Nieder mit dem Proletariat, es lebe der Kommunismus!

Das Original ist auf Französisch, dieser Text wurde auch 1979 in der Nr. 28 von Anarchismo auf Italienisch veröffentlicht. Die Übersetzung ist von uns.

Das größte Hindernis für die Emanzipation des Proletariats liegt in ihm selbst. Das eigentliche Problem für den Arbeiter ist, dass er sich mit seinem Elend abfindet, sich daran gewöhnt und sich mit seiner Ohnmacht tröstet. Dabei hat ihm die Erfahrung gezeigt, dass es in dem System, das ihn unterdrückt, keine Rettung gibt und dass es unmöglich ist, ohne Kampf daraus zu entkommen. Aber er zieht es vor, sich sinnlos aufzuregen und seine Passivität mit falscher Wut zu überdecken. Fatalismus und Resignation sind in den Reihen der Arbeiter weit verbreitet. Klar, es wird immer Chefs geben, die gab es schon immer; es gibt nicht viel zu hoffen, wenn man auf der falschen Seite der Barrikade steht. Klar, es kommt vor, dass das Proletariat es satt hat und eine Situation, die es unerträglich findet, nicht mehr akzeptiert. Aber es tut das, um einen Plan zu machen! Anstatt zu versuchen, denen eins auszuwischen, die auf seinen Kosten leben, lässt er seinen Frust an denen aus, die er an der Straßenecke trifft: Kleinkriminelle, Einwanderer und andere Nervensägen. Er hat das Gefühl, sie in der Hand zu haben. Aus den gleichen Gründen lässt es seine Wut an seiner Frau und seinen Kindern aus, wenn sie ihm nicht die Befriedigung geben, die er erwartet, und sein Gefühl der sozialen Unterlegenheit nicht durch einen makellosen Haushalt oder gute Schulnoten ausgleichen. Der Angestellte hält sich stolz vom Arbeiter fern, weil dieser sich die Hände schmutzig macht, und wird im Gegenzug als Papierfresser verachtet. Wer in einer Gewerkschaft/Synikat ist, fühlt sich denen überlegen, die noch nicht dabei sind, aber darauf aufmerksam gemacht werden wollen. Das wiederum sorgt für leichte Belustigung.“ aus Anarchismo.


Nieder mit dem Proletariat, es lebe der Kommunismus!

Les amis du potlach, Frankreich, 1979

Diejenigen, die nicht darauf aus sind, eine weitere Macht unter den Mächten dieser Welt zu werden, sondern die darauf abzielen, all diese Mächte zu zerstören, könnten ihr Programm so zusammenfassen: „Nieder mit dem Proletariat“.

Natürlich nicht im Sinne einer Ablehnung der Proletarier als Menschen, sondern gerade weil man nur dann ein Mensch sein kann, wenn man es ablehnt, ein Proletarier zu sein. Revolutionäre wollen nicht die Lage der Proletarier verbessern. Sie wollen sie abschaffen. Die Revolution wird proletarisch sein, weil sie von den Proletariern gemacht wird, und antiproletarisch, weil sie gegen die Proletarier gerichtet ist.


NIEDER MIT DEM PROLETARIAT

Die Zustimmung zur Knechtschaft

Der Proletarier findet in sich selbst das größte Hindernis für seine Befreiung. Für den Arbeiter ist die wahre Katastrophe seine Selbstzufriedenheit angesichts der Realität seines Elends, seine Art, sich damit abzufinden und Trost für seine Ohnmacht zu finden. Die Erfahrung hat ihn jedoch gelehrt, dass es kein Mittel gegen das System gibt, das ihn unterdrückt, und dass er nicht wüsste, wie er es loswerden könnte, wenn nicht durch den Kampf. Aber nein, er zieht es vor, sich in Leere zu ergehen und seine Passivität in fehlgeleitete Wut zu verwandeln.

Fatalismus und Resignation herrschen unter den Arbeitern. Deshalb sagt man: „Es wird immer Bosse geben”. Tatsächlich gab es sie schon immer; es gibt nicht viel Hoffnung, wenn man das Pech hatte, auf der falschen Seite der Gesellschaft geboren zu sein. Es stimmt, dass der Proletarier wütend wird und auf den ersten Blick eine Situation, die er als unerträglich empfindet, nicht mehr akzeptiert. Aber tut er das mit dem Ziel, einen konkreten Plan der Aktion auszuarbeiten? Keineswegs! Da er nicht mal die erreichen kann, die über ihn hinweg zu Wohlstand gekommen sind, lässt der Proletarier seinen ganzen Groll an denen aus, die er an jeder Ecke treffen kann: kleine Chefs, Lumpen, Deklassierte und Ausländer. Er beschwert sich, dass er es ist, der sie ernährt, so empfindet er es. Aus denselben Gründen ärgert er sich über seine Partnerin und seine Kinder, wenn sie ihm nicht die Befriedigung geben, die er erwartet, und wenn sie es nicht schaffen, sein Gefühl der sozialen Unterlegenheit durch ein makelloses Zuhause oder gute Schulnoten auszugleichen. Der Angestellte wird sich stolz vom Arbeiter distanzieren und unterscheiden, weil dieser sich die Hände schmutzig macht. Aber im Gegenzug wird er selbst verachtet und als blutsaugender Parasit abgestempelt. Wer in der Gewerkschaft/Syndikat ist, fühlt sich demjenigen überlegen, der noch nicht dabei ist, aber sensibilisiert werden sollte. Im Gegenzug liefert er der Welt ein leichtes Ziel für Spott.

Selbst wenn er nicht verbittert ist und in der Lage ist, das Gute im Leben sowie sein eigenes Glück anzuerkennen, bleibt der Proletarier dennoch ein Gefangener seiner begrenzten Lebensweise. Er akzeptiert seine Knechtschaft bis zu dem Punkt, dass er in einem bestimmten Alter anerkennt, dass sich die Dinge allmählich verbessern und dass die unzufriedene Jugend die „erreichten Erfolge” anerkennen sollte.

Es gibt ein Gefühl, das von den Proletariern aller Länder allgemein akzeptiert wird. Es ist nicht der Internationalismus, ganz im Gegenteil, es ist das Gefühl, dass es anderswo schlechter wäre… „Besser an dem festhalten, was man hat, an seinem Platz, denn „nebenan” und für die gleiche Arbeit…” Der Arbeiter findet Trost in dem Gedanken, inmitten des allgemeinen Unglücks sein Nest, seinen Schutz gefunden zu haben.


Der Arbeiter liest wenig und lässt lieber andere für sich lesen. Er geht sogar so weit, dass er sich den Luxus erlaubt, Intellektuelle zu verachten. Er misstraut ihnen, weil sie viel wissen müssen – wodurch sie eine Art Überlegenheit erlangen – oder weil sie nicht mit beiden Beinen im Leben stehen. Aber es kommt selten vor, dass Intellektuelle als das angesehen werden, was sie oft sind: diplomierte Idioten und Verteidiger des Systems. Der Arbeiter gibt sich damit zufrieden, morgens auf dem Weg zur Arbeit oder abends vor dem Bildschirm den für ihn produzierten journalistischen Scheiß zu konsumieren. Er verlangt, dass man sich auf sein Niveau begibt. Den realistischen und praktischen gesunden Menschenverstand zu akzeptieren bedeutet, sich auf die begrenzten Existenzbedingungen zu beziehen, die diesen gesunden Menschenverstand hervorbringen, und nicht zu verstehen, was diese begrenzten Existenzbedingungen hervorbringt und auflöst. Die revolutionäre Theorie muss sich nicht an der Erfahrung der Arbeiter ausrichten, sondern diese überwinden. Sie ist weniger ein Ausdruck von Ungeduld als vielmehr eine Kraft der Vorwegnahme.


Die Arbeit ist nach wie vor die beste Polizei. Sie hält alle in Schach, verdummt und verhindert die Entwicklung von Vernunft, Wünschen und dem Geschmack für Unabhängigkeit. Das liegt daran, dass Arbeit eine enorme Menge an Nervenkraft verbraucht, Kraft, die der reflexiven Aktivität, den Sehnsüchten, der Liebe entzogen wird. Die Arbeit stellt den Arbeiter ständig vor ein kleinliches Ziel und garantiert ihm mittelmäßige, aber regelmäßige Befriedigungen. Folglich wird es in einer Gesellschaft, in der immer hart gearbeitet wird, mehr Sicherheit geben: Heutzutage wird Sicherheit als höchste Gottheit verehrt.

Es gibt immer noch Idioten, die heute das Joch der Arbeit widerwärtig verherrlichen und es nicht einmal aus ihrem Innersten heraus schaffen, es abzulehnen. Wer Tag für Tag seine Gesundheit ruiniert, ist stolz auf seine Bizeps und freut sich, dass er keinen Sport treiben muss, um in Form zu bleiben. In einigen Werkstätten herrscht eine echte olympische Mentalität. Akkordlohn und Motivationsprämien sind nicht einmal notwendig, damit jeder seinem kleinen Rekord hinterherjagt. Offene Verachtung oder Bevormundung für den, der nicht fähig ist oder dem es einfach egal ist. Es wird jedoch immer schwieriger zu glauben, dass das, was man tut, etwas bringt, und Gleichgültigkeit, ja sogar Ekel vor der Arbeit gewinnen an Boden.

Aber wer aufhört zu arbeiten, muss sich oft mit Schuldgefühlen auseinandersetzen. Ob krank oder arbeitslos, viele haben Angst, nicht gut genug zu sein, schämen sich, sich gehen zu lassen. Wer sich selbst am Maßstab der Arbeit misst, glaubt, der Welt beweisen zu müssen, dass er kein Versager ist und eine gesellschaftliche Nützlichkeit hat. Hier wird der Finger auf den grundlegend erbärmlichen Charakter des menschlichen Lebens gelegt: Ohne Arbeit hat das Leben keine Substanz mehr, es hat keinen Sinn und keine Realität mehr.

Es ist nicht das Interesse an der Arbeit, das den Menschen dazu bringt, seine Arbeitskraft zu verkaufen und sich damit abzufinden, nichts anderes mit seiner Zeit anzufangen, sondern die Notwendigkeit eines Gehalts. Die Last des Alltags kann einen glauben lassen, dass der Zugang zu Freizeit nach der Arbeit und sogar Arbeitslosigkeit letztendlich eine Befreiung sind. Man muss nur arbeitslos oder Rentner werden, um das Gegenteil festzustellen. Rente oder Arbeitslosigkeit sind menschliche Arbeit auf Nullniveau.


Die moderne Misere drückt sich nicht durch den Mangel an Freizeit oder den Mangel an Konsumgütern aus, sondern durch die erzwungene Trennung von allen Aktivitäten, die Aufteilung der Zeit und die Isolation des menschlichen Wesens. Auf der einen Seite steht die oft hektische, fragmentierte produktive Aktivität – die Bedürfnisse der Kapitalproduktion –, die das menschliche Wesen zu einer Hülle der Zeit macht, zu einem weiteren Instrument unter allen verfügbaren Instrumenten. Auf der anderen Seite steht die Freizeit, in der das menschliche Wesen eigentlich ein Gefühl der Zugehörigkeit zu sich selbst finden sollte, wo er aber in WIrklichkeit, gezähmt durch die Erziehung und durch die Arbeit abgestumpft, durch die Verpflichtung zu zahlen jeglicher Freude beraubt wird.


Der Konsum und vor allem die Träume, die man sich leisten kann, bleiben als letzter Trost bestehen. Die Arbeiterin, die Verkäuferin oder die Sekretärin opfert, abgesehen von der Zeit, die sie damit verbringt, Schaufenster anzulecken und Fotoromane zu lesen, ihre ganze Lebenskraft dafür, ihren sozialen Status durch sichtbare Bemühungen um ihr Aussehen zu verbessern. „Weiblichkeit” kann dank der Wunder aller zugänglichen Waren in Fülle und Freude erreicht werden! Der Wunsch, beachtet zu werden, und die unterwürfige Anpassung an die servilen Vorstellungen, die man von der Frau hat, vermischen sich, um sie besser über die Realität ihres Schicksals zu täuschen.

Das „Heim“ des Arbeiters berührt die Vorstellung eines Hauses in einem Wohnviertel, das eines Tages ihm gehören wird und wo er endlich „sein Dach über dem Kopf” finden wird. Aber zuerst kommt das Auto. Er träumt davon, es zu kaufen und dann zu wechseln. Es ist ein Maßstab für Reichtum und des Wissens wie man lebt und bietet außerdem ein unerschöpfliches Gesprächsthema. Auch wenn der Arbeiter lieber mit dem Kellner über die Probleme mit seiner Frau redet, während er ihm Fotos seiner Kinder zeigt, ist es doch der Mechaniker, der letztendlich die Rolle seines wahren Vertrauten übernimmt.


Es geht darum, den Proletariern keinen einzigen Moment der Illusion oder Resignation zu gönnen. Man muss die Scham noch beschämender machen, indem man sie offenlegt. Wir müssen diese versteinerten Beziehungen unter dem Diktat ihrer eigenen Melodie zum Tanzen bringen. Man muss dem Proletarier beibringen, sich selbst zu fürchten, um ihm Mut zu machen.» (Marx, Manuskripte von 1844)


Der Arbeiter misstraut der Politik oft, aber nur selten beschließt er, sich zur Kritik an der Politik und an den Politikern zu erheben. Aufgeblasen in seinem Stolz durch die momentane Bedeutung, die ihm die Politik verleiht, und angeregt durch den sportlichen Charakter, den die Angelegenheit annimmt, lehnt er es nicht ab, sich anzustellen und seine Stimme abzugeben. Es reicht, dass der Wind der „nationalen Einheit“ zu wehen beginnt, damit all seine scheinbar erloschenen Illusionen wieder aufleben.

Es spielt keine Rolle, dass die Linke regelmäßig die Hoffnungen der Massen enttäuscht hat, dass die Sozialdemokraten sie in den Krieg geschickt haben, dass sie sich an den schlimmsten bougeoisen Machenschaften beteiligt oder die koloniale Repression unterstützt hat. Was die angeblichen Kommunisten angeht, so vernachlässigen und geben sie, sobald sie an die Macht kommen, die Verteidigung der Arbeiterinteressen auf: Sie rufen dazu auf, die Ärmel hochzukrempeln, und zögern nicht, das Proletariat physisch zu unterdrücken, wie in Kronstadt, Barcelona, Budapest… Aber was weiß der Arbeiter über die Geschichte der proletarischen Kämpfe? Über die Pariser Kommune, über die russische Revolution, über die Streiks unter dem Regime der Volksfront kennt er kaum mehr als die Karikaturen und Märchen, die der politische Apparat und die Lehrer der Linken für ihre eigenen Zwecke erfunden und zusammengestellt haben.

Wenn er einer stalinistischen Partei angehört, wird der „Arbeiter” die maßlosen Gewinne der Monopole und die dreisten Spekulationen der Immobilienentwickler anprangern. Aber er versteht nie die wahre soziale Rolle des Bosses und den Gewinn des Kapitals.

Er sieht nur Diebstahl, Parasitismus und Missbrauch durch die „zweihundert Familien”, aber überhaupt nicht die ökonomischen Funktionen, die durch die Untergrabung ihrer Grundlagen – Kapital und Lohnarbeit – beseitigt werden müssen.

Sobald es ein sozialistisches Vorzeigeland gibt, Schweden oder Kuba, je nach Geschmack, werden ihm die Prunkvollheiten, die prächtigen Büros, die Dachas im Dienste des Volkes sofort ehrlicher erscheinen. Egal, welcher fette Bürokrat ein „Arbeiteranführer” ist, diese Lebensweise wird zu einer Frage der Würde der Arbeiter. Wie zufrieden wird der Arbeiter in Ländern sein, in denen das Proletariat seine Diktatur ausübt, wenn er morgens in der Fabrik seine Mütze vor dem Vorarbeiter zieht und weiß, dass er tatsächlich Eigentümer seines Unternehmens und letztlich der Vorgesetzte seiner Vorgesetzten ist?

Der Feind des Proletariats ist weniger die Macht der Kapitalisten oder Bürokraten als vielmehr die Diktatur der ökonomischen Gesetze über die Bedürfnisse, die Aktivitäten und das Leben der Menschen. Die moderne Konterrevolution konzentriert sich auf die Verteidigung der proletarischen Lebensbedingungen und weniger auf die Aufrechterhaltung der bourgeoisen Privilegien. Mit Hilfe ihrer politischen und gewerkschaftlichen/syndikalistischen Vertreter und im Namen des Proletariats wird versucht, die kapitalistische Gesellschaft zu retten.


Aber für die Proletarier, die sich mit lächerlichen Straßenumzügen, mit der Pflanzung von Freiheitsbäumen und mit hochtrabenden Reden von Anwälten ablenken lassen, wird es zuerst Weihwasser, dann Beschimpfungen und schließlich Maschinengewehre geben, immer Elend.“ (A. Blanqui)

Die Arbeiter besetzten die Fabriken, aber die Fabrik besetzte die Arbeiter, die so nicht auf die Straße geworfen wurden, um sich diesen Prozessionen anzuschließen, die manchmal zu gewalttätigen und blutigen Zwischenfällen führten.“ (L. Blum)


Der Entwurf der Knechtschaft

Protestieren und Forderungen stellen gehören auch zur Rolle des Arbeiters und seiner Ohnmacht. Ohnmacht, Abgeschnittenheit von der Realität und Perspektivlosigkeit, die durch seine Arbeit bedingt sind. Passiv und isoliert akzeptiert er, sich den bürokratischen Apparaten zu unterwerfen, in der Hoffnung, die Verbindung zu finden, die ihm fehlt.

Wenn der Arbeiter innerhalb dieser „verantwortlichen Organisationen“ Forderungen stellt, bekräftigt er damit die Grundlage seines eigenen Elends. Was fordert er? Brot? Raum? Maschinen, die die Arbeit erledigen? Die notwendigen Mittel, um sein Leben zu genießen, Freunde zu treffen, für sie und mit ihnen zu handeln und zu produzieren? Nein. Was er hartnäckig fordert, ist die Garantie, arbeiten zu können, sich in der Zwangsarbeit des Lohnsystems ausbeuten zu lassen und als Ausgleich eine Senkung des Rentenalters, damit auch junge Menschen ihr Recht auf Arbeit wahrnehmen können, während die Alten in Ruhe ihre Beerdigung vorbereiten können. Er fordert, dass der Arbeiter sich verkaufen muss, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, gezwungen und eingeschränkt durch das ökonomische Umfeld; das heißt, dass er, sobald er arbeitet, alles in seiner Macht Stehende tun muss, um seine Gesundheit nicht zu ruinieren, dass er ständig darum kämpfen muss, Aktivitäten nachzugehen, die für ihn vorteilhafter sind, und natürlich die Zeit zu verkürzen, in der er ausgebeutet wird.

Diese Haltungen, die in der kapitalistischen Welt einfach so sein müssen, haben nichts mit dem Recht auf Arbeit und dem Recht auf Rente zu tun.

Reformen sind keine Errungenschaften des Proletariats, sondern Verbesserungen, eine Neugestaltung, eine Anpassung?, die das System vornehmen muss, um sein Überleben und seinen Fortbestand zu sichern. Im Allgemeinen tut es – manchmal unter dem Druck der Massen – nichts anderes, als seine Anachronismen zu beseitigen. Der Arbeiterreformismus deckt nur die Entwicklungsbedürfnisse des Kapitals, insbesondere das Bedürfnis, die Arbeitskraft relativ gut zu behandeln, um sie umso grausamer ausbeuten zu können.

Die Krise mit den damit einhergehenden Konflikten ist ein Moment der Hoffnung für Karrieristen und Bürokraten, die dann versuchen, sich die besten Posten zu sichern, die durch die Aktion des Proletariats frei werden. Das können wir in der russischen Revolution sehen, wo die bolschewistische Partei die lebendigen Kräfte der Revolution manchmal militärisch zurückdrängte, bis die kapitalistische Ordnung und die Disziplin in den Fabriken wiederhergestellt waren, ebenso wie in der deutschen (1918/1923) und der spanischen (1936/1937) Revolution…

Diejenigen, die in der Ohnmacht und Zersplitterung der Proletarier die Grundlage ihrer Macht als Verhandlungsführer der Arbeitskraft finden, sind die besten Verteidiger der Ausbeutungsgesellschaft. Ihr Programm ist die Verwaltung der proletarischen Verhältnisse. Sie können lautstark „Es lebe das Proletariat!“ rufen, denn sie leben ja gerade vom Proletariat! Und wenn diese Erben des Scheiterns der proletarischen Aufstände sich schamlos in der Öffentlichkeit präsentieren können, dann deshalb, weil sie dank der Unterdrückung dieser Aufstände zu Wohlstand gekommen sind.

Eine große Illusion: die Selbstverwaltung

Das Kapital hat alle sozialen Beziehungen zur Ware gemacht. Aber genau diese Entwicklung hat die Regulierungsmechanismen des Systems fragil und die Gleichgewichte, auf denen die Akkumulation beruht, instabil gemacht, seien sie nun monetärer, sozialer, demografischer oder ökologischer Natur. Die Krise von 1929 kam nach der Niederschlagung des Proletariats (Scheitern der revolutionären Periode der 1920er Jahre), aber die Krise, die wir heute erleben, kommt in einer Zeit, in der das Proletariat seine Stärke wiederentdeckt. Eine entscheidende Auseinandersetzung bahnt sich an.

Das kapitalistische System lebt vom Proletariat wie keine andere Klassengesellschaft zuvor von ihren Sklaven. Die grundlegende Klasse des Kapitalismus ist das Proletariat und nicht die Bourgeoisie. Solange es ein Proletariat gibt, wird es auch Kapitalismus geben, und tatsächlich besteht der revolutionäre Charakter des Kapitalismus darin, das Proletariat zu vergrößern, d. h. die Klasse zu erweitern, die die Auflösung aller Klassen bedeutet, die Klasse, die nur ihre Menschlichkeit zurückerobern und sich ihre Welt aneignen kann, indem sie ihr eigenes Wesen auflöst und das Kapital zerstört. Das Proletariat wird vor allem deshalb zur Aktion gedrängt, weil die Arbeiterbewegung mit der Krise nicht mehr in der Lage ist, die Lohnarbeit weiter zu reformieren. Im Vergleich zu ihren Vorfahren und denen, die in der Dritten Welt in Armut leben, sind die Ausgebeuteten in den entwickelten Ländern relativ verwöhnt. Die bevorstehende revolutionäre Transformation wird jedoch von ihnen abhängen, denn die Kluft zwischen dem, was ist, und dem, was möglich sein könnte, ist größer denn je. Diese Kluft ist, unabhängig davon, ob sich die Proletarier dessen bewusst sind oder nicht, in jedem Fall ein Widerspruch, der sie dazu veranlasst und zunehmend dazu veranlassen wird, zu handeln, um aus dieser Situation herauszukommen.

Da man den Entrechteten keine bourgeoise, eigentumsorientierte, moralische oder religiöse Ideologie anbieten kann, wird ihnen eine proletarische Ideologie präsentiert: Sozialismus, Selbstverwaltung. Die Verbreitung der Lohnarbeit hat die alten Werte des Eigentums zerstört und zwingt das Kapital, den Zugang zu Verantwortung, die Bereicherung der Aufgaben, die Demokratisierung der Macht im Unternehmen und die Beteiligung in den Vordergrund zu stellen. Vor allem, wenn ökonomische Schwierigkeiten die Entschädigungen der Arbeiter in barer Münze noch schmerzhafter machen.

Das Problem der Verwaltung kann nur in einer fragmentierten, zersplitterten und atomisierten Welt im Mittelpunkt stehen, in der menschliche Wesen angesichts ökonomischer Not machtlos sind. Die Selbstverwalter und andere Verfechter der Arbeiterkontrolle versuchen, die Arbeiter an „ihr” Unternehmen zu binden. Konkret bedeutet das, dass Komitees innerhalb jedes Unternehmens die Konten prüfen, den Chef oder die Geschäftsleitung kontrollieren und gleichzeitig die Produktion und die kommerziellen Aktivitäten überwachen. Damit wird eine Art ewige Ökonomie vorausgesetzt, deren Gesetze im Kapitalismus und im Kommunismus mehr oder weniger identisch wären: Die Arbeiter müssten dann die Regeln der Verwaltung und des Handels lernen. Die Logik der Ware setzt sich durch, sie bestimmt alles: was hergestellt wird, wie usw. Aber für das Proletariat geht es nicht darum, die „Konzeption” dessen einzufordern, was es heute nur noch „herstellt”.

Im besten Fall wäre die Lösung gleichbedeutend mit der Selbstverwaltung des Kapitals. Das Beispiel von Lip1 ist aussagekräftig: Sogar die Aufgaben des Chefs wurden zu Aufgaben der Arbeiter. Neben dem materiellen Prozess kümmerten sie sich auch um die Vermarktung. Gerade die Probleme, die die „Verwaltung” in einer nicht-auf Waren bezogenen Gesellschaft mit sich bringen kann, haben damit nichts zu tun. Zu denken, dass die Arbeiter durch Arbeiterkontrolle etwas lernen können, ist einfach absurd: Sie kann ihnen nur kapitalistische Verwaltung beibringen, egal was die Leute, die das machen, eigentlich wollen.

Von den Ideologen der neuen Welle angepriesen, schmückt sich die Selbstverwaltung mit dem Reiz der Utopie. Aber was für eine traurige Utopie ist es doch, dass die Verwirrung eines Kapitalismus ohne Kapitalisten sich mit der Lächerlichkeit von Arbeitern verbindet, die sich morgen für das begeistern, was ihnen heute egal ist: die Lohnarbeit… Angesichts künftiger Ausschreitungen sieht die demokratische Linke in der Selbstverwaltung einen Diskurs, der sie stärkt und es ihr ermöglicht, sich besser aufgestellt zu zeigen, um eine Bewegung wieder aufzunehmen, die sich als bedrohlich ankündigt.


Die Scharmützel des sozialen Krieges der letzten zehn Jahre verstärken die Bedrohung, die auf dem Elend der Lohnarbeit lastet. Die Krise wird sich weiter verschärfen, was eine friedliche Lösung ausschließt.

Im Moment sind die Kräfte der alten Welt gezwungen, die Offensive aufrechtzuerhalten. Aber die Karten sind noch nicht verteilt.

Lehnen wir das Spiel des Feindes ab, das darin besteht, Reformen durchzuführen, um die Welt der Ökonomie zu erhalten.

Erkennen wir uns auf unserem Terrain wieder: indem wir die Möglichkeit des Kommunismus in den Vordergrund stellen, wozu die Theorie der kommunistischen Revolution beiträgt.

Rüsten wir uns also für die bevorstehende Auseinandersetzung.


ES LEBE DER KOMMUNISMUS

Der stammelnde Kommunismus

Was die Presse und das Fernsehen als „Klassenkampf”, als Kampf der Arbeiter, präsentieren, ist in Wirklichkeit oft ein vorgefertigtes politisch-gewerkschaftliches/syndikalistisches Spektakel. Die wahre Stärke der Arbeiterklasse und die Angst, die sie hervorrufen kann, kommen auf effektivere und subtilere Weise zum Ausdruck. Die Haltung der Ungehorsamkeit und Arbeitsverweigerung wirkt sich stärker aus, sogar auf die Höhe der Löhne, als die rituellen Paraden am 1. Mai. Es gibt eine Komplizenschaft zwischen den verschiedenen Mächten, die sich die Gesellschaft aufteilen, um den sozialen Krieg zu verschleiern, der sie bedroht.

Die Arbeiter haben aufgrund ihrer Situation, dank der riesigen Kapitalmassen, die sie bewegen müssen, und aufgrund des Grades der Integration aller produktiven und ökonomischen Handlungen über beeindruckende Mittel zur Aktion und zum Druck. Diese Mittel sind unvergleichlich mächtiger als die, über die die Unterdrückten früherer Zeiten verfügten, und dennoch fehlt ihnen oft das Bewusstsein für diese Stärke. Es geht nicht um eine abstrakte Macht, die die Arbeiterklasse als Ganzes hätte, sondern um die Mittel, über die sie konkret verfügt, auch wenn es sich aufgrund ihrer Klassenzugehörigkeit um begrenzte Gruppen handelt. Durch Streiks, Sabotage und Ungehorsam aller Art können die Arbeiter die Wertsteigerung des Kapitals gefährden. Sie können die Produktion einer unverzichtbaren Ware oder einer unverzichtbaren Dienstleistung blockieren, sie können große Komplexe lahmlegen, sie können die Produktion für ihren eigenen Gebrauch und auf eigene Rechnung umleiten.

Diese Macht kann auf einer noch viel höheren Ebene genutzt werden, um anderen Ärger zu ersparen. Ein Streik im Transportwesen führt zum Verlust von Arbeitstagen. Scheiß auf die Arbeitsfanatiker! Es gibt verschiedene Druckmittel, um zu erreichen, dass diese Arbeitstage trotzdem bezahlt werden. Einige Streiks im Transportwesen haben dazu geführt, dass jegliche Zahlungskontrolle eingestellt und die Kostenfreiheit durchgesetzt wurde. Was wäre die soziale Wirkung der kostenlosen Verteilung bestimmter Produkte, von Postboten, die die Post nicht mehr abstempeln, von Kassiererinnen, die die Arbeit niederlegen und die Kunden ohne zu bezahlen gehen lassen, von Angestellten, die wichtige Papiere vernichten? Außergewöhnliche Möglichkeiten der Aktion gibt es praktisch überall. Was fehlt, ist der Mut, die Übereinstimmung, die echte Freude an der Wirksamkeit und am Spiel.

Es ist bezeichnend, dass die Unruhen unserer Zeit in den USA, Polen, London oder Kairo regelmäßig zu Überfällen auf Geschäfte und Plünderungen in Läden und Supermärkten führen. Ein Stromausfall in New York im Juli 1977 reichte aus, damit angesehene Familienväter Seite an Seite mit „Kriminellen” an den Plünderungen teilnahmen.

Unter allen Umständen das Arbeitsinstrument zu verteidigen, wie es die Gewerkschafter/Syndikalisten tun, oder vor einem Streik zu warnen, oder Warnstreiks durchzuführen, oder das Eigentum des Arbeitgebers oder des Staates zu schützen, bedeutet, dem Fetischismus des Kapitals nachzugeben und sein Gefangener zu sein; es bedeutet, das, was das Kapital selbst in den Händen der Proletarier konzentriert hat, nicht positiv zu nutzen. Die Arbeiter, für die das Arbeitsmittel kein heiliges Ding mehr ist, das man auf keinen Fall von seiner eigentlichen Funktion ablenken darf – diejenigen, die es nicht mehr akzeptieren, ihr Leben den Fetischen zu opfern –, werden, wenn es soweit ist, die Instrumente, die das Kapital ihnen hinterlassen hat, bestmöglich nutzen können. Sie werden alles Notwendige in Gang setzen, um die revolutionären Aufgaben zu sichern: sich kleiden, ernähren, assoziieren, bewaffnen … leben.


Die Preise sind stark gestiegen, und jetzt wird es keine Preise mehr geben. Wenn wir fertig sind, wird es den Broadway nicht mehr geben.“ Ein junger Mann aus Buswick (Time, 25. Juli 1977)


Wenn Arbeiter Maschinen für ihre eigenen Zwecke nutzen, machen sie sich eine Aktivität zu eigen, die über die Lohnarbeit hinausgeht. Der Befehl „Das muss gemacht werden“ wird durch eine Frage ersetzt:

Was ist möglich zu tun?“ Diese Arbeit ist zwar ein Selbstzweck, aber trotzdem nicht ohne Ziele. Die Möglichkeiten in dieser Hinsicht sind nicht unbegrenzt, aber der Arbeiter, der sich der Arbeit auf eigene Rechnung widmet, setzt seinen Kopf ein und informiert sich. Er schaut sich das Material um ihn herum an, prüft die ungenutzten Möglichkeiten, die über die seiner einzigen Maschine hinausgehen: die der kleinen Hilfsmaschinen, die der Plattenschneidemaschine in der Ecke der Werkstatt, die des Schleifsteins, alles Werkzeuge, die ihm zur Verfügung stehen; und er entscheidet. Diese bescheidene, heimlich ausgeführte Arbeit für sich selbst ist der Keim einer freien und kreativen Arbeit: Sie ist das Geheimnis dieser Leidenschaft.

Wenn die Arbeiter gegen das Kapital vorgehen, sind ihre Aktionen nicht nur ein Mittel, sondern auch der Entwurf von etwas anderem, von einer Welt, in der die menschliche Aktivität nicht mehr gefesselt, sondern befreit wäre, nie mehr der Produktion von Reichtum unterworfen, sondern bereichert, als Ausdruck des menschlichen Reichtums selbst. Während des Kampfes wird der Arbeiter zum Herrn über sich selbst und übernimmt wieder die Kontrolle über seine eigenen Handlungen. Die Heiligkeit des Arbeitsinstruments, die ernste und bedrückende Seite der Fabrikrealität brechen zusammen.

Mit der Sabotage und ganz allgemein mit allem, was die Arbeitsorganisation direkt angreift, kehrt die Freude zurück. In der wiederauflebenden Initiative, in den geknüpften Beziehungen verschwinden Rassismen aller Art, in der Unentgeltlichkeit der Gesten und Gefühle wird die menschliche Gemeinschaft wiedergeboren. Die revoltierenden Proletarier machen unendlich reicheren Gebrauch von ihrem Leben, sie werden flüchtig zu Herren über Zeit und Raum.

Die Affirmation ihres eigenen menschlichen Lebens und nicht mehr das des Kapitals ist sofort kommunistisch.

Das Streben nach Kommunismus

Das Bedürfnis nach menschlicher Gemeinschaft ist das eigentliche Herzstück des Kommunismus. Die Beschreibungen der Utopisten [des 19. Jahrhunderts] zeigten schon damals die historische Notwendigkeit des Kommunismus und machten ihn zu einer unmittelbaren Forderung, entsprechend seiner tiefen Natur. Aber der Kommunismus wurde nicht von Denkern erfunden. Es geht um das alte Bedürfnis nach Fülle und Gemeinschaft, das sowohl in den Aufständen der Sklaven in der Antike als auch in denen der Bauern im Mittelalter vorhanden war.

Der Kapitalismus versucht, jede Spur von Kommunismus aus dem Leben der Menschen zu tilgen. Aber selbst die integrierteste und unterwürfigste Aktivität lebt von Teilhabe, Schöpfung, Kommunikation und Initiative, auch wenn diese Fähigkeiten sich nicht voll entfalten können. Das Bedürfnis nach einem Lohn reicht nicht aus, um den Arbeiter zum Arbeiten zu bewegen. Er muss etwas von sich selbst einbringen.

Der Kommunismus ist keine feste Form der sozialen Organisation. Er lässt sich nicht so aufbauen, wie es sich diejenigen vorstellen, die Luftschlösser bauen. Der Kommunismus entsteht unaufhörlich im Schoß der menschlichen Aktivität, auch wenn er sich nur zu bestimmten Zeiten entfalten kann. Je mehr sich die menschliche Aktivität gegen das Kapital erhebt, desto mehr neigt sie dazu, den Kommunismus zu skizzieren. Wenn die menschlichen Wesen wieder Erfahrungen machen, um zu kommunizieren, Dinge zu sagen und zu tun, hört das Bewusstsein auf, ein passives Spiegelbild von erstarrten Vorstellungen und Situationen zu sein. Je tiefer der Kampf geht, desto mehr werden diejenigen, die ihn führen, von den Vorurteilen und Kleinlichkeiten befreit, die sie zuvor beherrschten. Ihr Bewusstsein wird entwirrt und sie werfen einen neuen, staunenden Blick auf die Realität und ihre Existenz. Die Proletarier können die Produktionsmittel nicht stückweise zurückerobern, eine völlig partialisierte Aktivität; sie müssen sich assoziieren und alles gemeinsam nutzen. Aber über die Bewegung der Aneignung und gemeinsamen Nutzung hinaus entwickelt sich eine neue Aktivität, neue Beziehungen entstehen, zuvor begrabene Leidenschaften werden geweckt, das Herrschaftsverhältnis der Objekte über die menschlichen Wesen kehrt sich um.

Das kapitalistische System basiert auf dem Gegensatz zwischen Produktion und Konsum. Ist die Existenz des Proletariers nicht auch doppelt? Erstickt, zeitlich gestoppt, gefordert, wenn er schuftet und produziert; umschmeichelt und spielerisch, wenn er konsumiert. Beim Kommunismus geht es nicht so sehr um die maximale Verkürzung der Arbeitszeit, sondern darum, den falschen Charakter des Gegensatzes zwischen Arbeit und Freizeit aufzudecken. In frühen Gesellschaften wurde dasselbe Wort für Arbeit und Spiel verwendet. Heute können wir Jagen, Sammeln und Gärtnern als mehr als nur Arbeit betrachten, auch wenn es sich dabei um produktive Aktivitäten handelt.

Das Gleiche gilt für industrielle Aktivitäten, aber das kalte Metall der Maschinen lastet so schwer auf unserer Vorstellungskraft, dass diese Aktivitäten nur durch die Befreiung der gesamten Menschheit zu angenehmen Aktivitäten werden können.

Durch unaufhörliche technologische Innovationen und die Rationalisierung des Arbeitseinsatzes hat der Kapitalismus die Produktionseffizienz vervielfacht. Die Verkürzung der Arbeitszeit, die Standardisierung von Teilen, die Austauschbarkeit von Aufgaben… das ist es, was die Menschheit antreibt.

Einige sagen, dass Fortschritt eine bessere Qualifizierung der Arbeit mit sich bringt. Man muss nur die Zunahme der Zahl der Ingenieure im Laufe des 20. Jahrhunderts anführen. Aber sie vergessen zu erwähnen, dass in den Vereinigten Staaten die Zahl der Hausmeister im gleichen Zeitraum ebenso gestiegen ist… Dieser Wettlauf um Produktivität hat in Wirklichkeit die Degradierung und Entwertung der Arbeit vertieft und ausgeweitet.

Wissenschaftliche und technische Errungenschaften zeigen, dass Not aus dem Überfluss selbst entsteht. Während sich die Verkehrsüberlastung gegen das Auto, der Arzneimittelkonsum gegen die Gesundheit und die Zerstörung der Natur gegen ihre Humanisierung, die Veralterung der Ware als Ware in ihrer Nutzung enthalten ist. Und warum sollte man sich fortbewegen, wenn es innerhalb des Systems der Objekte niemanden gibt, den man wiederfinden kann? Der Konsum ist trotz aller falschen Versprechungen der Werbung keineswegs ein Mittel gegen das Elend. Die kommerzielle und monetäre Kolonisierung des gesamten sozialen Lebens hat die traditionellen Werte und den Respekt vor den Institutionen sabotiert. Das intimste Elend ist das, das vom Kapital geschaffen wird. Aber diese Bewegung der Zerstörung ist gleichzeitig Befreiung und Vermehrung der Wünsche.

Der Kommunismus ist nur möglich, weil der Kapitalismus die gesamte Menschlichkeit ausgelöscht hat. Der Kommunismus ist nicht die Verteidigung der Proletarier, sondern die Abschaffung des proletarischen Zustands. Er bringt weder die Arbeiter an die Macht, noch gleicht er die gesamte Bevölkerung unter einem gleichen Einkommen aus.

Der Kommunismus beendet die Lohnsklaverei, den Produktivismus, den Gegensatz zwischen Arbeit und Freizeit. Er ermöglicht die Wiedervereinigung der menschlichen Aktivität auf der Grundlage aller verfügbaren technischen und menschlichen Errungenschaften. Der Arbeiter ist nicht mehr an die Fabrik gekettet, der Manager hängt nicht mehr an seiner Aktentasche. Das Bedürfnis nach Aktion ist nicht mehr dem Bedürfnis nach Geld unterworfen.

Abschaffung von Arbeit und Tausch

Die menschliche Gemeinschaft und der Niedergang des Unternehmens als Einheit des produktiven Lebens führen zum Ende des Tausches. Die Abschaffung des Geldes, das dem Tausch dient, bedeutet nicht die Rückkehr zur primitiven Form des Tauschs, die der Tauschhandel darstellt. Die Gegenstände zirkulieren nicht in einer Richtung, die durch die Zirkulation anderer Gegenstände in der entgegengesetzten Richtung ausgeglichen wird. Die Gegenstände werden direkt nach den Bedürfnissen verteilt, die konzipiert und produziert werden, um die Möglichkeiten der produktivsten Aktivitäten in ihrem sozialen Sinne zu entwickeln.

Für Banker und einige Ideologen ist es klar, dass wir nie auf Geld verzichten können; Geld ist für die Gesellschaft das, was Blut für den menschlichen Körper ist. Trotzdem muss man nicht weit in die Vergangenheit zurückgehen, um eine Zeit zu finden, in der die große Mehrheit der bäuerlichen Bevölkerung hauptsächlich für den Familienbedarf produzierte und fast keinen Geldhandel betrieb. Heute kommt die Verpflichtung, seine Arbeitskraft zu verkaufen, nicht aus einer direkten und persönlichen, sondern aus einer ökonomischen und anonymen Kraft. Durch den Bedarf an Geld scheint es, als sei es die Diktatur der eigenen Bedürfnisse, die den Arbeiter dazu zwingt, sich dem Opfer der Arbeit hinzugeben, als sei dies eine natürliche Tatsache.

Die Trennung zwischen den Menschen ist so tief, dass Geld, dieses abstrakte soziale Bindeglied, als die einzige wirklich gemeinschaftliche Ware erscheint, die gleichgültig und geruchlos von Hand zu Hand geht. Die Menschheit kann nur dann auf Geld, auf diese abstrakte und unpersönliche Beziehung, verzichten, wenn sie sich konkret in einer kommunistischen Assoziation zusammenschließt.

Derzeit wird der persönliche Beitrag nur anhand der persönlichen Vergütung gemessen; mit der Assoziation verschwindet der Begriff der Gegenleistung, da die Befriedigung darin besteht, die Entwicklung der Menschheit zu bereichern.


Das Individuum des bourgeoisen Lebens ist keine Person. Es ist ein Handelshaus, eine wandelnde Registrierkasse. Wir werden uns nur dann frei und glücklich fühlen, wenn wir unser Leben nicht verkaufen und nicht ständig Rechenschaft ablegen müssen. In der Welt der Waren ist der Mensch ein Eindringling. Er wird ständig kontrolliert, verdächtigt, betrogen, betreut. Misstrauen, Lügen, Konkurrenz und Kleinlichkeit herrschen vor. Eine kranke und künstlich gefärbte Atmosphäre, in der die Luft zum Leben fehlt.


Der Kommunismus ist nicht einfach die Verallgemeinerung der Unentgeltlichkeit, die Welt, wie sie ist, aber ohne Geld, oder ein riesiger Selbstbedienungsladen. Er beseitigt weder schmerzhafte Entscheidungen noch Anstrengungen.

Seine Einführung wird nicht ohne Schwierigkeiten vonstattengehen, und zu glauben, sie sei einfach, ist ebenso illusorisch wie zu behaupten, sie sei unmöglich. Durch alle Epochen hindurch zeigen die anhaltenden Klassenkämpfe und proletarischen Aufstände ihre Notwendigkeit. Und es ist weniger die Macht der Herrscher als vielmehr die Unermesslichkeit der Aufgabe, die sie zum Scheitern gebracht hat. Es muss ein gewaltiger Sprung gemacht werden, und nur dieser Sprung sichert den Sieg der proletarischen Klasse und bedeutet gleichzeitig ihre Negation.

Die kostenlose Bereitstellung der Güter, die zur Befriedigung der Grundbedürfnisse notwendig sind – das wäre heute mit den Techniken möglich, die in der Realität die Invasion der Waren in alle Bereiche des Lebens unterstützen. Die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Kleidung, Unterkunft, Transportmitteln und einer ganzen Reihe von Fertigprodukten für jeden Einzelnen ist für die Industrieländer sofort möglich und könnte schnell auf den Rest der Welt ausgedehnt werden. Mehr noch: Wenn das Ende der Ware eine gigantische Umgestaltung des Inhalts der Produktion und der Verwendung von Gütern bedeutet, bringt es auch das Ende der Trennung zwischen Luxus und Notwendigkeit mit sich.

Auch wenn der Einsatz von Automatisierung derzeit auf einige Industrien beschränkt ist (Stahl, Petrochemie usw.), wird die Kommunisierung zu einer breiteren Nutzung von Automatisierungssystemen führen, die, wenn auch in ihren Prinzipien recht einfach, zumindest leicht auf zahlreiche Aktivitäten anwendbar sind. Moderne Maschinen (siehe elektronische Steuerung) ermöglichen nicht nur eine Steigerung der Produktivität durch die Begrenzung menschlicher Eingriffe, sondern auch einen allgemeinen Zugang zu Maschinen und Werkzeugen.

Die möglichst automatisierte Massenproduktion von Gebrauchsgütern und Standardprodukten steht der Verbreitung von Materialien, Werkzeugen und Maschinen zu ihrer Verarbeitung nicht im Wege.

Die Herrschaft des Vorverdauten muss beendet werden, damit jeder nach seinen Vorlieben aktiv werden kann und das Bedürfnis nach Quantität nicht mehr im Widerspruch zum Anspruch auf Qualität steht. Auf diese Weise weicht die extreme Spezialisierung der Vielseitigkeit. Man ist gleichzeitig Arbeiter, Bauer, Künstler und Wissenschaftler; tatsächlich ist man etwas, das weit über all diese engen und primitiven Kategorien hinausgeht.

Die Produktion schließt Experimente, die Ausweitung menschlicher Kontakte und „Zeitverluste” nicht mehr aus. Und das Lernen verlässt die Ghettos der Schulen und Universitäten, um sich mit der Bewegung der produktiven Aktivität selbst zu verschmelzen.

Auf dem Weg zum Aufstand

Die Kommunisierung geht über die Wiedergeburt der revolutionären Räte, die die proletarischen Aufstände dieses Jahrhunderts (XX) in einem embryonalen Zustand entstehen ließen. Wenn sich Räte in den Stadtvierteln und Produktionseinheiten entwickeln, wird diese Form der Assoziation, die direkt von den handelnden Massen ausgeht, die praktische Organisation und Kontrolle der notwendigen Aufgaben regeln und auf diese Weise die Organe der politischen Vertretung umgehen.

Die Räte der Vergangenheit haben trotz ihrer Mängel und ihrer Zurückhaltung gezeigt, dass die Arbeiter in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Die besten Beispiele für diese Räte waren zu sehen, als sie schnell, klar und hart auf ihre Feinde reagieren mussten. Sie haben sich direkt als Organisation des Kampfes entwickelt. Oft sind sie aber in Untätigkeit und Verwaltung versunken. Wir haben also gesehen, wie großartige Organisationen entstanden sind, aber im luftleeren Raum, außerhalb der Notwendigkeiten der Kämpfe und der zu erledigenden Aufgaben. Diese Organe sind weder das Wundermittel noch das Ziel der Revolution. Der Kommunismus ist nicht der Ersatz der Macht der Bourgeoisie durch die Macht der Räte, der kapitalistischen Verwaltung durch die Arbeiterverwaltung. Die Gefahr für die Räte besteht darin, dass sie zu einem Vorwand werden, um die Arbeiter weiterhin an das Unternehmen zu fesseln, anstatt der Hebel zu sein, der die Aufteilung des sozialen Lebens sprengt, das Mittel, um sich zu assoziieren und zu kommunisieren.

Entscheidungen zu treffen bedeutet, dass es Divergenzen gibt. Kommunismus heißt nicht, dass alle Oppositionen verschwinden, im Gegenteil, er macht sie fruchtbar, indem er ihren Inhalt verändert. Konflikte kommen nicht mehr von persönlichen Interessen, die es zu schützen gilt, sondern von den Lösungen, die jeder vorschlägt, um das gemeinsame Interesse zu befriedigen. Genau diese Divergenzen machen es möglich, die Möglichkeiten der von den Räten vorangetriebenen Aktivitäten zu vergleichen, ohne dabei in parlamentarische Debatten zu verfallen. Das Ziel der kommunistischen Revolution ist nicht die Schaffung eines demokratischen oder diktatorischen Autoritätssystems, sondern eine andere Art von Aktivität. Das Problem der Macht entsteht, wenn Menschen die Fähigkeit verlieren, sich selbst und ihre Umgebung zu verändern, wenn sie gezwungen werden, für andere Ziele als die ihrer eigenen Aktivität zu handeln.

„Wenn sich kommunistische Arbeiter versammeln, richten sie ihr Augenmerk zunächst auf Theorie, Propaganda usw.

Gleichzeitig eignen sie sich auf diese Weise jedoch ein neues Bedürfnis an, das Bedürfnis der gesamten Gesellschaft, und was zunächst nur ein Mittel zu sein schien, wird zum Zweck. Die besten Ergebnisse dieser praktischen Bewegung sehen wir, wenn wir die Versammlungen der französischen sozialistischen Arbeiter betrachten. Rauchen, Trinken, Essen usw. sind nicht mehr nur einfache Anlässe, um sich zu treffen, Mittel zur Vereinigung, sondern sie sind erfüllt von Kameradschaft, Assoziation und Gesprächen, die darauf abzielen, die gesamte Gesellschaft zu revolutionieren…“ (Marx)

Die kommunistische Revolution strebt nicht nach Macht, aber sie muss ihre Maßnahmen umsetzen können. Sie löst dieses Problem, indem sie ihre Ursache bekämpft: die Aneignung aller materiellen Lebensbedingungen. Durch die Auflösung der Abhängigkeits- und Isolationsbeziehungen kann die Revolution den Staat und die Politik zerstören. Diese Zerstörung geschieht nicht automatisch. Sie wird nicht nach und nach verschwinden, wenn der Bereich der nicht-warenförmigen und nicht-lohnabhängigen Aktivitäten wächst. Vielmehr wäre dieser Bereich sehr fragil, wenn er neben dem Staat bestehen bleiben würde, wie es Linke und Ökologen wollen. Eine der Aufgaben der Revolutionäre ist es, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Macht des Staates zu schwächen und eine unumkehrbare Situation zu schaffen. Zum Beispiel, indem sie alle Standesamtsregister und andere von verschiedenen Behörden angelegte Bevölkerungsregister zerstören und gleichzeitig die ökonomischen und repressiven Funktionen des Staates angreifen. Die Zentralisierung durch Computer und Mikrofilme macht die Staatsmaschinerie letztendlich anfälliger.

Der Kommunismus ist die Herausforderung und die Waffe der Aufstände. Der Sieg des Proletariats hängt davon ab, ob es die Ökonomie und seine Lage revolutionieren kann. Im sozialen Krieg ist das militärische Kräfteverhältnis am Anfang nicht so wichtig. Die Revolution muss den staatlichen Streitkräften etwas wegnehmen, das sie verteidigen können, und ihre materielle Basis untergraben. So kann es sich manchmal als viel effektiver erweisen, die Kasernierung der Soldaten durch Verbrüderungsbekundungen zu durchbrechen, als ein paar unkoordinierte Angriffe.

Obwohl die Streitkräfte über eine zerstörerische Macht verfügen, die schlimmer ist als je zuvor, sehen sie dennoch, wie ihre traditionellen Werte zerfallen, da sie der modernen Welt fremd werden. Aufgrund der Art ihrer Waffen und ihres technischen Apparats sind die Streitkräfte mehr denn je von der ökonomischen Basis abhängig. Wenn die Produzenten konsequent und entschlossen ihre wahre Stärke einsetzen, dann haben sie die Mittel, ihre Gegner auszuhungern, zu entmutigen, zu spalten, zu lähmen, anzulocken und zu vernichten. Wenn die Produzenten ihre Position und die anfängliche Verwirrung des Feindes nicht schnell ausnutzen, um das Kapital dort anzugreifen, wo es am verwundbarsten ist, dann werden sie selbst zu einer leichten Beute für die Konterrevolution, zuerst ideologisch und politisch, dann militärisch.

Revolutionäre Gewalt ist eine soziale Beziehung, die die Menschen verwirrt und sie zu Subjekten ihrer eigenen Geschichte macht. Aber die Aufständischen würden sich auf feindliches Terrain begeben, wenn sie sich auf eine Konfrontation zwischen Apparaten einlassen würden, wenn sie versuchen würden, ein Kräfteverhältnis zu stabilisieren, indem sie die errungenen „Eroberungen” bewahren. Der Aufstand würde so schnell in einen Bürgerkrieg abgleiten, ein fataler Schritt, der nur die Ursache aller Misserfolge der revolutionären Vergangenheit (Kommunalisten – Versailler, Anarchisten – Franquisten…) wiederholen würde. Angesichts eines Gegners, der sich an die militaristische Vorstellung der Konfrontation hält, haben die Aufständischen Flexibilität und Mobilität als Stärken. Ohne Angst davor, Leidenschaft, Fantasie und Mut einzusetzen, muss sich der Aufstand immer auf seine eigene Dynamik stützen: die Kommunisierung.

Viele wissen irgendwie, dass wir das Ende einer Welt erleben, auch wenn sie nicht genau wissen, was kommen wird; die Bewegung hat noch nicht die Kraft, ihren Inhalt sichtbar zu machen und ihre Perspektiven darzulegen. Diejenigen, die die kapitalistische Barbarei immer weniger ertragen können, müssen herausfinden, wonach sie streben: die Welt, die in ihrer Revolte enthalten ist, den Kommunismus.

Proletarier, noch eine Anstrengung, um nicht länger welche zu sein…


1A.d.Ü., mehr dazu auf LIP UND DIE SELBSTVERWALTETE KONTERREVOLUTION.

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