Bericht vom 28. September 2021 von N+1 – Energieschocks

Wir haben diesen Text auf der Seite von Grupo Barbaria gefunden, ursprünglich ist er von der italienischen Gruppe N+1, die Übersetzung ist von uns. So wie immer, wir finden solche Artikel interessant, teilen natürlich nicht alles.


Bericht vom 28. September 2021 von N+1 – Energieschocks

Übersetzung des Berichts vom 28. September 2021 der N+1 Gruppe

Die Telefonkonferenz am Dienstagabend, zu der 15 Gefährten zugeschaltet waren, begann mit Kommentaren zu einigen Neuigkeiten über die aktuelle globale Energiekrise.

Der Anstieg der Rohstoffpreise ist eine historische Tatsache, die mit der Entwicklung des Kapitalismus zusammenhängt, der mit zunehmendem Alter immer mehr Energie verbraucht. Es ist zwar richtig, dass der Energieverbrauch für die Herstellung jedes einzelnen Produkts abnimmt, aber es ist auch richtig, dass die Menge der produzierten Güter ständig zunimmt. Im Jahr 2012 haben wir in der Sonderausgabe über Energie (Magazin Nr. 31) über die Entwicklung der Produktion fossiler Brennstoffe geschrieben:

„Ab 2020 wird die gesamte Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen ziemlich schnell schrumpfen. In Anbetracht des wachsenden Energiebedarfs aufgrund der stürmischen Entwicklung des Kapitalismus in den Schwellenländern ist klar, dass dieser Trend eine große Herausforderung für die Aufrechterhaltung des derzeitigen Wirtschaftsparadigmas darstellt“.

Der weltweite Rohstoffverbrauch kann durch eine sigmoidale Kurve dargestellt werden: Nach einer Wachstumsphase hat die Kurve einen Wendepunkt und nimmt schließlich einen asymptotischen Verlauf an. Dieses Muster gilt für fast alle komplexen Systeme, einschließlich des Kapitalismus, da das Wachstum eines jeden Elements nicht unendlich sein kann. Zu diesen Schlussfolgerungen kommt auch der „Bericht über die Grenzen der Entwicklung“ des Club de Roma, eine Studie, die auf dem Mondo3-Modell basiert und fünf Parameter berücksichtigt: Bevölkerung, Bodenschätze, Nahrungsmittel, Industrieproduktion und Umweltverschmutzung. In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Anstieg der Rohstoffpreise steht die Bedeutung des Einkommens, das in dem Maße, wie es zunimmt (d. h. der Anteil des Mehrwerts, der dafür aufgewendet wird), in die Finanzspekulation fließt und damit alle Sektoren, vom Erdöl bis zum Immobiliensektor, betrifft und immer größere Ungleichgewichte verursacht.

China produziert inzwischen eine Milliarde Tonnen Stahl pro Jahr und hat in den letzten zehn Jahren Städte für Millionen von Einwohnern gebaut, von denen die meisten leer stehen. Der Ziegelstein wird die kapitalistische Welt nicht mehr retten, wie The Economist vor einigen Jahren schrieb, sondern sie weiter versenken (wie die Krise des Immobilienriesen Evergrande1 zeigt). Kürzlich wurde berichtet, dass in mehreren Provinzen und Industriebezirken Chinas Probleme mit der Stromversorgung aufgetreten sind und dass Dutzende von Fabriken gezwungen waren, ihre Produktion herunterzufahren. Es gibt jedoch keine einzelne Ursache für diese Situation, sondern eine Kombination von Ursachen: die rasche Erholung der Wirtschaft nach der Stilllegung2, die für die gestiegene Stromnachfrage und damit höhere Kohlepreise verantwortlich ist, die Verknappung von Rohstoffen aufgrund der Unterbrechung der weltweiten Lieferkette (siehe Containerknappheit) und die von der chinesischen Regierung auferlegten neuen Grenzwerte für Kohlendioxidemissionen.

In Italien halten sich hartnäckig Gerüchte über einen möglichen Protest von Lkw-Fahrern zur Unterstützung der Mobilisierung gegen den „grünen Pass“. Eine Blockade hätte enorme Auswirkungen, da 80 % des Warenverkehrs in Italien auf der Straße abgewickelt werden. In England ist nach dem Brexit und der Beschränkung der Einreise ausländischer Arbeitskräfte ein ernsthaftes logistisches Problem entstanden, weil es an Transporteuren mangelt, was zu Treibstoffknappheit und in einigen Fällen zu einem Mangel an Grundnahrungsmitteln in den Supermarktregalen führt. Die britische Regierung hat den Einsatz der Armee angekündigt, um Tankwagen von Raffinerien zu Tankstellen zu bringen.

Wie wir in letzter Zeit oft gesagt haben, können Engpässe (Prozessüberlastung) zu katastrophalen Szenarien führen.

Bei komplexen Systemen können Vorhersagen nur mit Hilfe von Modellen und nur langfristig gemacht werden. In den 1950er Jahren formulierte M.K. Hubbert erstmals den zeitlichen Verlauf von Bodenschätzen, der durch eine Glockenkurve oder Gaußkurve gut dargestellt wird. Mit bemerkenswerter Einsicht erfasste der amerikanische Gelehrte die Beziehung zwischen der Entwicklung der Preise in Werten und der Förderung in physischen Mengen. Hubbert’s Peak ist eine empirisch ermittelte Ölförderkurve, die einer mathematischen (logistischen) Modellkurve überlagert ist. Diese Kurve gibt nicht nur genaue Hinweise auf die Preise, die sich nach der Produktion bilden werden, und beweist die Gültigkeit des Rentengesetzes, sondern zwingt die Ökonomen auch zu berücksichtigen, dass sich das Modell als kompatibel mit allen anderen Energiequellen erweist, und zwingt sie dazu, eine energiebezogene Maßeinheit einzuführen, die TEP, d. h. die Tonne Öläquivalent. Auf der Grundlage seiner Studien schlug Hubbert eine Gesellschaft vor, die auf der Berechnung der ausgetauschten Energie und nicht auf dem Wert basiert.

Auf der Redaktionssitzung im September haben wir die letzte einer Reihe von Präsentationen über das „Wargame“ gehalten.

Bestimmte Sichtweisen auf die Revolution sind heute überholt. „Den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg verwandeln“ oder „die Klassengewerkschaft aufbauen“ sind Phrasen, die keinen empirischen Gehalt haben. Es handelt sich um historisch überholte Systeme.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ergab die Parole, den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg umzuwandeln, wenig Sinn. Unsere Strömung vertrat nämlich die Ansicht, dass der Krieg an der Wurzel gestoppt werden müsse, da sich der Kapitalismus sonst umstrukturieren würde, wobei vor allem das Proletariat in diesen Prozess einbezogen würde. Die Art und Weise der Kriegsführung hat sich grundlegend geändert, die Konflikte sind extrem mobil geworden, wobei Logistik und Elektronik eine große Rolle spielen. Das Studium der Wargames war notwendig, um Szenarien (Modelle), die zuvor ausschließlich als subjektiv/qualitativ behandelt wurden, formalisierbar zu machen, und „Wargaming“ bedeutet die Anwendung der Spieltheorie zur Lösung von Problemen des Angriffs, der Intelligenz, der Taktik und der Strategie.

Was die Gewerkschaft betrifft, so haben wir gesagt, dass derjenige, der eine Gewerkschaft erobert oder gründet, keine andere Wahl haben wird, als die korporativistische Gewerkschaftsarbeit in die Praxis umzusetzen, denn die Notwendigkeit, im korporativistischen historischen Rahmen Ergebnisse zu erzielen, blockiert das gewerkschaftliche Handeln gerade auf der historischen Ebene.

Die Revolution braucht klare und deutliche Aussagen, ohne jeden Nebel, der die Ideen verwirrt. Heute ist es für diejenigen, die eine revolutionäre Perspektive einnehmen, notwendig, ihre Sprache zu bereinigen, auch weil es undenkbar ist, dass eine Bewegung, die von alten politischen Kategorien geprägt ist (vgl. dritter Internationalismus) und von der Geschichte zerfetzt wurde, Erfolg haben kann.

Die Bourgeoisie ist heute die herrschende Klasse, aber sie tappt im Dunkeln, sie hat keine Theorie, um ihr eigenes System zu verstehen, und das wird ihr auf lange Sicht zum Verhängnis werden. Tatsächlich kapitulieren nicht wenige der Bourgeoisie vor dem Kommunismus, was beweist, dass die Weisheit der zukünftigen kommunistischen Organisation real ist. Der Philosoph Maurizio Ferraris beispielsweise hebt einige von ihnen hervor („Ist es möglich, ohne Arbeit zu leben?“). Der heutige Kapitalismus hat viel weniger Energie als der letzte revolutionäre Angriff, weil die Elemente des Kommunismus mehr und mehr entwickelt sind. In dieser Situation wird es viel schwieriger sein, die Macht zu ergreifen, aber viel leichter, sie zu behalten, sagte Lenin über eine Revolution in Westeuropa, und wir sagen es heute für die ganze Welt.

 

1A.d.Ü., dazu gibt es mittlerweile einen Haufen an Berichten im Internet, einer davon aus der Süddeutschen Zeitung.

2A.d.Ü., damit ist das Drosseln der Produktion gemeint, welches stark zu Anfang der Pandemie in der Volksrepublik China durchgeführt wurde.

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