Am 16. September begann um 09:00 Uhr morgens der 14. Verhandlungstag. Es waren drei solidarische Personen im Publikum anwesend. Die Verhandlung begann mit dem Verhör eines Sachverständigen, Dieter Härtlein, für Kopiertechnik und sonstiges was mit Kopierern zu tun hat. Er hat sich eine Asservate angeschaut, es handelt sich um eine Kopie, ein DINA4-Blatt (Bekennerschreiben), welches nach der Untersuchung ein gewisses einzigartige Merkmale vorgewiesen haben soll. Von der Ermittlern bekam er mehrere Vergleichskopien, die aus zwei Kopierläden stammten. Da das Tonermaterial entweder magnetisiert oder nicht magnetisiert übertragen wird, konnte einer der Kopierläden ausgeschlossen werden. Der Zeuge führte dann noch weiter aus, wie so ein Fotokopiergerät funktioniert, was wir hier leider nicht im Detail wiedergeben können, weil die technischen Einzelheiten zu viele waren, um sie auf die Schnelle mitzuschreiben. Jedenfalls konnten spezielle Merkmale festgestellt werden, beim Schriftbild fand man zwei Punkte, die sich wiederholten. Diese entstehen durch einen Defekt auf der Fotoleitertrommel, so ein Merkmal ist individuell, durch solche Merkmale kann man Asservaten mit dem Kopierer vergleichen. Gleich darauf wurde das Beweisstück (Bekennerschreiben) von den Schöffen, der Verteidigung und dem Staatsanwalt in Augenschein genommen. Der Zeuge wies darauf hin, dass der Zeitabstand zwischen dem Vergleich und dem Beweisstück zwischen sechs und acht Wochen lag, das bedeutet, dass eine gewisse Anzahl von Verfälschungen von Merkmalen immer hinzukommt. Der Richter fragte, ob das Beweisstück, was der Zeuge vorbrachte, nicht auch Defekte haben könnte und deshalb nicht verwendet werden könnte.
Daraufhin wurde eine 15 minütige Pause einberufen, um Kopien anzufertigen, es handelt sich hier um das Beweisstück, was der Zeuge mitgebracht hatte, diese Kopie war Teil der Auswertungsunterlagen.
Um 10:40 Uhr ging es weiter. Gleich darauf fragte der Richter nach den individuellen Merkmalen und wie wahrscheinlich es denn ist, dass dies zweimal vorkommen könnte. Denn es handelt sich hier um eine Fläche von 28.000 mm², ob es nicht auszuschließen sei, dass es ein zweites Gerät gibt, das denselben Defekt haben könnte. Der Zeuge antwortete, dass dies sehr unwahrscheinlich sei, da es sich hier um zwei Punkte handeln würde, wäre es nur einer, dann wäre es wahrscheinlicher. Als nächstes fragte die Richterschaft nach der Berufserfahrung des Zeugen. Dieser übe diesen Beruf seit sehr langem aus, wäre seit über elf Jahren Sachverständiger. Ob diesem bei anderen Fällen so deutliche Merkmale untergekommen wären? Dies bejahte er und meinte er hätte sogar noch deutlichere Merkmale bei anderen Fällen festgestellt. In diesem Falle handelt es sich um ein sogenanntes wanderndes Merkmal. Der Staatsanwalt fragte nochmal nach und der Zeuge erklärte es ihm mehrfach, mit Handzeichen und danach mit einer Zeichnung, um dieses wandernde Merkmal plastisch zu erklären.
Die Verteidigung fragte, wozu die Infrarotspektroskopie gut sei, bzw. warum diese nicht durchgeführt worden sei? Dieser Vorgehen weise auf den verwendeten Toner hin, da das darin enthaltene organische Material angezeigt werden kann. Dieses Vorgehen war in diesem Fall nicht notwendig, weil aufgrund der Magnetisierung das Kopiergerät bereits ausgeschlossen werden konnte (so haben wir es zumindest verstanden). Ob man erkennen könnte, ob es sich hier um einen Schwarzweiß- oder Farbkopierer gehandelt habe, fragte die Verteidigung. Die Antwort war, dass bei Farbkopierern häufig Farbsprengsel zu finden sind, er sich aber nicht hundertprozentig sein kann. Ob der Sachverständige denn Kenntnisse über das konkrete Kopiergerät hätte? Ja, es handelte sich um einen Canon imageRUNNER 2530. Aber er selbst war nicht daran beteiligt den Kopierer sicherzustellen, man untersuchte ja nicht das Modell, sondern die von den Bullen sichergestellten Kopien. Könnte die Trommel gewechselt werden, war die nächste Frage der Verteidigung? Ja, dies findet statt, um diese zu reinigen, zwecks Reparatur, Wechseln, usw. Wie lang war der Zeitablauf, zwischen den Vergleichskopien und dem Beweismaterial? Es vergingen sechs bis acht Wochen antwortete der Zeuge, dies sei wichtig gewesen, weil dabei auch die Trommel identifiziert wurde. Die Verteidigung fragte gleich darauf, ob es nicht von einem anderen Gerät aus hätte sein können? Eher nicht, weil die Trommel dann ausgetauscht worden und nicht woanders eingebaut worden wäre, wo sich dasselbe Merkmal aufgefunden hätte. Wer wechselt die Trommel der Kopierer? Machen das nur Servicetechniker, oder auch versiertes Personal, das im Kopierladen arbeitet, fragte die Verteidigung? Sowohl als auch, war die Antwort, es wird nicht immer vom Servicetechniker gemacht, weil dies zusätzliche Kosten für die Läden sei. Da sich im Laden acht Geräte befanden, ob die direkte Zuweisung zum Gerät nicht ein Zufall war, denn das individuelle Merkmal könnte doch ein Produktionsfehler sein? Der Zeuge sagte, dass dies sein könnte, aber nicht das mit dem Produktionsfehler, es handelt sich um ein individuelles Merkmal, Produktionsfehler in einer Größenordnung, wie es die Verteidigung meine, hätte er noch nie gesehen. So was spricht sich unter Kollegen und auf Messen herum. Die nächste Frage an den Zeugen war, ob er denn noch wüsste wie viele solcher Kopierer er im Jahre 2010 untersucht hätte. Dieser wusste es nicht mehr. Ob er noch andere Merkmal außer diesen gefunden hätte? Ja, es sei weiteres Gesprengsel gefunden worden. Wie wird das Gesprengsel von den Defekten auf der Trommel unterschieden? Zweite wiederholen sich im selben Abstand. Wichtig sei immer der Vergleich, so der Zeuge, wenn man eine defekte Kopie kopiert, wird es schwierig herauszufinden, ob beide aus demselben Kopierer kommen. Die Verteidigung fragte, ob Kopierer ein digitales Gedächtnis hätten? Damals noch nicht alle, aber heutzutage schon. Ob solche Speicher heutzutage beschlagnahmt werden würden? Seine Antwort war, dass für die Ermittler, dies sogar wichtiger sei, als die Kopiermerkmale. Warum sie das Kopiergerät in diesem Fall nicht sicher gestellt haben, weiß der Zeuge nicht zu sagen. Als nächstes fragte die Verteidigung, ob der Zeuge auch die Adressaufkleber untersucht habe, die für die Versendung der Patronen verwendet worden sind. Ja das hätte er, aber es seien keine Merkmale gefunden worden und daher sei es nicht festzustellen, woher diese stammen. Zeuge wird entlassen.
Unterbrechung bis 10:55 Uhr.
Der nächste Zeuge nach der Pause war ein gewisser Florian Knaup, 38 Jahre alt, vom BKA. Er war bei der Hausdurchsuchung im Jahr 2013 bei der damaligen Lebensgefährtin von Oliver Rast dabei. Er wüsste noch grob, worum es geht, hatte damals auch nur eine unterstützende Rolle, ist mit dem Verfahren wenig vertraut. Die Lebensgefährtin habe die Tür geöffnet und eine Bekannte als Durchsuchungszeugin sei ebenfalls anwesend gewesen. Insgesamt waren zwei BKA-Beamte, mehrere Berliner Landespolizisten sowie Diensthundeführer mit entsprechenden Hunden beteiligt gewesen. Auf die Frage wonach gesucht wurde, antwortete der Zeuge, dass nach Datenträgern und Schriftstücken, aber auch nach Waffen und Sprengstoff gesucht wurde. Er habe auch noch grobe Erinnerung an die Wohnung, diese sei um die 40m². Zwei USB-Sticks, die dem Beschuldigten zugeordnet wurden, wurden von den Berliner Bullen sichergestellt sowie auch der Laptop. Genauso wurde sichergestellt, wem was genau gehört, der Laptop von ihr wurde kurz angemacht, um sicherzustellen, dass dieser ihr gehöre. Als nächstes wird ein Zettel mit Thesen revolutionärer Art gefunden und beschlagnahmt. Bezüglich dieses Zettels konnte oder wollte sich die Lebensgefährtin nicht äußern. Der beschlagnahmte Zettel wird per Beamer dem Gerichtsteilnehmern gezeigt, der Zeuge bestätigt, dass es sich hierbei um den fraglichen Zettel handele.
Die Verteidigung fragte, ob und wo ein Gespräch mit ihr stattgefunden hätte. Der Zeuge hat keine konkrete Erinnerung an den Ort des Gesprächs, vermutlich das Wohnzimmer. Ob er alleine mit ihr gesprochen habe. Nein, ein weiterer Kollege des BKA, Herr Villach, habe hauptsächlich mit ihr gesprochen. Die Verteidigung fragt nach dem damaligen Aussehen der damaligen Lebensgefährtin und der BKAler gibt eine grobe Beschreibung. Wie er sich vorbereitet habe? Hauptsächlich durch seine Erinnerungen und das Lesen der Unterlagen, war seine Antwort. An wie vielen Hausdurchsuchungen er seitdem beteiligt war? Geringer zweistelliger Bereich, war die Antwort. Wie es denn sei, dass sich der Zeuge nach acht Jahren an diese Hausdurchsuchung erinnern könne? Er wüsste es nicht. Ob er sich an die darauffolgende Hausdurchsuchung erinnern könne? Nein, der Zeuge konnte es nicht. Ob sich dieser überhaupt an eine desselben Jahres erinnern könne? Nein. Wieso dann gerade an diese? Wegen der Ladung und weil er sich an die Kunst, die auf dem Laptop der Lebensgefährtin zu sehen war, erinnern könnte. Wie viele Fenster das Wohnzimmer hätte und in welche Richtung diese zeigten, war die nächste Frage. Das wüsste er nicht mehr. Auch zur Einrichtung des Wohnzimmers konnte er nichts sagen, außer dass sich dort ein Schreibtisch auffand. Auf die Frage, wo im Zimmer sich den der Tisch befand, konnte der Zeuge keine Antwort geben, nur dass es viele Unterlagen gab. Er bestätigte, dass er kein konkretes Bild mehr vom Wohnzimmer hatte, aber das Protokoll und den Durchsuchungsbericht gelesen habe. Die Verteidigung fragte, ob dort die Größe der Wohnung aufgeschrieben ist. Er bestätigte dies. Ob er dies vor dem Lesen der Berichte gewusst hätte? Der Zeuge antwortete, er hätte es aus der Erinnerung, die er hat, geschätzt.
Der Richter fragte den Zeugen nach einer Skizze, die der Zeuge von der Wohnung gemacht habe. Der Zeuge bestätigte die Urheberschaft dieser und dass diese nicht nach Maßstab gefertigt wurde. Nachdem auf der Skizze drei Tische im Wohnzimmer zu sehen waren, konnte der Zeuge den Tisch ausmachen auf dem der Zettel mit den sogenannten Thesen sich befand. Die anderen Tische erkannte er nicht. Der Zeuge wird entlassen.
Zum Augenschein wird eine Videoaufnahme gezeigt, bei der eine nicht identifizierbare Person zu sehen ist, alle sind sich darüber einig, dass man nicht sagen kann, wer zu sehen ist.
Als nächstes gibt die Verteidigung eine Erklärung ab, nämlich dass das BKA nicht in der Lage war, zur inneren Struktur der RAZ etwas zu sagen. Weder wie diese intern funktionieren, handeln, wer alles in diesen Mitglied war, noch ob es Außenstehende gab, die einbezogen wurden, ob nach dem Dreiecksprinzip usw. Bezüglich der Erscheinungsdaten der radikal habe sich das BKA auf die Auskünfte von BfV und LKA Berlin verlassen. Also, alles nur Spekulation.
Der Richter verlas als nächstes das Pressekommuniqué/Mail der RAZ zur Patronenversendung, von der Zelle Georg von Rauch, am 18.03.11. (den Text kann man im Internet finden, hier ein Link)
Danach wird noch ein Fax von der Rechtsabteilung von GMX verlesen, das eine Tabelle zu den Bestandsdaten des E-Mail-Accounts enthält. Ein Schreiben von Vodafone an das BKA wird ebenfalls verlesen, wo es um das Auskunftsersuchen zu einer IP-Adresse geht, die von Vodafone nicht wiedergegeben werden kann. Auch wird die Strafanzeige des Hauptkommissars Chimchak (keine Ahnung, wie der Name richtig geschrieben wird) zu der Brandstiftung an dem Jobcenter Wedding 2009. Auch der Tatortbericht vom 08.01.2010 wird verlesen. Mittagspause bis 13 Uhr.
Nach der Mittagspause war die nächste Zeugin eine dipl. Psychologin und Schriftsachverständige, die ein Gutachten vom 29.08. erstellt hatte. Der Richter fragte sie zunächst nach ihrem beruflichen Werdegang. Sie habe 1976 an der Uni Mannheim Psychologie studiert und sei dort auf den Schriftpapst für forensische Schriftuntersuchung in Deutschland gestoßen. Ihre erste behördliche Anstellung habe sie dann 1985 beim bayerischen Kriminalamt gehabt und sei dann zum BKA gewechselt, wo sie seit 2008 den Bereich der Handschriftenuntersuchung geleitet hat. Bei dem konkreten Gutachten habe es sich um einen Auftrag des BKA gehandelt, das ihr fragliches Schriftmaterial zugesandt hatte. Darunter befand sich altes Material, das sie bereits untersucht hatte, sowie neues und die Frage war, ob bei diesem Material ein oder mehrere Urheber in Betracht kommen würden. Das fragliche Material wurde an eine Leinwand projiziert. Der Richter fragte nach der Qualität des Materials, worauf die Zeugin meinte, das Material sei hinreichend auswertbar gewesen bis auf ein Dokument, das eine Kopie war, wo es immer gewisse Einschränkungen gäbe, da Manipulationen nicht nachgewiesen und somit nicht ausgeschlossen werden können. Bei einem Dokument sei ein flüssiges Schreibmittel verwendet worden, was auch nicht so gut auswertbar war, wie beispielsweise ein Kugelschreiber. Sie geht auf Details ihres Faches ein, wobei von der Annahme ausgegangen wird, dass es keine zwei identischen Handschriften auf der Welt gibt, da ab dem Erlernen der Schulschrift jeder Mensch eigene Merkmale in seiner Schrift entwickelt. Der Richter fragte, ob desto länger ein Text ist, desto besser die zu erhaltende Information sei. Die Zeugin bejahte dies. Die angewendete Methodik sei wissenschaftlich anerkannt und es wird nach allgemeinen und besonderen Merkmalen in der Schrift gesucht, dabei ist Kombination aller Merkmale von Bedeutung (z.B. Schriftlage, -weite, Größe und Höhe der Buchstaben, usw., und die Kombination all dieser Merkmale). Am Ende werde aus den Einzelbewertungen eine Gesamtbewertung gemacht, was dann zu einem Schluss führe, ob es sich um identische Urheber der Schriften handelt. Dieser Schluss sei immer Wiedergabe einer subjektiven Wahrscheinlichkeit eines Gutachters (empirische Wissenschaften). Der Richter fragte, nach welchen Kriterien Schlussfolgerungen gemacht werden. Die Zeugin sagte, sie schreibe das im Gutachten nie detailliert auf, aber sie habe hier exemplarisch eine Liste mit Buchstaben mitgebracht. Diese händigte sie dem Gericht aus. Sie erklärt noch, dass Schrift nie statisch sei, sondern sie immer Varianten hat, alles andere würde auf Fälschung hinweisen.
Mitten in den Ausführungen der Zeugin wies die Verteidigung darauf hin, dass sie überfordert war, dass man hier Unterlagen bekommen habe, zu denen man keine vorherige Einsicht hatte und quasi wenig bis nichts verstehe. Deswegen wurde ein anderer Termin für diese Zeugin verlangt, so dass eine umfassende Auswertung erstellt und den Prozessbeteiligten zugänglich gemacht werden kann. Der Richter fragte, wie lange sie für eine Auswertung brauchen würde. Die Zeugin konnte dies nicht genau beantworten und verwies auf eine Kollegin. Deren Telefonnummer wurde auf Bitten des Staatsanwalts, da auch wir im Saal sitzen, dem Richter schriftlich überreicht, nachdem sie schon begonnen hatte ihm diese mündlich mitzuteilen. Bevor sie entlassen wurde, teilte sie noch Zettel mit der Schrift von Oliver Rast aus. Die Einvernahme der Zeugin wurde unterbrochen, um diese zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Der Verhandlungstag endete um 13:45 Uhr.
Der nächste Prozesstermin ist am 21. September um 10:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.