzt werden, und dies im Rahmen des Gesetzes und der Meinungsfreiheit tut, bestätigt nichts anderes als diese Herrschaft, er preist nur das Elend und den Tod, die das herrschende System verbreitet. Der Staatsbürger, der mit allen „Rechten“ auf die Straße geht, ist derselbe, der Massaker wie Acteal oder Ayotzinapa gutheißt, der es zulässt, dass soziale Kämpfer inhaftiert werden, und der jeden unterdrückt, der die Befriedung der merkantilen Welt nicht respektiert und befolgt. Der Staatsbürger ist der perfekte Sklave der Demokratie, die die Diktatur des Kapitalismus ist. Und das Proletariat, d.h. die ausgebeutete Klasse, kann ihre Rolle als Staatsbürger weder folgen noch sie respektieren, denn wie wir bereits gesehen haben, ist der Staatsbürger ein Produkt der Bourgeoisie, eine Marionette, die von den Unterdrückern gut akzeptiert wird, um ihr Herrschaftssystem zu jeder Zeit aufrechtzuerhalten, sowohl materiell als auch ideologisch. Das Proletariat muss außerhalb und gegen die Legalität kämpfen, außerhalb der bourgeoisen Justiz, außerhalb und gegen die Institutionen, die die „Justiz“ des Kapitalismus verwalten und regeln.

Deshalb behaupten wir, dass es für die Emanzipation unserer Klasse und den Aufbau des Kommunismus nicht notwendig ist, irgendetwas von denen zu verlangen, die das System des Todes verwalten, ihre Gesetze, ihre Länder und ihre Verfassungen verdienen keinen Respekt, wir Proletarier haben kein Vaterland, wir sind überall auf der Welt und so müssen wir kämpfen, international, organisiert als Klasse.

-Während der Staatsbürger mit Blumen marschiert und Gerechtigkeit, Gerechtigkeit schreit! Lächelt der Bourgeois und beglückwünscht die braven Demonstranten, aber auf der anderen Seite steht der revolutionäre Proletarier, der „Tod dem Staat und dem Kapital“ schreit, und dann befiehlt der Bourgeois die Repression der Revoltierenden, die sich nicht an Recht und Ordnung halten.

Für den proletarischen Kampf, außerhalb und gegen die bourgeoise Legalität!

Für die Abschaffung von Staat und Kapital!

Für Kommunismus und Anarchie!

Anonimx (Anonym)


1A.d.Ü., was mit a-klassistisch gemeint ist, ist dass der Staatsbürger außerhalb der Klassen steht.

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